Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103453/2/Bi/Fb

Linz, 30.01.1996

VwSen-103453/2/Bi/Fb Linz, am 30. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, K, L, vom 19. Dezember 1995, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. November 1995, St 1070/95-Bu, in Angelegenheit einer beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verfahren wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 Z1 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Rechtsmittelwerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 12. Oktober 1995 abgewiesen. Dies wurde damit begründet, der Beschuldigte sei offensichtlich einem Rechtsirrtum unterlegen, zumal ihm am 3. August 1995 eine Frist von drei Wochen unter Androhung der Folgen gemäß § 41 Abs.3 VStG gewährt worden sei. Seine Verantwortung, er habe keine Information darüber gehabt, daß es sich dabei um eine unaufschiebbare Frist handle, sei eine Schutzbehauptung. Mangelnde Rechtskenntnis bzw ein Rechtsirrtum bilde jedoch keinen Wiedereinsetzungsgrund. Überdies hätte er gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag entsprechende neue Beweismittel vorzulegen gehabt, was er nicht getan habe.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im zugrundeliegenden Straferkenntnis keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtete und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber schildert in der Berufung umfangreich den dem Verfahren zugrundeliegenden Vorfall aus seiner Sicht und gibt auch den Inhalt der Gespräche mit dem Bearbeiter der Erstinstanz, Herrn K, wieder. Am 3. August 1995 habe er Akteneinsicht erhalten und als neuer Termin sei ihm der 24. August 1995 bekanntgegeben worden. Er habe auch einen kurzen Absatz unterschreiben müssen, daß er bis zu diesem Datum alle neuen Unterlagen für den Einspruch fertig habe. Als er am 24. August 1995 sein Erscheinen für eine bestimmte Uhrzeit fixieren wollte, sei ihm von einer Polizeibeamtin telefonisch die Auskunft gegeben worden, Herr K sei noch auf Urlaub und würde am 4. September 1995 wieder erreichbar sein. Auf seine Erklärung, er müsse Beweismaterial für den Einspruch gegen eine Strafverfügung abgeben, habe sie bedauert und betont, sie könne ihm nicht helfen. Am 4. September 1995 habe er mit Herrn K telefoniert und dieser habe ihn aufgrund der urlaubsbedingten Überlastung ersucht, erst am 29. September 1995 zu ihm zu kommen. An diesem Tag, 10 min bevor er zur Erstinstanz fahren wollte, habe ihm der Briefträger einen RSa-Brief mit dem Straferkenntnis gebracht. Herr Hofrat Dr. I, an den er sich auf Rat des Herrn K gewandt habe, habe ihm dann geraten, er solle einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen. Er habe auch mit dem Herrn Polizeidirektor gesprochen, der ihm kalt erklärt habe, hier im Akt sei alles in Ordnung, und der ihm für eine Argumentation seinerseits nicht die kleinste Möglichkeit gegeben habe. Er beantrage daher, den Bescheid vom 18.

November 1995 aufzuheben, die Wiedereinsetzung zu bewilligen, weiters die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 26. September 1995 zuzulassen und dieser Folge zu geben, weil die Tatvorwürfe zu Unrecht erhoben worden seien, was er jederzeit beweisen könne. Dafür beantrage er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der er die erstellten Beweise vorlegen werde. Er beantrage außerdem die Durchführung eines Lokalaugenscheins und seine Parteieneinvernahme und mache überdies geltend, daß die Strafe wesentlich überhöht sei, da er als Pensionist 16.000 S monatlich verdiene, seine jüngste Tochter noch studiere und seine Frau seit vielen Jahren wegen einer schweren Zuckererkrankung berufsunfähig sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß dem Rechtsmittelwerber aufgrund seines Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 15. März 1995 am 3. August 1995 Akteneinsicht gewährt wurde. Dabei wurde ihm eine Frist von drei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt und ihm gleichzeitig angekündigt, daß, sollte eine solche Stellungnahme nicht einlangen, das Verfahren ohne seine Anhörung weitergeführt werde. Ende dieser Frist war demnach der 24. August 1995.

Auf der Rückseite des Formulars vom 3. August 1995 findet sich die handschriftliche Eintragung des Bearbeiters der Erstinstanz Mag. B vom 8. September 1995, in der dieser um Nachschau, ob eine schriftliche Rechtfertigung eingelangt sei, ersucht.

Im Verfahrensakt befindet sich anschließend daran das Straferkenntnis vom 26. September 1995 mit dem Rückschein, der mit Datum 29. September 1995 vom Rechtsmittelwerber persönlich unterschrieben ist.

Weiters findet sich ein Aktenvermerk des Bearbeiters ORev. K vom 9. November 1995, in dem dieser bestätigt, daß das Ende der Frist für die Stellungnahme der 24. August 1995 gewesen wäre und er am 4. September 1995 vom Beschuldigten angerufen worden sei, der angegeben habe, mit ihm ein Gespräch führen und die Beweise vorlegen zu wollen. Als Gesprächstermin sei der 29. September 1995 vereinbart worden. Ein Aktenvermerk über dieses Telefonat habe vorerst nicht vorgenommen werden können, da der Akt unauffindbar gewesen sei.

Anschließend daran findet sich im Akt der nunmehr angefochtene Bescheid.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG iVm § 24 VStG gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen ist, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Gemäß Abs.3 dieser Bestimmung hat im Fall der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat stellen sich die Geschehnisse bei der Erstinstanz im gegenständlichen Fall so dar, daß der Rechtsmittelwerber am 3. August 1995 bei der Erstinstanz darauf aufmerksam gemacht wurde, daß er den bis dorthin vorliegenden Beweismitteln seine eigenen Beweismittel entgegensetzen könne, wobei ihm dafür eine Frist bis 24. August 1995 gewährt wurde. Der Rechtsmittelwerber hat nie bestritten, daß er bei der Erstinstanz einen Vermerk unterschrieben habe, der ihn darauf hinwies, daß das Verfahren, sollte diese Stellungnahme nicht rechtzeitig ergehen, ohne seine Anhörung weitergeführt würde.

In diesem Zusammenhang vermag der unabhängige Verwaltungssenat weder einen Rechtsirrtum noch eine Gesetzesunkenntnis auf seiten des Rechtsmittelwerbers zu erkennen.

Wenn dieser nunmehr anführt, er habe am 24. August 1995 versucht, Herrn K zu erreichen, da keine Uhrzeit für das Gespräch vereinbart gewesen sei, und eine Dame habe ihm am Telefon mitgeteilt, Herr K habe seinen Urlaub verlängert und sei erst am 4. September wieder zu erreichen, wobei sie ihm in seiner Angelegenheit nicht helfen könne, so ist dies zum einen insofern glaubwürdig, weil sich der Rechtsmittelwerber am 4. September 1995 sofort mit Herrn K in Verbindung gesetzt hat, und zum anderen nach den im Verfahren zutage getretenen Gepflogenheiten bei der Erstinstanz nicht auszuschließen, auch wenn über dieses Gespräch ebenfalls keine schriftlichen Unterlagen in Form eines Vermerkes oder dgl im Akt aufscheinen.

Hinsichtlich der Terminvereinbarung für 29. September 1995 zwischen dem Rechtsmittelwerber und Herrn K hat der Bearbeiter bei der Erstinstanz im Aktenvermerk vom 9. November 1995 die Angaben des Rechtsmittelwerbers vollinhaltlich bestätigt, nämlich auch dahingehend, daß er über dieses Gespräch keinen Aktenvermerk angefertigt habe, weil der Akt unauffindbar gewesen sei.

Anzunehmen ist, daß Mag. B vor Erlassung des Straferkenntnisses keinen Kontakt mit Herrn K aufgenommen hat und, da offensichtlich auch keine schriftlichen Vermerke existierten, nichts von dieser neuen Terminvereinbarung wußte.

Daraus folgt, daß das Straferkenntnis vom 26. September 1995 zwar nach den bis dorthin im Akt befindlichen Unterlagen zu Recht erging, weil ja keine schriftliche Stellungnahme bis 24. August 1995 eingelangt war, daß die Fristgewährung bis 24. August 1995 jedoch zum einen durch die telefonische Auskunft der namentlich unbekannten Polizeibeamtin und zum anderen durch die telefonische Vereinbarung mit Herrn K hinfällig geworden war.

In objektiver Hinsicht ist aber festzuhalten, daß der Rechtsmittelwerber alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Einhaltung der vereinbarten Termine ergriffen hat. Nachvollziehbar ist auch, daß er unbedingt mit Herrn K, den er in seiner Angelegenheit informiert wußte, sprechen wollte, wobei ihm aber auch kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, wenn er höflichkeitshalber eine genaue Uhrzeit seines Erscheinens bei der Erstinstanz vereinbaren wollte, um nicht ungelegen zu kommen.

Da aber sowohl die angeführte Polizeibeamtin als auch Herr K für die Erstinstanz tätig wurden, konnte der Rechtsmittelwerber nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates darauf vertrauen, daß die mit diesen Personen getroffenen Vereinbarungen bzw die ihm erteilten Auskünfte auch für die Behörde gelten. Von den offenbar innerhalb dieser Behörde bestehenden Kommunikationsschwierigkeiten konnte der Rechtsmittelwerber nichts wissen und solche auch nicht erwarten.

Aus dieser Sicht erfolgte die Zustellung des Straferkenntnisses am 29. September 1995 für den Rechtsmittelwerber nicht nur völlig unerwartet und daher sehr wohl unvorhergesehen, sondern für ihn auch unabwendbar und nachvollziehbar auch ohne sein Verschulden.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt aber die Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber sowohl aus seiner Sicht als auch in objektiver Hinsicht eine Frist gar nicht versäumt hat, weil er sich nämlich an die nachgewiesene Terminvereinbarung 29. September 1995 mit Herrn K gehalten hat.

Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß Mag. B über diese von Herrn K mit dem Rechtsmittelwerber getroffene Terminvereinbarung nicht informiert war und deshalb das Straferkenntnis abgesendet hat.

Da somit die formellen Voraussetzungen für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlagen, war der angefochtene Bescheid, mit dem der Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen und somit eine Entscheidung in der Sache getroffen wurde, aufzuheben, wobei der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtsmeinung vertritt, daß der Wiedereinsetzungsantrag mangels Versäumung einer Frist zurückzuweisen gewesen wäre.

Am Rande ist zu bemerken, daß mangels Versäumung einer Frist dem Rechtsmittelwerber auch nicht vorgeworfen werden kann, daß er es verabsäumt habe, gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die maßgeblichen Beweismittel vorzulegen.

Auf dieser Grundlage war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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