Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103586/2/Bi/Fb

Linz, 29.10.1996

VwSen-103586/2/Bi/Fb Linz, am 29. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufungen der Frau V S, P, C, 1) vom 29. Februar 1996 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16.

Februar 1996, VerkR96-4878-1995-Ja, mit dem der Einspruch gegen das Strafausmaß in Angelegenheit einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 abgewiesen wurde, und 2) vom 14.

Februar 1996 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5. Februar 1996, VerkR96-4878-1995/Ja, mit dem die am 22. November 1995 in Angelegenheit einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 eingehobene vorläufige Sicherheit von 500 S für verfallen erklärt wurde, zu Recht erkannt:

Beide Berufungen werden als unbegründet abgewiesen; die angefochtenen Bescheide werden bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 37a und 19 VStG, § 134 Abs.1 KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem Bescheid vom 16. Februar 1996 den Einspruch der Rechtsmittelwerberin gegen das Ausmaß der mit zur selben Zahl wegen einer Übertretung gemäß §§ 102 Abs.1 iVm 7 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967 ergangenen Strafverfügung vom 12. Jänner 1996 verhängten Strafe abgewiesen, ebenso den Antrag, von der Verhängung einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung zu erteilen.

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat weiters mit Bescheid vom 5. Februar 1996 die am 22. November 1995 von der Rechtsmittelwerberin durch ein von der Behörde ermächtigtes Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes wegen Übertretung gemäß §§ 102 Abs.1 iVm 7 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967 eingehobene vorläufige Sicherheit von 500 S für verfallen erklärt.

2. Gegen beide Bescheide hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufungen erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war in beiden Fällen durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin führt im wesentlichen aus, sie sei am 22. November 1995 mit ihrem PKW zum Zollamt in W gekommen, wo ihr Fahrzeug überprüft worden sei. Dabei sei festgestellt worden, daß ihre Reifen angeblich nicht mehr die Mindestprofiltiefe von 1 mm aufgewiesen hätten. Ihr sei die Einreise nach Österreich verweigert und überdies noch eine vorläufige Sicherheit von 500 S abgenommen worden. Sie sehe nicht ein, daß sie Strafe zahlen müsse, da sie das kurze Straßenstück auf österreichischem Staatsgebiet nur mit minimaler Geschwindigkeit durchfahren habe können. Aufgrund dieser minimalen Geschwindigkeit könne sich eine geringe Profiltiefe der Reifen auch nicht nachteilig auf die Verkehrssicherheit ausgewirkt haben. Sie treffe daher praktisch kein oder nur geringfügiges Verschulden und auch Folgen seien nicht eingetreten. Sie sei sowohl in Tschechien als auch in Österreich unbescholten.

Außer einem kleinen Kiosk und ihrer Wohnungseinrichtung habe sie kein Vermögen und ca Kcz 5.000,-- monatliches Einkommen.

Davon müsse sie für ihre 18jährige studierende Tochter sorgen. Sie ersuche, von der Verhängung der Strafe abzusehen, sie zu ermahnen und den Verfall bis zur endgültigen Entscheidung über das Strafausmaß aufzuschieben. Sie werde in Zukunft besser auf den hundertprozentig verkehrssicheren Zustand ihres Fahrzeuges achten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und folgendes erwogen:

Zur Berufung betreffend das Strafausmaß:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Da sich der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 27.

Jänner 1996 ausdrücklich nur gegen die verhängte Strafe richtete, ist der Schuldspruch der Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen und war daher im gegenständlichen Verfahren nicht neuerlich zu prüfen. Zur Erläuterung wird aber darauf hingewiesen, daß gemäß § 4 Abs.4 Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung (KDV) idF BGBl.Nr. 214/1995 die Profiltiefe im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa dreiviertel der Laufflächenbreite einnimmt, bei KFZ mit einer Bauartgeschwindigkeit von über 25 km/h im gesamten Umfang mindestens 1,6 mm betragen muß.

Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Aus der Begründung des Bescheides vom 16. Februar 1996 geht hervor, daß die von der Rechtsmittelwerberin angegebenen finanziellen Verhältnisse berücksichtigt wurden, wobei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit mildernd und kein Umstand als erschwerend gewertet wurde. Begründet wurde das Strafausmaß damit, daß die Übertretung das Interesse der Verkehrssicherheit geschädigt habe, weshalb schon der Unrechtsgehalt, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering sei. Es sei auch nicht hervorgekommen oder sonst anzunehmen, daß die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, sodaß auch das Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden könne, selbst wenn die Rechtsmittelwerberin tatsächlich nur eine kurze Strecke auf österreichischem Staatsgebiet gefahren und ihr die Einreise verwehrt worden sei. Mit dieser Begründung wurde auch der Ausspruch einer Ermahnung abgelehnt und weiters ausgeführt, daß die verhängte Strafe erforderlich sei, um die Rechtsmittelwerberin von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art in Hinkunft abzuhalten.

Von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates ist den Überlegungen der Erstinstanz zur Strafbemessung im gegenständlichen Fall aus mehreren Gründen nichts entgegenzusetzen:

Zum Unrechtsgehalt ist auszuführen, daß aus dem Akteninhalt hervorgeht, daß beide Vorderreifen des von der Rechtsmittelwerberin am 22. November 1995 gelenkten PKW soweit abgefahren waren, als laut technischem Prüfbefund die Profiltiefe beidseitig zu gering gewesen sei und sogar stellenweise nur mehr 0,5 mm betragen habe.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Lenker eines Fahrzeuges, wenn mehrere Mängel am Kraftfahrzeug vorhanden sind, mehrere Übertretungen zu verantworten (VwGH vom 28. September 1988, 88/02/0078). Da beide Vorderreifen nicht mehr die erforderliche Mindestprofiltiefe von 1,6 mm aufwiesen, war die verhängte Strafe auch auf beide Vorderreifen zu beziehen, sodaß die Unterschreitung der Mindestprofiltiefe bezogen auf einen Reifen mit einer Geldstrafe von 250 S bzw einer Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden anzunehmen ist, auch wenn wegen der Rechtskraft des Schuldspruchs eine Spruchabänderung iSd § 22 VStG dahingehend verwehrt ist.

Fest steht, daß die Rechtsmittelwerberin nicht nach Kenntnisnahme der Mängel von sich aus auf die Weiterfahrt verzichtet hat, sondern ihr die Einreise nach Österreich verweigert wurde; von "tätiger Reue" iSd § 34 Z11 StGB ist daher nicht auszugehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß ein Abfahren der Reifen weder überraschend noch unvorhersehbar erfolgt, sodaß der Rechtsmittelwerberin bei Aufwendung der einem Fahrzeuglenker zuzumutenden Aufmerksamkeit ein Unterschreiten der in Österreich vorgeschriebenen Mindestprofiltiefe von 1,6 mm - auch darüber muß sie sich informieren - auffallen mußte. Von einer geringfügigen Schuld kann daher nicht die Rede sein.

Zusammenfassend vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, die Strafbemessung gemäß den Kriterien des § 19 VStG erfolgte, wobei Gründe für eine Herabsetzung der ohnehin niedrigen Strafe nicht zu finden waren. Die Unbescholtenheit wurde als Milderungsgrund gewertet, das Vorhandensein der Mängel an beiden Vorderreifen läßt auf eine relative Sorglosigkeit der Rechtsmittelwerberin schließen.

Zur Berufung gegen den Verfallsbescheid:

Aus dem Verfahrensakt ergibt sich, daß am 22. November 1995 beim Zollamt Wullowitz von der Rechtsmittelwerberin nach Feststellung der Unterschreitung der Mindestprofiltiefe an beiden Vorderreifen ein Betrag von 500 S als vorläufige Sicherheitsleistung vom die Amtshandlung durchführenden Gendarmeriebeamten eingehoben wurde.

Gemäß § 37a Abs.1 und 2 Z2 kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, von Personen, die auf frischer Tat betreten werden und bei denen eine Strafverfolgung offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, eine vorläufige Sicherheit bis zum Betrag von 2.500 S festzusetzen und einzuheben.

Gemäß Abs.4 ist über den als vorläufige Sicherheit eingehobenen Betrag eine Bescheinigung auszustellen und die vorläufige Sicherheit ist der Behörde mit der Anzeige unverzüglich vorzulegen.

Gemäß Abs.5 dieser Bestimmung wird die vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen drei Monaten gemäß § 37 Abs.5 der Verfall ausgesprochen wird.

Gemäß § 37 Abs.5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist.

Der Anzeige beigelegt ist die vom Meldungsleger unterzeichnete Bescheinigung über die vorläufige Sicherheit in Höhe von 500 S sowie der Zahlschein zum Beweis dafür, daß dieser Betrag an die Erstinstanz am 28. November 1995 einbezahlt wurde.

Der Verfallsbescheid vom 5. Februar 1996 wurde laut Rückschein dem Zustellungsbevollmächtigten, Herrn A S, am 9.

Februar 1996 zugestellt und ist somit innerhalb der Dreimonatsfrist des § 37a Abs.5 VStG ergangen. Da zwischen der Republik Österreich und der Republik Tschechien keinerlei Rechtshilfevertrag im Hinblick auf die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen besteht, war bereits am 22. November 1995 davon auszugehen, daß die Strafverfolgung ebenso wie der Strafvollzug in Tschechien unmöglich sein würde, sodaß die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit von der als Lenkerin des mangelhaften PKW beanstandeten Rechtsmittelwerberin auch der Höhe nach - gerechtfertigt war.

Da sich hinsichtlich der Unmöglichkeit der Vollstreckung österreichischer Verwaltungsstrafen in Tschechien mittlerweile nichts geändert hat, gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die Voraussetzungen für die Verfallserklärung hinsichtlich der eingehobenen Sicherheitsleistung in Höhe von 500 S vorliegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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