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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103656/17/Gu/Atz

Linz, 20.05.1996

VwSen-103656/17/Gu/Atz Linz, am 20. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz des Dr. Ewald LANGEDER sowie durch den Berichter Dr. Hans GUSCHLBAUER und den Beisitzer Dr. Hermann BLEIER, über die Berufung der K.

L., vertreten durch Dr. J. L., gegen Faktum 1) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Steyr vom 14.

März 1996, AZ: S 400/ST/96, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 9.5.1996 in Gegenwart der Parteien durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Sachverhalt VStG eingestellt.

Die Rechtsmittelwerberin hat keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 66 Abs.1 VStG, § 5 Abs.1, § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis die Rechtsmittelwerberin schuldig erkannt, am 14. Jänner 1996 um 18.20 Uhr in Steyr, S. Nr. 29, den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen SR-... in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben (0,88 mg/l Atemluftalkohol) und dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet zu haben.

Gleichzeitig wurde sie schuldig erkannt, nach dem Verkehrsunfall den PKW nicht sofort angehalten zu haben und es in der Folge unterlassen zu haben, die nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen, obwohl ein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten unterblieben ist.

Wegen Verletzung des § 5 Abs.1 StVO 1960 einerseits wurde ihr in Anwendung des § 99 Abs.1 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 11.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen) und für das Nichtanhalten eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) sowie die Unterlassung des Identitätsnachweises eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und 10%ige Verfahrenskostenbeiträge auferlegt.

Die Erstinstanz hat das alkoholisierte Lenken eines Kraftfahrzeuges in Würdigung der Beweise und zwar der Angaben der Auskunftspersonen, die die Art des Herausfahrens des PKWs und den Anstoß wahrgenommen hatten und aufgrund der schwankenden Angaben bezüglich der Trinkverantwortung der Beschuldigten als erwiesen angenommen.

In ihrer rechtzeitigen Berufung gegen das Straferkenntnis ficht die rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte nur das Alkoholdelikt an und macht diesbezüglich geltend, daß sie am Nachmittag des 14.1.1996 mit ihren Bekannten K. und G. H.

eine gemeinsame Wanderung unternommen habe. In deren Rahmen sei lediglich zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr beim Mostbauern W. Station gemacht worden, wo sie ein Jausenbrot gegessen und zwei Viertel Most getrunken habe. Außer diesen Getränken habe sie an dem Tag keinerlei alkoholische Getränke zu sich genommen. Zum Beweis hiefür macht sie die Zeugen K. und G. H. namhaft.

Beim Nachhausebringen habe sie gemerkt, daß sie den Wohnungsschlüssel in der Wohnung vergessen habe. Ihre in der Nähe wohnhafte Mutter verfüge über einen Ersatzschlüssel, weshalb sie nach ihrer Ankunft vor dem Wohnkomplex ihren PKW in Betrieb genommen habe, zur Mutter gefahren sei um angesichts der bei ihr schon den ganzen Nachmittag weilenden Tochter so rasch als möglich den Wohnungsschlüssel zu holen.

Dabei sei ihr der PKW - ein älteres Baujahr (1984) - infolge der Kälte abgestorben und habe sie auch verstärkt Gas gegeben, um den Motor in Gang zu halten.

Nach der Rückkehr in die Wohnung habe sie Cognac konsumiert.

Die von den Organen der Bundespolizeidirektion Steyr festgestellte Alkoholbeeinträchtigung sei ausschließlich auf den nach dem Schadensfall geschehenen Alkoholkonsum zurückzuführen. Bis um 18.15 Uhr, als sie von H. zum Haus S.

Nr. 29, in Steyr zurückgebracht worden war, sei sie nicht im geringsten alkoholbeeinträchtigt gewesen.

Aus all diesen Gründen beantragt sie die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 und Einstellung des diesbezüglichen Verfahrens.

Aufgrund der Berufung wurde am 9.5.1996 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart der Parteien durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, die Zeugen G. und K. H. sowie F.

H. und J. K. vernommen, der die Wahrnehmungen über den Verkehrsunfall mit Sachschaden beeinhaltende Bericht der Passanten S., das Ergebnis der Alkomatuntersuchung vom 14.1.1996, die Niederschrift vor dem VUK der BPD Steyr vom 16.1.1996, die Rechtfertigung der Beschuldigten vor der Behörde erster Instanz vom 19.1.1996, die Niederschrift von der BPD Steyr vom 2.2.1996, aufgenommen mit der Mutter der Beschuldigten zur Erörterung gestellt und in die Vorstellung der Rechtsmittelwerberin vom 25.1.1996, gegen den die Lenkerberechtigung entziehenden Bescheid, Einsicht genommen.

Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung:

Am 14.1.1996 gegen 18.20 Uhr ging das Ehepaar S. in Steyr von der Arbeiterstraße kommend in den Steinbrecherring einbiegend spazieren und hörte ein lautes Anstoßgeräusch.

Sie sahen, daß der PKW mit dem Kennzeichen SR-... beim Ausparken aus einem Parkplatz vor dem Hause S. Nr. 29 mit der Rückseite in einen am linken Fahrbahnrand des Steinbrecherringes abgestellten Kastenwagen hineingefahren war. Ohne anzuhalten bewegte sich das Fahrzeug jedoch nach vorne weg, wobei offensichtlich viel zu viel Gas gegeben wurde und auch einmal der Motor abgestorben ist. Nachdem sich das Schädigerfahrzeug ohne anzuhalten wegbewegte, gab Frau S. dem (der) unbekannten Lenker(in) Haltezeichen, weil sie der Meinung war, der verursachte Sachschaden gehöre besehen. Diese Haltezeichen wurden jedoch ignoriert. Herr S.

versuchte den Besitzer des beschädigten Wagens vom Schaden in Kenntnis zu setzen. Da er nicht erreichbar war, verständigte er in der Folge die Polizei, die ihrerseits die Zulassungsbesitzerin des Schädigerfahrzeuges (die Beschuldigte K. L.) ermittelte, mit ihr um ca. 20.00 Uhr fernmündlich Kontakt aufnahm, über das Lenken und den Unfall befragte und ihr Kommen ankündigte. Beim kurz darauf erfolgten Eintreffen der Polizeiorgane kam auch die Beschuldigte vor ihre Wohnanlage zur Unfallstelle. Die Ermittlung des Herganges mit dem Unfall gestaltete sich schwierig, weil die Beschuldigte widersprüchliche Angaben machte und einen alkoholisierten Eindruck vermittelte.

Daraufhin wurde sie von Bez.Insp. F. H. zur Durchführung einer Untersuchung mittels Alkomaten bezüglich des Alkoholgehaltes der Atemluft aufgefordert. Da sie keinen Führerschein bei sich hatte und sich noch wärmer ankleiden wollte, begaben sich die beiden Beamten mit der Beschuldigten in ihre Wohnung S. Nr. 29. Nachdem sie vor der Aufforderung zur Alkomatuntersuchung über ihren Alkoholkonsum befragt worden war und angegeben hatte, um 16.00 Uhr bei einem Mostbauern zwei Gläser Most konsumiert zu haben und ein Nachtrunk verneint wurde, hielten die beiden Beamten von der Diele aus Ausschau nach herumstehenden Gläsern oder Flaschen und konnten keine solchen feststellen. Die Wohnung war tadellos aufgeräumt.

Gleichzeitig behielten sie die Beschuldigte im Auge, weil von der zwischenzeitig eingelangten Mutter bekanntgegeben worden war, daß sich die Beschuldigte aufgrund einer vorangegangenen Scheidung in einem labilen Gemütszustand befindet.

Die anschließend durchgeführte Untersuchung der Atemluft mittels Alkomaten erfolgte am Wachzimmer der BPD Steyr, ...straße, wobei insgesamt sieben Blasversuche stattfanden und der zweite und der letzte Blasversuch gültige Ergebnisse brachten und zwar 0,88 mg/l AAK sowie 0,93 mg/l AAK, wodurch ein verwertbares Ergebnis vorlag. Am Wachzimmer bezüglich der Trinkabfolge vernommen und anschließend mit dem Ergebnis der Alkomatuntersuchung mehrfach konfrontiert, blieb die Beschuldigte bei ihrer Trinkverantwortung, bezüglich des Genusses alkoholischer Getränke und zwar, daß sie am Nachmittag zwei Viertel Most getrunken habe.

Im übrigen aber verlief die Einvernahme infolge einer Mischung mangelnder Kooperationsbereitschaft und Alkoholeinwirkung von Seiten der Beschuldigten konfus, sodaß die Ermittlung des Sachverhaltes nicht gelang, die Amtshandlung abgebrochen werden mußte und die Niederschrift mit der Verdächtigten aufgrund der Dienstplangestaltung durch das erhebende Polizeiorgan Gr.Insp. J. K. erst am 16.1.1996 aufgenommen werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt gab die Beschuldigte erstmalig an, nach der Rückkehr vom Unfallgeschehen in der Wohnung einige größere Schluck Cognac getrunken zu haben.

Zur Rechtfertigung verhalten gestand sie die Übertretungen des § 4 StVO 1960 zu, berief sich jedoch, indem sie ihr ursprüngliches Leugnen des Nachtrunkes mit Scham begründete auf den Nachtrunk aus einer Cognacflasche in der Speisekammer mit einer Mengenangabe von "ziemlich viel". In der Vorstellung gegen die Führerscheinentziehung vom 25.1.1996 sprach sie von einem Nachtrunk eines Glases Cognac, um dann in der mündlichen Verhandlung von einem Nachtrunk beginnend ab ca. 19.00 Uhr in der Größenordnung einer halben Flasche Cognac, Marke Diplomat, zu sprechen. In der mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat zur Rechtfertigung verhalten gab sie nach Vorhalt der einschlägigen Vormerkung aus dem Vorjahr auf ihr labiles, widersprüchliches und exzessives Verhalten und auf den kürzlich erfolgten Alkoholexzeß, der im Krankenhaus mündete, angesprochen an, daß sie von keinem Rechtsfreund zwischen Alkomattest (14.1.1996) und Niederschrift am Kommissariat (16.1.1996) zur Änderung der ursprünglich den Nachtrunk in Abrede stellenden Verantwortung bewogen worden ist, sondern der Nachtrunk auch tatsächlich stattgefunden hat.

Die zeugenschaftlich vernommenen Ehegatten G. und K. H.

bestätigen für den Nachmittag des 14.1.1996 einen gemeinsam mit der Beschuldigten und deren Tochter unternommenen Ausflug nach Kleinraming mit Spaziergang, Einkehr beim Mostbauern W. zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr und den Genuß von zwei Viertel bzw. Seidel gespritzten Mostes durch die Beschuldigte. Der Konsum sonstiger alkoholischer Getränke durch die Beschuldigte bis zum Absetzen vor ihrem Wohnhaus um ca. 18.00 Uhr sei nicht wahrgenommen worden. Das anschließende Schlüsselholen von der Mutter wird von dieser bestätigt.

Auch wenn die Möglichkeit der Verabredung und von falschen Zeugenaussagen nicht ausgeschlossen werden kann, fand der O.ö. Verwaltungssenat keinen entscheidenden Ansatzpunkt, um die Aussagen dieser Zeugen erschüttern zu können.

Die Trinkverantwortung der Beschuldigten erscheint aufgrund der gutächtlichen Ausführungen der zugezogenen medizinischen Amtssachverständigen aus medizinischer Sicht nachvollziehbar.

Demgegenüber erschienen ausgehend von den Angaben des unbefangenen Ehepaares S., welche im vermehrten Gasgeben der Beschuldigten und dem Abwürgen des Motors eine unsichere Fahrweise erblickten, angesichts der vom Eintreffen der Beschuldigten und dem Holen des Ersatzschlüssels für die zwischenzeitig nicht begehbare Wohnung nur kurze Zeit, kein hinreichendes Indiz, daß sich die Beschuldigte zwischen Absetzen und dem Schlüsselholen mit Alkohol versorgen konnte. Wäre die Beschuldigte vor Antritt der Fahrt alkoholisiert gewesen, dann hätte sie diese Alkoholisierung wohl im Beisein der Zeugen H. erwerben müssen, welche Letztgenannten aber die Verantwortung der Beschuldigten über den geringen Alkoholkonsum während des Zusammenseins stützen, wodurch die später festgestellte starke Alkoholisierung aus dem großen, geradezu exzessiven Nachtrunk jedenfalls medizinisch, erklärbar erscheint.

Nachdem dem O.ö. Verwaltungssenat keine weiteren Beweismittel zur Verfügung standen, welche die Angaben der Zeugen H. erschüttern und die Verantwortung der Beschuldigten zu widerlegen vermochten, war das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang aufzuheben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Aufgrund des Erfolges der Berufung traf die Beschuldigte auch keine Kostenbeitragspflicht für das Berufungsverfahren (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. Frau K. L., z.Hd. Herrn Rechtsanwalt Dr. J. L., G. 8, 4400 Steyr; 2. Bundespolizeidirektion Steyr, Berggasse 2, 4400 Steyr, zur Zl. S 400/ST/96, unter Aktenrückschluß mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung der Entscheidung an den Vertreter der Rechtsmittelwerberin.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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