Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103803/2/Bi/Fb

Linz, 03.12.1996

VwSen-103803/2/Bi/Fb Linz, am 3. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau J S, O, L, vertreten durch den Sachwalter RA Dr. H B, M, L, vom 28. Mai 1995 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. Mai 1996, III-Cst. 9510/95-MI, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufungsantrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens wird mangels Begründung zurückgewiesen.

Dem Berufungsantrag auf Strafmilderung bzw. Absehen von der Strafe wird insofern Folge gegeben, als die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch auf 16 Stunden herabgesetzt wird.

II. Im Rechtsmittelverfahren fallen keine Verfahrenskosten an.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 65 und 19 VStG, § 134 Abs.1 KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden verhängt und gleichzeitig einen Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin beantragt die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens, in eventu Strafmilderung bzw die Anwendung des § 21 VStG.

Sie zweifelt nicht an ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, vertritt aber die Auffassung, daß ihr Verschulden im Hinblick auf jene Umstände, die zu ihrer Sachwalterschaft geführt haben, als geringfügig zu bezeichnen sei.

Die staatlichen Interessen an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung seien im Hinblick auf diesen Umstand nicht als derartig geschädigt anzusehen, daß eine Bestrafung geboten sei und der nun nicht mehr durchsetzbare Anspruch des Staates auf Strafverfolgung könne nicht als derart schwerwiegende nachteilige Folge dargestellt werden, daß es zu einer Bestrafung kommen müsse. Sie beziehe Notstandshilfe in Höhe von täglich 343,50 S.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß der auf die Rechtsmittelwerberin zugelassene PKW am 12. April 1995 auf der B in W bei km Richtung Norden fahrend mit einer Geschwindigkeit von 77 km/h mittels Radargerät gemessen wurde, obwohl dort nur eine Geschwindigkeit von 60 km/h erlaubt ist. Da Erhebungen ergaben, daß sich die Rechtsmittelwerberin von Innsbruck nach Linz abgemeldet hat, wurde das Verfahren von der Tatort- an die Wohnsitzbehörde, die Bundespolizeidirektion Linz, abgetreten, die eine Strafverfügung wegen Übertretung gemäß § 52 Z10a iVm 99 Abs.3a StVO 1960 erließ, die von der damals noch nicht besachwalteten Rechtsmittelwerberin persönlich beeinsprucht wurde.

Mit Schreiben der Erstinstanz vom 4. Dezember 1995 wurde die Rechtsmittelwerberin als Zulassungsbesitzerin des angeführten Kraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, "der Behörde" binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 12. April 1995 um 14.40 Uhr gelenkt habe. Die Aufforderung zur Lenkerauskunft wurde der Rechtsmittelwerberin persönlich am 11.

Dezember 1995 zugestellt, sodaß die zweiwöchige Frist mit 27. Dezember 1995 ablief.

Gegen die daraufhin erlassene Strafverfügung erhob der mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 12. Dezember 1995, 4 SW 44/95-23, zur Vertretung der Rechtsmittelwerberin vor Ämtern, Behörden und Gerichten bestellte Sachwalter fristgerecht Einspruch und beantragte, im Hinblick auf § 21 VStG und die nicht gesetzeskonforme Lenkeranfrage von einer Bestrafung abzusehen und das Verfahren einzustellen. Daraufhin erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 63 Abs.3 AVG iVm § 24 VStG hat die Berufung ua einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Das Fehlen einer Begründung ist nicht als verbesserungsfähiger Formmangel, sondern als essentielles Inhaltserfordernis anzusehen (vgl VwGH v 15. April 1986, 85/05/0179, ua).

Der bloße Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung läßt nicht erkennen, womit die Rechtsmittelwerberin ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt.

Sollte damit gemeint gewesen sein, daß die Anwendung des § 21 VStG zur Aufhebung führen soll, so ist darauf hinzuweisen, daß auch bei einem Absehen von der Strafe der Schuldspruch bestehen bleibt.

Aus diesem Grund war es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, den - tatsächlich mangelhaften - Spruch des Straferkenntnisses zu korrigieren.

Zu bemerken ist aber, daß der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis des verst. Sen. vom 31. Jänner 1996, 93/03/0156, ausgesprochen hat, daß Erfüllungsort der sich aus der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 ergebenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung und somit auch Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft der Ort ist, an dem die geschuldete Handlung vorzunehmen ist, somit der Sitz der anfragenden Behörde.

Der Spruch war im Hinblick auf den der Rechtsmittelwerberin vorgeworfenen Tatort insofern unrichtig, als hier nicht die deren Wohnadresse sondern der Sitz der Bundespolizeidirektion Linz von Relevanz ist. Überdies enthielt der Tatvorwurf innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist lediglich die Umschreibung, sie habe "der Behörde" nicht die geforderte Auskunft erteilt, ohne diese entsprechend zu konkretisieren. Eine Korrektur wäre nur aufgrund der Akteneinsicht des Sachwalters am 5. April 1996 möglich gewesen, die auch das Formular gemäß § 103 Abs.2 KFG umfaßte, aus dessen Rückseite die Erstinstanz als "Behörde", an die die Auskunft zu richten gewesen wäre, hervorging.

Im übrigen wird auch vom unabhängigen Verwaltungssenat die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Rechtsmittelwerberin nicht bezweifelt.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden kann (vgl Erkenntnis vom 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Folge der Nichterteilung der Auskunft durch die Rechtsmittelwerberin ist, daß die Bundespolizeidirektion Linz mit dem Auskunftsersuchen ihre Möglichkeit, den einer Verwaltungsübertretung verdächtigen Lenker zu eruieren, zur Gänze ausgeschöpft hat, ohne die gewünschte Information erhalten zu haben, und damit das eigentlich angestrebte Ziel, diesen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verfolgen zu können, nicht erreicht wurde.

Die Folgen der Nichterteilung der Lenkerauskunft waren daher nicht unbedeutend und auch das Verschulden der Rechtsmittelwerberin ist deshalb nicht als geringfügig anzusehen, weil sie immerhin bei der Verfassung des Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 14. September 1995 begründend ausgeführt hat, sie sei zu dieser Zeit nicht in W, sondern in L gewesen, und ihr somit bewußt sein mußte, daß die Verwaltungsübertretung nur dem tatsächlichen Lenker des PKW zur angeführten Zeit am angeführten Ort auch vorzuwerfen war.

Aus dem Protokoll vom 9. Februar 1996 ist ersichtlich, daß der Rechtsmittelwerberin zwar ein sachkundiger Beistand im jeweiligen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren beigegeben wurde, ihr aber die Einkommens- und Vermögensverwaltung und -verfügung selbst überlassen bleibt. Eine Einschränkung der Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit ist daraus nicht abzuleiten und wird diese sogar ausdrücklich zugestanden. Deshalb geht der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß die Rechtsmittelwerberin, der die Tragweite eines Auskunftsersuchens schon von ihrer Führerschein-Ausbildung her bewußt sein mußte und die nie behauptet hat, sie hätte die Auskunftserteilung vergessen oder angenommen, der Sachwalter würde diese erledigen, entweder um selbst der Bestrafung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu entgehen oder den tatsächlichen Lenker vor einer solchen Bestrafung zu bewahren, dh zumindest mit dolus eventualis, die gewünschte Auskunft nicht erteilt hat. Ein geringfügiges Verschulden liegt somit nicht vor, sodaß die Bestimmung des § 21 VStG nicht zur Anwendung gelangt.

Zum Antrag auf Strafmilderung ist auszuführen, daß nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG bemessen wurde, wobei erschwerend kein Umstand und mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit - das bloße Fehlen einschlägiger Vormerkungen ist kein Milderungsgrund (vgl VwGH vom 21. September 1995, 94/09/0395) - zu berücksichtigen war.

Die an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (§ 134 Abs.1 KFG sieht Geldstrafen bis 30.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen bis zu 6 Wochen vor) liegende Geldstrafe entspricht dem Einkommen der Rechtsmittelwerberin, die täglich 343,50 S Notstandshilfe bezieht und keine Sorgepflichten hat. Es steht ihr jedoch frei, mit der Erstinstanz einen Strafaufschub oder Teilzahlung zu vereinbaren.

Da sich aus dem Akteninhalt keinerlei Argumente für eine Höherbemessung der Ersatz- gegenüber der Geldstrafe ableiten lassen, war die Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen geringfügig nach unten zu korrigieren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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