Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103503/2/Fra/Ka

Linz, 25.03.1996

VwSen-103503/2/Fra/Ka Linz, am 25. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des C B, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K, Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 18.1.1996, VerkR96-10702-1994, betreffend Übertretung des § 4 Abs.2 2. Satz StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 500 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19 und 24 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 4 Abs.2 2. Satz StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt, weil er es als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall am 12.11.1994 um 4.00 Uhr auf der Subener-Bezirksstraße 1145 bei km , Gemeinde St. Marienkirchen bei Schärding, bei dem Personen verletzt und mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle sofort zu verständigen. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Es ist unstrittig, daß der Bw an dem im Spruch näher umschriebenen Verkehrsunfall, bei dem Personen verletzt wurden, als Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges ursächlich beteiligt war. Der Verkehrsunfall ereignete sich am 12.11.1994 um 4.00 Uhr. Der Bw verständigte jedoch den Gendarmerieposten Suben erst am 12.11.1994 um 16.50 Uhr, obwohl er gemäß § 4 Abs.2 2. Satz StVO 1960 zur sofortigen Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle verpflichtet gewesen wäre.

Der Bw behauptet nun, daß unmittelbar nach dem Unfall ein Gendarmeriebeamter in Zivil an die Unfallstelle kam und sich dieser zunächst über das Befinden der Personen erkundigte, zumal die Insassen des PKW, soferne dies die Zeugen R und R betrifft, verletzt waren. Der Gendarmeriebeamte in Zivil habe ihm mitgeteilt, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Verletzungen nicht derartig arg waren, daß eine Rettung hätte verständigt werden müssen, den Vorfall der nächsten Gendarmeriedienststelle zu melden. Er sei auch tatsächlich davon ausgegangen, daß aufgrund der Zusage des Gendarmeriebeamten dieser eine Gendarmeriedienststelle verständigen werde. Nach seiner Ansicht sei es wesentlich, daß der nicht im Dienst befindliche Gendarmeriebeamte als Bote zur Meldung des Verkehrsunfalles in Anspruch genommen werden kann, wenn dieser erklärt, er werde die nächste Polizei- bzw Gendarmeriedienststelle verständigen, weshalb sich dann eine gesonderte Meldung durch ihn erübrigt habe.

Die Erstbehörde hat im angefochtenen Straferkenntnis die oben angeführte Behauptung des Beschuldigten ihrer Entscheidung als erwiesen angenommener Sachverhalt zugrundegelegt, weshalb auch der O.ö. Verwaltungssenat von diesem Sachverhalt ausgeht.

I.3.2. In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt:

§ 4 Abs.2 StVO 1960 läßt es offen, in welcher Weise der Verständigungspflicht zu entsprechen ist (VwGH 19.6.1979, ZVR 1980/49; 28.1.1981, ZVR 1982/139); in der Regel wird sich der Meldepflichtige selbst zur nächsten Sicherheitsdienststelle begeben und dort Meldung erstatten.

Allerdings kann die Anzeige - da die Verständigung möglichst rasch vorzunehmen ist - auch telefonisch oder durch einen Dritten erfolgen (ständige Rechtsprechung vgl. etwa VwGH 9.12.1963, ZVR 1964/215 ua). Ist absehbar, daß infolge der Schwere eines Unfalles bzw der notwendigen Hilfeleistung eine rasche Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle durch den Meldepflichtigen selbst nicht erfolgen kann, so muß er sich des Telefones oder eines "Boten" bedienen. Sofern ein Bote die ihm anvertraute Pflicht nicht erfüllt und die sofortige Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle unterläßt, entsteht die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Unterlassung der an sich meldepflichtigen Person zuzurechnen ist. Zunächst muß es sich um eine klare und unmißverständliche Aufforderung (an einen Dritten) zur Durchführung der Verständigung handeln. Aus der bloß zustimmenden Kenntnisnahme der Äußerung einer am Verkehrsunfall unbeteiligten und dem Beschuldigten unbekannten Person, sie werde den Verkehrsunfall anzeigen, kann nicht auf eine stillschweigende Beauftragung durch den Beschuldigten geschlossen werden (VwGH 22.5.1979, 1789/77).

Meldepflichtige Personen können sich also eines Boten bedienen, sie müssen sich jedoch den Vorwurf fahrlässiger Unterlassung der Meldepflicht gefallen lassen, wenn sie sich nicht davon überzeugen, ob der Bote den Auftrag im Sinne des Gesetzes befolgt (ständige Rechtsprechung vgl. etwa VwGH 9.4.1966, 627/65 ua) bzw wenn sie sich von der Durchführung der Meldung keine Gewißheit verschaffen (VwGH 16.3.1972, Slg.8190/A). Kennt somit der Beschuldigte - wie im gegenständlichen Fall - nicht einmal den Namen des Boten, kann er sich auch nicht davon überzeugen, ob dieser den Auftrag im Sinne des Gesetzes erfüllt hat. Im konkreten Fall hätte sich der Beschuldigte gar nicht davon überzeugen können, ob der Gendarmeriebeamte die Verständigung vom Verkehrsunfall vorgenommen hat, da er ja dessen Namen nicht kannte. Es stellt sich auch die Frage, welchen Sinn es ergeben sollte, einer unbekannten sich als Gendarmeriebeamter ausgebenden Person die Verständigung vom Verkehrsunfall zu überlassen, wo sich der Bw doch problemlos vom nahegelegenen Landwirt, von wo er einen Freund von ihm telefonisch verständigt hatte, auch selbst telefonisch die nächste Gendarmeriedienststelle hätte verständigen können.

Das Erstvorbringen, infolge des Unfallschockes vergessen zu haben, den Unfall sofort zu melden (siehe Niederschrift des GP Suben vom 13.11.1994, GZ P-933/94-Kr) ist nicht geeignet, mangelndes Verschulden darzutun, denn ein sogenannter "Unfallschock" kann nur in besonders gelagerten Fällen und bei gravierenden psychischen Ausnahmesituationen das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen.

Einem dispositionsfähig gebliebenen Unfallbeteiligten ist trotz eines sogenannten "Unfallschrecks" in Verbindung mit einer begreiflichen affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhalten zumutbar, weil von einem Kraftfahrer, welcher die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter- und Willensstärke zu verlangen ist, daß er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (VwGH 11.12.1978, 23/78). Daß der Beschuldigte dispositionsfähig geblieben ist und keinen Unfallschock im rechtlichen Sinne hatte, zeigt sein Verhalten nach dem Verkehrsunfall.

Die Berufung erwies sich daher in der Schuldfrage als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

Was die verhängte Strafe anlangt, so kann der O.ö.

Verwaltungssenat eine Überschreitung des Ermessensspielraumes hinsichtlich der Strafbemessung nicht konstatieren. Die Erstbehörde hat die Umstände und Erwägungen zur Strafbemessung ausreichend dargelegt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum