Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103855/12/Bi/Fb

Linz, 21.01.1997

VwSen-103855/12/Bi/Fb Linz, am 21. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn R S, E, F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M S und Partner, D, N, Deutschland, vom 25. Juni 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.

Mai 1996, VerkR96-24536-1994-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 20. Jänner 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung samt Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 20 Abs.2 und 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) idF der 18. Novelle, BGBl.Nr. 522/1993 Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 30. September 1994 gegen 15.15 Uhr im Gemeindegebiet von P auf der L A in Richtung A von km bis und von km bis ca km den PKW, Kennzeichen , mit einer Geschwindigkeit von 165 km/h gelenkt und dadurch die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 35 km/h überschritten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 150 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 20. Jänner 1997 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers und des Zeugen GI S durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist unentschuldigt nicht erschienen.

3. Der Rechtsmittelwerber beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses samt der gesetzlichen Kostenfolge und verweist auf seinen Schriftsatz vom 26. März 1996. Darin zeigt er sich "erschüttert" darüber, daß die Angaben des Polizeibeamten S "glatt unwahr" seien und gibt den Vorfall aus seiner Sicht so wieder, daß der Beamte ihn nicht mit einem Mercedes 300 E, sondern mit einem Opel Omega Kombi auf dem Pannenstreifen rechts überholt und im Bereich einer äußerst scharfen Linkskurve auf der Autobahn angehalten hätte, wodurch er Kollegen, denen er im gleichbleibenden Abstand mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h gefolgt wäre und die bezeugen könnten, daß keine höhere Geschwindigkeit eingehalten worden sei, aus den Augen verloren hätte. Der Beamte S sei allein im Fahrzeug gewesen und hätte angegeben, er sei ihm schon 17 km gefolgt, hätte aber nicht einmal sein Kennzeichen gewußt. Ihm sei die Zahlung einer Strafe von nicht 500 S, sondern 1.500 S angeboten worden. Er habe auch keine Eile gehabt, sondern sogar Zeit, mit dem Beamten zur Dienststelle zu fahren. Er könne sich nur vorstellen, daß ihn der Beamte mit jemand anderem verwechselt habe, da er nicht annehme, daß dieser bewußt die Unwahrheit sage.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört und der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen wurde.

Der Zeuge GI S hat den Vorfall aus seiner Erinnerung so wiedergegeben, daß er als Beifahrer am 30. September 1994, ca. 15.00 Uhr, im Rahmen eines Zivilstreifendienstes zusammen mit BI R, der mittlerweile tödlich verunglückt ist, mit einem nach außen hin nicht als Gendarmeriefahrzeug erkennbaren Mercedes 300 E mit Deckkennzeichen auf der L von W in Richtung Dienststelle Autobahngendarmerie H unterwegs gewesen sei, wobei ihnen ein mit augenscheinlich überhöhter Geschwindigkeit in Richtung A fahrender Peugeot 605 TD mit rotem Kennzeichen aufgefallen sei. Bei der von BI R als Lenker durchgeführten Nachfahrt in annähernd gleichbleibendem Abstand habe sich im Bereich zwischen km und , die der Lenker des PKW auf dem linken Fahrstreifen der L gefahren sei, eine Geschwindigkeit von jedenfalls 165 km/h ergeben.

Diese sei vom eingestellten Tachometer des Dienstfahrzeuges einwandfrei abgelesen worden. Nach km 4,0 sei der deutsche Lenker durch andere Überholer an der Beibehaltung der Geschwindigkeit gehindert worden, habe aber nach dem Wiedereinordnen dieser Fahrzeuge sofort wieder beschleunigt und sei zwischen km 3 bis ca 1,8 erneut eine Geschwindigkeit von mindestens 165 km/h, teilweise sogar ca 175 km/h, gefahren.

Im Bereich der Westautobahnüberführung sei der Lenker angehalten und auf die überhöhte Geschwindigkeit angesprochen worden, worauf er erklärt habe, sein PKW habe nur eine Diesel-Maschine und könne gar nicht so schnell fahren und überhaupt habe er es eilig, der Weg nach Ungarn sei noch weit. Ein Organmandat von 500 S habe er abgelehnt.

Der Meldungsleger hat die Anzeige verfaßt und bei seiner Einvernahme inhaltlich immer wieder auf diese verwiesen, weil nach mehr als 2 Jahren naturgemäß nur mehr teilweise eine Erinnerung bestand.

Der Rechtsmittelwerber ist persönlich aus Deutschland zur mündlichen Verhandlung erschienen und hat den Vorfall aus seiner Sicht so geschildert, daß ihm das Gendarmeriefahrzeug, das ihn später angehalten habe, auf dem letzten Autobahnparkplatz vor der Westautobahnüberführung stehend aufgefallen sei und ihn, der mit ca. 130 km/h auf dem rechten Fahrstreifen in einer Kolonne im Rahmen einer Überstellungsfahrt eines nicht auf ihn zugelassenen PKW hinter drei Kollegen hergefahren sei, plötzlich auf dem Pannenstreifen rechts überholt und im Bereich der scharfen und gefährlichen Linkskurve kurz nach der Autobahnüberführung angehalten habe. Das Dienstfahrzeug sei seiner Erinnerung nach ein Opel Omega gewesen, in dem sich allein der Meldungsleger befunden habe.

Dieser habe ihm eine überhöhte Geschwindigkeit vorgeworfen und ihn zur Autobahngendarmerie H mitgenommen, weil er sich sofort massiv gegen den Vorwurf gewehrt habe. Er habe außerdem die Bezahlung von 1.500 S verlangt, habe ihm aber auf seine Frage nicht einmal das PKW-Kennzeichen nennen können, obwohl er ihm nach eigenen Angaben "seit W" nachgefahren sei.

Der Meldungsleger hat dazu ausgeführt, es könne durchaus sein, daß er den PKW des Rechtsmittelwerbers rechts auf dem Pannenstreifen überholt habe. Das Zivilfahrzeug sei mit einem Handblaulicht ausgestattet gewesen, das er betätigt habe; BI R sei bei der Amtshandlung nicht in Erscheinung getreten. Mit "W" habe er nicht die Stadt, sondern die Bezirksgrenze gemeint. Er konnte sich nicht mehr erinnern, ob ihm der PKW tatsächlich durch Überholen aufgefallen sei, hat aber ausgeschlossen, auf dem ca. bei km der A befindlichen Parkplatz gestanden zu sein. Er hat ausgeführt, er nehme an, daß er dem Rechtmittelwerber ein Organmandat in Höhe von 500 S angeboten habe; es könne aber sein, daß er zu ihm gesagt habe, er verzichte auf die Anlastung weiterer Verstöße, zB eines solchen gegen das Rechtsfahrgebot, wobei möglicherweise ein Betrag von 1.500 S erwähnt worden sei. Zur Nachfahrstrecke konnte der Zeuge nicht mehr angeben, wo ein eventuelles Überholmanöver stattgefunden hat, und er hat auch nicht ausgeschlossen, daß sich teilweise weitere Fahrzeuge zwischen dem Zivilfahrzeug und dem verfolgten PKW befunden haben. Es habe aber ständig Sichtkontakt bestanden, weshalb eine Verwechslung auszuschließen sei. Die Frage nach dem Kennzeichen habe er möglicherweise überhört oder zur Streitvermeidung nicht aufgegriffen. Er habe sich nur auf die Marke und Farbe des PKW und das rote Kennzeichen konzentriert, die Nummernkombination sei bei der Nachfahrt nicht so wichtig, weshalb er sich diese normalerweise zuletzt einpräge. Zum Ort der Anhaltung hat sich der Zeuge dahingehend geäußert, unmittelbar in der Kurve würde wegen der erheblichen Gefährdung nie jemand angehalten; die Amtshandlung sei danach etwa auf Höhe des km der A erfolgt und auf der Dienststelle weitergeführt worden, weil der Lärmpegel dort sehr hoch sei. Daß er den Rechtsmittelwerber unter Androhung erheblichen Zeitverlustes dorthin mitgenommen habe, um diesen zur Bezahlung des Organmandats zu bewegen, hat der Zeuge bestritten.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung der 18. StVO-Novelle darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Gemäß § 51i VStG ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist.

Im gegenständlichen Fall kann schon wegen der inzwischen verstrichenen Zeit, der vielen inzwischen durchgeführten gleichartigen Amtshandlungen und der dadurch bedingten und völlig verständlichen mangelnden Erinnerung des Zeugen nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, daß das von den Gendarmeriebeamten verfolgte Fahrzeug tatsächlich mit dem vom Rechtsmittelwerber gelenkten verwechselt worden ist. Dafür spricht auch der Zeitpunkt des Vorfalls, nämlich Freitag, 15.00 Uhr, eine Zeit, zu der auf dem genannten Autobahnabschnitt erfahrungsgemäß ein hohes Verkehrsaufkommen herrscht und eine Nachfahrt bei möglicherweise dazwischen befindlichen Fahrzeugen erheblich erschwert ist. Dazu kommt, daß der Lenker des Zivilfahrzeuges nicht mehr befragt werden konnte, sodaß letztlich Aussage gegen Aussage steht, wobei die in Teilbereichen nicht unschlüssige Beschuldigtenverantwortung letztlich im Ergebnis nicht zu widerlegen ist.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Auf Grund der oben dargelegten Zweifel war spruchgemäß zu entscheiden, wobei Verfahrenskosten nicht anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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