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VwSen-103539/15/Gu/Gai/Atz

Linz, 27.03.1996

VwSen-103539/15/Gu/Gai/Atz Linz, am 27. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des M. U., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G. M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 5.2.1996, Zl. VerkR96-4468-SR/GA, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes, nach der am 25.3.1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 und § 45 Abs.1 Z1 VStG; Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 5.2.1996, VerkR96-4468-1995-SR/GA, dem nunmehrigen Berufungswerber vorgeworfen, daß er als Zulassungsbesitzer des Motorrades, Kennzeichen UU-..., trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 4.12.1995, VerkR96-4468-1995-SR/GA, nicht binnen zwei Wochen der Behörde eine richtige Auskunft darüber erteilt hat, wer dieses Fahrzeug am 2.10.1995 um 11.15 Uhr gelenkt hat, da er mit Eingabe vom 14.12.1995 Herrn G. D. als Lenker namhaft gemacht hat, obwohl dieser noch nie in Österreich war. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe im Ausmaß von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 400 S verpflichtet.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten vom 19.2.1996. Der Berufungswerber bringt in seiner Berufungsschrift im wesentlichen vor, daß die erstinstanzliche Behörde ihr Straferkenntnis lediglich auf die Äußerung des Herrn D. anläßlich eines Telefonates vom 10.1.1996 sowie das der Behörde am 15.1.1996 zugegangene Schreiben stütze.

Letzteres sei mit 10.1.1996 datiert und nenne als Ausstellungsort Capo d'Orlando. In einwandfreiem Deutsch beziehe sich der ungenannte Autor auf "unser Telefongespräch" und urgiere angefallene Kosten. Es sei besonders bemerkenswert, daß diese Erklärung nach eigenen Angaben "im Auftrag" verfaßt und unterfertigt wurde. Somit stehe zweifelsfrei fest, daß dieses Schreiben eine mittelbare Erklärung darstelle, die Herr D. jedenfalls nicht eigenhändig verfaßt und gezeichnet habe. Nachdem sich der Urheber auf "unser Telefongespräch" beziehe, könne daraus einzig der Schluß gezogen werden, daß der Behördenvertreter kein persönliches Gespräch mit Herrn D. geführt habe, sondern eben mit dem Verfasser des Briefes.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die erstinstanzliche Behörde jede Möglichkeit der Identitätsprüfung des Herrn D.

ausschöpfen hätte müssen, zumal es höchst verwunderlich erscheine, daß ein italienischer Staatsbürger, aus Sizilien stammend, welcher "noch nie in Österreich gewesen sein will", über so perfekte Deutsch-Kenntnisse verfüge, daß er mit dem Behördenvertreter den aus der Strafverfügung zu entnehmenden Sachverhalt erörtern könne. Der Berufungswerber führt in der Sache selbst aus, er kenne Herrn D. von vielfachen Urlaubsaufenthalten in Sizilien. Letztmalig trafen sich beide im Jahre 1994, zu welchem Zeitpunkt Herr D. noch nicht bekundet habe, Hotelier zu sein. Das Hotel gehörte damals seinen Verwandten. Richtig sei, daß Herr D.

zum Vorfallszeitpunkt (2.10.1995) nur vom Beschuldigten persönlich gesehen wurde. Allerdings habe der Beschuldigte dieses ungewöhnliche Ereignis seiner Frau, die Herrn D.

ebenfalls kenne, erzählt. Zum Beweis dafür, daß der Beschuldigte am 2.10.1995 Herrn G. D. das Motorrad mit dem Kennzeichen UU-... überlassen und dieses nicht selbst gelenkt habe, wurde die Einvernahme der Zeugen G. U., J. L.

sowie K. K. begehrt. Desweiteren beantragte der Berufungswerber die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und die anschließende Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens.

Zu der für 25.3.1996 anberaumten und an diesem Tage durchgeführten mündlichen Verhandlung sind sowohl der Beschuldigte als auch die von ihm namhaft gemachten Zeugen G. U., B. 10, .... E., J. L., H. 68, 4020 Linz, sowie Herr K. K., A. 7, .... Linz, erschienen.

In der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Beschuldigten sowie der oben angeführten Zeugen. Weiters wurde der Aktenvermerk vom 21.3.1996 zur Kenntnis gebracht.

Demnach ist erwiesen:

Aufgrund des Schreibens vom 4.12.1995, VerkR96-4468-1995-SR/GA, der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, mit welchem der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des Motorrades mit dem Kennzeichen UU-...

aufgefordert wurde, der Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung jene Person namhaft zu machen, welche am 2.10.1995 um 11.15 Uhr dieses Fahrzeug gelenkt hat, teilte der Berufungswerber mit Eingabe vom 14.12.1995 mit, daß das in Rede stehende Kraftfahrzeug am 2.10.1995 von Herrn G. D., V. L. 7, I-98071 Capo d'Orlando, gelenkt wurde. Anläßlich eines Telefonates am 10.1.1996 wurde dem Behördenvertreter der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung telefonisch von einer Dame mitgeteilt, daß Herr D. noch nie in Österreich war und den Berufungswerber nicht kennen würde. Mit Schreiben vom 10.1.1996 wurde die an Herrn D. gerichtete Strafverfügung an die Behörde rückübermittelt. Anläßlich seiner Einvernahme am 31.1.1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hielt der Berufungswerber seine Angaben, wonach das Motorrad UU-... am 2.10.1995 um 11.15 Uhr von Herrn D. gelenkt wurde, aufrecht.

Daraufhin erließ die Erstbehörde das Straferkenntnis vom 5.2.1996 und begründete dieses im wesentlichen damit, daß es sich bei den Angaben in der Lenkerauskunft vom 14.12.1995 um Schutzbehauptungen handeln würde.

Anläßlich seiner Einvernahme im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.3.1996 führte der Berufungswerber im wesentlichen aus, daß er gemeinsam mit Bekannten und seiner Gattin bereits seit ca. 12 Jahren nach Sizilien auf Urlaub fahren würde und dort Herrn D., der im dortigen Hotel, welches dem Berufungswerber während seiner Aufenthalte als Unterkunft diente, arbeitete, kennengelernt hat. Dort hätte der Berufungswerber Herrn D. auch angeboten, daß er ihn in Österreich besuchen solle. Am Montag den 2.

Oktober 1995 um ca. 8.00 Uhr sei Herr D. überraschend und ohne Vorankündigung, nachdem er zuvor in Tschechien geschäftlich zu tun hatte, nach Engerwitzdorf gekommen. D.

ersuchte den Berufungswerber um Überlassung eines Motorrades, zumal er drei Tage lang mit diesem Fahrzeug durch Österreich reisen wollte. Zwischen 10.00 Uhr und 11.00 Uhr dieses Tages ist D. sodann mit dem Motorrad der Marke Aprilia aufgebrochen. Der Berufungswerber selbst konnte ihn nicht begleiten, zumal es sich bei dem Kennzeichen UU-... um ein Wechselkennzeichen handelte. Kleidung und Helm wurden Herrn D. vom Berufungswerber zur Verfügung gestellt.

Aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse kam D. jedoch am selben Tag zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr von seiner Ausfahrt bereits wieder nach Engerwitzdorf zurück. Um ca.

17.00 Uhr ist Herr D. sodann mit seinem Fahrzeug, einem BMW älteren Baujahres, Farbe beige, welches während seiner Motorradfahrt auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt war, wieder weggefahren. Zum Aussehen des Herrn D. führte der Berufungswerber aus, daß dieser zwischen 50 und 55 Jahre alt ist, ca. 1,75 m groß ist und eine kräftige Statur sowie volle graue Haare hat. Da Herr D. kaum Deutsch kann, jedoch der Berufungswerber einige Brocken Italienisch spricht, erfolgte die Verständigung auf diese Art und Weise.

Der Berufungswerber führte weiters aus, daß er während des erstinstanzlichen Verfahrens zweimal versucht hätte, telefonisch mit Herrn D. Kontakt aufzunehmen, dies jedoch aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse seinerseits nicht möglich war. Einer Bekannten wäre sodann die Kontaktaufnahme mit D. gelungen, wobei er dieser mitteilte, daß er von einer Strafe nichts wüßte, jedoch den Berufungswerber sehr wohl kennen würde. Vom Aufenthalt des Herrn D. in Österreich am 2.10.1995 sowie seiner Motorradfahrt erzählte der Berufungswerber sowohl seiner Gattin, welche an diesem Tag in Vöcklabruck aufhältig war, sowie Herrn L..

Die Zeugin G. U. gab zeugenschaftlich befragt zum Sachverhalt an, daß es richtig sei, daß sie am 2.10.1995 in der Zeit zwischen 7.30 Uhr und ca. 20.00 Uhr nicht zu Hause gewesen sei, zumal sie den Tag in Vöcklabruck verbracht hatte. Am Abend wurde ihr jedoch zu Hause von ihrem Gatten erzählt, daß Herr D. hier gewesen sei, welchen sie selbst von mehreren Urlaubsaufenthalten in Sizilien kannte. Weiters führte die Zeugin aus, daß ihr von ihrem Gatten erzählt wurde, daß sich Herr D. von ihm ein Motorrad ausgeliehen hätte, jedoch frühzeitig, nämlich am Nachmittag dieses Tages von seiner Ausfahrt bereits wieder zurückgekehrt sei, zumal es zum Motorradfahren zu kalt war. Die Zeugin gab weiters bekannt, daß ihr Gatte dem Herrn D. anläßlich eines Urlaubsaufenthaltes in Sizilien den Weg nach Engerwitzdorf anhand einer Landkarte beschrieben hatte. Zum Aussehen des Herrn D. führte die Zeugin aus, daß dieser ca. zwischen 55 und 60 Jahre alt sei, eine Größe von ca. 1,70 m aufweist, schlank ist sowie graue Haare hat.

Der Zeuge L. gab zeugenschaftlich befragt an, daß er sich in der Zeit zwischen Mitte September und Mitte Oktober 1995 auf Kur im Waldviertel befand. Anläßlich eines Besuches des Berufungswerbers erzählte ihm dieser, daß D., am 2. Oktober bei ihm auf Besuch gewesen sei. Der Zeuge L. kennt D. seit einigen Jahren, zumal er ihn in den Jahren 1990 und 1994 anläßlich eines Urlaubsaufenthaltes auf Sizilien kennengelernt hätte. Der Berufungswerber hatte dem Zeugen erzählt, daß sich D. von ihm ein Motorrad ausgeliehen hätte, jedoch vorzeitig von dieser Fahrt wieder zurückgekehrt sei.

Zum Aussehen des Herrn D. führte der Zeuge aus, daß dieser seiner Schätzung nach ca. zwischen 50 und 55 Jahre alt sei, eine untersetzte Statur hat und ca. 1,75 m groß ist. Seine Haare seien grau meliert.

Der Zeuge K. gab zum Sachverhalt befragt an, daß ihm im September oder Oktober 1995 auf dem in der Wohnsiedlung gelegenen öffentlichen Parkplatz ein Auto mit italienischem Kennzeichen aufgefallen sei. Das Fahrzeug war seinen Angaben nach eher größer und hatte eine dunkle Farbe. Diesbezügliche genauere Angaben konnte er nicht machen. Einige Tage später hätte er sodann Herrn U. gefragt, ob er etwas über das Fahrzeug mit dem italienischen Kennzeichen wisse. Dieser hätte darauf geantwortet, daß "dieser" bei ihm gewesen sei.

Weiter wurde über die Sache jedoch nicht gesprochen. Zur Frage, ob dem Zeugen schon öfter Kraftfahrzeuge mit italienischem Kennzeichen auf dem in Rede stehenden Parkplatz aufgefallen seien, führte dieser aus, daß ihm nur dieses aufgefallen ist.

Der UVS hat erwogen:

Einerseits widersprechen einander die Aussagen der Zeugin U.

und jene des Zeugen L. sowie des Beschuldigten insoweit, als letztere Herren die Statur des G. D. übereinstimmend als kräftig bzw untersetzt bezeichneten, während die Zeugin Herrn D. als schlank beschrieb.

Hinsichtlich der Farbe des von einem mutmaßlichen Italiener verwendeten Autos weicht die Aussage des Zeugen K., welcher die Autofarbe als "dunkel" bezeichnet hat von der Aussage des Beschuldigten insoweit ab, als Letzterer von einem beigen Fahrzeug spricht.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist somit lediglich die Existenz einer in Sizilien lebenden Person namens G. D.

anzunehmen.

Die Zeugenaussagen stimmen in einigen Punkten mit den Angaben des Beschuldigten überein, wobei jedoch nicht übersehen wird, daß eine Verabredung nicht auszuschließen ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Zeugenaussagen, insbesondere was den Zeitpunkt der Berichterstattung des Beschuldigten über die Anwesenheit des D. seiner Frau und seinem Kollegen gegenüber anlangt, unrichtig sind, haben sich trotz der ungewöhnlichen Umstände, unter denen sich der Besuch und die Motorradfahrt des D. vollzogen haben soll jedoch nicht ergeben. Was das Telefongespräch vom 10.1.1996 betrifft, welches zwischen einem Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung sowie einer von Herrn D. beauftragten Dame geführt wurde, wird ausgeführt, daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß D., welchem ja eine Strafverfügung (in welcher ihm eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt wurde) übermittelt wurde, im Rahmen seiner Verteidigungsrechte die Lenkereigenschaft einfach abstritt.

Bei diesem Sachverhalt ist es zweifelhaft, ob der Beschuldigte den Tatbestand verwirklicht hat und ist nicht mit hinreichender Sicherheit erwiesen, daß die Angaben des nunmehrigen Berufungswerbers in der Lenkerauskunft vom 14.12.1995 unrichtig gewesen sind. Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" war daher das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. Herrn M. U., B. 10, 4210 E., z.Hd. Herrn RA Dr. G. M., Mozartstraße 11, 4020 Linz; 2. Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Peuerbachstraße 26, 4041 Linz, unter Aktenrückschluß zu VerkR96-4468-1995-OJ/HA vom 23.2.1996, mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung einer Erkenntnisausfertigung an den Beschuldigtenvertreter.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. GUSCHLBAUER

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