Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130074/2/Gf/Km

Linz, 10.01.1996

VwSen-130074/2/Gf/Km Linz, am 10. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der J.

S., ..............., .............., vertreten durch ihren einstweiligen Sachwalter RA H. B., ..................., .................., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt L. vom 14. Dezember 1995, Zl.

933-10-5728218-Ob, wegen Übertretung des Oö.

Parkgebührengesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird; hingegen wird der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens abgewiesen.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt L. vom 14. Dezember 1995, Zl. 933-10-5728218, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil sie am 29. Juni 1995 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt habe und damit ihrer Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen sei; dadurch habe sie eine Übertretung der §§ 2 bzw. 5 Abs. 1 der Verordnung des Gemeinderates der Stadt L. vom 11. Mai 1989 betreffend die Einhebung einer Gemeindeabgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen i.V.m. § 6 Abs. 1 lit. a des Oö. Parkgebührengesetzes begangen, weshalb sie gemäß letztgenannter Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Rechtsmittelwerberin am 18. Dezember 1995 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. Dezember 1995 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt L. zu Zl. 933-10-5728218; bereits aus diesem ging hervor, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist (weshalb im übrigen auch gemäß § 51e Abs. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte), und zwar aus folgenden Gründen:

2.1. Zunächst ist festzuhalten, daß die Zustellung des Straferkenntnisses am 18. Dezember 1995 zu eigenen Handen der Beschwerdeführerin trotz des Umstandes, daß ex post besehen für diese zu jenem Zeitpunkt bereits ein einstweiliger Sachwalter bestellt war, rechtmäßig erfolgte und das Strafer kenntnis somit wirksam geworden ist. Denn der nunmehrige einstweilige Sachwalter der Berufungswerberin hat nämlich erst mit der gegenständlichen Berufung erstmals den Beschluß des Bezirksgerichtes L. vom 12. Dezember 1995, Zl.

4-SW44/95-23, mit dem er (anstelle einer anderen Person) zum einstweiligen Sachwalter der Beschwerdeführerin u.a. auch in Angelegenheiten ihrer Vertretung vor Behörden bestellt wurde, vorgelegt, sodaß der belangten Behörde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung weder der Umstand, daß für die Berufungswerberin nunmehr ein anderer einstweiliger Sachwalter bestellt wurde, noch jener, daß für diese bereits zuvor ein einstweiliger Sachwalter bestellt war, bekannt sein konnte (vgl. in diesem Sinne VwSlg 10311 A/1983).

Da sich die vorliegende Berufung sohin gegen ein wirksam erlassenes Straferkenntnis richtet, ist diese folglich auch zulässig.

2.2. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde zunächst wider die Beschwerdeführerin eine Strafverfügung (vom 17. Oktober 1995, Zl. 933-10-5728218) erlassen; dagegen hat die Rechtsmittelwerberin rechtzeitig Einspruch erhoben und diesen (kurz, aber substantiell) damit begründet, daß ihr der Abstellort unbekannt sei und ihr KFZ zudem eine andere Farbe als die im Tatvorwurf genannte aufweise. Die belangte Behörde hat daraufhin die Berufungswerberin aufgefordert, am 24. November 1995 bei ihr zu erscheinen oder sich bis zu diesem Zeitpunkt schriftlich zu rechtfertigen.

Beides hat die Beschwerdeführerin unterlassen. Ohne weitere Ermittlungen durchzuführen, hat die belangte Behörde dann das vorliegend angefochtene Straferkenntnis erlassen, wobei in dessen Begründung mit keinem Wort auf die im Einspruch vorgebrachten Einwände der Beschwerdeführerin eingegangen wurde.

Nach § 49 Abs. 2 VStG hat die Behörde über einen rechtzeitig eingebrachten Einspruch das ordentliche Ermittlungsverfahren i.S.d. §§ 37 ff AVG und §§ 40 ff VStG einzuleiten. In dessen Zuge hat die Behörde grundsätzlich von Amts wegen vorzugehen, d.h. die die Tatbildmäßigkeit des dem Beschuldigten zur Last gelegten Verhaltens belegenden Beweise selbst zu erheben, wobei die Beschuldigtenanhörung nur eine der grundsätzlich unbeschränkten Anzahl von Arten der Beweismittel darstellt. Allein der Umstand, daß der Beschuldigte einer Aufforderung zur Rechtfertigung nicht entspricht, berechtigt daher die Strafbehörde keinesfalls dazu, ohne eine entsprechend objektiv nachvollziehbare Beweiswürdigung dessen gegen den wider ihn erhobenen Tatvorwurf vorgebrachte Argumente noch dazu, wenn diese wie im vorliegenden Fall offenkundig darauf hinauslaufen, schon die Tätereigenschaft zu bestreiten - völlig zu ignorieren.

Zusammenfassend ergibt sich daraus, daß gegenständlich ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes ordentliches Ermittlungsverfahren als unentbehrliche Grundlage für die Erlassung eines Straferkenntnisses jedenfalls nicht durchgeführt wurde.

2.3. Andererseits hat der Oö. Verwaltungssenat mit Blick auf § 66 Abs. 4 AVG in ständiger Judikatur ausgesprochen, daß es mit seiner verfassungsmäßigen Funktion als einem Organ der Gesetzmäßigkeitskontrolle der Verwaltung neben dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. Art. 129 B-VG) schon von vornherein nicht vereinbar ist, substantielle Versäumnisse der Strafbehörden zu substituieren - im besonderen etwa an deren Stelle den subsumtionsrelevanten Sachverhalt erstmals zu ermitteln - und damit die durch Art. 6 Abs. 1 MRK garantierte Position des unabhängigen Richters zu verlassen und in jene des Anklägers zu schlüpfen (vgl. z.B.

VwSen-200151 v. 10.6.1994; VwSen-220794 v. 16.12.1994; VwSen-220859 v. 10.2.1995; VwSen-102629 v. 10.3.1995; VwSen-230392 v. 3.5.1995; VwSen260169 v. 18.7.1995; VwSen-230389 v. 28.12.1995).

Das fehlende ordentliche Ermittlungsverfahren konnte daher schon aus diesen prinzipiellen Erwägungen auch nicht im Rahmen des Berufungsverfahrens nachgeholt werden.

Vielmehr ist und bleibt dies nach wie vor Aufgabe der belangten Behörde, z.B. in einem allenfalls von ihr fortgesetzten Verwaltungsstrafverfahren.

2.4. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird; der unter einem gestellte Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens war hingegen einzustellen.

3. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben; infolge der Aufhebung des Straferkenntnisses entfällt überdies auch die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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