Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103682/4/Fra/Ka

Linz, 28.05.1996

VwSen-103682/4/Fra/Ka Linz, am 28. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des G B, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Gmunden jeweils vom 5.3.1996, Zlen.VerkR96-7585-1994 und VerkR96-7971-1994, betreffend Übertretungen des § 82 Abs.1 erster Satz StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld mit der Maßgabe abgewiesen, daß der Eingangssatz des Schuldspruches wie folgt zu lauten hat: "Sie haben als persönlich haftender Gesellschafter der Sport- Mode B OHG in somit als im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung der Firma Sport- Mode B OHG nach außen Berufener und strafrechtlich Verantwortlicher ..........".

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die zum Faktum 1 (Übertretung vom 14.7.1994 um 14.40 Uhr) verhängte Geldstrafe auf 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) herabgesetzt wird. Die zu den Fakten 2 und 3 verhängten Strafen werden bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat hinsichtlich des Faktums 1 zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten. Zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich hinsichtlich dieses Faktums der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe, ds 100 S.

Hinsichtlich der Fakten 2 und 3 hat der Berufungswerber zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, ds jeweils 400 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 9 Abs.1, 16, 19, 24 und 44a Z1 VstG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit den in der Präambel angeführten Straferkenntnissen über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretungen des § 82 Abs.1 erster Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.d leg.cit.

jeweils Geldstrafen in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 2 Tage) verhängt, weil er als im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung der Firma B nach außen Berufener, somit als strafrechtlich Verantwortlicher 1.) am 14.7.1994 um 14.40 Uhr die Fahrbahn der K, vor und gegenüber des Sportgeschäftes B, ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken benutzt hat, indem er ein Schlauchboot zu zwei Dritteln auf der Fahrbahn lagerte.

Gegenüber dem Sportgeschäft waren ein Sportzelt, ein Werbeständer und eine Kunststoffschwimmfigur aufgestellt; 2.) am 4.8.1994 um 9.15 Uhr die Fahrbahn der K, vor dem Haus Nr.8, ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken benutzte, indem ein Sportzelt und ein Kunststoffschwimmteil aufgestellt wurde; 3.) am 12.8.1994 von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr die Fahrbahn der K, K, gegenüber dem Sportgeschäft Breneis, ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken benutzte, indem ein Sportzelt und ein Werbeständer aufgestellt wurde.

Ferner hat die Erstbehörde gemäß § 64 VStG jeweils einen Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufungen. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden legte die Rechtsmittel samt Akten dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

Da der Bw lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt, konnte eine solche gemäß § 51e Abs.2 VStG unterbleiben.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Bw bringt vor, daß die Strafbehörde die Vorfälle vom 14.7.1994, 4.8.1994 und 12.8.1994 als selbständige Taten gewertet und nach dem Kumulationsprinzip für jeden Vorfall eine Geldstrafe von 2.000 S verhängt hat. Diese Rechtsansicht sei unrichtig. Tatsächlich handle es sich hier um ein fortgesetztes Delikt, da die beanstandeten Sportartikel in der Zeit vom 14.7.1994 bis 12.8.1994 täglich in der K ausgestellt gewesen seien. Die Städtische Sicherheitswache habe in diesem Zeitraum eben nur drei Tage herausgegriffen. Der Zeuge RI. B gibt in seiner Einvernahme am 13.9.1994 wörtlich an: "Dies war nicht ein Einzelfall, sondern könnte fast jeden Tag seitens unserer Dienststelle Anzeigen immer wegen dieses Tatbestandes gemacht werden." Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher die Strafbehörde wegen des fortgesetzten Deliktes nur eine einzige Strafe in Höhe von 2.000 S verhängen dürfen. Er stelle daher den Antrag auf Abänderung der angefochtenen Straferkenntnisse dahingehend, daß die Geldstrafe auf 2.000 S herabgesetzt wird.

Zur Frage des fortgesetzten Deliktes hat die Erstbehörde im angefochtenen Straferkenntnis folgendes ausgeführt: "Gemäß § 22 Abs.1 VStG sind, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen.

Im Verwaltungsstrafverfahren gilt somit das sogenannte Kumulationsprinzip. Eine Ausnahme von diesem Prinzip besteht bei einem fortgesetzten Delikt. Darunter sind eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten (vgl. VwGH 19.4.1979, 668, 669/78). Alle Teilakte der Handlungsreihe stellen somit rechtlich nur eine einzige Handlung dar und werden als einziges Delikt behandelt.

Die einzelnen Handlungen dürfen nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden, der Zusammenhang muß sich demnach äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen. Handlungen, die zeitlich soweit auseinander liegen, daß sie nicht mehr als zusammengehörig angesehen werden können, werden in der Regel gegen die Annahme eines Fortsetzungszusammenhanges sprechen (VwGH 5.7.1982, 3593/80).

Da für die Behörde bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen weder ein einheitlicher Willensentschluß noch eine zeitliche Verbundenheit erkennbar sind, liegen verschiedene selbständige Taten vor. Es handelt sich insbesondere um unterschiedliche Sachverhalte, da Sie am 14.7.1994 gänzlich ohne Bewilligung ein Schlauchboot zu zwei Dritteln auf der Fahrbahn aufgestellt hatten und gegenüber dem Sportgeschäft B ein Sportzelt, einen Werbeständer und eine Kunststoffschwimmfigur. Mit Schreiben der Stadtgemeinde Gmunden vom 29.7.1994 wurde Ihnen die eingeschränkte Bewilligung erteilt, Ihre Waren auf dem Gehsteig vor Ihrem Geschäft ausstellen zu dürfen. Die Benützung weiterer Flächen wurde ausdrücklich untersagt.

Insofern gehen auch Ihre Rechtfertigungsgründe, daß durch das Aufstelllen der Artikel keine Verkehrsbeeinträchtigung eingetreten sei, ins Leere. § 82 Abs.1 StVO 1960 stellt beim Erfordernis einer Bewilligung lediglich auf die Benützung von Straßen zu verkehrsfremden Zwecken ab und überläßt die Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung der Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs eingetreten ist, keinesfalls dem Beschuldigten.

Am 4.8.1994 hingegen stellten Sie ein Sportzelt und einen Kunststoffschwimmteil auf der Fahrbahn der K vor dem Haus Nr. ab. Zu diesem Zeitpunkt war Ihnen bereits die eingeschränkte Bewilligung durch die Stadtgemeinde Gmunden bekannt.

Wider besseren Wissens stellten Sie auch am 12.8.1994 ein Sportzelt und einen Werbeständer auf der Fahrbahn der K auf.

Es handelt sich demnach nicht um ein Aufrechterhalten eines rechtswidrigen Zustandes und liegen somit drei gesonderte Verwaltungsübertretungen vor." Den oben dargestellten Ausführungen der Erstbehörde im angefochtenen Straferkenntnis zur Frage des fortgesetzten Deliktes tritt der O.ö. Verwaltungssenat grundsätzlich bei und fügt folgendes modifizierend und ergänzend hinzu:

Bei der Verwaltungsübertretung am 14.7.1994 (Faktum 1) hat die Erstbehörde die Schuldform der Fahrlässigkeit angenommen. Begründend wird ausgeführt, daß der Bw verkannt hat, daß er einen tatbestandsmäßigen Sachverhalt verwirklichte, während die Verwaltungsübertretungen vom 4.8.1994 und vom 12.8.1994 (Fakten 2 und 3) der Bw vorsätzlich begangen habe, da er wußte, daß er einen tatbestandsmäßigen Sachverhalt verwirklichte und sich damit abfand. Wenn der Bw diesbezüglich zu seiner Rechtfertigung vorbringt, daß er aufgrund der jahrelangen Vereinbarung "im guten Glauben" handeln durfte, so sei dies unglaubwürdig, da das Stadtamt Gmunden in seinem Schreiben vom 29.7.1994, nachweislich zugestellt am 1.8.1994, ausdrücklich über diese Angelegenheit abspricht und die Ausstellung von Waren ausschließlich auf dem Gehsteig vor dem Geschäft des Bw gestattet.

Auch diesen Ausführungen zur Schuldform tritt der O.ö.

Verwaltungssenat bei, was jedoch zur Folge hat, daß das Faktum 1 in Verbindung mit den später gesetzten Delikten schon deshalb nicht als fortgesetztes Delikt qualifiziert werden kann, weil es am Vorsatz fehlt. Fortgesetzte Delikte kommen nämlich typischerweise nur im Bereich der Vorsatzdeliquenz in Betracht. Fahrlässige Begehungen scheiden für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes aus.

Zu prüfen bleibt daher, ob es sich bei den Übertretungen am 4.8.1994 und am 12.8.1994 um ein fortgesetztes Delikt handelt. Doch auch dies muß aus folgenden Gründen verneint werden:

Unter Zugrundelegung der oa. dargelegten Grundsätze scheidet die Annahme eines fortgesetzten Deliktes schon deshalb aus, weil verschiedene Tathandlungen vorliegen. So hat der Bw einerseits am 4.8.1994 ein Sportzelt und ein Kunststoffschwimmteil, andererseits am 12.8.1994 ein Sportzelt und einen Werbeständer aufgestellt. Von einem einheitlichen Willensentschluß bzw von fortgesetzten (unselbständigen) Tathandlungen kann daher nicht gesprochen werden.

Die Berufung erweist sich sohin hinsichtlich der behaupteten unrichtigen rechtlichen Beurteilung als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

Zur Spruchmodifizierung führt der O.ö. Verwaltungssenat aus:

In der Tatumschreibung des Bescheidspruches muß im Sinne des § 44a Z1 VStG zum Ausdruck kommen bzw erkennbar sein, in welcher Eigenschaft und für welche Personen den Beschuldigten die strafrechtliche Verantwortung trifft. Im Spruch muß zum Ausdruck kommen, für welche juristische Person oder Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit (§ 9 Abs.1 VStG) und als welches nach außen hin zur Vertretung berufene Organ der Beschuldigte strafrechtlich verantwortlich ist. Über Ersuchen des O.ö.

Verwaltungssenates hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden einen entsprechenden Auszug aus dem Firmenbuch vorgelegt.

Auf dieser Grundlage wurde die Spruchmodifizierung vorgenommen, sodaß der Spruch den vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Anforderungen nach § 44a Z1 VStG entspricht.

Die Modifizierung war aus der Sicht des O.ö.

Verwaltungssenates notwendig und auch zulässig, weil die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigten angesprochene Person auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG ohne Einfluß ist. Verfolgungsverjährung liegt daher nicht vor.

Zur Strafe wird ausgeführt:

Die verhängte Strafe zum Faktum 1 wurde herabgesetzt, weil nicht nachvollziehbar ist, weshalb hier die Erstbehörde, obwohl sie zutreffenderweise von der Schuldform der Fahrlässigkeit ausgegangen ist, eine Strafe in derselben Höhe verhängt hat, wie für die nachfolgenden Delikte, die in der Schuldform des bedingten Vorsatzes begangen wurden. Eine weitere Herbsetzung der Strafe erschien dem O.ö.

Verwaltungssenat jedoch nicht vertretbar, zumal dem Bw laut Mitteilung der Erstbehörde bereits am 12.7.1994 (somit zwei Tage vor dem hier in Rede stehenden Vorfall) eine Strafverfügung ebenfalls wegen Übertretung nach § 82 Abs.1 StVO 1960 zugestellt wurde. Gegen diese Strafverfügung hat der Bw keinen Einspruch erhoben. Obwohl diese Vormerkung hinsichtlich des ersten Vorfalles vom 14.7.1994 noch nicht als erschwerend gewertet werden kann, weil sie zur Tatzeit noch nicht rechtskräftig war, ist andererseits aufgrund des Umstandes, daß gegen diese Strafverfügung kein Einspruch erhoben wurde, auch hinsichtlich des ersten Vorfalles auf eine gewisse gleichgültige Einstellung des Bw gegenüber den hier gesetzlich geschützten Interessen (insbesondere Sicherheit des Fußgängerverkehrs) zu schließen. Eine weitere Herabsetzung der Strafe erschien dem O.ö. Verwaltungssenat daher nicht vertretbar. Die Folgeübertretungen hat die Erstbehörde mit jeweils 2.000 S sanktioniert und somit den gesetzlichen Strafrahmen zu 20 % ausgeschöpft. Sie hat die Erwägungen zur Strafbemessung ausreichend dargelegt und es kann der O.ö. Verwaltungssenat eine Überschreitung des Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung nicht feststellen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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