Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103545/8/Ki/Bk

Linz, 22.04.1996

VwSen-103545/8/Ki/Bk Linz, am 22. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Erich W, vom 13. Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 24. Jänner 1996, AZ.

VU/S/6628/93 W, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. April 1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß die verhängten Geldstrafen hinsichtlich Faktum 1) auf 1.500 S und hinsichtlich Faktum 3) auf 3.000 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafen hinsichtlich Faktum 1) auf einen Tag und hinsichtlich Faktum 3) auf drei Tage herabgesetzt werden.

Im übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis nach der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Sie waren am 23. November 1993 um 08.45 Uhr in Linz, A7, Rfb Nord, km 5,000 als Lenker des LKW (Probefahrtkennzeichen) an einem Verkehrsunfall beteiligt und haben 1) es unterlassen, nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben ist, 2) unmittelbar vor diesem Unfall den Fahrstreifen von rechts nach links gewechselt, ohne sich vorher zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war (Sie streiften ein anderes KFZ, wodurch bei diesem eine Beschädigung entstand) und 3) es unterlassen, nach diesem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem Sie noch vor Eintreffen der Polizei mit Ihrem KFZ die Unfallstelle verlassen haben, obwohl der am Verkehrsunfall mit Sachschaden zweitbeteiligte Lenker das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausdrücklich verlangt hat".

II. Bezüglich der Fakten 1) und 3) werden die Beiträge des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde auf 150 S (Faktum 1) bzw 300 S (Faktum 3) herabgesetzt, zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist diesbezüglich kein Beitrag zu leisten.

Bezüglich Faktum 2) hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 300 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 24. Jänner 1996, AZ VU/S/6628/93 W, dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 23.11.1993 um 08.45 Uhr in Linz, A7, Rfb Nord, Km 5,000 als Lenker des Lkw (Probefahrtkennzeichen) 1) es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben ist, 2) den Fahrstreifen von rechts nach links gewechselt, ohne sich vorher zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war, er streifte ein anderes Kfz, wodurch bei diesem eine Beschädigung entstand, 3) es unterlassen, nach diesem Verkehrsunfall, somit als Person, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem er noch vor Eintreffen der Polizei mit seinem Kfz die Unfallstelle verlassen habe, obwohl der am Verkehrsunfall mit Sachschaden zweitbeteiligte Lenker das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausdrücklich verlangt hat.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn hinsichtlich Faktum 1) gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage), hinsichtlich Faktum 2) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) bzw hinsichtlich Faktum 3) gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 750 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Straferkenntnis per Telefax am 13. Februar 1996 Berufung mit der Argumentation, daß das Verfahren aufgrund der Verjährung einzustellen sei.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. April 1996 Beweis erhoben. Bei dieser Verhandlung wurden der Berufungswerber sowie als Zeuge der Unfallbeteiligte Helmut S einvernommen. Ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

I.5. Der Berufungswerber hat bei seiner Einvernahme ursprünglich angegeben, daß er sich bezüglich des Vorfalles nicht mehr erinnern könne. Grundsätzlich sei jedoch wegen der Geräusche, welche ein Lastwagen verursacht, es nicht möglich, einen allfälligen Anstoß zu bemerken, zumal der Lkw eine Ladehöhe von 1,30 m aufweise. Konfrontiert mit den im Akt aufliegenden Bildern der Schadensaufnahme führte der Berufungswerber aus, daß es sich um keinen geraden sondern um einen nach innen ausgebrochenen Bruch handle und es eher wahrscheinlich sei, daß dieser Schaden durch Anfahren an eine Hausecke entstanden sei. Er habe, da es sich im vorliegenden Fall um seine Fahrerseite handle, einen exakten Überblick nach hinten gehabt.

Es sei ihm noch in Erinnerung, daß irgendetwas auf dem Voest-Parkplatz vorgefallen sei. Er habe dem Unfallgegner dort erklärt, daß der Schaden nicht von ihm stammen könne und es sei für ihn die Sache erledigt gewesen. Die erforderlichen Daten habe der Zeuge von seinem Fahrzeug (Aufschrift auf dem Lkw) entnehmen können.

Der Zeuge führte bei seiner Einvernahme aus, daß er sich an den Vorfall noch erinnern könne. Er sei damals von der Tankstelle Ansfelden auf die Autobahn aufgefahren und der Berufungswerber sei hinter ihm gefahren. Er selbst sei in einer Kolonne auf der linken Fahrspur gefahren, der Berufungswerber habe versucht ihn links bzw rechts zu überholen, was diesem jedoch nicht gelungen sei. Beim tatgegenständlichen Bereich sei der Berufungswerber auf der rechten Fahrspur gefahren, er habe dort auf die linke Fahrspur fahren wollen, jedoch gesehen, daß dies nicht möglich wäre und habe sein Fahrzeug wieder nach rechts verrissen, dabei habe er ihm mit dem Fahrzeugheck den Außenspiegel weggerissen.

Er sei sich 100 %ig sicher, daß der Berufungswerber mit dem Heck seines Fahrzeuges seinen Außenspiegel beschädigt habe, er habe diesen Vorfall auch akustisch wahrnehmen können und später im Vorfallsbereich noch Teile des Außenspiegels gefunden. Ein Austausch der entsprechenden Daten habe nicht stattgefunden. Es habe sich um eine kurze schlagartige Berührung gehandelt.

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangte der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß der Aussage des Zeugen Glauben zu schenken ist. Die Aussage wurde nach ausdrücklicher Belehrung hinsichtlich allfälliger strafrechtlicher Konsequenzen einer falschen Zeugenaussage getätigt und ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Der Berufungswerber konnte sich in jede Richtung verteidigen.

Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin für ihn belastend gewertet werden, im vorliegenden Falle ist jedoch die Aussage des Zeugen glaubwürdiger. Sofort am Vorfallstag erfolgte eine Zusammenstellung der beiden Fahrzeuge, wobei auf dem nach unten ragenden Teil des Aufbaues des Lkw des Berufungswerbers ein leichter schwarzer Plastikabrieb feststellbar war, wo es zu einer Berührung gekommen ist.

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat ein Amtssachverständiger bestätigt, daß die Schadensbilder typisch sind für Kollisionen, wie sie bei gegenständlichen Unfällen resultieren.

Darüber hinaus befindet sich im Verfahrensakt ein Teil des gegenständlichen Außenspiegels (Plastikteil), welcher am Vorfallsort aufgefunden werden konnte.

Unter Zugrundelegung des dargelegten Ermittlungsverfahrens nimmt die erkennende Berufungsbehörde als erwiesen an, daß es tatsächlich zur Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen ist.

I.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist.

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs.2 VStG bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate.

Sind seit dem in Abs.2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf gemäß § 31 Abs.3 leg.cit. ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Im vorliegenden Falle hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 31. März 1994, das ist innerhalb der Sechsmonatsfrist, ein Rechtshilfeersuchen an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gerichtet, einen Zeugen zu den konkret formulierten Tatvorwürfen einzuvernehmen. Dabei handelt es sich um eine taugliche Verfolgungshandlung iSd zitierten § 32 Abs.2 VStG, weshalb die Verfolgung des Berufungswerbers wegen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zulässig war. Nachdem überdies seit dem Tatzeitpunkt noch keine drei Jahre vergangen sind, liegt auch keine Strafbarkeitsverjährung vor.

Die inhaltliche rechtliche Beurteilung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen stand in keiner Phase des Verfahrens zur Debatte. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der Berufungswerber die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen begangen und die belangte Behörde eine korrekte Subsumtion vorgenommen hat. Die von der Berufungsbehörde vorgenommene Spruchkorrektur war zur exakten Konkretisierung des Tatvorwurfes erforderlich, wobei darauf hingewiesen wird, daß laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf § 4 StVO stets der Unfallsort anzusehen ist (vgl. etwa VwGH 85/02/0264 vom 24.4.1986). Ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß dem Berufungswerber zugestanden wird, daß er das Anstoßgeräusch am Unfallsort selbst nicht wahrnehmen konnte. Jedenfalls aber ab dem Zeitpunkt, als er von seinem "Unfallsgegner" in Kenntnis gesetzt wurde, hätte er seinen Verpflichtungen gemäß § 4 StVO 1960 nachkommen müssen.

I.8. Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) wird festgestellt, daß die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" zu den gravierendsten Verstößen der Straßenverkehrsordnung zählen und zur Hintanhaltung aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung erforderlich ist. Die belangte Behörde hat die Strafen tat- und schuldangemessen festgesetzt, im Hinblick auf die im Straferkenntnis dargelegten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers schien jedoch hinsichtlich der Fakten 1) und 3) eine Herabsetzung auf das nunmehr festgelegte Ausmaß geboten.

Hinsichtlich Faktum 2) mußte eine einschlägige Verwaltungsvormerkung als straferschwerend gewertet werden, weshalb hier auch im Hinblick auf die von der belangten Behörde angenommene Vermögenssituation des Berufungswerbers eine Herabsetzung nicht vertretbar ist.

Generell wird festgestellt, daß der Berufungswerber ein äußerst uneinsichtiges Verhalten zeigt, weshalb eine entsprechende Bestrafung auch aus spezialpräventiven Gründen geboten ist, um ihm die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens spürbar vor Augen zu halten bzw ihn vor weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum