Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103464/7/Weg/Ri

Linz, 14.05.1996

VwSen-103464/7/Weg/Ri Linz, am 14. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des F K, vertreten gewesen durch seine Gattin, H K, vom 19.

Dezember 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 24. November 1995, VerkR96-..., nach der am 10. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 134 Abs.1 iVm § 64 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt, weil dieser am 23. Juni 1995 gegen 6.10 Uhr den PKW, ..., Kennzeichen ..., auf der .. von ... in Richtung ...gelenkt habe ohne die hiefür erforderliche Lenkerberechtigung der Gruppe B zu besitzen.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 500 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde stützt ihr Straferkenntnis im wesentlichen auf die dienstlichen Wahrnehmungen eines Gendarmeriebeamten, welcher beobachtet hätte, daß der in einer Kolonne mit ca. 60 km/h sich bewegende PKW mit dem Kennzeichen ... zum Tatzeitpunkt von F K gelenkt worden sei.

Eine Anhaltung ist nicht erfolgt.

3. Der Berufungswerber, vertreten durch seine Gattin H K, bringt in der rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung vor, daß am fraglichen Tag nicht er sondern seine Gattin der Lenker des verfahrensgegenständlichen PKW's gewesen sei und daß es sich um einen Irrtum des Gendarmeriebeamten handeln müsse. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde vorgebracht, daß die Gattin dem Beschuldigten zumindest hinsichtlich der Farbe der Haare und der Art der Frisur ähnlich sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten sowie durch zeugenschaftliche Vernehmung der Gattin des Beschuldigten, die ihre Vollmacht zurückgelegt hat, anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Mai 1996. Wie sich erst nach der Verhandlung und Verkündung herausstellte, hat Rev.Insp. ... am 24. April 1996 telefonisch bekanntgegeben, zum Verhandlungstag urlaubsbedingt abwesend zu sein. Dabei ist ihm mitgeteilt worden, daß die Verhandlung vertagt wird. Diese Vertagung ist - offenbar versehentlich - nicht erfolgt, sodaß die Verhandlung durchgeführt wurde.

Der Berufungswerber brachte vor, daß er seit dem letzten Entzug der Lenkerberechtigung vor schon einigen Jahren niemals mehr einen PKW gelenkt habe. Ihm sei die Lenkerberechtigung auf die Dauer von 18 Monaten vorübergehend entzogen worden und er hätte sich den Führerschein wieder abholen können, was er aber bisher nicht getan habe, weil ihn das Autofahren ohnehin nicht mehr interessiere.

Er sei Tischler bei der Firma ... Ges.m.b.H. und werde von einem Arbeitskollegen täglich zur Arbeit mitgenommen. Dabei bringe ihn seine Gattin so gut wie täglich von ... nach ..., wo er dann in einen Firmenbus umsteige und so die Arbeitsstätte erreiche. Den PKW benütze ausschließlich seine Gattin, so auch am gegenständlichen Tag, an dem seine Frau in den Morgenstunden zur Zahnklinik der Gebietskrankenkasse gefahren sei, um sich dort behandeln zu lassen. Ihm sei Rev.

Insp. ... völlig unbekannt, möglicherweise kenne ihn aber der Gendarmeriebeamte auf Grund von diversen Amtshandlungen.

Der Gendarmeriebeamte müsse sich bei seinen Wahrnehmungen geirrt haben, zumal seine Gattin ebenfalls blond sei und zum Tatzeitpunkt eine ähnliche Frisur gehabt habe.

Die auf die Folgen einer falschen Beweisaussage vor der Behörde ausdrücklich aufmerksam gemachte Zeugin ... gibt an, den verfahrensgegenständlichen PKW lenke ausschließlich sie.

Sie könne sich zwar an die gegenständliche Fahrt im einzelnen nicht mehr erinnern und wisse nicht einmal, welcher Wochentag das gewesen sei, doch habe sie damals in der Zahnklinik der Gebietskrankenkasse eine Behandlung über sich ergehen lassen und sei deshalb des öfteren so bald nach Linz gefahren, damit sie eine frühe Behandlungsnummer bekomme, um in weiterer Folge den Dienstbeginn um 9.00 Uhr in Altenfelden nicht zu versäumen. Die ebenfalls blonde Gattin des Berufungswerbers führt zu ihrer damaligen Haarfarbe und Frisur aus, daß sie damals das Haar hinten aufgesteckt gehabt habe und sohin aus der Sicht des Gendarmeriebeamten (von vorne) mit ihrem Mann verwechselt worden sein könnte, zumal der Sichtkontakt nur äußerst kurz gewesen sein könne, weil sie sich nach Angabe des Gendarmeriebeamten in einer Kolonne befunden habe. Aus der Sicht von hinten sei eine Identifizierung wegen der Kopfstütze ohnehin nicht möglich.

Über Befragen, warum sie ihren Gatten nicht nach Linz mitgenommen habe, zumal dieser in Linz seine Arbeitsstätte hat, führt sie aus, daß sie sich an die gegenständliche Fahrt nicht mehr erinnern könne, daß aber ihr Gatte nie mit ihr nach Linz mitfahre, weil die Fahrgelegenheit mit dem Firmenbus in das Firmengelände günstiger sei bzw. es sehr oft (und vielleicht auch damals) so gewesen sei, daß ihr Gatte von ... nicht nach Linz sondern auf irgend eine Baustelle außerhalb des Firmensitzes gefahren sei.

Die Aussagen sowohl des Beschuldigten als auch der Zeugin wirkten glaubwürdig und ist es auf Grund der angewendeten Vernehmungstechnik auszuschließen, daß sie sich abgesprochen haben. Sowohl die Gattin als auch der Beschuldigte sind blond und ist eine gewisse Ähnlichkeit hinsichtlich der Frisur nachvollziehbar. Indiz dafür, daß der Berufungswerber tatsächlich niemals seinen PKW ohne Lenkerberechtigung lenkte, ist auch der Umstand, daß dieser trotz jahrelanger Zeit ohne Lenkerberechtigung niemals beim Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung betreten wurde.

Weiteres Indiz für die Glaubwürdigkeit des Beschuldigten hinsichtlich seiner Aussage, ihn interessiere das Autofahren nicht mehr, ist, daß er sich um die Wiedererlangung des Führerscheines nach vorausgegangener vorübergehender Entziehung der Lenkerberechtigung nicht mehr bemüht hat.

Hinsichtlich eines allfälligen Wahrnehmungsirrtums des Straßenaufsichtsorganes wird festgehalten, daß ein derartiger Irrtum nach den Erfahrungen des täglichen Lebens deshalb nicht auszuschließen ist, weil der Blickkontakt infolge des Kolonnenverkehrs und der Geschwindigkeit von ca.

60 km/h nur kurz gewesen sein kann.

Es schien zum Zeitpunkt der Verhandlung (wo doch der Grund des Fernbleibens des Gendarmeriebeamten noch nicht bekannt war) prozeßökonomisch nicht vertretbar, den Beschuldigten und die Gattin, die sich beide Urlaub genommen hatten, wieder nach Hause zu schicken, um anläßlich einer neuerlich auszuschreibenden Verhandlung eine Gegenüberstellung zwischen Beschuldigten und dem Gendarmeriebeamten zu erwirken. Die Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin, aber auch des Beschuldigten, war so überzeugend, daß wahrscheinlich auch eine Gegenüberstellung kein anderes Beweisergebnis erbracht hätte.

Es wird deshalb - in dubio pro reo - nicht als erwiesen angenommen, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug gelenkt hat.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung eines Verfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Nachdem - wie oben ausgeführt - ein für ein Strafverfahren ausreichender Beweis für die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers nicht vorliegt, war im Sinne dieser Gesetzesstelle spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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