Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103730/2/Fra/Ka

Linz, 04.06.1996

VwSen-103730/2/Fra/Ka Linz, am 4. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn O B, vertreten durch Herrn Dr. J P, Rechtsanwalt in gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9.4.1996, VerkR96-4460-1994-Ja, betreffend Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Für den Berufungswerber entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens.

III. Der Antrag auf Kostenersatz in Höhe von 3.043,20 S wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

zu III.: § 74 AVG iVm § 24 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) verhängt, weil er am 3.10.1994 um 11.36 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen der Bundesrepublik Deutschland auf der B 125 - Prager Straße auf Höhe des km 31,847 im Gemeindegebiet Kefermarkt, Fahrtrichtung Freistadt, das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 70 km/h)" mißachtet hat, weil er eine Geschwindigkeit von 95 km/h (laut Radarmessung) gefahren ist. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ua als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt.

Wesentliches Tatbestandsmerkmal der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist somit die spruchgemäße Feststellung, daß der Beschuldigte als Lenker eines Fahrzeuges zur Verantwortung gezogen wird. Dieses Tatbestandsmerkmal ist somit im Sinne des § 44a Z1 VStG in den Spruch aufzunehmen (vgl. auch die hiezu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 102 Abs.1 und 103 Abs.1 KFG 1967).

Der angefochtene Schuldspruch entspricht den oa Anforderungen. Es ist jedoch festzustellen, daß während der Verfolgungsverjährungsfrist keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, weil dem Bw während dieser Frist nicht vorgeworfen wurde, daß er als Lenker die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat. In der Strafverfügung vom 6.12.1994, VerkR96-4460-1994 wird dem Bw nicht vorgeworfen, daß er als Lenker die in Rede stehende Übertretung zu verantworten hätte. Aus der Wortfolge "95 km/h gefahrene Geschwindigkeit" kann hier deshalb nicht schlüssig abgeleitet werden, daß die Erstbehörde die dem Bw zur Last gelegte Übertretung als Lenker vorwerfen wollte, weil zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht feststand, wer der Lenker des in Rede stehenden Fahrzeuges am Tatort zur Tatzeit war. Der zitierten Strafverfügung ist lediglich ein Ersuchen an das Kraftfahrbundesamt in Flensburg um Bekanntgabe des Fahrzeughalters vorausgegangen. Es stand somit zum Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung lediglich fest, wer der Halter des gegenständlichen Fahrzeuges war bzw ist. Dem Bw wurde erstmals mit Rechtshilfeersuchen vom 6.9.1995, VerkR96-4460-1994-Ja, vorgeworfen, die gegenständliche Übertretung als Lenker begangen zu haben. Dieses Ersuchen wurde jedoch bereits nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist gestellt und war daher nicht mehr geeignet, diese zu unterbrechen.

Es ist daher Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Im Hinblick auf die Berufungsausführungen zur Frage der Anwendbarkeit bzw Unanwendbarkeit des § 103 Abs.2 KFG 1967 auf den Berufungswerber merkt der O.ö. Verwaltungssenat folgendes an:

Gegenstand dieses Verfahrens ist nicht die Lenkeranfrage, die die Bezirkshauptmannschaft Freistadt an den Bw gerichtet hat. Zu prüfen im gegenständlichen Fall ist ausschließlich, ob der Berufungswerber durch das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt dadurch in seinen Rechten verletzt wurde, weil diese Behörde annahm, daß dieser das gegenständliche Fahrzeug zum Zeitpunkt der Tat auch gelenkt hat. In diesem Zusammenhang wird auszugsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.11.1994, Zl.94/03/0265, zitiert. Auch in diesem Fall ging es um den Vorwurf der Übertretung einer durch Vorschriftszeichen kundgemachten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Bundesland Salzburg. An die Beschwerdeführerin, eine deutsche Staatsbürgerin, wurde ebenfalls eine Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG gerichtet. Die Beschwerdeführerin hat jedoch der Erstbehörde lediglich mitgeteilt, daß sie nicht mehr feststellen könne, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat. Die Behörden nahmen daraufhin Verletzung der Mitwirkungspflicht an und bejahten die Lenkereigenschaft. Der Verwaltungsgerichtshof führt in diesem Erkenntnis ua aus: "Die der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verwaltungsübertretung wurde in Österreich begangen. Sie war von den österreichischen Verwaltungsstrafbehörden nach österr. Verfahrensrecht zu verfolgen (vgl. § 2 Abs.1 VStG; Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, RZ.720 bis 722).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom 26.5.1989, Zl.89/18/0043) befreit der Verfahrensgrundsatz, daß die Verwaltungsstrafbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Es entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluß ableiten kann, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Täter gewesen, wobei es nicht relevant ist, ob es zu einer auf § 103 Abs.2 KFG 1967 gestützten Lenkeranfrage gekommen ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 11.5.1990, Zl.90/18/0022)." ........... "Wenn aber die Beschwerdeführerin im Verwaltungsstrafverfahren keine Angaben darüber gemacht hat, wer sonst als sie selbst das Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt habe oder aus welchen Gründen sie derartige Angaben nicht machen könne, so kann es nicht als unschlüssig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt ist, Lenkerin des Fahrzeuges sei die Beschwerdeführerin gewesen." Der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde als unbegründet ab.

zu II. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren.

zu III. Gemäß § 74 Abs.1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Abweichend von diesem Grundsatz hat gemäß § 79a Abs.1 AVG die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Gemäß § 24 VStG gilt allerdings § 79a AVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht.

Der Kostenantrag war daher im Grunde der genannten Bestimmungen abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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