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VwSen-103868/2/Ki/Shn

Linz, 26.07.1996

VwSen-103868/2/Ki/Shn Linz, am 26. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Peter W, vom 25. Juni 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 3. Juni 1996, Zl.VerkR96-1514-1996, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 3.500 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 84 Stunden herabgesetzt wird.

Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II: Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 350 S herabgesetzt; der Beitrag zu den Kosten vor dem O.ö. Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: §§ 64 und 65 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 3. Juni 1996, VerkR96-1514-1996, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 4.200 S (Ersatzfreiheitsstrafe 126 Stunden) verhängt, weil er am 23.1.1996 um 13.50 Uhr im Gemeindegebiet von Pram, Bezirk Grieskirchen, , auf der Innkreisautobahn A8 zw. Strkm 44,5 und Strkm 45,5 von Wels kommend in Richtung Suben als Lenker des PKW's der Marke Mercedes Benz mit dem behördlichen Kennzeichen die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich überschritten hat. Er habe dadurch § 20 Abs.2 StVO 1960 verletzt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Geldstrafe (420 S) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 25. Juni 1996 Berufung mit den Anträgen, die Berufungsbehörde möge in Stattgebung der Berufung 1. das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, daß dieses behoben werde und bezüglich des gegen den Bw eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45/1 VStG die Einstellung verfügen; in eventu 2. das angefochtene Straferkenntnis beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung in Erlassung eines neuen Straferkenntnisses an die Behörde erster Instanz zurückverweisen; in eventu 3. die verhängte Strafe gemäß § 51 Abs.4 VStG in eine mildere umzuwandeln oder ganz nachsehen.

Im wesentlichen begründet der Bw sein Vorbringen damit, daß der Lenker des nachfolgenden Fahrzeuges (Zivilstreife) einen derart geringen Tiefenabstand gewählt habe, daß er in seiner Konzentration auf das Verkehrsgeschehen vor ihm beeinträchtigt wurde. Es sei nur verständlich, daß es zu derartigen Fehlreaktionen und Fehlverhalten kommen müsse.

Weiters führt er (erstmals im Berufungsvorbringen) aus, daß die Messung im Zuge des Nachfahrens aufgrund eines Überholmanövers des Bw erfolgte und sich somit zwangsläufig ergebe, daß es zu Geschwindigkeitsdifferenzen gekommen sein muß.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil ausschließlich eine rechtliche Beurteilung vorzunehmen ist und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Bei der verfahrensgegenständlichen Verkehrsfläche handelt es sich um eine Autobahn, sodaß der Bw, da weder eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlassen noch eine höhere Geschwindigkeit erlaubt war, nicht schneller als 130 km/h fahren durfte.

Im gegenständlichen Fall wurde die vom Bw am Tatort gefahrene Geschwindigkeit durch Nachfahren einer "Zivilstreife" bzw Messung mit einer Provida Anlage festgestellt.

Der Bw selbst hat im Verfahren eingestanden, daß er sich durch das angeblich knapp auffahrende Zivilstreifenfahrzeug gefährdet gefühlt hat und er deshalb beschleunigt habe.

Die Erstbehörde hat diesbezüglich die beiden Gendarmeriebeamten zeugenschaftlich befragt und diese Zeugenaussagen bzw das Meßergebnis und auch die Rechtfertigungsangaben des Bw der Entscheidung zugrundegelegt. Ein Verfahrensmangel kann nicht festgestellt werden.

Der von der Erstbehörde festgestellte Sachverhalt wird daher objektiv als erwiesen angesehen. Aus den Rechtfertigungsangaben des Bw kann überdies abgeleitet werden, daß er die Verwaltungsübertretung in der Form eines Vorsatzes (zumindest dolus eventualis) begangen hat.

Die Argumentation des Bw zielt auf einen Notstand bzw eine notstandsähnliche Situation hin.

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Laut ständiger Judikatur des VwGH kann unter Notstand iSd § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht (vgl VwGH vom 27.5.1987, 87/03/0112 ua).

Allerdings wird der Begriff des Notstandes im verwaltungsstrafrechtlichen Sinne einer äußerst restrektiven Betrachtungsweise zu unterziehen sein. So hat der VwGH ausgesprochen, daß darin, daß ein PKW-Lenker über eine lange Strecke einem PKW in wechselndem Abstand und gegebenenfalls unter Verletzung von Vorschriften, wie des § 18 Abs.1 StVO (über das Hintereinanderfahren) nachfährt, ohne zu überholen, auch bei sonstiger geringer Verkehrsfrequenz zur Nachtzeit kein Hinweis darauf liegt, daß über die mit dem Straßenverkehr gerade im Fall des Verstoßes gegen Verkehrsvorschriften verbundenen Gefahren hinausgehend zusätzlich noch eine schwere unmittelbare Gefahr bestehen würde, aus der es eine Rettung nur durch Übertretung von Verkehrsvorschriften (hier: Geschwindigkeitsüberschreitung) geben könnte (vgl VwGH vom 21.9.1988, 87/03/0182).

Gerade im Hinblick auf die vom Bw subjektiv angenommene gefährliche Verkehrssituation hätte dieser anstelle die Geschwindigkeit zu erhöhen, diese reduzieren müssen, um allenfalls das Dienstfahrzeug überholen zu lassen bzw die Situation zu entschärfen.

Der Umstand, daß ein anderes Fahrzeug, welches mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h überholt hat, vom Zivilstreifenfahrzeug nicht verfolgt wurde, vermag den Bw nicht zu entlasten.

Was die Argumentation hinsichtlich der Geschwindigkeitsdifferenzen aufgrund eines Überholmanövers des Bw - dieses Vorbringen wurde erstmals in der Berufung eingewendet anbelangt, so geht aus den Aussagen der als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten hervor, daß sie, nachdem der Bw den Volvo überholt hatte, die Verfolgung aufgenommen und die Messung im Nachfahren in gleichbleibendem Abstand vorgenommen haben.

Zur Straffestsetzung (§ 19 VStG) wird festgestellt, daß die nunmehr festgelegte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe tat- und schuldangemessen ist.

Generell ist darauf hinzuweisen, daß bei Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit auf Autobahnen die Verkehrssicherheit erheblich reduziert wird, weil solch überhöhte Geschwindigkeiten immer wieder eine Ursache für schwere und schwerste Verkehrsunfälle darstellt.

Insbesondere auf der Innkreisautobahn (A8) werden sowohl bei in- als auch bei ausländischen Kraftfahrzeuglenkern häufig gravierende Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt, weshalb eine entsprechend strenge Bestrafung jedenfalls aus generalpräventiven Gründen notwendig ist.

Im Hinblick auf den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit bzw die Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse des Bw sowie auf die Tatsache, daß zum Vorfallszeitpunkt offensichtlich ein geringes Verkehrsaufkommen herrschte und die Tat auch sonst keine nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, war jedoch eine Herabsetzung der Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß vertretbar.

Unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß die Verwaltungsübertretung zumindest in der Begehungsform eines dolus eventualis begangen wurde bzw aus spezial- bzw generalpräventiven Gründen war eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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