Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103438/5/Fra/Ka

Linz, 18.03.1996

VwSen-103438/5/Fra/Ka Linz, am 18. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des E A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19.12.1995, VerkR96-2868-1995-SR/GA, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 wegen Verfolgungsverjährung eingestellt; der Berufungswerber hat gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Beiträge zu den Kosten des Verfahrens zu leisten.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung 1.) nach § 97 Abs.5 StVO 1960 und 2.) nach § 68 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil er am 1.7.1995 zwischen 13.40 Uhr und 13.45 Uhr das Fahrrad in Linz, Hochwasserdamm nächst Voest-Brücke in Richtung stadteinwärts gelenkt und 1.) dabei der durch deutlich sichtbare Handzeichen und Zurufe gegebenen Aufforderung zum Anhalten zwecks Lenkerkontrolle durch ein Organ der Straßenaufsicht keine Folge geleistet hat und er dabei 2.) freihändig gefahren ist.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter des Beschuldigten bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.1 VStG abgesehen werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Dem Tatort kommt bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z1 VStG eine besondere Bedeutung zu. Dieser Bestimmung wird ua dann nicht entsprochen, wenn der Tatort ungenau bezeichnet wird (vgl.

VwGH vom 30.4.1982, Zl.81/02/0019). Dem Erfordernis einer eindeutigen Angabe des Tatortes wird mit der Umschreibung "nächst ........." nicht entsprochen, wenn die in Rede stehenden Übertretungen nicht als fortgesetztes Delikt zu qualifizieren sind und daher die Möglichkeit besteht, daß in kurzer zeitlicher oder örtlicher Aufeinanderfolge immer wieder von neuem ein entsprechender Willensentschluß des Täters zu mehreren gleichartigen Übertretungen führt, was gegenständlich der Fall ist. Die Erstbehörde hat nämlich dem Beschuldigten vorgeworfen, die in Rede stehenden Übertretungen zwischen 13.40 Uhr und 13.45 Uhr begangen zu haben. In diesem Zeitraum können die gegenständlichen Übertretungen in kurzer zeitlicher und damit auch örtlicher Aufeinanderfolge durch jeweils neuerliche Willensentschlüsse begangen werden. Es wurde hier somit dem Konkretisierungsgebot in Ansehung des Tatortes nicht Rechnung getragen, aber auch hinsichtlich der Feststellung der Tatzeit liegt offensichtlich ein Verstoß gegen § 44a Z1 VStG vor, der das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Auf Seite 1 der Anzeige der BPD Linz vom 1.7.1995 ist zwar als Tatzeit "13.40 Uhr bis 13.45 Uhr" angeführt. Dieser Tatzeitraum umfaßt jedoch offensichtlich sämtliche im Betreff dargestellten Tatbestände. Auf Seite 2 dieser Anzeige ist unter der Überschrift "Sachverhalt" jedoch eindeutig angeführt, daß der Beschuldigte um 13.38 Uhr das Fahrrad freihändig lenkte. Wann vom Straßenaufsichtsorgan das von ihm behauptete Haltezeichen genau abgegeben wurde, geht aus der Anzeige nicht hervor. Im übrigen ist es ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 97 Abs.5 StVO 1960, daß die Aufforderung durch deutlich sichtbare Zeichen erfolgt, weshalb es zur Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat erforderlich ist, zu umschreiben, welches Zeichen des Straßenaufsichtsorganes vom Beschuldigten nicht befolgt wurde (VwGH 7.9.1983, 83/03/0133, ZvR 1984/84). Wenn der Meldungsleger immer behauptet, daß er lediglich die linke Hand, jedoch nicht auch den Arm hochgehoben hat, ist zu bezweifeln, ob dieses Zeichen auch wirklich als deutlich sichtbar zu bezeichnen ist.

Da während der Verfolgungsverjährungsfrist seitens der Erstbehörde keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb bereits aus diesem Grunde von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und spruchgemäß zu entscheiden war.

Es war daher auf die Glaubwürdigkeit der vom Meldungsleger gemachten Angaben im Hinblick auf die hier zu beurteilenden Tatbestände nicht mehr einzugehen. Tatsache ist jedenfalls, daß der Beschuldigte am 8.11.1995 durch das Landesgericht Linz von der wider ihn erhobenen Anklage 1.) des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs.1 1. Fall StGB, 2.) des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs.1 , § 84 Abs.2 Z4 StGB und 3.) des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs.1 StGB gemäß § 259 Z3 StPO freigesprochen wurde.

4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum