Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103783/2/Le/La

Linz, 17.01.1997

VwSen-103783/2/Le/La Linz, am 17. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des E F, vom 24.5.1996, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 15.5.1996, Zl.

S 2477/ST/95, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 1.

Fall, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 15.5.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 9 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, am 29.9.1995 um 7.44 Uhr in Garsten ... vor der Volksschule Garsten als Lenker des Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen S einem Fußgänger, der erkennbar den Schutzweg benützen wollte, nicht das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht zu haben.

In der Begründung wurde dazu im wesentlichen ausgeführt, daß auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmungen von zwei Gendarmeriebeamten der Sachverhalt festgestellt wurde. Im Zuge der Lenkererhebung sei vom Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, nämlich dem Taxiunternehmer W H, bekanntgegeben worden, daß der Beschuldigte der Lenker zum angeführten Tatzeitpunkt gewesen wäre.

Gegen die Strafverfügung hätte der Beschuldigte fristgerecht Einspruch erhoben mit der Begründung, daß nicht er der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei, weil er den ganzen Tag mit dem Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen S gefahren wäre.

Der Zulassungsbesitzer hätte jedoch als Zeuge seine in der Lenkerauskunft gemachten Angaben bestätigt und zum Beweis seiner Aussage schriftliche Aufzeichnungen in Kopie vorgelegt. Weiters hätte er angegeben, selbst am 29.9.1995 den ganzen Tag mit dem Kfz mit dem Kennzeichen S gefahren zu sein.

Weiters hätte auch der Beschuldigte ausgesagt, Aufzeichnungen über jede durchgeführte Fahrt und das Fahrziel geführt und diese dem Zulassungsbesitzer jeweils bei Dienstschluß übergeben zu haben.

Daraufhin sei der Zulassungsbesitzer nochmals zeugenschaftlich einvernommen worden, wo dieser neuerlich seine Angaben bestätigt hätte.

Die Erstbehörde würdigte die Aussage des Zeugen W Hanke schwerwiegender als die Aussage des Beschuldigten, zumal jener unter Wahrheitspflicht stand.

Schließlich wurden auch noch die anzuwendende Rechtslage sowie die Gründe der Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig niederschriftlich eingebrachte Berufung vom 24.5.1996, mit welcher der Bw schlüssig beantragte, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung führte er an, daß er nicht mit dem Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen S, sondern mit dem Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen S gefahren sei. Dies wisse er deshalb so sicher, weil das Kfz mit dem Kennzeichen S erst eine Woche vor dem Tatzeitpunkt angemeldet worden sei und grundsätzlich Herr H selbst mit den neu zugelassenen Fahrzeugen fahre.

Weiters legte er eine Ablichtung seines Kalenders vor, aus der nach seiner Darstellung hervorgehe, mit welchem Kfz er unterwegs gewesen sei.

(Tatsächlich findet sich beim 29.9.1995 die Aufzeichnung "2.170" und eine Spalte weiter ein großes "F". Rechts oben findet sich ein weiterer handschriftlicher Vermerk "Mazda 626, Kombi, Zulassung 21.9.1995", welcher jedoch offensichtlich in einer anderen Handschrift angebracht wurde.) 3. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Die Erstbehörde hat jedoch eine Ablichtung der Zulassungsdatei beigelegt, aus der hervorgeht, daß der Kombi Mazda 626 mit dem Kennzeichen S tatsächlich am 21.9.1995 erstmals zugelassen und angemeldet worden ist.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Die Anlastung der dem Bw vorgeworfenen Verwaltungsübertretung setzt voraus, daß er tatsächlich der Lenker dieses Kraftfahrzeuges war. Dies ist aus dem durchgeführten Beweisverfahren jedoch nicht mit der für die Einleitung und Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens erforderlichen Sicherheit bewiesen worden.

Fest steht lediglich, daß von zwei Gendarmeriebeamten beobachtet wurde, daß der Lenker des Kombi mit dem polizeilichen Kennzeichen S die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung begangen hat.

Bestritten ist jedoch, daß der Bw dieser Lenker war.

Der Bw bringt dazu selbst vor, nicht mit dem Kombi mit dem Kennzeichen S, sondern mit dem Pkw mit dem Kennzeichen S gefahren zu sein. Zum Beweis dafür legte er Kopien seines Kalenders vom September (und Oktober) 1995 vor, aus denen jedoch nicht hervorgeht, mit welchem Fahrzeug er insbesonders am 29.9.1995 gefahren ist.

Die Erstbehörde sah die Lenkereigenschaft deshalb als erwiesen an, weil der damalige Arbeitgeber des Bw, Herr W H, der in Steyr ein Taxiunternehmen betreibt, den Bw als Lenker angegeben hatte. Zum Beweis seiner Darstellung hatte dieser bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vom 29.2.1996 eine Kopie seiner Aufzeichnungen betreffend Herrn F vorgelegt.

Eine Einsichtnahme in diese Aufzeichnungen ergibt jedoch, daß unter der Überschrift "V E" die Kalendertage vom 24.8.1995 bis 8.11.1995 und dazu Zeiten angegeben sind. Am 29.9.1995 findet sich der Vermerk "6.30-18.30" sowie ein nicht lesbares Wort. Dieses nicht lesbare Wort ist jedoch mit Sicherheit kein Kfz-Kennzeichen. Es ist daher aus dieser Aufzeichnung nicht erkennbar, daß der Bw am Tattag mit dem Kfz mit dem Kennzeichen S gefahren ist.

Weitere Beweise wurden von der Erstbehörde nicht erhoben.

4.3. Bei Würdigung dieser Beweise gelangte der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, daß es keine objektiven Beweise für die Lenkereigenschaft des Bw gibt. Er wird lediglich durch die Zeugenaussage seines früheren Arbeitgebers belastet, der den Bw eindeutig als Lenker des Kombi S bezeichnete und sich selber als Lenker des Pkw S.

Dieser Behauptung widersprach der Bw von Anfang an, indem er angab, tatsächlich mit dem Pkw S gefahren zu sein, während Herr Hanke selbst mit dem Kombi S gefahren sei. Er wisse dies deshalb so genau, weil der Kombi S erst eine Woche zuvor neu angemeldet worden wäre und Herr H grundsätzlich selbst mit den neuen Fahrzeugen gefahren sei.

Die Nachforschungen der Erstbehörde bestätigten, daß der Kombi S tatsächlich am 21.9.1995 erstmals angemeldet wurde.

Damit steht Aussage gegen Aussage, wobei dem Argument des Bw, daß Herr H mit neuen Fahrzeugen grundsätzlich selbst gefahren sei, Plausibilität deshalb zukommt, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung Zulassungsbesitzer zunächst gerne selbst mit neuen Kraftfahrzeugen fahren, um diese kennenzulernen bzw. zu testen.

Dazu kommt, daß bei den Aufzeichnungen, die Herr H der Erstbehörde vorgelegt hatte, der Name des Fahrzeuglenkers mit "V" angegeben ist, während der Bw "F" heißt. Diese Ungenauigkeiten sowie das Fehlen eines Fahrtenbuches, aus dem bestimmt hervorgeht, mit welchem Fahrzeug der Bw tatsächlich zur Tatzeit gefahren ist, haben zur Folge daß für den unabhängigen Verwaltungssenat die Lenkereigenschaft des Bw nicht erwiesen ist.

Nach dem von Lehre und Judikatur aufgestellten Grundsatz, daß eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlußfolgerung liefern (siehe etwa VwGH v. 28.9.1978, 1013, 1015/76) war daher das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw aus Mangel an Beweisen einzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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