Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103701/12/Ki/Shn

Linz, 03.07.1996

VwSen-103701/12/Ki/Shn Linz, am 3. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Walter M, vom 27. März 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13. März 1996, Zl.VerkR96-11239-1995-Ro, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Juni 1996 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 13. März 1996, VerkR96-11239-1995-Ro, gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt, weil er am 16.7.1995 um ca 03.30 Uhr den PKW, vom Dorffest beim Haus A, Gemeinde L, auf der Baier Bez.Str.1044 in Richtung Lochen lenkte, auf der Kreuzung Gemeindestraße nach links in die N Gemeindestraße in Richtung M einbog, nach ca 200 m mit laufendem Motor und eingeschalteten Scheinwerfern auf seiner Fahrspur stehen blieb und sich dabei aufgrund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von über 0,4 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Er habe dadurch § 5 Abs.1 StVO 1960 verletzt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 1.000 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 27. März 1996 Berufung mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

Der Berufungswerber stellt außer Streit, daß der Sachverhalt insoferne, als er den verfahrensgegenständlichen PKW zum Kontrollort gelenkt bzw beim Eintreffen der erhebenden Beamten Licht eingeschaltet war und er am Volant gesessen ist, der Tatsache entspricht. Es sei jedoch nicht richtig, daß er sich zum Zeitpunkt des Lenkens des PKW bis zum Kontrollort bereits in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, sowie daß zum Zeitpunkt des Eintreffens des erhebenden Beamten der Motor lief.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Juni 1996 Beweis erhoben. Bei dieser Verhandlung waren der Berufungswerber und ein Rechtsvertreter anwesend. Die belangte Behörde ist ohne Angabe von Gründen zur Verhandlung nicht erschienen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden der Berufungswerber sowie als Zeugen Albert H, RI Josef A sowie Insp. Maximilian E einvernommen.

I.5. Der Berufungswerber hat im wesentlichen ausgeführt, daß er um etwa 22.00 Uhr zum Dorffest in A gekommen sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er keinen Alkohol getrunken, ihm sei nämlich zwei Monate vor dem Vorfall zu Recht der Führerschein wegen alkoholisiertem Fahren entzogen worden und er habe sich damals mit seinem Chef einigen können, daß der Entzug keine Kündigung nach sich ziehe. Es sei ihm natürlich bewußt gewesen, daß er bei einem neuerlichen Vorfall seinen Job verlieren würde. Das Fest habe dann etwa bis 00.00 Uhr bzw 00.30 Uhr gedauert, während seines Aufenthaltes am Fest habe er bis zum erwähnten Ende zwei halbe Bier getrunken. In der Folge sei auf dem Grundstück eines Bekannten ein Lagerfeuer gemacht und dort gegrillt worden. Er habe während dieser Zeit in seinem Auto die neue CD-Anlage eingeschaltet gehabt. Sein Bekannter habe jedoch wegen der Lautstärke Bedenken gehabt und vorgeschlagen, zu einer etwa 800 m entfernten Wiese zu fahren, dort sei es ungehindert möglich Musik zu hören.

Er sei mit seinem Bekannten über die im Straferkenntnis angeführten Straßenzüge zu dieser Wiese gefahren. Dort habe er das Fahrzeug abgestellt. Er und sein Bekannter hätten vier Bier (zwei Flaschen und zwei Dosen) mitgenommen, sie hätten diese Biere am Vorfallsort getrunken und Musik gehört, jeder habe zwei Bier getrunken.

Beim Fahrzeug wären zwar die Zündung und auch das Licht eingeschaltet gewesen, der Motor sei jedoch nicht gelaufen.

Die Amtshandlung habe etwa zwei Stunden nach dem Abstellen des Fahrzeuges stattgefunden. Die leeren Bierflaschen bzw Dosen hätten sich im Auto und zwar am Boden befunden. Der Gendarmeriebeamte habe jedoch nur in das Seitenfenster geschaut und so die Flaschen bzw Dosen offensichtlich nicht gesehen. Ein Ersuchen, diesbezüglich in das Fahrzeug zu schauen, habe der Gendarmeriebeamte ignoriert.

Albert H, welcher sich zum Vorfallszeitpunkt am Beifahrersitz befand, hat als Zeuge ausgesagt, daß er während der gesamten Amtshandlung dabei war. Herr M sei ziemlich spät, schätzungsweise zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr, zum Fest gekommen. Er könne jedoch nicht sagen, ob er dort etwas getrunken hat. Gegen etwa 00.00 Uhr sei das Fest beendet worden und er sei ua mit dem Berufungswerber zu dem Grundstück des Herrn H gegangen. Er habe mit dem Berufungswerber über sein neues Autoradio gesprochen, dieses Autoradio sei schon am vorhin erwähnten Grundstück eingeschaltet gewesen. Herr H habe Bedenken hinsichlich der Lautstärke der Musik gehabt und vorgeschlagen, mit dem Auto auf seine Wiese zu fahren, zumal dort niemand gestört werden würde. Sowohl der Berufungswerber als auch er selbst hätten sich jeweils eine Flasche bzw eine Halbliterdose Bier mitgenommen. Am Vorfallsort hätten sie das Bier getrunken und dabei Musik gehört. Der Motor sei am Vorfallsort nie eingeschaltet gewesen. Die leeren Bierflaschen bzw Dosen seien zwischen rückwärtiger Sitzbank und Beifahrersitz gelegen, der Gendarmeriebeamte habe diesbezüglich nicht Nachschau gehalten.

RI Josef A hat als Zeuge ausgeführt, daß ihm das verfahrensgegenständliche Fahrzeug aufgefallen ist, welches mit laufendem Motor und eingeschalteten Scheinwerfern auf der Fahrbahn gestanden sei. Er sei sofort aus seinem Dienstfahrzeug ausgestiegen und habe gehört, daß der Motor des Fahrzeuges gelaufen sei. Er sei sich diesbezüglich absolut sicher.

Ob bzw welche Angaben der Berufungswerber hinsichtlich der Trinkmengen gemacht hat, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Der Alkotest sei an Ort und Stelle vorgenommen worden, er glaube, daß der Vorfall ganz normal vor sich gegangen ist. Ob er sich erinnern könne, daß er vom Berufungswerber ersucht wurde, im Fahrzeug wegen leerer Bierflaschen Nachschau zu halten, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Das Beschuldigtenfahrzeug habe er nicht fahren gesehen.

Insp. E führte als Zeuge aus, daß das Fahrzeug des Berufungswerbers schon von weitem zu erkennen gewesen sei, zumal das Licht eingeschaltet war. Der Berufungswerber und der Zeuge (H) seien zum Vorfallszeitpunkt im Fahrzeug gesessen und hätten auf die Frage, was sie dort machen würden, die Antwort gegeben, daß eine neue Radioanlage im Auto eingebaut worden sei und diese nunmehr ausprobiert werde. Er könne sich noch erinnern, daß die Fenster beim Fahrzeug angelaufen waren und er habe auch Alkoholgeruch aus dem Mund des Berufungswerbers feststellen können. Im Fond des Fahrzeuges sei eine leere Flasche Bier gelegen. Eine weitere Bierflasche sei geöffnet gewesen. Ob der Motor des Tatfahrzeuges tatsächlich gelaufen sei, daran könne er sich nicht mehr 100 %ig erinnern.

I.6. In freier Beweiswürdigung hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Dazu wird zunächst festgestellt, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist, wonach das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen ist.

Wenn sohin nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Daß der Berufungswerber sein Fahrzeug am Vorfallstag über die vorgeworfene Tatstrecke gelenkt hat bzw daß beim Alkotest ein Meßergebnis von 0,46 mg/l Atemluftalkoholgehalt hervorgekommen ist, bleibt unbestritten. Der Berufungswerber rechtfertigt sich jedoch dahingehend, daß er zum Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges sich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, zumal er erst nachdem das Fahrzeug abgestellt war einen Liter Bier getrunken habe.

Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt nicht, daß normalerweise auf Dorffesten auch Alkohol getrunken wird und so der Verdacht der Gendarmeriebeamten, der Berufungswerber habe sein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, bei weitem nicht unbegründet war.

Andererseits hat der Berufungswerber plausibel dargelegt, daß er zwar nach seinem Erscheinen beim Dorffest zwei Flaschen Bier getrunken in der weiteren Folge aber kein alkoholisches Getränk mehr zu sich genommen hat. Er hat weiters schlüssig dargelegt, warum er mit seinem Bekannten das Fahrzeug am Vorfallsort abgestellt hat, nämlich um ungestört das neue Autoradio bzw den CD-Player auszuprobieren. Erst zu diesem Zeitpunkt habe er wiederum einen Liter Bier getrunken. Diese Trinkangaben sind insoferne schlüssig, als unter Berücksichtigung der am Vorfallsort getrunkenen Alkoholmenge bzw der ursprünglichen Konsumation von einem Liter Bier am Vorfallsort abzüglich der Alkoholabbaurate das vorliegende Meßergebnis der Atemluftalkoholuntersuchung auch zu erklären ist.

Die Angaben des Berufungswerbers wurden von seinem als Zeugen einvernommenen Bekannten bestätigt. Diese Aussage ist schlüssig und steht auf den konkreten Fall bezogen nicht in Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß der Zeuge seine Aussage in Kenntnis allfälliger strafrechtlicher Sanktionen einer falschen Zeugenaussage getätigt hat.

Es kann auch nicht erwiesen werden, daß zum Vorfallszeitpunkt tatsächlich der Motor des Beschuldigtenfahrzeuges in Betrieb war. Wenn auch RI A diesbezüglich ausschließen kann, daß der Motor nicht in Betrieb war, so war der zweite Gendarmeriebeamte sich dieser Tatsache nicht 100-%ig sicher. Der Umstand, daß, wie die Zeugenaussage des zweiten Gendarmeriebeamten ergab, die Scheiben angelaufen waren, läßt eher den Schluß zu, daß der Motor nicht gelaufen ist. Außerdem erscheint es wahrscheinlich, daß das Laufenlassen des Motors bei einem längeren Aufenthalt am Vorfallsort von den Insassen des PKW eher als unangenehm empfunden worden wäre. Es ist daher nicht auszuschließen, daß sich RI Anglberger diesbezüglich geirrt hat.

Weiters ist zu berücksichtigen, daß letztlich niemand beobachtet hat, daß der Berufungswerber sein Fahrzeug allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt erst an den Vorfallsort gelenkt hat.

Unter Zugrundelegung der dargelegten Erwägungen gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, daß dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht mit der für eine Bestrafung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden kann.

Die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat kann somit nicht erwiesen werden, es war daher der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren - in dubio pro reo - einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 AVG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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