Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103835/8/Weg/Ri

Linz, 23.08.1996

VwSen-103835/8/Weg/Ri Linz, am 23. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des A K vom 20. Juni 1996 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion ... vom 3. Juni 1996, III/ST..., nach der am 21. August 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion ... als im Wege des § 29a VStG zuständig gewordene Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.a iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2.) § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.500 S und 2.) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 60 Stunden und 2.) 48 Stunden verhängt, weil dieser am 26. Juni 1995 gegen 17 Uhr in ... auf der ...straße in Höhe des Hauses Nr...., von ... kommend in Richtung ..., als Lenker des LKW's mit dem Kennzeichen ... nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, 1.) nicht sofort angehalten hat und 2.) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt hat, obgleich er dem Geschädigten weder seinen Namen noch seine Anschrift nachgewiesen hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 250 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde nahm den zum Vorwurf gemachten Sachverhalt im Hinblick auf die Anzeige des Gendarmeriepostens ... bei ... und die zeugenschaftliche Aussage der Unfallgegnerin ..., welche den Verkehrsunfall beim Gendarmerieposten ... zur Anzeige brachte, als erwiesen an, zumal auch der Berufungswerber eine Kontaktierung der linken Außenspiegel nicht bestritt, sondern lediglich einwendete, er habe geglaubt, daß kein Sachschaden eingetreten sei.

3. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß ein, sein Fahrzeug sei im Zeitpunkt der Streifung stillgestanden, da er an dieser Engstelle das gegnerische Fahrzeug, das sich mit relativ hoher Geschwindigkeit genähert habe, rechtzeitig wahrgenommen habe. Beim Vorbeifahren dieses Fahrzeuges sei es schließlich zur Streifung der beiden Außenspiegel gekommen. Er könne sich aber nicht vorstellen, daß auch die linke hintere Tür des gegnerischen PKW beschädigt worden sei. Der Vorwurf, er habe sein Fahrzeug nicht sofort nach dem Unfall angehalten, sei zu Unrecht erhoben worden, weil sein Fahrzeug zum Zeitpunkt der Streifung ohnehin stillgestanden sei, sodaß ein Anhalten nicht mehr möglich gewesen wäre. Das gegnerische Fahrzeug habe sich nach der Streifung entfernt, sodaß er - zumal er an seinem Fahrzeug keinen Schaden feststellen habe können, davon ausgehen konnte, daß es zu keinem Sachschaden gekommen sei. Er verweist auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 1978, Zl. 754/77, wonach ein Kraftfahrer nach einem Verkehrsunfall dann nicht zum sofortigen Anhalten verpflichtet sei, wenn der - außer ihm - einzige Unfallsbeteiligte Fahrerflucht begeht. An seinem Spiegel sei ein erst in den Abendstunden festgestellter Schaden entstanden und zwar in der Form eines kaum sichtbaren Sprunges am Gehäuse des Spiegels. Die Feststellung dieses Schadens erfolgte durch den Gendarmerieposten ... bei ....

Ein sonstiger Schaden an seinem Fahrzeug sei nicht festgestellt worden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung der Zeugin ... und durch Vernehmung des Beschuldigten anläßlich der am 21. August 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der auch ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde. Außerdem wurde in die beim Gendarmerieposten ... aufliegenden Unterlagen (betreffend den gegenständlichen Verkehrsunfall) Einsicht genommen.

Dabei trat zutage, daß die Zeugin den ihr gegenübersitzenden Beschuldigten (74-jähriger Pensionist) nicht als Lenker des gegnerischen Fahrzeuges erkennen konnte, im Gegenteil, sie den Lenker des gegnerischen Fahrzeuges als ca. 30-jährigen Mann mit schwarzem langen Haar beschrieb. Sie habe den Unfallgegner durch die Seitenscheibe im Seitenprofil und bei der anschließenden Verfolgung von hinten (offenbar durch die Heckscheibe) gesehen. Diesbezüglich sei sie sich sicher.

Beim anschließenden Lokalaugenschein bezeichnete die Zeugin den Unfallsort nicht bei der Engstelle des Hauses ...straße Nr.... sondern etwa 150 m entfernt davon bei einer nicht mehr so engen Straßenstelle in der Nähe des Hauses ...straße Nr..... Die Fahrbahn weist im Bereiche der ...straße Nr....

eine Breite von ca. 6 m auf, beim Hause Nr.... eine Breite von 4,20 m. Der Berufungswerber behauptet, die Streifung der Außenspiegel habe bei der Engstelle im Bereiche des Hauses ...straße Nr.... stattgefunden. Diese Behauptung des Beschuldigten und das Eingeständnis einer Kontaktierung der Außenspiegel blieb der einzige objektive Hinweis darauf, daß ein Verkehrsunfall in der Form stattgefunden hat, daß es zu einer hörbaren Kontaktierung der Außenspiegel von sich begegnenden Fahrzeugen kam. Über die Art des gegnerischen Fahrzeuges (Farbe oder Type) bzw über das Aussehen des Lenkers des gegnerischen Fahrzeuges habe der Berufungswerber schon damals keine zuverlässigen Wahrnehmungen machen können.

Da somit auf Grund der Unfallbeschreibung der Zeugin ... bei der Verhandlung von ihr ein völlig anderer Unfall zur Anzeige gebracht wurde, umgekehrt jedoch die von der Erstbehörde angenommene Tatörtlichkeit mit jener übereinstimmt, wie sie der Beschuldigte selbst beschreibt, war nicht auszuschließen, daß der Lenker des Fahrzeuges ...

am gegenständlichen Unfall nicht beteiligt war, sondern möglicherweise (auch wenn dies unwahrscheinlich klingt) der vom Berufungswerber selbst wahrgenommene Unfall nicht mit dem Fahrzeug der Zeugin ... stattgefunden hat. Dafür spricht auch die Eindellung an der linken hinteren Tür des PKW's der Zeugin, weil am Fahrzeug des Beschuldigten diesbezüglich kein korrespondierender Schaden festgestellt wurde. Das Zeit-Weg-Diagramm nach dem Unfall auf Grund der Aussagen der Zeugin ist nicht nachvollziehbar. Geht man von der von der Zeugin angegebenen Unfallstelle aus, so ist es unmöglich, nach etwa 150 m zu wenden und den Beschuldigten, der sich angeblich mit überhöhter Geschwindigkeit entfernt hat, bei der Traunbrücke wieder einzuholen und ihn dabei auch noch von hinten zu erkennen. Selbst wenn man die Unfallstelle beim Haus ...straße Nr.... ansiedelt wäre eine derartige Einholung bei der ...brücke kaum möglich gewesen, weil die Zeugin angeblich ihr Fahrzeug angehalten hat und daraufhin ein Wendemanöver durchführen mußte. Wenn aber der Verkehrsunfall zwischen ... und dem Beschuldigten nicht stattgefunden hat, entsteht ein Erklärungsbedarf dafür, daß letztlich eine Anzeige des nach dem Kennzeichen identifizierten Beschuldigtenfahrzeuges erstattet wurde.

Erklärbar ist dies theoretisch damit, daß zwischen Anhalten und dem Wendemanöver der Beschuldigten in der Zwischenzeit der Beschuldigte des Weges kam und die Zeugin das Kennzeichen dieses am Unfall nicht beteiligten Fahrzeuges abgelesen hat.

Die Nachforschungen beim Gendarmerieposten ... in den dort aufliegenden Akten brachten deswegen keine Aufklärung, weil Niederschriften mit der Zeugin und dem Beschuldigten nicht aufgenommen wurden. Ob die anzeigende Zeugin mit den Gendarmeriebeamten zur Unfallstelle fuhr oder ob sie lediglich von einer Engstelle sprach bzw. ob die Gendarmerie selbst zur Unfallstelle kam, um nach ev. Spuren zu suchen, konnte ebenfalls nicht mehr eruiert werden.

Es bleiben insgesamt - vor allem auf Grund der Aussagen der Zeugin ... - wegen des angeblich 30-jährigen schwarzhaarigen Unfallgegners und wegen der von ihr angegebenen Tatörtlichkeit beim Haus ...straße Nr.... erhebliche Zweifel daran, daß der Beschuldigte Lenker des mit ...

kollidierenden Fahrzeuges war. Letztlich ist es nur der Beschuldigte selbst, der sich belastet, der aber ein völlig anderes Unfallgeschehen schildert, welches möglicherweise zur fast selben Zeit mit einem anderen PKW stattfand.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Da die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht mit einer für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit als erwiesen angenommen werden kann, war iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Wegschaider

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