Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103366/14/Ki/Shn

Linz, 26.04.1996

VwSen-103366/14/Ki/Shn Linz, am 26.April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Ing. Erich W, vom 6.12.1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20.11.1995, VerkR96-5149-1994-SR/GA, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.4.1996, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß die verhängten Geldstrafen hinsichtlich Faktum 2 auf 2.000 S und hinsichtlich Faktum 3 auf 2.500 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe hinsichtlich Faktum 3 auf 60 Stunden herabgesetzt werden.

Im übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis nach der Maßgabe bestätigt, daß als Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit hinsichtlich Faktum 2 "bis um maximal 40 km/h" und hinsichtlich Faktum 3 "bis um maximal 45 km/h" festgestellt wird.

II. Bezüglich der Fakten 2 und 3 werden die Beiträge des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde auf 200 S (Faktum 2) bzw. 250 S (Faktum 3) herabgesetzt, zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist diesbezüglich kein Beitrag zu leisten.

Bezüglich Faktum 1 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 60 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 20.11.1995, VerkR96-5149-1994-SR/GA, dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen, er habe am 25.9.1994 um 10.50 Uhr das Motorrad, Kz.:

im Gemeindegebiet von P, auf der B 127 in Richtung Rohrbach gelenkt und dabei 1. bei km 5,8 nicht im Sinne der Richtungspfeile weitergefahren, da er sich auf dem Fahrstreifen für Linksabbieger befand, er seine Fahrt aber geradeaus fortsetzte, 2. zwischen Strkm.6,800 und 7,600 die Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 45 km/h überschritten und 3. zwischen Strkm.8,200 und 8,600 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h überschritten.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden), hinsichtlich Faktum 2 eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und hinsichtlich Faktum 3 eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 580 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

1.2. Der Bw erhebt gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 6.12.1995 Berufung und er begründet diese im wesentlichen wie folgt:

Zu Vorwurf 1:

Er habe sich bei der Kreuzung nicht links eingereiht, sondern habe einige Fahrzeuge vor der Kreuzung ordnungsgemäß überholt und er sei dann von dem zuletzt überholten KFZ beim Wiedereinreihen in der Art behindert worden, daß er sein Fahrzeug nicht mehr vollständig rechts einordnen konnte. Er habe lediglich für den Überholvorgang geblinkt und nicht zwecks Linkseinbiegung. Sein KFZ sei vor der Kreuzung auf der Geradeausspur, jedoch gezwungenermaßen ganz links gestanden. Sein Standort sei von den Beamten nicht genau einsehbar gewesen, weil diese mindestens 6 bis 8 Fahrzeuge hinter ihm gestanden wären.

Zu Vorwurf 2:

Aufgrund der Tatsache, daß das Fahrzeug der Zivilstreife mehrere Fahrzeuge hinter ihm gewesen sei und sein KFZ aufgrund des unwahrscheinlich hohen Drehmoments im Normalfall in ca. 3 bis 4 Sekunden auf Tempo 70 beschleunige, sei es den Beamten gar nicht möglich gewesen, unmittelbar nach der Kreuzung und bis zur nächsten Kreuzung einen gleichbleibenden Abstand einzunehmen und zu halten, da diese zuerst mehrere sich vor ihnen befindliche KFZ überholen und außerdem den durch die wesentlich bessere Beschleunigung seines Fahrzeuges vorhandenen Abstand aufholen hätten müssen. Dies sei bei dem vorherrschenden dichten Verkehr an diesem Tag völlig unmöglich gewesen. In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage, ob die als Beweis von der Behörde angeführte Provida-Anlage die Geschwindigkeit des Verfolgerfahrzeuges oder seines Fahrzeuges aufzeichne.

Zu Vorwurf 3:

Am Ortsende in Richtung O habe er noch einen großen Abstand zum Observerfahrzeug, der durch mehrere völlig ordnungsgemäße Überholmanöver seinerseits noch vergrößert wurde, gehabt. Das Fahrzeug der Zivilstreife habe sich also am Ortsende P weit hinter ihm befunden und es habe sich der Abstand bei der wesentlich besseren Beschleunigung seines Fahrzeuges von 70 auf 100 abermal vergrößert.

Sicherlich habe das Verfolgerfahrzeug über eine längere Strecke wesentlich schneller als 100, vielleicht sogar 150 fahren müssen, um den Abstand einzuholen. Er gebe zu, daß er zwischen P und dem Tunnel bei O wegen der Bedrängnis des weißen Opel durch viel zu dichtes Auffahren und Lichthupen gezwungen gewesen sei, etwas zu beschleunigen, um aus Sicherheitsgründen von dem viel zu dicht auffahrenden Fahrzeug wegzukommen und auch gefahrlos in den Tunnel einfahren zu können, weil er ja davor auch noch gefahrlos verzögern wollte und mußte.

Er ersuche zu prüfen, wieviel Zeit zwischen der letzten Eichung des Meßgerätes und der Messung verstrichen sei und wieviele Kilometer das Fahrzeug zurückgelegt habe, um einen eventuellen Reifenverschleiß, welcher durch den geringeren Durchmesser des Reifens und den daraus ergebenden geringeren Abrollumfang, die Messung in der Weise verfälsche, daß durch die größere Anzahl der Umdrehungen des Rades pro gefahrenen Kilometer eine höhere Geschwindigkeit angezeigt und damit vorgetäuscht wird.

1.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

1.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.4.1996 Beweis erhoben. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden der Bw sowie als Zeugen Bez.Insp. Johann, Rev.Insp.

Alfred und Frau Monika einvernommen. Als Amtssachverständiger wurde Herr Ing. Hubert L beigezogen.

Weiters wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung die verfahrensgegenständliche Videoaufzeichnung vorgeführt.

1.5. Der Bw hat bei seiner Einvernahme ausgeführt, daß er zwischen den beiden Ampeln in P eine sich langsam bewegende Fahrzeugkolonne überholt habe. Nachdem ihn die PKW-Lenker nicht mehr einreihen ließen, habe er zwangsläufig auf der Trennlinie zwischen den beiden Fahrstreifen sein Fahrzeug angehalten. Er habe beim Überholen den Blinker eingeschaltet gehabt, bei der Kreuzung sei der Blinker nicht mehr eingeschaltet gewesen. Er sei, nachdem die Ampel auf grün geschaltet hatte, geradeaus weitergefahren. Er habe ein weißes Fahrzeug bemerkt, welches bei der Kreuzung etwa 8 bis 10 Fahrzeuge hinter ihm gewesen sei. Daß es sich dabei um eine Zivilstreife handle, habe er jedoch nicht bemerkt.

Er habe dann die vorhin erwähnte Kreuzung als erstes Fahrzeug verlassen können und so beschleunigt, daß er aus seiner ursprünglichen Position vor der Kreuzung niemanden behindere. Er habe maximal und für den Beifahrer zumutbar beschleunigt, er glaube jedoch nicht, daß er die 70 km/h Beschränkung überschritten habe. Er habe natürlich während der Beschleunigung nicht auf das Tacho geschaut, da er sich auf das Fahren konzentrieren mußte. Er habe bei diesem Vorgang maximal auf den zweiten Gang geschaltet. In weiterer Folge habe er einige vor ihm befindliche Fahrzeuge überholt, zum Vorfallszeitpunkt habe eher Ausflugsverkehr geherrscht.

Im Bereich der Geraden vor dem O-Tunnel habe er feststellen können, daß sich ein Fahrzeug ziemlich schnell nähere. Er habe ursprünglich gedacht, daß sich dieses Fahrzeug mit ihm "rittern" wolle. Ungefähr 300 bis 400 m vor dem Tunnel habe das Verfolgerfahrzeug dann das Blaulicht eingeschaltet und er habe bemerkt, daß es sich um eine Zivilstreife handle.

Bis zu dem erwähnten Zeitpunkt habe ihn das Zivilstreifenfahrzeug eingeholt, sodaß er die Auffassung vertrete, daß die angegebene Geschwindigkeit lediglich die Aufholgeschwindigkeit des Dienstfahrzeuges darstelle und er daher notwendigerweise nicht schneller gefahren sein mußte.

Das Zivilstreifenfahrzeug habe im Bereich P weder überholen noch aufholen können, am Ende von P sei er ca 500 m vorne gewesen.

Nachdem dem Berufungswerber die Videoaufzeichnung über den verfahrensgegenständlichen Vorfall vorgeführt wurde, beantragte dieser, das Band nicht mehr als Beweismittel anzuerkennen, zumal es ihm im erstinstanzlichen Verfahren vorenthalten wurde. Weiters stellte er dann den Antrag, die Verhandlung zu unterbrechen, damit er sich mit seinem Anwalt beraten könne.

Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse führte der Berufungswerber aus, daß er für drei Kinder sorgepflichtig sei und sein Einkommen 17.000 S netto monatlich betrage, weiters sei er Gesellschafter der Firma H.

BI B führte als Zeuge aus, daß er sich an den Vorfall noch so einigermaßen erinnern könne. Er selbst sei Beifahrer im Dienstfahrzeug gewesen und habe die Kamera bedient. Sein Kollege habe ihn darauf hingewiesen, daß sich im Bereich P ein Motorrad schnell nähere. Das Dienstfahrzeug sei dann von diesem Motorradfahrer überholt worden und die Beamten wären ihm sofort nachgefahren. Was vor der Ampel vorgefallen ist, daran könne er sich nicht mehr erinnern, er könne sich auch nicht erinnern, auf welchem Fahrstreifen sich der Berufungswerber vor der Kreuzung befunden hat. Nachdem der Berufungswerber überholt hatte, hätten sie sich unmittelbar hinter ihn setzen und in einem nicht allzu großen gleichbleibenden Abstand nachfahren können. Nachdem sie sich hinter dem Berufungswerber befunden haben, habe er die Provida-Anlage eingeschaltet. Die Provida-Anlage sei geeicht gewesen. Das Blaulicht sei eingeschaltet worden, als der Berufungswerber die 70 km/h Beschränkung verlassen hatte, er habe jedoch vorerst nicht darauf reagiert. Die Amtshandlung selbst habe sein Kollege durchgeführt. Befragt, ob es mit der Provida-Anlage Fehlmessungen gegeben hätte, führte der Zeuge aus, daß ihm nichts bekannt sei, er könne auch nicht angeben, ob zwischen Eichung und Tatzeit die Reifen des Dienstfahrzeuges gewechselt worden sind. Es sei ihm nichts bekannt, daß am Vorfallstag auch andere Personen Fehlmessungen reklamiert hätten.

RI S führte als Zeuge aus, daß er sich an den Vorfall noch dunkel erinnern könne. Er habe damals das Dienstfahrzeug (Opel Omega) gelenkt. Der Berufungswerber sei aufgefallen, als das Dienstfahrzeug im Bereich P in Richtung O vor der Verkehrsampel am Fahrstreifen für das Geradeausfahren anhalten mußte. Das Dienstfahrzeug sei etwa das dritte oder vierte Fahrzeug in der Kolonne gewesen. Der Berufungswerber sei mit seinem Motorrad am Linksabbiegestreifen vorgefahren.

Er habe sich dabei zur Gänze auf dem Linksabbiegestreifen befunden. Ob der Berufungswerber vor der Kreuzung zum Stillstand gekommen sei oder ob er geblinkt habe, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Er weiß jedoch noch, daß der Berufungswerber geradeaus weitergefahren ist. Das Dienstfahrzeug habe die vorausfahrenden Fahrzeuge überholen können, wobei er nicht mehr genau angeben kann, wie der Überholvorgang gelungen ist. Jedenfalls hätten sie sich dann unmittelbar hinter dem Motorrad des Berufungswerbers befunden, er könne jedoch nicht exakt sagen, in welchem Abstand. Er habe als Fahrer danach getrachtet, den Abstand gleichbleibend zu halten und habe auch die Geschwindigkeit verglichen. Ob zwischen Eichung und Vorfallszeitpunkt die Bereifung gewechselt wurde bzw in welchem Zustand sich die Bereifung am Vorfallstag befand, könne er heute nicht mehr sagen. Er könne jedoch mit Sicherheit angeben, daß während der Nachfahrt sich kein Fahrzeug zwischen dem Berufungswerber und dem Dienstfahrzeug befunden habe. Es sei ihm nicht bekannt, daß es hinsichtlich der gegenständlichen Provida-Anlage Probleme gegeben hätte bzw daß Fehlmessungen behauptet worden wären.

Frau W führte als Zeugin aus, daß ihr der Vorfall noch bekannt sei. Sie sei damals Beifahrerin gewesen. Bezüglich des Tatvorwurfes des Geradeausfahrens könne sie sich noch erinnern. Sie seien an einem PKW vorbeigefahren, als sie zur Kreuzung gekommen sind, hätten sie sich auf der Geradeausspur einordnen wollen, der PKW habe sie jedoch nicht mehr einordnen lassen. Sie seien zwangsläufig auf dem linken Fahrstreifen zum Stehen gekommen. Nachdem die Ampel auf grün geschaltet hat, habe ihr Mann geschaut, daß er vor dem erwähnten Fahrzeug wegkommt. Was die Geschwindigkeitsüberschreitungen anbelangt, so schaue sie relativ oft auf das Tacho, zumal sie eher eine ängstliche Beifahrerin ist. Sie habe zu dem Zeitpunkt als sie auf das Tacho geschaut habe feststellen können, daß ihr Gatte nicht schneller als 70 km/h gefahren sei. Im Freilandbereich sei ihr Gatte dann um die 100 km/h gefahren. Sie habe bei der gegenständlichen Fahrt nur mitbekommen, daß sie von einem PKW bedrängt wurden, habe aber nicht feststellen können, daß es sich dabei um ein Zivilstreifenfahrzeug handle. Sie könne sich nicht mehr erinnern, ob im tatgegenständlichen Bereich Fahrzeuge überholt wurden. Nach dem Tunnel sei ihr Mann nach links zu einer Tankstelle zugefahren, unmittelbar danach sei auch das Gendarmeriefahrzeug gekommen. Es wäre jedoch eine Anhaltung auch schon zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen. Bei der gegenständlichen Fahrt habe es sich lediglich um eine Spazierfahrt gehandelt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde weiters die gegenständliche Videoaufzeichnung vorgeführt. Aus dieser Aufzeichnung geht hervor, daß im Bereich der 70 km/h Beschränkung eine Geschwindigkeit des Dienstfahrzeuges bis maximal 120 km/h und im Bereich der anschließenden Freilandstraße eine Geschwindigkeit bis 155 km/h gemessen wurde. Weiters war aus der Videoaufzeichnung zu ersehen, daß sich das Dienstfahrzeug in annähernd gleichem Abstand unmittelbar hinter dem Motorrad des Berufungswerbers befunden hat und entgegen der Aussage des Berufungswerbers im Bereich der vorgeworfenen Tatstrecken von diesem bzw vom Gendarmeriedienstfahrzeug keinerlei Fahrzeuge überholt wurden. Der vom Berufungswerber behauptete Ausflugsverkehr konnte aus der vorliegenden Aufzeichnung nicht festgestellt werden.

Der Amtssachverständige nahm in der Folge eine Beurteilung der gegebenen Feststellung der Geschwindigkeit des Berufungswerbers durch Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug unter Verwendung der Provida-Anlage vor und äußerte sich insbesondere auch dahingehend, inwieweit sich der Zustand der Bereifung (eventueller Reifenverschleiß) auf die Meßgenauigkeit mittels der Provida-Anlage auswirkt:

"Aufgrund der vorgelegten Unterlagen sowie des Videos des Tatherganges gibt der verkehrstechnische Sachverständige folgende Stellungnahme ab:

Das verwendete Meßgerät ist eine Provida-Anlage, welche fix im Fahrzeug eingebaut wurde und auch mit dem Fahrzeug geeicht wird. Zu diesen Anlagen kann gesagt werden, daß die Eichfehlertoleranz +/- 3 % beträgt. Die Toleranzen bezüglich der Fahrzeugreifen, welche genau nach den gleichen Dimensionen immer montiert werden müssen, betragen vom Abrieb her Neureifen bis zur minimalen gesetzlich erlaubten Profiltiefe ca 2 %. Laut Auskunft des Bundesamtes für Eichund Vermessungswesen ist bei Nachfahrten mit einer Provida-Anlage aufgrund dieser Toleranzen vom Höchstwert 10 km/h abzuziehen. In diesem Bereich wird die Eichtoleranz von 3 % berücksichtigt und auch die Differenz des Abstandes beim annähernd gleichbleibenden Nachfahren. Da diese Abstände nicht ganz genau exakt eingehalten werden, wird vorgeschlagen vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen für diese Nachfahrten eine Toleranz vom gemessenen Endwert von 10 km/h mindestens abzuziehen. Auf dem Videofilm ist ersichtlich, daß mit großer Wahrscheinlichkeit während der Nachfahrt, das Teleobjektiv nicht verstellt wurde." Abschließend stellte der Berufungswerber noch weitere Beweisanträge, nämlich 1. Vorlage des Wartungsbuches vom Dienstfahrzeug, 2. Überprüfung des Tachometers seines Motorrades hinsichtlich allfälliger Abweichungen und 3. vorbehaltlich der Fragen, die noch vom Anwalt gestellt werden.

1.6. In freier Beweiswürdigung hat der O.ö. Verwaltungssenat hinsichtlich des der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltes wie folgt erwogen:

Zunächst wird festgestellt, daß sämtlichen Zeugen hinsichtlich der von ihnen getroffenen Aussagen Glauben geschenkt wird. Die Aussagen sind schlüssig und wurden überdies in Kenntnis der strafrechtlichen Konsequenzen einer vorsätzlichen falschen Zeugenaussage getätigt. Naturgemäß ist das Erinnerungsvermögen bezüglich verschiedener Details im Hinblick auf den bereits verstrichenen Zeitraum nicht mehr in vollem Umfang gegeben. In Verbindung mit der vorgeführten Videoaufzeichnung bzw den vorliegenden Verfahrensunterlagen sind die Aussagen aber jedenfalls geeignet, der Sachverhaltsfeststellung zugrundegelegt zu werden.

Die Beurteilung des Amtssachverständigen ist ebenfalls schlüssig und steht nicht im Gegensatz zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen, weshalb auch diesbezüglich keine Bedenken bestehen, diese Beurteilung der Entscheidung zugrundezulegen.

Letztlich stand der erkennenden Berufungsbehörde auch die Videoaufzeichnung hinsichtlich der vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen zur Verfügung. In Verbindung mit den Zeugenaussagen der beiden Gendarmeriebeamten bzw der gutächtlichen Beurteilung ist dieses Beweismittel in vollem Maße geeignet, die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen hinsichtlich Faktum 2 und 3 zu belegen. Aus der Aufzeichnung geht in klarer Weise die vom Dienstfahrzeug während der Nachfahrt gefahrene Geschwindigkeit hervor und es ist auch ersichtlich, daß während der (verwaltungsstrafrechtlich relevanten) Nachfahrt in den vorgeworfenen Tatbereichen sich kein Fahrzeug zwischen dem Berufungswerber und dem Gendarmeriedienstfahrzeug befunden hat und daß, entgegen der Behauptung des Berufungswerbers, dieser auch während der verfahrensrelevanten Nachfahrt keine anderen Fahrzeuge überholt hat.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 11.10.1995, 95/03/0163 ausgesprochen, daß der Umstand, daß ein Videofilm des Geschwindigkeitsmeßgerätes im Verwaltungsstrafverfahren nicht mehr als Beweismittel zur Verfügung stand, nicht geeignet ist, die Beweiskraft der schlüssigen und widerspruchsfreien Zeugenaussagen der Meldungsleger zu beeinträchtigen. Umso mehr stellt iS dieser Judikatur das Vorliegen eines Videofilmes sehr wohl ein taugliches Beweismittel dar.

Der Berufungswerber seinerseits konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin für ihn belastend gewertet werden, im vorliegenden Falle geht jedoch aus der vorhin erwähnten Videoaufzeichnung in Verbindung mit den Zeugenaussagen in klarer Weise hervor, daß der Berufungswerber die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten in den verfahrensrelevanten Bereichen überschritten hat. Darüber hinaus ist jedenfalls ein Widerspruch in der Aussage des Berufungswerbers gegenüber den sonstigen vorliegenden Beweismitteln festzustellen, als zum Vorfallszeitpunkt laut Videoaufzeichnung kein Ausflugsverkehr festgestellt werden konnte und der Berufungswerber während dieser Nachfahrt auch - entgegen seiner Behauptung - keine Fahrzeuge überholt hat.

Daß letztlich die Beifahrerin des Berufungswerbers die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nicht festgestellt hat, widerspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung. Sie selbst hat ausgeführt, daß sie nicht immer auf das Tacho geschaut hat.

Was die Verwaltungsübertretung hinsichtlich § 9 Abs.6 StVO anbelangt, so haben sowohl der Fahrer des Dienstfahrzeuges, RI S, als auch die Gattin des Berufungswebers ausgesagt, daß sich der Berufungswerber vor der Kreuzung auf dem Linksabbiegestreifen befunden habe.

Aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, daß aus objektiver Sicht die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen, jedenfalls dem Grunde nach, als erwiesen angesehen werden können und die Aufnahme weiterer Beweise nicht mehr erforderlich ist.

Was den Antrag des Berufungswerbers anbelangt, die Verhandlung zwecks Beratung mit einem Rechtsanwalt zu unterbrechen bzw eine Überprüfung des Tachometers seines Motorrades hinsichtlich allfälliger Abweichungen vorzunehmen, so wird diesem entgegengehalten, daß er rechtzeitig zur mündlichen Verhandlung geladen und er überdies ersucht wurde, allfällige weitere der Wahrheitsfindung dienliche Behelfe und Beweismittel mitzubringen, oder so zeitig bekanntzugeben, daß sie bis zur Verhandlung herbeigeschafft werden können. Weiters wurde er darauf hingewiesen, daß er auch einen Bevollmächtigten, mit der Sachlage vertrauten und eigenberechtigten Vertreter oder Rechtsbeistand entsenden oder mit diesem erscheinen könne.

Bezüglich der Vorlage des Wartungsbuches vom Dienstfahrzeug wird festgestellt, daß dieses Beweismittel im Hinblick auf die gutächtliche Beurteilung des Amtssachverständigen objektiv nicht mehr als erforderlich erachtet wird.

Dem Einwand des Berufungswerbers hinsichtlich Videoband, nämlich dieses nicht mehr als Beweismittel anzuerkennen, da es ihm im erstinstanzlichen Verfahren vorenthalten wurde, ist entgegenzuhalten, daß der unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde iSd § 66 Abs.4 AVG berechtigt und verpflichtet ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Dies bedingt, daß die Berufungsbehörde verpflichtet ist sämtliche Beweismittel der Entscheidung zugrundezulegen, auch wenn diese im erstinstanzlichen Verfahren nicht zur Verfügung standen bzw berücksichtigt wurden. Der Berufungswerber hatte die Gelegenheit, sich im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung im Beisein der Zeugen und des Amtssachverständigen auch mit diesem Beweismittel auseinanderzusetzen.

1.7. Nach Würdigung der erhobenen Beweise hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 9 Abs.6 StVO 1960 müssen Lenker von Fahrzeugen jedoch auch dann iSd Richtungspfeile weiterfahren, wenn sie sich nicht der beabsichtigten Weiterfahrt entsprechend eingeordnet haben.

Gemäß § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges die im Bereich des Vorschriftszeichens Geschwindigkeitsbeschränkung erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet.

Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Aufgrund der Aussagen des RI S bzw der Beifahrerin, Frau W, nimmt die erkennende Berufungsbehörde als erwiesen an, daß der Berufungswerber an der tatgegenständlichen Kreuzung sein Motorrad auf dem Fahrstreifen zum Linkseinbiegen angehalten hat. Im Sinne der zitierten Bestimmung des § 9 Abs.6 StVO 1960 wäre er demnach verpflichtet gewesen, in diesem Falle nach links einzubiegen und stellt somit der Umstand, daß er tatsächlich geradeaus weitergefahren ist, eine Verwaltungsübertretung iSd zitierten Gesetzesbestimmung dar.

Was die Argumentation des Berufungswerbers, welche überdies durch seine Beifahrerin bestätigt wurde, anbelangt, daß er von einem Pkw im Zuge des Überholvorganges behindert worden sei, so ist dem zu erwidern, daß dies keinen schuldentlastenden Umstand iSd § 5 VStG darstellt.

Ungeachtet dessen, daß der Berufungswerber im Falle einer Behinderung des Überholvorganges verpflichtet gewesen wäre, diesen abzubrechen, hätte er eben, wie bereits dargelegt wurde, mit seinem Motorrad nach links einbiegen müssen. Daß dies nicht möglich gewesen wäre, wurde nicht behauptet und ist aus den Verfahrensunterlagen nicht zu ersehen.

Was die vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen anbelangt, so werden diese im Hinblick auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die Videoaufzeichnung, ebenfalls objektiv dem Grunde nach als erwiesen angesehen.

Allerdings hat der Gutachter in seiner oben bereits dargelegten Stellungnahme ausgeführt, daß im Hinblick auf die Toleranzen bezüglich der Fahrzeugreifen, Eichfehlertoleranz und auch die Differenz des Abstandes beim annähernd gleichbleibenden Nachfahren dahingehend zu berücksichtigen sind, daß vom gemessenen Endwert mindestens 10 km/h abzuziehen sind.

Wie bereits dargelegt wurde, wurde durch die Provida-Anlage in den tatgegenständlichen Bereichen eine Geschwindigkeit von maximal 120 km/h (Faktum 2) bzw 155 km/h (Faktum 3) gemessen. Abzüglich der vom Sachverständigen dargelegten 10 km/h ergibt sich somit eine Geschwindigkeit des Berufungswerbers von max. 110 km/h (Faktum 2) bzw 145 km/h (Faktum 3) weshalb diesbezüglich der Tatvorwurf entsprechend zu reduzieren war.

Auch hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitungen hat das Ermittlungsverfahren keine die Schuldfrage tangierenden Umstände ergeben, welche den Berufungswerber entlasten könnte. Mit der Argumentation, er habe sich durch das knappe Auffahren des Dienstfahrzeuges genötigt gefühlt, ist nichts zu gewinnen, zumal auch ein knappes Nachfahren durch einen anderen Fahrzeuglenker, welches subjektiv als unangenehme Belästigung, Nötigung oder Beeinträchtigung der Freiheit empfunden werden könnte, nicht hinreicht, um das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes annehmen zu können (vgl.

VwGH vom 29.9.1993, 93/03/0199).

Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

1.8. Was die Strafbemessung anbelangt, so handelt es sich laut ständiger Judikatur des VwGH bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Im vorliegenden Falle beträgt der gesetzliche Strafrahmen hinsichtlich der einzelnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen jeweils bis zu 10.000 S.

Unter Berücksichtigung dieses Strafrahmens hat die belangte Behörde hinsichtlich Faktum 1 die bloße Ordnungswidrigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers gewertet. Hinsichtlich der Fakten 2 und 3 hat die belangte Behörde ursprünglich ebenfalls dem Tatvorwurf gemäß die Strafen im Rahmen ihres Ermessens ordnungsgemäß festgelegt. Unter Berücksichtigung der sich im Berufungsverfahren ergebenden Reduzierung des Tatvorwurfes im Hinblick auf die max. gefahrene Geschwindigkeit des Berufungswerbers war jedoch eine entsprechende Herabsetzung der Strafen geboten, wobei jedoch bemerkt wird, daß hinsichtlich Faktum 2 die von der belangten Behörde ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis zur festgesetzten Geldstrafe bereits äußerst milde bemessen wurde und daher eine weitere Herabsetzung nicht geboten war.

Die nunmehr festgelegten Strafen sind tat- und schuldangemessen und dem Berufungswerber unter Berücksichtigung der von ihm bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse durchaus zumutbar.

Straferschwerende Umstände werden keine festgestellt, der Strafmilderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt jedoch im Hinblick auf die vorliegenden Vormerkungen nicht zum Tragen.

Bei der Strafbemessung waren ferner sowohl generalpräventive als auch spezialpräventive Gründe zu berücksichtigen, weshalb eine Herabsetzung bzw weitere Herabsetzung der festgelegten Strafen nicht vertretbar ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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