Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103569/23/Bi/Fb

Linz, 14.04.1997

VwSen-103569/23/Bi/Fb Linz, am 14. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, R, G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A H, M, L, vom 28. Februar 1996 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12. Februar 1996, VerkR96-1125-1995-SR/GA, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, verhängten Strafe nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. Oktober 1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als unter Zugrundelegung einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 30 km/h die Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 200 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, 99 Abs.3a StVO 1960. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.3a iVm 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 7.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt, sowie einen Verfahrenskostenbeitrag von 700 S vorgeschrieben.

2. Gegen die Strafhöhe hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. Oktober 1996 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, bei der der Rechtsmittelwerber sowie sein rechtsfreundlicher Vertreter Mag. L gehört und RI K zeugenschaftlich einvernommen wurde - ein Behördenvertreter ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Der Amtssachverständige DI H hat sich gutachtlich geäußert. Die Verhandlungsleiterin hat am 27. Jänner 1997 die angegebene Fahrtstrecke besichtigt und festgestellt, daß die A, Fahrtrichtung L, bei km 197,0 leicht ansteigt, bis zum V annähernd eben verläuft und von km 196,0 bis 195,0 kurz vor der Abfahrt S leicht abwärts führt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung um 60 km/h finde keinerlei Grundlage in der Begründung des Straferkenntnisses, da es keine einzige Feststellung dazu gebe. Diskrepanzen bestünden dahingehend, ob die Messung mittels ProViDa-Anlage oder mittels Radargerät Multanova durchgeführt worden sei, jedoch sei die Erstinstanz darüber mit der Begründung, er könne sich als Beschuldigter in jede Richtung straffrei verantworten, einfach hinweggegangen.

Bei einer Bauartgeschwindigkeit des Gendarmeriefahrzeuges von knapp 200 km/h stelle sich die Frage, mit welcher Geschwindigkeit die Nachfahrt aufgenommen wurde, um einen gleichbleibenden Abstand von ca 150 m zur genauen Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung einhalten zu können, wenn die Zeugen gleichzeitig ausgesagt hätten, daß er mit so großer Geschwindigkeit überholt hätte, sodaß vorerst gar keine Radarmessung möglich gewesen sei. Die Behörde hätte jedenfalls nicht eindeutig von der Feststellung der Meldungsleger ausgehen dürfen, sondern im Zweifel von seinen Angaben und der außer Streit gestellten Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 bis maximal 30 km/h. Somit hätte lediglich eine schuld- und tatangemessene Geldstrafe von nicht mehr als 2.000 S verhängt werden dürfen. Die Erstinstanz habe auch Strafmilderungs- und -erschwerungsgründe unrichtig angewandt. Er sei nie zur Bekanntgabe seines Monatseinkommens aufgefordert worden, und es sei nicht nachvollziehbar, wovon die Behörde ausgegangen sei. Aufgrund des damaligen geringen Verkehrsaufkommens sei auch keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer eingetreten und kein Schaden entstanden. Die Behörde habe übersehen, daß er der Aufforderung der Straßenaufsichtsorgane, sein Fahrzeug anzuhalten, unverzüglich nachgekommen und im wesentlichen von Anfang an geständig gewesen sei. Außerdem liege der Milderungsgrund der Unbescholtenheit vor, sodaß er beantrage, die Strafe auf 2.000 S herabzusetzen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und hat auf dieser Grundlage erwogen:

Aufgrund des Beweisverfahrens ist zweifelsfrei davon auszugehen, daß das Gendarmeriefahrzeug mit Deckkennzeichen keine ProViDa-Anlage, sondern ein geeichtes Radargerät der Marke Multanova eingebaut hatte. RI K hat ausgeführt, er habe sich wegen der damaligen zahlreichen ProViDa-Anzeigen im gegenständlichen Fall geirrt. Das Radargerät messe automatisch alle überholenden PKW und der Beifahrer notiere auf einem Formular die wichtigsten Daten. Beim Zeugen bestand keine konkrete Erinnerung an den Vorfall, nur mehr an die Person des Rechtsmittelwerbers. Die Nachfahrt ist offenbar deshalb erfolgt, weil eine Radarmessung des überholenden Beschuldigtenfahrzeuges aus nicht mehr nachvollziehbaren, sicher aber technischen Gründen, nicht zustandekam. Auch der Ort dieser versuchten Radarmessung konnte nicht mehr eruiert werden.

Offenbar kam es daraufhin zu einem von der Streckenlänge nicht mehr bestimmbaren Aufholmanöver des Gendarmeriefahrzeuges, dessen Bauartgeschwindigkeit mit etwa 200 km/h angegeben ist.

Nach den nunmehrigen Angaben des Meldungslegers erfolgte die Nachfahrt in annähernd gleichbleibendem Abstand von ca 150 m auf eine Strecke von 1 km/h, nämlich von km 196,0 bis 195,0 der A in Richtung L. Dabei sei eine Mindestgeschwindigkeit von 190 km/h erreicht worden.

Der technische Amtssachverständige hat dazu ausgeführt, daß ein Nachfahrabstand von 150 km nicht exakt einzuhalten, sondern dabei eine Bandbreite von 50 m zu berücksichtigen ist. Schon daraus ergibt sich im Hinblick auf die errechnete Geschwindigkeit ein Bereich zwischen 180,5 und 199,5 km/h. Der Sachverständige hat mit dem genannten Gendarmeriefahrzeug eine Probefahrt durchgeführt und festgestellt, daß eine Geschwindigkeit von 190 km/h erreicht und eingehalten werden konnte. Er hat ausgeführt, die Bauartgeschwindigkeit sei mit 200 km/h angegeben, könne aber von Fahrzeug zu Fahrzeug differieren.

Der Rechtsmittelwerber hat sich, wie auch im erstinstanzlichen Verfahren, damit verantwortet, er habe damals einen BMW 525 TDS Diesel-Kombi, Baujahr 1993, mit 143 PS gelenkt, den er nicht mehr besitze, und er sei zusammen mit drei weiteren Personen vom Schiurlaub heimgefahren, sodaß das Fahrzeug auch mit Schiern und Gepäck voll beladen gewesen sei. Er bezweifelt, ob mit diesem voll beladenen Fahrzeug (vier Personen samt Gepäck für eine Woche Schiurlaub samt Ausrüstung) eine derartige Geschwindigkeit überhaupt einzuhalten gewesen wäre. Er hat nie bestritten, die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben, hat aber darauf verwiesen, daß er zusammen mit den weiteren Fahrzeuginsassen nach der Beanstandung zu dem Schluß gekommen sei, er könne höchstens eine Geschwindigkeit von 150 bis 160 km/h eingehalten haben.

Für den UVS stellt sich der Fall so dar, daß im Rahmen der mündlichen Verhandlung sich der Meldungsleger, der erfahrungsgemäß schon wegen des Verfassens der Anzeige eine bessere Erinnerung an den Vorfall hat, nicht einmal mehr erinnern konnte, wer das Gendarmeriefahrzeug gelenkt hat. Er hat daher im wesentlichen auf die Anzeige und übliche Vorgangsweisen in solchen Fällen verwiesen. Er hatte weder eine konkrete Erinnerung an die versuchte Radarmessung noch an beiden Nachfahrvorgang und konnte auch hinsichtlich der vorgeworfenen Geschwindigkeit keine Aussagen mehr machen. Auf eine zeugenschaftliche Einvernahme von RI S wurde verzichtet. Die Einvernahme der damaligen Beifahrer des Rechtsmittelwerbers erübrigte sich, weil schon aus der Anzeige hervorgeht, daß dieser in Eile war, und glaubwürdig ist, daß nach der Anhaltung über die vorgeworfene Geschwindigkeit diskutiert wurde, wobei erfahrungsgemäß ein Zivilstreifenfahrzeug bei der Nachfahrt nicht als solches erkennbar ist und daher eine Beobachtung des Tacho durch die Beifahrer auszuschließen ist. Eine weitere Befassung des Amtssachverständigen erübrigt sich wegen des Fehlens exakter Berechnungsgrundlagen.

Nach dem Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens gelangt der UVS zu der Überzeugung, daß aus mehreren Gründen, so zB mangelnde Erinnerung und erhebliche Zweifel an der exakten Durchführung, eine konkrete Feststellung der vom Rechtsmittelwerber damals eingehaltenen Geschwindigkeit nicht mehr möglich ist. So wurden bereits vom Sachverständigen diesbezüglich größere Abzüge vorgenommen, wobei auch der Toleranzabzug bei geeichten Geräten im Ausmaß von 3 % über 100 km/h zu berücksichtigen wäre. Im Zweifel war daher von der Richtigkeit der Angaben des Rechtsmittelwerbers auszugehen, die von ihm zugestandene Geschwindigkeit dem Tatvorwurf zugrundezulegen und die Strafe entsprechend neu zu bemessen.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den finanziellen Verhältnissen. Dabei wird von einem durchschnittlichen Einkommen als Angestellter von 15.000 S netto monatlich, dem Fehlen von wesentlichem Vermögen und der Sorgepflicht für die Gattin ausgegangen - die Herkunft der im Verfahrensakt der Erstinstanz enthaltenen Angaben ist ungeklärt. Mildernd war das Geständnis, erschwerend eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1995.

Die Strafe liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 sieht Geldstrafen bis zu 10.000 S bzw. Ersatzfreiheitsstrafen bis zu zwei Wochen vor) und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand. Es steht dem Rechtsmittelwerber frei, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist gegetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Die mündliche Verkündung dieses Erkenntnisses findet am 6. Mai 1997, 10.00 Uhr, in Linz, Fabrikstraße 32, 4. Stock, Zimmer 15, statt.

Mag. Bissenberger

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