Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103849/5/Sch/<< Rd>> Linz, am 22. Oktober 1996 VwSen103849/5/Sch/<< Rd>>

Linz, 22.10.1996

VwSen 103849/5/Sch/<< Rd>> Linz, am 22. Oktober 1996
VwSen-103849/5/Sch/<< Rd>> Linz, am 22. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des WG vom 26. Juni 1996 gegen Faktum b des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14. Juni 1996, VerkR96-6485-1995 Be/Ne, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als diesbezüglichen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 400 S (20 % der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 14. Juni 1996, VerkR96-6485-1995 Be/Ne, über Herrn WG, ua wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil er am 8. August 1995 um 19.25 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der A1 Westautobahn im Gemeindegebiet von W bei Autobahnkilometer 187,000 in Fahrtrichtung Wien gelenkt und hiebei einen Verkehrsunfall verursacht habe, wonach er es unterlassen habe, nach dem Verkehrsunfall mit Personenschaden an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da er die Unfallstelle verlassen und sich versteckt habe (Faktum b).

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem diesbezüglichen Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 200 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Der Berufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung im wesentlichen mit der Begründung, daß das Entfernen von der Unfallstelle keineswegs vorsätzlich geschehen sei, sondern er sich das Verhalten durch die im vorangegangenen Verkehrsunfall begründete Schockeinwirkung erkläre.

Hiezu ist zu bemerken, daß es gemäß § 5 Abs.1 VStG - von besonderen Verwaltungsvorschriften abgesehen - der Schuldform des Vorsatzes nicht bedarf, vielmehr genügt zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten. Da die einschlägigen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 für den vorliegenden Fall nichts anderes vorsehen, genügt sohin die Schuldform der Fahrlässigkeit.

Ein sogenannter "Unfallschock", auf den sich der Rechtsmittelwerber beruft, kann nur in besonders gelagerten Fällen und bei einer gravierenden psychischen Ausnahmesituation das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen.

Einem dispositionsfähig gebliebenen Unfallbeteiligten ist trotz eines sogenannten "Unfallschocks" (manchmal auch als "Unfallschreck" zitiert) in Verbindung mit einer begreiflichen affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhalten zumutbar, zumal von einem Kraftfahrer, welcher die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter- und Willensstärke zu verlangen ist, daß er den Schock (Schreck) über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (VwGH 29.1.1987, 86/02/0132 uva).

Der Berufungswerber wurde, kurz nachdem er in der Nähe der Unfallstelle von Gendarmeriebeamten betreten wurde, entsprechend einvernommen (vgl. die Niederschrift des LGK für vom 8. August 1995). Darin wird der Geschehnisablauf vor und unmittelbar nach dem Verkehrsunfall sehr detailliert wiedergegeben, sodaß die Berufungsbehörde nicht einmal ansatzweise zu erkennen vermag, daß beim Berufungswerber ein Schock im medizinischen Sinne vorgelegen haben könnte. Nur dieser - im Unterschied zum "Unfallschock" im allgemeinen Sprachgebrauch bzw gemäß den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes - würde die Zurechnungsfähigkeit im Sinne des § 3 Abs.1 VStG ausschließen können. Die Annahme einer "gravierenden psychischen Ausnahmesituation" (Unfallschock im medizinischen Sinne) stünde hier also im völligen Widerspruch zu dem vom Berufungswerber nach dem Verkehrsunfall gesetzten zielgerichteten Verhalten und zu seinen, wie bereits ausgeführt, detaillierten Angaben. Die noch zweifellos vorhanden gewesene Dispositionsfähigkeit des Berufungswerbers ergibt sich auch aus seinen Schilderungen anläßlich der Niederschrift vom 6. November 1995, aufgenommen auf der Bezirkshauptmannschaft Zwettl. Dort hat er ua folgendes angegeben:

"Als ich das Fahrzeug zum Stillstand gebracht hatte, nahm ich starken Rauch, aufsteigend aus dem Motorraum des Fahrzeuges, wahr. Da ich befürchtete, daß das Fahrzeug zu brennen beginnen würde, verließ ich panikartig das Fahrzeug und sprang über die Seitenleitschiene." Erst dann habe nach dessen eigenen Angaben - das Erinnerungsvermögen des Berufungswerbers ausgesetzt. Letzteres muß im Lichte der vorangegangenen Schilderungen als Schutzbehauptung abgetan werden, da ein Schockzustand im engeren Sinne ein zielgerichtetes Verhalten sofort verunmöglicht und nicht erst einige Zeit danach.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

An der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses fällt auf, daß sie sich bezüglich des Deliktes nach § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 im Zusammenhang mit der Strafbemessung nicht ausläßt. Es wird daher die Begründung von der Berufungsbehörde "nachgereicht".

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher.

Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muß daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

Erschwerungsgründe lagen nicht vor, dem Berufungswerber ist - zumindest nach der Aktenlage - der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugutezuhalten.

Dieser vermag aber an der Rechtmäßigkeit der verhängten Geldstrafe nichts zu ändern, zumal diese im unteren Bereich des Strafrahmens (500 S bis 30.000 S) festgesetzt wurde. Des weiteren hat der Berufungswerber ein derartig massives und gezieltes Verhalten nach dem Verkehrsunfall an den Tag gelegt, um seiner Mitwirkungspflicht entgehen zu können, das eine niedrigere Geldstrafe nicht mehr schuldangemessen erscheinen ließe.

Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, insbesondere die - unwidersprochen gebliebene - Annahme eines monatlichen Mindestnettoeinkommens von 14.000 S, lassen erwarten, daß er zur Bezahlung der Geldstrafe in der Lage sein wird, ohne seine Sorgepflicht für ein Kind hintanstellen zu müssen.

Hinsichtlich des weiteren in Berufung gezogenen Faktums des eingangs erwähnten Straferkenntnisses ergeht aufgrund der Zuständigkeit einer Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich eine gesonderte Entscheidung.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

S c h ö n

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