Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103295/2/Ki/Shn

Linz, 16.11.1995

VwSen-103295/2/Ki/Shn Linz, am 16. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Franz W, vom 9. Oktober 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 11. September 1995, VerkR01-804-1995/Bi, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 11. September 1995, VerkR01-804-1995/Bi, über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.1 StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er am 26.9.1994 gegen 17.55 Uhr den PKW, Kennz. auf der H-Bezirksstraße, Strkm. nächst dem Haus F im Gemeindegebiet von S von M in Richtung S gelenkt hat, wobei er den Fahrstreifen nach links wechselte, ohne sich vorher zu überzeugen, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafe (300 S) verpflichtet.

I.2. In seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung führt der Rechtsmittelwerber ua aus, daß die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung verjährt sei. Es sei davon auszugehen, daß die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung am 26.9.1994 stattgefunden habe. Die Verfolgungsverjährung trete sohin mit Ablauf des 26.3.1995 ein. Bis zu diesem Zeitpunkt habe jedoch keinerlei Verfolgungshandlung seitens einer Behörde iSd EGVG gegen ihn als Beschuldigten stattgefunden. Bereits zum Zeitpunkt der Erstattung der Strafanzeige am 9.4.1995 sei das ihm zur Last gelegte Verhalten verjährt gewesen. Die mit Aktenvermerk vom 15.5.1995 unter Berufung auf § 52 VStG vorgenommene Wiederaufnahme des Verfahrens zum Nachteil des Beschuldigten sei daher unzulässig.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und legt der Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Der Berufungswerber war am 26. September 1994 in den für die Bestrafung kausalen Verkehrsunfall verwickelt. Laut Angaben des Gendarmeriepostens Grünburg wurde der Verkehrsunfall zunächst als Sachschadenverkehrsunfall behandelt und es wurde am 11. Oktober 1994 der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems ein Bericht vorgelegt. Nach Einlangung einer Verletzungsanzeige durch das Landeskrankenhaus Kirchdorf am 17. März 1995 hat der Gendarmerieposten Grünburg eine Strafanzeige an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Grünburg erstattet. Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Steyr an die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 9. Mai 1995 wurde die erstattete Anzeige gegen den Berufungswerber gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt.

In der Folge hat die belangte Behörde laut Aktenvermerk vom 15. Mai 1995 aufgrund der Mitteilung des öffentlichen Anklägers das gegenständliche Verfahren gemäß § 52 VStG 1950 (!) iVm Art.IV des Verkehrsrecht-Anpassungsgesetzes 1971 wieder aufgenommen und letztlich das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

Unterlagen, aus denen hervorginge, daß bereits vor dem 15. Mai 1995 eine Verfolgungshandlung gegen den Berufungs werber ergangen wäre bzw das Verfahren eingeleitet worden wäre, sind im vorliegenden Verfahrensakt nicht enthalten.

I.5. Unter Zugrundelegung des dargelegten Sachverhaltes hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 leg.cit. jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Gemäß § 52 VStG ist die Wiederaufnahme eines durch Einstellung abgeschlossenen Strafverfahrens nur innerhalb der im § 31 Abs.2 bezeichneten Fristen zulässig.

Gemäß Art.IV des Verkehrsrechts-Anpassungsgesetzes (Straßenverkehrsordnung 1960 idF BGBl.Nr.274/1971) ist die Zeit von der Erstattung der Strafanzeige wegen eines Verkehrsunfalles bis zum Einlangen der Mitteilung hinsichtlich Zurücklegung der Anzeige wegen dieses Verkehrsunfalles bei der zuständigen Verwaltungsbehörde in die Verjährungsfrist nicht einzurechnen.

Im vorliegenden Falle hat der Gendarmerieposten Grünburg erst am 9. April 1995 eine Strafanzeige an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Grünburg wegen des verfahrensgegenständlichen Verkehrsunfalles gestellt. Zu diesem Zeitpunkt aber war die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung iS der obzitierten Bestimmungen des VStG bereits verjährt, weshalb bereits zum Zeitpunkt der Erstellung der Strafanzeige die Verfolgung des Berufungswerbers unzulässig gewesen ist. Die im Art.IV Abs.2 des zitierten Verkehrsrechts-Anpassungsgesetzes vorgesehene Unterbrechung der Verjährungsfrist kommt daher im vorliegenden Falle nicht mehr zum Tragen.

Darüber hinaus geht aus den vorliegenden Verfahrensakten in keiner Weise hervor, daß gegen den Berufungswerber innerhalb der zitierten Verjährungsfrist überhaupt ein Strafverfahren eingeleitet wurde, weshalb auch die Wiederaufnahme eines nicht eingeleiteten Strafverfahrens als denkunmöglich erscheint.

Nachdem gegen den Berufungswerber innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist keine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ergangen ist, ist er mit seiner Argumentation, wonach die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung verjährt ist, im Recht, weshalb die Verfolgung wegen der vorgeworfenen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nicht mehr zulässig war.

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Nachdem im vorliegenden Fall innerhalb der gesetzlichen Frist keine taugliche Verfolgungshandlung gegen den Berufungswerber ergangen ist, liegt sohin ein Umstand vor, der die Verfolgung wegen dieser Verwaltungsübertretung ausschließt und es war daher der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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