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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103879/10/Ki/Shn

Linz, 07.11.1996

VwSen-103879/10/Ki/Shn Linz, am 7. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des A, vom 11. Juli 1996, gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 25. Juni 1996, VerkR96-4351-1995-OJ/GA, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4. November 1996 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 3 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Hinsichtlich Faktum 3 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 25. Juni 1996, VerkR96-4351-1995-OJ/GA, über den Berufungswerber (Bw) ua gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 18.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 432 Stunden) verhängt, weil er am 1.10.1995 um ca 17.05 Uhr den PKW, BMW 520, Kennzeichen auf der B131 von Landshaag kommend in Richtung Lacken lenkte und sich um 17.30 Uhr in G Nr.29 geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert wurde, da wegen der bei ihm festgestellten Alkoholisierungsmerkmale wie gerötete Augenbindehäute, vermutet werden konnte, daß er den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat (verletzte Rechtsvorschrift § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960). Außerdem wurde er diesbezüglich gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 1.800 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Bw erhob gegen das Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 11. Juli 1996 Berufung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Im wesentlichen verweist er in der Begründung darauf, daß die beiden Gendarmeriebeamten, die die Amtshandlung durchführten, ausdrücklich angegeben haben, daß die Bindehäute nur leicht gerötet gewesen seien. Darüber hinaus hätten sie kein wie immer geartetes Alkoholisierungssymptom angeführt. Da sie keine weiteren Symptome angeben, sei es auch wahrscheinlich, daß sie keine weiteren Untersuchungen mit Ausnahme der Atemluft, die sie als knoblauchgeschwängert beschreiben - durchgeführt hätten. Umso erstaunlicher sei es, daß sie eine entsprechend länger dauernde Konversation mit dem Bw schildern, jedoch in keinster Weise auf eine lallende oder unsichere sprachliche Ausdrucksweise hingewiesen hätten.

Die Entscheidungen des VwGH könnten sohin nicht dahingehend interpretiert werden, daß auch nur bei Vorliegen eines Teilsymptomes (leicht gerötete Bindehäute) eine Vermutung im Hinblick auf die Durchführung einer Atemalkoholkontrolle rechtfertigen.

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat sich der Bw dahingehend gerechtfertigt, daß er, nachdem er zu Hause angekommen ist, eine Jause eingenommen bei der er zwei halbe Bier und drei bis vier kleinere Schlucke Magenbitter getrunken habe. Anschließend habe er sich in die Sauna begeben.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte hinsichtlich Faktum 3 des Straferkenntnisses, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. November 1996 Beweis erhoben.

Bei der Verhandlung wurden der Bw sowie als Zeugen die Gendarmeriebeamten Insp. Josef R, BI Johann P und RI Josef P einvernommen. Weiters hat an der Verhandlung der Rechtsvertreter des Bw teilgenommen. Die Erstbehörde war ohne Angabe von Gründen bei der Verhandlung nicht vertreten.

I.5. Der Bw führte bei seiner Einvernahme aus, daß er, nachdem er nach Hause gekommen ist, eine Jause eingenommen und dazu zwei Bier bzw Magenbitter getrunken habe. Bereits zu Mittag und am Nachmittag habe er jeweils ein Bier getrunken. Nach Einnahme der Jause sei er in die Sauna gegangen, ob er diesbezüglich die Gendarmeriebeamten aufgeklärt hat, könne er jedoch nicht sagen. Im Vorraum seines Hauses habe ihn ein Gendarmeriebeamter aufgefordert, einen Alkotest zu machen. Er habe nicht verstanden, warum er einen Alkotest machen sollte und habe diesen nicht durchgeführt. Die Beamten haben daraufhin dahingehend reagiert, daß sie ihm zwar erklärt hätten, daß es eher negativ wäre, wenn er den Alkotest verweigere, sie hätten ihn aber sonst nicht entsprechend aufgeklärt.

Der Gendarmeriebeamte Insp. R sagte als Zeuge aus, daß der Bw, nachdem er bei der Kreuzung B131/132 nach links eingebogen sei, nach der Verkehrsinsel mit seinem Fahrzeug die Fahrbahnmitte um ca 70 - 100 cm überfahren habe. Er selbst sei aufgrund dieser Fahrweise erschrocken und er habe sein Fahrzeug auf den rechten Fahrbahnrand lenken müssen.

Daraufhin habe er die Anzeige erstattet. Er habe sowohl das Fahrzeug des Bw als auch ihn selbst erkannt. Es sei ihm vorgekommen, daß der Bw alkoholisiert war. Auf konkrete Befragung gab der Zeuge an, daß ihm der Gesichtsausdruck des Bw schläfrig vorgekommen sei.

BI P führte als Zeuge aus, daß er bzw sein Kollege über Funk verständigt worden wären, daß der Bw Richtung Lacken bzw Gerling unterwegs sei und er vorher beim Linkseinbiegen in Mühllacken jemanden gefährdet hätte. Es sei auch erwähnt worden, daß ein § 5 StVO möglich sei. Ob gesagt wurde, wer gefährdet wurde bzw ob eine Frau erwähnt wurde, daran könne er sich nicht mehr erinnern.

Die Gendarmeriebeamten seien dann zum Haus des Bw gefahren, die Haustür sei verschlossen gewesen, das Auto habe sich in der Garage befunden. Ob geläutet oder geklopft wurde, könne er nicht sagen, jedenfalls habe er dann Herrn W beim Küchenfenster gesehen. Nachdem dieser geöffnet hatte, habe er leicht gerötete Bindehäute und einen starken Geruch nach Knoblauch feststellen können. Es habe sicherlich keinen schwankenden Gang gegeben, es könnte möglich sein, daß der Bw im Gesicht etwas gerötet war. Wie er bekleidet war, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Er habe ihm dann vorgeworfen, daß er bei seiner Fahrt jemanden gefährdet hätte. Daraufhin hätte er den Bw zum Alkotest aufgefordert.

Dieser hätte glaublich mit der Frage reagiert, was sei, wenn er nicht gefahren ist. Dann habe der Bw erklärt, daß er keinen Alkotest mache, weil er nicht gefahren sei. Ob davon gesprochen worden sei, daß der Bw vorher in der Sauna gewesen ist, daran könne er sich nicht mehr erinnern.

RI P führte als Zeuge aus, daß er die Anzeige vom 2.10.1995 geschrieben habe. Es sei ihm bekannt, daß der Bw dem Alkohol zuneige. Es sei ihm auch bekannt gewesen, daß der Anzeiger ein Gendarmeriebeamter gewesen sei.

Die Gendarmeriebeamten seien zum Haus des Bw gefahren, dort sei ihnen von ihm geöffnet worden. Er könne sich noch erinnern, daß die Beamten in Richtung Alkoholisierung gedacht hätten. Er habe gerötete Augen und sehr intensiven Knoblauchgeruch feststellen können, welche Bekleidung der Bw getragen hat, daran könne er sich nicht mehr erinnern, glaublich habe er einen Sweater und eine lange Hose angehabt.

Daß er aus der Sauna gekommen sei, habe der Bw nicht erwähnt.

Auf Befragen, warum er den Knoblauchgeruch mit der Alkoholisierung in Verbindung bringe, führte der Zeuge aus, daß letztlich ein Symptom, nämlich leicht gerötete Augen, zur Aufforderung genügen würden. Befragt, ob der Bw noch etwas gekaut hätte, führte der Zeuge aus, daß dies nicht der Fall war.

Auf die von seinem Kollegen ausgesprochene Aufforderung zum Alkotest habe der Bw dahingehend reagiert, daß er zwar zugegeben habe, er sei mit dem Auto gefahren, er könne sich jedoch nicht erinnern, daß er jemanden gefährdet habe. Nach der Aufforderung zum Alkotest habe der Bw gefragt, wie es wäre, wenn er sagen würde, er sei nicht gefahren. Die Beamten hätten dahingehend reagiert, daß sie ihm erklärt hätten, daß dies seine Verantwortung sei. Auf ausdrückliche Befragung, ob ihm der Bw augenfällig alkoholisiert vorgekommen wäre ohne diesen Vorfall, führte der Zeuge aus, daß dies eher nicht der Fall sei. Die Amtshandlung sei mit der Verweigerung abgeschlossen worden.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt nicht, daß nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zur Begründung der Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung das Vorliegen eines typischen Alkoholisierungssymptomes genügt und es ohne Belang ist, auf welche Ursachen diese Symptome tatsächlich zurückzuführen sind. Dennoch konnte im verfahrensgegenständlichen Fall bei der vorliegenden Sachlage eine die Pflicht zur Atemluftuntersuchung begründende Vermutung nicht festgestellt werden. Wie aus den Aussagen der als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten hervorgeht, konnten klassische Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung, nämlich Alkoholgeruch der Atemluft, unsichere Geh- und Stehweise sowie lallende Aussprache jedenfalls nicht festgestellt werden bzw lagen solche Symptome nicht vor. Im Gegenteil, RI P hat als Zeuge bestätigt, daß ihm der Bw augenfällig eher nicht alkoholisiert vorgekommen sei und das Erscheinen des Bw für sich ohne das Wissen um eine gefährdende Fahrweise zu keiner Atemalkoholuntersuchung geführt hätte. Daß der Bw vor dem Vorfall alkoholische Getränke zu sich genommen hatte, war den Gendarmeriebeamten zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Amtshandlung nicht bekannt, diesbezüglich haben sie den Bw nicht befragt.

In Ermangelung eines Umfeldes, wie zB das Verlassen eines Lokales, entbehrte es einer objektiven Grundlage für die Vermutung einer Alkoholisierung, zumal der Bw den Beamten offensichtlich unmittelbar aus der Sauna kommend gegenübergetreten ist, was nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise auch das Symptom der leicht geröteten Augenbindehäute zur Folge haben kann. Wenn auch dieser Umstand den Gendarmeriebeamten möglicherweise nicht bekannt war, so ist doch der Argumentation des Bw, daß das Vorliegen dieses Teilsymptomes (lediglich leicht gerötete Bindehäute) bei Fehlen sämtlicher weiterer Symptome die Vermutung einer Alkoholisierung objektiv nicht rechtfertigt, zu folgen.

Aufgrund der dargelegten Umstände kann daher der von der Erstbehörde erhobene Strafvorwurf nicht aufrechterhalten werden, weshalb diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. B l e i e r

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