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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103512/2/Ki/Shn

Linz, 22.02.1996

VwSen-103512/2/Ki/Shn Linz, am 22. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Andreas M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter J, vom 1. Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 19. Jänner 1996, Zl.VerkR96-73-1996-Ho, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung gegen die Strafhöhe wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage herabgesetzt wird.

II: Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 300 S herabgesetzt; der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Straferkenntnis vom 19. Jänner 1996, VerkR96-73-1996-Ho, hat die Bezirkshauptmannschaft Eferding über den nunmehrigen Berufungswerber gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 9.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 304 Stunden) verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt, daß er am 20.12.1995 um 10.48 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen auf der P bei km in Richtung Linz gelenkt und die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 43 km/h überschritten hat. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 900 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Mit Schriftsatz vom 1. Februar 1996 erhob der Rechtsmittelwerber Berufung gegen die Strafhöhe mit dem Berufungsantrag, die sachlich zuständige Berufungsbehörde möge die verhängte Strafe auf ein schuld- und tatangemessenes Ausmaß deutlich herabsetzen.

Der Berufungswerber argumentiert, daß die verhängte Strafe nicht angemessen sondern weitaus überhöht wäre. Er habe sich zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsmessung im Überholvorgang auf dem linken Fahrstreifen der P befunden und es habe zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung keine konkrete Gefährdung von Personen bestanden. Es seien auch keine nachteiligen Folgen eingetreten, weshalb die Erstbehörde bei der Bemessung der Strafe diese Umstände hätte berücksichtigen müssen. Selbst unter Berücksichtigung der aktenkundigen, jedoch nicht einschlägigen Vorstrafe des Beschuldigten, sei der der Behörde zustehende Ermessensspielraum weit überschritten worden. Er verdiene als Hilfstischler lediglich 12.000 S monatlich, verfüge über kein Vermögen und habe keine Sorgepflichten. Hätte die Erstbehörde die Kriterien der Einkommens- und Vermögensverhältnisse dem Gesetz entsprechend berücksichtigt, so hätte sie im Rahmen ihres Ermessens eine weitaus geringere Geldstrafe verhängen müssen. Die Erstbehörde wäre gehalten gewesen, eine Schätzung des Einkommens vorzunehmen und diese in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise in der Bescheidbegründung darzulegen.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde.

I.4. Nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, daß bei erheblichen Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit auf Autobahnen die Verkehrssicherheit erheblich reduziert wird, weil solch überhöhte Geschwindigkeiten immer wieder eine Ursache für schwere und schwerste Verkehrsunfälle darstellen. Die Überschreitung einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 43 km/h stellt keine geringfügige Verwaltungsübertretung mehr dar, weshalb grundsätzlich auch aus generalpräventiven Gründen - mit einer entsprechend strengen Bestrafung vorzugehen ist.

Nach welchen Kriterien die belangte Behörde die Strafbemessung vorgenommen hat, ist im gegenständlichen Falle nicht nachvollziehbar, zumal in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich ausgeführt wurde, daß auf § 19 VStG hinreichend Bedacht genommen wurde. Die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen wurden jedoch in keiner Weise dargelegt.

Die Berufungsbehörde vertritt, wie bereits in mehreren Entscheidungen dargelegt wurde, die Auffassung, daß hinsichtlich der Strafbemessung nicht generell festgelegte Strafsätze angewendet werden dürfen, sondern daß in Entsprechung des § 19 VStG jeweils auf die konkreten Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen ist. Im vorliegenden Falle hat der Berufungswerber die erlaubte Höchstgeschwindigkeit zwar erheblich überschritten, aus der Anzeige geht jedoch nicht hervor, daß er durch sein Verhalten jemanden konkret gefährdet hätte bzw die Tat nachteilige Folgen nach sich gezogen hätte. Dieser Umstand ist jedenfalls bei der Beurteilung der Tat- und Schuldangemessenheit entsprechend zu berücksichtigen, wobei für den Berufungswerber belastend im Hinblick auf die Strafbemessung zu werten ist, daß die Fahrbahnverhältnisse zum Tatzeitpunkt insoferne nicht optimal waren, als zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsmessung die Fahrbahn der unbestritten feucht gewesen ist.

Weiters ist bei der Strafbemessung im vorliegenden Falle zu berücksichtigen, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit im Hinblick auf die im Akt aufscheinenden Vormerkungen nicht zugute kommt. Allerdings ist ihm zugute zu halten, daß er sich im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde geständig gezeigt hat und so das Strafverfahren gegen ihn zügig durchgeführt werden konnte. Wenn dies auch kein qualifiziertes Geständnis iSd Judikatur des VwGH darstellt, so vertritt die erkennende Behörde die Auffassung, daß dieser Umstand bei der Strafbemessung mildernd berücksichtigt werden kann.

Weiters sind bei der Strafbemessung die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen. Im vorliegenden Falle bezieht der Berufungswerber ein Einkommen von 12.000 S monatlich, er verfügt über kein Vermögen und hat keine Sorgepflichten. In Anbetracht dieser finanziellen Situation erscheint die nunmehr festgelegte Strafe für den Berufungswerber durchaus als zumutbar.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß nach Auffassung der Berufungsbehörde die belangte Behörde im vorliegenden Falle hinsichtlich der Strafbemessung von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat, weshalb die beantragte deutliche Herabsetzung der verhängten Strafe als geboten erschien.

In Anbetracht dessen, daß die Tat konkret auch sonst keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, erscheint die nunmehr festgelegte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe als tatund schuldangemessen. Eine weitere Herabsetzung ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisses des Berufungswerbers sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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