Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103747/2/Le/La

Linz, 18.11.1996

VwSen-103747/2/Le/La Linz, am 18. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. S, Dr. D, Dr. S, Mag.

B, Mag. R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, vom 2.4.1996, Zl.

VerkR96-3700-1995, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafen, das sind 700 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangsweiser Einhebung zu entrichten.

III. Der Antrag, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und zur Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Erstinstanz zurückzuverweisen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Zu III.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2.4.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 38 Abs.5 der Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) sowie wegen Übertretung des § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, 1. am 2.10.1995 um 16.45 Uhr an einer näher bezeichneten Kreuzung in Steyr als Lenker eines näher bezeichneten Pkw das Rotlicht der Verkehrsampel nicht beachtet zu haben, indem er ohne anzuhalten die Kreuzung bei Rotlicht durchfahren habe, und 2. als Zulassungsbesitzer des Pkw mit dem Kennzeichen P der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen eine unrichtige Lenkerauskunft erteilt zu haben.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß auf Grund einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Steyr sowie der zeugenschaftlichen Vernehmung der Anzeigeleger feststehe, daß der Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen P das Rotlicht der Verkehrsampel mißachtet und ohne anzuhalten die Kreuzung Seifentruhe-Sierninger Straße durchfahren habe.

Die Erstbehörde hat weiters begründet, warum sie als Lenker dieses Kraftfahrzeuges den nunmehrigen Bw ansah. Diesem sei es nämlich nicht gelungen, glaubhaft zu machen, daß der von ihm genannte F B aus L in F dieses Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt habe.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 25.4.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu, das Straferkenntnis zu beheben und zur Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

In der Begründung dazu wurde vorgebracht, daß beide Tatvorwürfe unrichtig wären und durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht gedeckt wären. Der Bw habe im Zuge des Verfahrens wiederholt und nachvollziehbar dargelegt, daß er seinen Pkw am 2.10.1995 nicht im Gemeindegebiet von Steyr gelenkt habe, sondern sein Freund F B, der im Zeitraum September bis Oktober 1995 eine Europareise durchgeführt und dem er als Freundschaftsdienst am 2.10.1995 in der Zeit von 10.00 Uhr bis 21.00 Uhr seinen Pkw überlassen hätte. Er habe auch dessen Adresse in F, USA, wahrheitsgemäß angegeben und er legte zum Beweis dafür auch das Schreiben der BH Perg an Herrn F B im Original mitsamt jenem Briefkuvert vor, mit dem Herrn B dieses Schreiben von der Erstbehörde übersandt worden war. Herr B habe sich deshalb nicht mit der BH Perg in Verbindung gesetzt, da er sich nicht selbst belasten wollte, da er für den Fall der Einreise nach Österreich mit verwaltungsstrafrechtlichen Konsequenzen, ja sogar mit einer Verhaftung gerechnet hätte.

Damit sei bewiesen, daß der Bw die Wahrheit sage und nicht irgendeine Person mit irgendeiner fiktiven Adresse angegeben hätte.

Es würden daher keinerlei objektive Beweismittel vorliegen, welche eine strafrechtliche Verurteilung unter Annahme eines den Bw belastenden Sachverhaltes rechtfertigen würden. Die Behauptungen des Bw wären nicht widerlegt, weshalb die Erstbehörde zumindest im Zweifel mit einer Einstellung des Verfahrens hätte vorgehen müssen.

Als Beweis für die Richtigkeit seiner Angaben beantragte der Bw eine von der Behörde einzuholende Meldeauskunft betreffend F B in den USA sowie die Ladung und Einvernahme des Zeugen F B mit der im Akt befindlichen Adresse, allenfalls im Rechtshilfeweg.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat aus dem vorgelegten Verwaltungsakt einen ausreichend ermittelten Sachverhalt vorgefunden, sodaß - auch in Hinblick auf die Geringfügigkeit der verhängten Strafe - eine öffentliche mündliche Verhandlung iSd § 51e Abs.2 VStG entfallen konnte.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren steht fest, daß am 2.10.1995 um 16.45 Uhr der Lenker des Pkw's Nissan Primera mit dem Kennzeichen P das Rotlicht der Verkehrsampel an der Kreuzung Seifentruhe - Sierninger Straße mißachtet und ohne anzuhalten die Kreuzung bei Rotlicht durchfahren hat. Dies wurde vom Bw auch nicht bestritten, wohl aber, daß er der Lenker dieses Pkw's gewesen wäre.

4.3. Es ist daher zunächst zu untersuchen, ob der Bw ausreichend glaubhaft gemacht hat, daß nicht er, sondern Herr F B aus F, USA, zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug gelenkt hat. Unter der Überschrift "Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers" bestimmt § 103 Abs.2 KFG, daß die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt ... hat ...

Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer ... zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint.

Die Erstbehörde hat versucht, mit dem vom Bw als Lenker bezeichneten F B schriftlich in Kontakt zu treten, was jedoch daran scheiterte, daß es dieser vorzog, der Bezirkshauptmannschaft Perg nicht zu antworten, sondern lediglich das Anforderungsschreiben der Bezirkshauptmannschaft an den Bw weiterzuleiten.

Mit diesem Originalschreiben und dem Originalkuvert, die als Beilage mit der Berufung vorgelegt wurden, wurde zwar ausreichend glaubhaft gemacht, daß es diesen Herrn F B wirklich geben dürfte, doch ist dies noch kein Indiz dafür, daß jener F B zum verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt tatsächlich das Fahrzeug des Bw gelenkt hat.

Die Möglichkeiten der Erstbehörde (und auch der Berufungsbehörde) hinsichtlich einer Kontaktaufnahme mit Herrn B sind sehr eingeschränkt: Es ist mangels entsprechender staatsvertraglicher Vereinbarungen zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten nicht möglich, einen in den USA lebenden Zeugen zu einer Verhandlung vor einer österreichischen Behörde zu laden oder ihn im Rechtshilfeweg vernehmen zu lassen. Eine Meldeauskunft betreffend F B einzuholen, wie dies in der Berufung beantragt wurde, ist nicht erforderlich, weil ohnedies davon ausgegangen wird, daß es diesen Herrn gibt.

Es gibt aber keinen Beweis dafür, daß F B am 2.10.1995 tatsächlich in Österreich war und den Pkw des Bw gelenkt hat. Der Bw hat diesbezüglich keine Beweise beigebracht; er habe auch das Schreiben des F B, mit dem dieser die Anfrage der BH Perg im Original samt Kuvert an den Bw übermittelt hatte, nicht mehr in seinem Besitz (laut eigener Angabe vor der Erstbehörde am 9.2.1996); damit hat er sich jedoch möglicherweise eines wichtigen Beweismaterials begeben.

Die Erstbehörde hat im Wege einer Meldeanfrage an die Bundespolizeidirektion Wien (der Bw hatte im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, daß Franz Bertok nach Wien gefahren sei) versucht zu klären, ob dieser dort gewesen sei, doch war auch diese Anfrage negativ.

Somit hat die Erstbehörde alles unternommen, was in ihrer rechtlichen und tatsächlichen Macht stand, um in Erfahrung zu bringen, ob Franz B tatsächlich der Lenker des Pkw's gewesen sein könnte.

4.4. Der Bw dagegen hat nichts weiter unternommen, um seine Behauptung, daß nicht er, sondern F B der Lenker gewesen sei, in irgendeiner Form glaubhaft zu machen bzw. zu verifizieren.

Somit stehen der Behauptung des Bw, daß F B gefahren sei, die Tatsachen gegenüber, daß zur verfahrensgegenständlichen Tatzeit der Pkw des Bw am verfahrensgegenständlichen Tatort war und daß der Lenker dieses Pkw's eine männliche Person im Alter zwichen 30 und 40 Jahren gewesen ist. (In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß der Bw am 16.3.1957 geboren ist und daher in diese Alterskategorie einzuordnen ist.) In Würdigung dieser Tatsachen kommt der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, daß es sich bei der Behauptung des Bw, daß nicht er, sondern F B gefahren sei, um eine bloße Schutzbehauptung handelt, und zwar aus folgenden Gründen:

- Der Bw ist Zulassungsbesitzer des fraglichen Pkw's; - es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß man einem nahezu Fremden so ohne weiteres ein Kraftfahrzeug zur Verfügung stellt (der Bw hatte selbst in seiner ersten Verantwortung im Schreiben vom 22.12.1995 angegeben, daß er Herrn B anläßlich eines Karibikaufenthaltes vor einigen Jahren kennengelernt hätte und seit dieser Zeit zeitweise schriftlichen Kontakt pflegen würde); - wenn jemand aus Amerika kommend eine Europareise durchführt, so entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, daß die Reiseroute geplant ist; für Ausflugsfahrten mit dem Auto oder für den Besuch von Freunden und Bekannten mietet man dazu gewöhnlich ein Auto (was besonders bei Amerikanern stark verbreitet ist) oder man läßt sich von diesen Freunden oder Verwandten abholen; es ist dagegen unglaubwürdig, daß sich ein Tourist, der eine so große Reise plant, an einen Urlaubsbekannten wendet, mit dem er nur zeitweise schriftlichen Kontakt pflegte, um sich von diesem das Auto auszuborgen; - der Lenker des Pkw zum Tatzeitpunkt wurde von zwei Zeugen als männliche Person im Alter zwischen 30 und 40 Jahren beschrieben, was auf den Bw zutrifft.

Damit steht für den unabhängigen Verwaltungssenat außer Zweifel, daß die Behauptung des Bw eine Schutzbehauptung ist, um sich der Strafverfolgung zu entziehen.

Dadurch aber, daß der Bw sohin eine falsche Auskunft auf die Lenkeranfrage der Erstbehörde hin gegeben hat, hat er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen.

Da er dies offensichtlich in dem Zweck getan hat, ein Strafverfahren gegen ihn zu vereiteln, hat er in der Schuldform des Vorsatzes gehandelt.

Damit steht aber auch fest, daß der Bw am 2.10.1995 um 16.45 Uhr bei der (oben näher bezeichneten) Kreuzung in Steyr bei "Rot" die Kreuzung durchfahren hat.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Insbesonders war beim zweiten Tatvorwurf die vorsätzliche Begehung zu berücksichtigen.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da Geldstrafen in Höhe von insgesamt 3.500 S verhängt wurden, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 700 S.

Zu III.:

Der Eventualantrag des Bw auf Zurückverweisung der Angelegenheit an die Erstbehörde war offensichtlich auf § 66 Abs.2 AVG gestützt. Diese Bestimmung ist jedoch nach § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren nicht anwendbar, sodaß dieser Antrag mangels Rechtsgrundlage unzulässig war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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