Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103776/2/Bi/La

Linz, 11.06.1996

VwSen-103776/2/Bi/La Linz, am 11. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau E S, M, S, vom 16. Mai 1996 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.

Mai 1996, VerkR96-5084-1996-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängten Strafe zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 4.500 S herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 450 S; Verfahrenskostenbeiträge im Rechtsmittelverfahren fallen nicht an.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben an geführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a und 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 6.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von neun Tagen verhängt sowie einen Verfahrenskostenbeitrag von 600 S vorgeschrieben.

2. Gegen die Strafhöhe hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil in der Berufung lediglich die Strafhöhe angefochten, eine Verhandlung aber nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51 Abs.2 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin führt aus, sie bedaure die Geschwindigkeitsüberschreitung umso mehr, als sie noch nie so schnell gefahren sei. Sie studiere in Salzburg Psychologie und finanziere sich ihre Lebenshaltungskosten und ihr Studium im wesentlichen durch Transferfahrten einer Salzburger Autovermietung. Ihre Eltern hätten ihr jede finanzielle Unterstützung verweigert. Sie wohne bei einer Freundin und zahle nur für Strom, Wasser und Telefon und bekomme von ihrer Oma 500 S pro Monat.

Die Autovermietung setze sie nur bei Bedarf ein und sie bekomme für eine Fahrt nach Wien, wie es auch die gegenständliche Fahrt gewesen sei, gerade 300 S. Sie habe daher nicht die geringste Reserve und 6.600 S seien für sie der ab solute Ruin. Sie habe sich bis jetzt trotz großer Schwierigkeiten durchgebissen und ihr Studium erfolgreich durchgezogen, sodaß es Wahnsinn wäre, wegen dieser Dummheit alles bis jetzt Erarbeitete aufgeben zu müssen. Sie sehe ein, daß sie bestraft werden müsse und das was sie getan habe, tue ihr schrecklich leid, aber sie habe daraus eine Lehre gezogen und denke, daß das das Wichtigste sei. Sie ersuche daher, die Strafe auf ein Maß zu bringen, das für sie zu bewältigen sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und folgendes erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Aus der Anzeige geht hervor, daß der von der Rechtsmittelwerberin im Bereich A in Richtung S gelenkte Pkw mit einer Geschwindigkeit von 187 km/h unterwegs war, was durch Nachfahrt von zwei Gendarmeriebeamten der Verkehrsabteilung Außenstelle H während des Verkehrsüberwachungsdienstes festgestellt wurde. Das dabei verwendete Dienstkraftfahrzeug war mit einer geeichten Pro-Vida-Anlage ausgerüstet und die Übertretung wurde aufgezeichnet. In der 100 km/h-Beschränkung im Bereich A sei der Pkw mit einer Geschwindigkeit von 187 km/h unterwegs gewesen. Bei der Anhaltung hat die Rechtsmittelwerberin die Übertretung nicht bestritten und angegeben, sie habe sie nicht bemerkt.

Zu den Berufungsausführungen ist seitens des unabhängigen Verwaltungssenates zu bemerken, daß es Zweck der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h auf der W im Bereich A, einem stark frequentierten Autobahnabschnitt mit zahlreichen Auf- und Abfahrten (L, T, Einbindung der L Autobahn Richtung S, Rasthaus A, zahlreiche Gewerbebetriebe, Großkaufhäuser usw.) ist, die dort latente Unfallhäufigkeit bzw. -gefahr (Schwerverkehr, Stauzonen ...) möglichst gering zu halten.

Geht man davon aus, daß die Rechtsmittelwerberin bei km noch immer eine Geschwindigkeit von 187 km/h (!) inne hatte, so muß sie in ihrer Fahrtrichtung sämtliche Verkehrszeichen, die auf diese Geschwindigkeitsbeschränkung hinweisen und wiederholt gut sichtbar angebracht sind, passiert haben. Ein Übersehen eines dieser Verkehrszeichen ist daher irrelevant.

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Rechtsmittelwerberin berücksichtigt und ist auch von den ihr angegebenen finanziellen Verhältnissen, nämlich kein Einkommen, keine Sorgepflichten und kein Vermögen, ausgegangen. Sie hat zutreffend die erhebliche Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit als straferschwerend gewertet.

Daß bereits eine niedrigere Geldstrafe als üblicherweise für Geschwindigkeitsüberschreitungen dieses Ausmaßes verhängt wurde, ist daraus zu ersehen, daß eine Ersatzfreiheitsstrafe von neun Tagen verhängt wurde - für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafen sind die finanziellen Verhältnisse irrelevant -, sodaß im Normalfall von einer Geldstrafe von 9.000 S auszugehen gewesen wäre. Die Erstinstanz hat daher demgegenüber die Geldstrafe bereits um ein Drittel herabgesetzt.

Unter Berücksichtigung der besonderen Milderungsgründe des § 34 StGB gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß im gegenständlichen Fall die Rechtsmittelwerberin mit einem von ihr offenbar von der Leistung her unterschätzten Kraftfahrzeug unterwegs war, sodaß ihr möglicherweise vom Betriebsgeräusch her die derartig hohe Geschwindigkeit tatsächlich nicht aufgefallen ist. Es ist daher zu ihren gunsten anzunehmen, daß iSd § 34 Z9 StGB die Rechtsmittelwerberin zur Übertretung mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet wurde, als sie mit vorgefaßter Absicht begangen hat. Die Übertretung hat im übrigen keinen Schaden herbeigeführt, sodaß auch der Milderungsgrund des Z13 leg.cit. als gegeben angesehen werden kann. Sie hat weiters ein reumütiges Geständnis abgelegt und auch aus dem Rechtsmittelvorbringen läßt sich ersehen, daß sie offenbar nicht nur die Auswirkungen einer hohen Geldstrafe auf ihre Lebenshaltungskosten, sondern auch den Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung eingesehen hat.

Unter all diesen Gesichtspunkten ist es für den unabhängigen Verwaltungssenat ein- und letztmalig vertretbar, die Geldstrafe auf die Hälfte des ursprünglich vorgesehenen Betrages herabzusetzen.

Der Rechtsmittelwerberin steht es überdies frei, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung gemäß ihren finanziellen Möglichkeiten zu treffen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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