Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103817/2/Fra/Ka

Linz, 05.07.1996

VwSen-103817/2/Fra/Ka Linz, am 5. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des F A, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. F W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3.6.1996, VerkR96-9524-1994/Ah, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, ds 600 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19 und 24 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw), 1.) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) und 2.) wegen § 4 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.500 S (Erstzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil er am 19.10.1994 gegen 17.00 Uhr das Sattelkraftfahrzeug der Marke Renault mit dem Zugfahrzeugkennzeichen auf der Innviertler Bundesstraße 137 Richtung Schärding gelenkt hat, wobei er es unterließ, 1.) ca. bei km 35,4 der B 137 sofort das Sattelkraftfahrzeug nach einem Unfall mit Sach- und Personenschaden anzuhalten, obwohl sein Verhalten mit diesem Unfall in ursächlichem Zusammenhang stand, 2.) von diesem Verkehrsunfall mit Personenschaden sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl sein Verhalten mit diesem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang stand. Ferner hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding gemäß § 64 VStG einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding eingebrachte Berufung. Die belangte Behörde legte das Rechtsmittel samt bezughanbenden Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Bw stellt fest, daß es sich bei den gegenständlichen Übertretungen um Fahrlässigkeitsdelikte handelt. Die Verwaltungsbehörde sei jedoch vom Vorsatz ausgegangen. Er bestreitet nicht, daß er den gegenständlichen Unfall fahrlässig herbeigeführt habe. Er meint, daß der durch die Nichtbeobachtung des Nachfolgeverkehrs über einen Zeitraum von mindestens 5 Sekunden begangene Aufmerksamkeitsfehler nicht die Anwendung der ihm zur Last gelegten Tatbestände rechtfertigt. Weiters verweist er auf die Adäquanztheorie.

Der Bw meint, daß, weil er den von ihm fahrlässig herbeigeführten Unfall subjektiv nicht wahrgenommen habe, § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und § 4 Abs.2 StVO 1960 auch nicht anzuwenden sei. Seiner Meinung nach stelle es auch eine Mangelhaftigkeit dar, weil über die Erkennbarkeit, wie der Zeuge Löger hätte anhalten wollen, nichts im Akt sei.

Zu dieser Verantwortung des Bw führt der O.ö.

Verwaltungssenat aus:

Die dem Beschuldigten zur Last gelegten Tatbestände können in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden. Zur Begründung der in den verletzten Bestimmungen genannten Pflichten, welche alle Personen treffen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, kommt es nicht nur auf das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang an, sondern es genügt, wenn diese Personen bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätten erkennen müssen. Insofern genügt zur Verwirklichung dieser Tatbestände auch fahrlässiges Verhalten als Schuldform (vgl. VwGH 5.12.1977, Slg.9449/A).

Ein solches Verschulden ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon dann anzunehmen, wenn dem Schädiger bei gehöriger Aufmerksamkeit Umstände hätten zu Bewußtsein kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles zu erkennen vermocht hätte (z.B. VwGH 28.3.1985, 85/02/0072 = ZfVB 1985/5/1829).

Daß im konkreten Fall der Beschuldigte bei gehöriger Aufmerksamkeit die von ihm nicht bestrittene fahrlässige Herbeiführung des Verkehrsunfalles und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen müssen, ist durch das schlüssige Gutachten des Sachverständigen Ing. S vom 28.3.1996, BauME-010000/2333-1995/sal/pl, erwiesen. Dieses Gutachten hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegt und dem Bw in Wahrung des Parteiengehörs mit der Möglichkeit, sich hiezu zu äußern, zur Kenntnis gebracht.

Der Bw hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in seinem Rechtsmittel irgendwelche Einwände gegen dieses Gutachten vorgebracht. Es geht daher der O.ö.

Verwaltungssenat im Einklang mit der Erstbehörde davon aus, daß der Bw die ihm zur Last gelegten Tatbestände in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen hat. Es finden sich keine Anhaltspunkte dafür, daß - wie dies der Bw behauptet die Erstbehörde davon ausgegangen wäre, der Bw hätte die ihm zur Last gelegten Tatbestände in der Schuldform des Vorsatzes begangen. Der O.ö. Verwaltungssenat teilt auch die Auffassung des Bw, daß eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens deshalb vorliegen würde, weil nicht ermittelt wurde, wie der Zeuge Löger ihn anhalten hätte wollen, nicht. Im Hinblick auf das eindeutige oben zitierte Gutachten, wonach der Beschuldigte bei entsprechender Aufmerksamkeit a) das in der Überholposition befindliche Fahrzeug über einen Zeitraum von mindestens 5 Sekunden erkennen hätte müssen, b) aufgrund seiner Eignung erkennen hätte müssen, daß er durch das Überfahren der Fahrbahnmitte das in Überholposition befindliche Fahrzeug von der Fahrbahn abdrängt und c) aufgrund seiner Eignung und der ihm bekannten Eigengeschwindigkeit das Risiko der Unfallschwere mit schweren bzw. tödlichen Verletzungsfolgen kalkulieren hätte können, steht zweifelsfrei fest, daß dem Bw bei gehöriger Aufmerksamkeit Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles zu erkennen vermocht hätte. Auf das Verhalten des Zeugen L kommt es daher im gegenständlichen Zusammenhang nicht mehr an.

Was die vom Bw angesprochene Adäquanztheorie betrifft, ist festzustellen, daß der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung nicht auf diese Theorie abstellt, sondern sich auf die Äquivalenztheorie stützt. Diese Theorie ist jedoch nur im Zusammenhang mit der Kausalität des Verkehrsunfalles, nicht jedoch mit dem Verschulden am Verkehrsunfall von Relevanz. Die Kausalität des Verkehrsunfalles stellt jedoch der Bw selbst gar nicht in Abrede.

Die vom Bw vorgetragenen Argumente sind daher nicht zielführend. Es erweist sich das angefochtene Straferkenntnis als rechtmäßig. Weitere Einvernahmen sind weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist nicht mehr notwendig und wird daher von diesem Abstand genommen.

Zur Strafe wird ausgeführt:

Die Erstbehörde hat die für die Strafbemessung maßgebenden Kriterien nach § 19 VStG bei der Strafbemessung berücksichtigt. Sie hat die Strafe im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt. Auch daraus ist ersichtlich, daß die Erstbehörde hinsichtlich der zur Last gelegten Tatbestände lediglich von der Schuldform der Fahrlässigkeit ausgegangen ist. Wäre sie von der Schuldform des Vorsatzes ausgegangen, hätte sie dies entsprechend begründen müssen und hätte dies wahrscheinlich auch höhere Straffestsetzungen zur Folge gehabt. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes hinsichtlich der Strafbemessung kann der O.ö. Verwaltungssenat nicht feststellen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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