Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103537/8/Ki/Shn

Linz, 29.04.1996

VwSen-103537/8/Ki/Shn Linz, am 29. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Jürgen Z, vom 7. Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 18. Jänner 1996, Zl.VerkR96-1131-1995/Bi, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. April 1996 zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis nach der Maßgabe bestätigt, daß als Kennzeichen des Tatfahrzeuges bzw als Strafnorm "§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960" festgestellt wird.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 1.200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 18. Jänner 1996, VerkR96-1131-1995/Bi, über den Berufungswerber gemäß § 99/3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe sechs Tage) verhängt, weil er am 3.2.1995 gegen 20.55 Uhr den PKW, Kennz. auf der Westautobahn A1, im Gemeindegebiet von A von Linz kommend in Richtung Salzburg gelenkt und die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtet hat, da er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 60 km/h überschritt (verletzte Rechtsvorschrift § 52a Z10a StVO i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafe (600 S) verpflichtet.

I.2. Dagegen erhebt der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 7. Februar 1996 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis wegen inzwischen eingetretener Verjährung aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Begründend wird dazu ausgeführt, daß der PKW des Berufungswerbers Marke Audi 100 das Kennzeichen habe. Daraus ergebe sich, daß die Erstbehörde aufgrund dessen nach Einsicht in den Akt festgestellten Fehlers der Anzeiger bisher nur eine Verfolgungshandlung hinsichtlich eines anderen PKW's gesetzt und diesen Fehler auch in das angefochtene Straferkenntnis übernommen habe.

Ungenauigkeiten hinsichtlich der Verfolgungshandlungen würden zu Lasten der Behörde gehen und, sofern sie nicht innerhalb der offenen Verjährungsfrist von einem Jahr richtig gestellt werden, zur Verjährung der Verwaltungsübertretung führen.

Aus diesem Grunde erübrige sich ein weiteres Vorbringen zur Begründung der Berufung.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. April 1996. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden als Zeugen BI Karl G sowie Insp. Kurt M einvernommen. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

I.5. Beide Zeugen gaben bei ihrer Einvernahme an, daß sie sich an den Vorfall im Hinblick auf zahlreiche Amtshandlungen nicht mehr exakt erinnern können. Sie führten jedoch aus, wie eine Feststellung der Geschwindigkeit durch Nachfahren im allgemeinen vor sich gehe und BI G wies auf einen Vorhalt bezüglich des Kennzeichens hin eine handschriftliche Aufzeichnung vor, auf der das richtige Kennzeichen angeführt ist. Es dürfte ihm bei der Übertragung ein Fehler unterlaufen sein.

I.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Gendarmeriebeamten eine korrekte Nachfahrt bzw Geschwindigkeitsfeststellung durchgeführt haben. Die bei der mündlichen Verhandlung dargelegte Vorgangsweise bei der Nachfahrt entspricht, wie noch näher ausgeführt wird, den erforderlichen Kriterien für eine Feststellung der Geschwindigkeit durch Nachfahren und es entstand in keiner Weise der Eindruck, daß die Gendarmeriebeamten im vorliegenden konkreten Fall den Berufungswerber unrechtmäßig belastet hätten, wobei nicht außer Acht zu bleiben hat, daß der Berufungswerber letztlich eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit dem Grunde nach bereits eingestanden hat. Der Widerspruch hinsichtlich des festgestellten Kennzeichens des Tatfahrzeuges konnte aufgeklärt werden.

Es bestehen sohin keine Bedenken, die Anzeige der Gendarmeriebeamten im vorliegenden Falle der Entscheidung zugrundezulegen.

I.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Der Berufungswerber vertritt die Auffassung, daß, da im erstinstanzlichen Verfahren ein Irrtum hinsichtlich des Kennzeichens des Tatfahrzeuges unterlaufen ist, die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nunmehr verjährt sei.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist.

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate.

Sind seit dem in Abs.2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf gemäß § 31 Abs.3 leg.cit. ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Im vorliegenden Falle wurde das Marktgemeindeamt Kremsmünster von der belangten Behörde innerhalb der obzitierten Verfolgungsverjährungsfrist ersucht, den Berufungswerber hinsichtlich der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als Beschuldigten einzuvernehmen. In diesem Ersuchen wurde die zur Last gelegte Tat hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben, lediglich hinsichtlich des Kennzeichens des Tatfahrzeuges ist dabei der bereits oben dargelegte Fehler unterlaufen.

Laut Rechtsprechung des VwGH handelt es sich jedoch bei der Angabe des Kennzeichens des vom Beschuldigten gelenkten PKW's um keinen Umstand, der als solcher der Bestrafung nach § 16 Abs.1 lit.d StVO und nach § 16 Abs.2 lit.a StVO zugrundegelegt wird. Die Unrichtigkeit der Bezeichnung dieses Kennzeichens hindert somit die Unterbrechung der Verjährungsfrist nicht (VwGH 21.12.1988, 88/03/0080). Diese Aussage des VwGH betrifft konkret zwar Überholverbote, ist dem Sinn nach jedoch auch für den vorliegenden Fall einer Geschwindigkeitsüberschreitung anzuwenden.

Unter Zugrundelegung der zitierten Judikatur des VwGH vertritt daher der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß es sich im vorliegenden Fall beim Kennzeichen des Tatfahrzeuges um kein wesentliches Tatbestandsmerkmal handelt und somit deswegen keine Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Der O.ö. Verwaltungssenat als Berufungsbehörde war sohin berechtigt, eine entsprechende Korrektur vorzunehmen. Nachdem überdies seit dem Tatzeitpunkt noch keine drei Jahre vergangen sind, liegt auch keine Strafbarkeitsverjährung vor.

Wenn der Berufungswerber im Berufungsschriftsatz inhaltlich auch keine Argumente hinsichtlich der materiellen Richtigkeit des Straferkenntnisses vorgebracht hat, war die erkennende Behörde iSd § 66 Abs.4 AVG berechtigt und verpflichtet, eine umfassende Prüfung sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch der Rechtsfrage vorzunehmen.

Gemäß § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges die im Bereich des Vorschriftszeichens Geschwindigkeitsbeschränkung erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet.

Die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung wurde durch zwei Gendarmeriebeamte im Zuge einer Nachfahrt mit dem Dienstfahrzeug festgestellt.

Laut Rechtsprechung des VwGH ist das Nachfahren mit einem Behördenfahrzeug zur Ermittlung der Geschwindigkeit eines Kfz eine brauchbare Grundlage für die Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung und es muß einem verkehrsgeschulten Gendarmen ein, wenn auch nur im Schätzwege gewonnenes, Urteil zugebilligt werden, ob ein Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit in erheblichem Maße überschreitet oder nicht.

Erforderlich ist, daß im Rahmen einer Nachfahrt verschiedene Kriterien eingehalten werden, nämlich ein annähernd gleichbleibender Tiefenabstand und möglichst durchgehender Sichtkontakt zum verfolgten Fahrzeug, eine genaue Kenntnis der Geschwindigkeitsanzeige bzw deren Fehlergröße, ein längerzeitiges Nachfahren mit gleichbleibender Geschwindigkeit und die Geschwindigkeitsfeststellung muß mindestens zweimal erfolgen.

Wenn auch die beiden Gendarmeriebeamten sich im vorliegenden Fall nicht mehr konkret an die Amtshandlung erinnern können, so haben sie doch in ihren allgemeinen Darlegungen ausgeführt, daß sie die erwähnten Kriterien im Regelfalle einhalten. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergab keine Hinweise, daß die gegenständliche Nachfahrt nicht den erforderlichen Kriterien entsprechen würde und es wurden diesbezüglich seitens des Berufungswerbers auch keinerlei konkrete Einwände vorgebracht. Aufgrund des vorliegenden Beweisergebnisses wird daher die Verwirklichung des vorgeworfenen Sachverhaltes durch den Berufungswerber objektiv als erwiesen angenommen.

Was die Schuldfrage (§ 5 VStG) anbelangt, so sind ebenfalls keine Umstände hervorgekommen, wonach der Berufungswerber subjektiv zur Einhaltung der übertretenen Verwaltungsvorschrift nicht in der Lage gewesen wäre und es wurden auch solche Umstände von ihm nicht behauptet. Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

Die vorgenommene Spruchkonkretisierung war im Hinblick auf eine ursprünglich unrichtige Bezeichnung des Kennzeichens des Tatfahrzeuges einerseits bzw zur exakten Formulierung der Strafnorm erforderlich. Durch die im Berufungsverfahren vorgenommene Berichtigung des Kennzeichens war der Berufungswerber nicht gehindert, sich entsprechend zu verteidigen und es ist auch eine Doppelbestrafung wegen der begangenen Verwaltungsübertretung auszuschließen.

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so wird festgestellt, daß diesbezüglich die Erstbehörde den Ermessensspielraum nicht überschritten hat. Sie hat die Strafe entsprechend den Kriterien des § 19 VStG festgesetzt und die Umstände und Erwägungen in bezug auf die Strafbemessung ausreichend aufgezeigt.

Insbesondere wird dazu ausgeführt, daß bei erheblichen Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit auf Autobahnen die Verkehrssicherheit erheblich reduziert wird, weil solch überhöhte Geschwindigkeiten immer wieder eine Ursache für schwere und schwerste Verkehrsunfälle darstellen.

Eine entsprechend strenge Bestrafung ist daher aus generalpräventiven Gründen notwendig.

Dazu kommt, daß der Berufungswerber bereits zweimal wegen einschlägiger Verwaltungsübertretungen bestraft werden mußte, weshalb auch aus spezialpräventiven Gründen im vorliegenden Fall mit einer geringeren Bestrafung nicht das Auslangen gefunden werden kann. Zu Recht hat daher die belangte Behörde diesen Umstand als straferschwerend gewertet. Auf die Einkommens-, Vermögens- und Familiensituation des Berufungswerbers wurde von der belangten Behörde ebenfalls Bedacht genommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum