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VwSen-103737/2/Bi/La

Linz, 12.06.1996

VwSen-103737/2/Bi/La Linz, am 12. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn C S, H, W, vom 19. April 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13.

Februar 1996, VerkR96-16751-1994, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1. §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2. §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1. 2.000 S und 2. 5.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1. 72 und 2. 168 Stunden verhängt, weil er am 4. September 1994 gegen 17.45 Uhr den PKW auf der A, W, in Richtung L gelenkt und 1. im Bereich von km - km in den Gemeindegebieten O und S die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 34 km/h und von km - km im Gemeindegebiet von S die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 36 km/h überschritten habe.

2. Anschließend habe er im Gemeindegebiet von S zwischen km und die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 40 km/h, im Gemeindegebiet von S zwischen km und die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 36 km/h, im Gemeindegebiet von S zwischen km und die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 52 km/h, im Gemeindegebiet von und S zwischen km und die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 40 km/h und im Gemeindegebiet von S zwischen km und die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 22 km/h überschritten.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 700 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Ober österreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er verstehe nicht, wie die Behörde auf einen sechsmonatigen Krankenhausaufenthalt gekommen sei, zumal er seit 11.

Dezember 1994 in U-Haft gewesen sei. Ohne diese unlogische Behauptung zu überprüfen, habe die Behörde 10 Monate verstreichen lassen und ihm erstmals im November 1995 eine Aufforderung zur Rechtfertigung gesandt. Bei einer obligatorischen Meldeüberprüfung hätte festgestellt werden können, daß er seit 11. Dezember 1994 in W gemeldet sei. Man hätte sich so viel Zeit erspart und er hätte sich an die ihm vorgeworfenen Übertretungen auch noch besser erinnert.

Er mache hiemit Verjährung geltend, weil ab dem Zeitpunkt der Ladung der BPD Linz von Jänner 1995 bis zur Aufforderung zur Rechtfertigung der Erstinstanz ca. 10 Monate vergangen seien.

Überdies sei die Strafe überhöht, weil die eklatante Überschreitung der erlaubten 60 km/h um 52 km/h, d.h. um 86,7%, lediglich für die Dauer von 6,43 Sekunden eingehalten worden sei und sich die restlichen Überschreitungen im Bereich von 26 bis 50% bewegten.

Er werde nach der Haftentlassung über kein Einkommen verfügen, jedoch mit erheblichen Schadenersatzforderungen zu rechnen haben und sei außerdem für ein Kind unterhaltspflichtig.

Er ersuche außerdem um Mitteilung, wann und von welcher Behörde die relevanten Geschwindigkeitsbeschränkungen verordnet wurden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 25. Jänner 1994, Zl.138.001/175-I/31-93, u.a. betreffend die Sperre der Richtungsfahrbahn W der A zur Instandsetzung der Südtragwerke der Brückenobjekte und von 7. März bis 25. November 1994, und hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges ua auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Gemäß § 52a Z10a leg.cit. zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Die Tat muß hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben sein, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Diese muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß dieser in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen, und der Spruch muß geeignet sein, ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Mit der Formulierung "mit dem KFZ" ist klar ausgedrückt, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung mittels eines KFZ, sohin als dessen Lenker, begangen wurde (vgl. VwGH vom 19.

Dezember 1985, 85/02/0271).

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Dem Rechtsmittelwerber wurde innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, die mit dem Vorfall am 4.

September 1994 begonnen und daher am 4. März 1995 geendet hat, in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 3. Jänner 1995 zur Last gelegt, zu einer bestimmten Zeit an bestimmten Orten verschiedene Geschwindigkeiten überschritten zu haben, ohne daß der Tatvorwurf eine Umschreibung enthielt, daß der Rechtsmittelwerber die Geschwindigkeiten "als Lenker eines KFZ" überschritten hätte. Diese Ladung verließ die Behörde, nämlich die Bundespolizeidirektion Linz, wurde aber mit dem Vermerk des Briefträgers retourniert, der Adressat befinde sich ca. 6 Monate im Krankenhaus.

Im Akt befindet sich weiters eine an den Rechtsmittelwerber gerichtete Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 1. Februar 1995, die zur Zustellung dem Z "im Hause" weitergeleitet, jedoch von Beamten des Wachzimmers B mit dem Vermerk zurückgesendet wurde, der Adressat befinde sich auf unabsehbare Zeit in U-Haft in W. Diese Ladung enthielt eine ausreichende Konkretisierung des Tatvorwurfs, hat aber nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates die Behördensphäre nicht verlassen, weil die Beamten des Wachzimmers B dem Z unterstehen und somit - zumindest beim konkreten Auftrag, die Zustellung vorzunehmen - als "verlängerte Arme" der Behörde fungieren.

Die nächste Ladung, die ebenfalls durch Beamte desselben Wachzimmers aus demselben Grund nicht zugestellt werden konnte, stammt vom 4. Oktober 1995.

Erst die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. November 1995 wurde von der Erstinstanz dem Rechtsmittelwerber in W zugestellt, sodaß dieser erstmals in der Lage war, sich zu rechtfertigen, auch wenn ihm die Anzeige, die alle relevanten Sachverhaltselemente enthalten hat, nicht zur Kenntnis gebracht wurde.

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Da innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist lediglich eine unzureichend konkretisierte Verfolgungshandlung seitens der Behörde gesetzt wurde und die Sanierung dieses Mangels nicht mehr möglich ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist weiters festzuhalten, daß die in der Berufung vorgebrachten Argumente des Rechtsmittelwerbers, die Behörde - in diesem Fall die Bundespolizeidirektion Linz - sei vom Übertretungszeitpunkt im September 1994 bis zur im Oktober 1995 erfolgten Abtretung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht in der Lage gewesen, die die ihm vorgeworfenen Übertretungen enthaltenden Ladungen auch tatsächlich zuzustellen, obwohl er seit Dezember 1994 in W ordnungsgemäß gemeldet sei, durchaus ihre Berechtigung haben.

Unverständlich ist, daß, wenn offensichtlich der dem Briefträger zugegangenen Version vom sechsmonatigen Krankenhausaufenthalt kein Glauben geschenkt wurde, nicht Nachforschungen über den tatsächlichen Aufenthaltsort des Rechtsmittelwerbers angestellt wurden, zumal die Einholung einer Meldeauskunft durch die Behörde selbst oder ein einfacher Telefonanruf in W ausgereicht hätte.

Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu entrichten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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