Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103889/10/Bi/Fb

Linz, 13.12.1996

VwSen-103889/10/Bi/Fb Linz, am 13. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau M S, L, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W N, P, W, vom 15. Juli 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. Juni 1996, VerkR96-8379-1995-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 12. Dezember 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil sie am 7. April 1995 um ca 16.00 Uhr im Gemeindegebiet von P, P, P, im Bereich des am Parkplatz N befindlichen Würstelstandes den Kombi, Kennzeichen , gelenkt und es dabei nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen habe, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben sei. Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 150 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 12. Dezember 1996 fand eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Rechtsmittelwerberin, ihres rechtsfreundlichen Vertreters Dr. W N und des Zeugen W L statt. Die Zeugin G S ist entschuldigt, ein Vertreter der Erstinstanz unentschuldigt nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde am selben Tag mündlich verkündet.

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, sie habe keinen Anstoß oder Sachschaden wahrgenommen und auch nicht bemerkt, daß sie von einem Unfallzeugen auf einen solchen aufmerksam gemacht worden sei, sodaß für sie auch keine Verständigungspflicht bestanden habe. Auch ihre Tochter habe von dem Vorfall nichts mitbekommen. Auch der technische Sachverständige habe eine Bemerkbarkeit des Anstoßes wegen der Geringfügigkeit akustisch und als Stoßreaktion ausgeschlossen.

Sie beantragt daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Rechtsmittelwerberin gehört und der Zeuge L einvernommen wurde.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß die Rechtsmittelwerberin am Freitag, dem 7. April 1995, gegen 16.00 Uhr mit ihrem PKW zur P fuhr, wobei sie in den Parkplatz beim Würstelstand nach rechts einbog. Dabei mußte sie am dort abgestellten PKW vorbeifahren, was erst durch mehrmaliges Reversieren möglich war. Dabei fiel nach eigenen Angaben weder ihr noch ihrer auf dem Beifahrersitz mitfahrenden Tochter etwas auf, was auf einen Anstoß an diesen PKW oder auf einen Sachschaden hingedeutet hätte. Sie parkte in unmittelbarer Nähe ein und ging zu Fuß Richtung Haupteingang der P, wobei sie den Schutzweg über die P benützte. Auf diesem Weg bemerkte sie, daß hinter ihr aus einem abgestellten PKW ein Mann, der dort offenbar auf jemanden wartete, etwas rief und drehte sich um, stellte aber nur fest, daß ihr der Mann unbekannt war, und bezog aufgrund des erhöhten Fußgängeraufkommens im Schutzwegbereich dieses Rufen, offenbar "He!" oder "Hallo!", nicht auf ihre Person und ging Richtung P weiter. Sie gab an, sie habe festgestellt, daß sie der Ruf des ihr unbekannten Mannes wohl nicht angehe, und wohl deshalb instinktiv eine Handbewegung gemacht.

Der Zeuge L wartete zum Vorfallszeitpunkt in einem neben dem Würstelstand abgestellten PKW auf jemanden und beobachtete eine ihm unbekannte PKW-Lenkerin, die mit ihrem PKW gegen einen abgestellten PKW stieß. Als er sah, daß die Lenkerin ihren PKW abstellte und zu Fuß Richtung P ging, rief er ihr vom Auto aus nach, wobei er aber im Rahmen der mündlichen Verhandlung angab, er könne sich an den Wortlaut nicht mehr erinnern und auch nichts dazu sagen, ob die Frau seinen Zuruf verstanden und auf sich bezogen habe. Sie habe sich zwar umgedreht und eine für ihn eher abweisende Handbewegung gemacht, sonst aber nicht reagiert. Der Zeuge konnte sich an den genauen Hergang des Anstoßes und die betroffenen Fahrzeugteile aufgrund der verstrichenen Zeit nicht mehr erinnern, betonte aber, er habe den Anstoß eindeutig wahrgenommen und, weil er sich gedacht habe, daß er nicht erfreut wäre, wenn es sich dabei um sein Auto gehandelt hätte, habe er telefonisch Anzeige beim Gendarmerieposten P erstattet.

Das Rechtsmittelverfahren hat weiters ergeben, daß die Rechtsmittelwerberin nach dem darauffolgenden Wochenende durch die Gendarmerie von der Anzeige verständigt wurde, worauf sie erstmals den eigenen PKW besichtigte und dort im Bereich der linken vorderen Stoßstange eine Schleifspur feststellte. Sie besichtigte dann auch den PKW , der, wie aus dem der Anzeige beigelegten Foto hervorgeht, einen Kratzer im unteren Bereich der rechten hinteren Stoßstange aufweist.

Die Rechtsmittelwerberin hat weiters mitgeteilt, der Schaden an diesem PKW sei bereits bezahlt.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn dabei nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub davon zu verständigen. Diese Verständigungspflicht darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Der Tatbestand des § 4 Abs.5 StVO 1960 ist auch dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein kommen hätten müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH v 26. Mai 1993, 92/03/0125, ua).

Auf dieser Grundlage ist festzuhalten, daß aus den Aussagen des Zeugen die genaue Unfallsituation und die Anstoßstellen an beiden Fahrzeugen nicht nachvollziehbar sind. Der PKW weist laut Foto einen Kratzer an der Unterseite der Stoßstange über dem Auspuff auf und nicht an der Ecke. Der Zeuge war aufgrund der verstrichenen Zeit nicht mehr in der Lage, seine genaue Position und das Fahrverhalten der Rechtsmittelwerberin, das zu diesem Schaden geführt haben soll, zu erklären. Daß die Rechtsmittelwerberin vom Zuruf des Zeugen auf ihrem Weg Richtung Eingang P nichts mitbekommen hat, ist wegen des dort am Freitag Nachmittag herrschenden erhöhten Verkehrs- und Fußgängeraufkommens durchaus nachvollziehbar.

Es ist daher naheliegend, daß die Rechtsmittelwerberin den Zuruf des ihr Unbekannten nicht unbedingt auf sich beziehen mußte. Auch hat der Zeuge selbst eingeräumt, er könne nicht sagen, ob die Rechtsmittelwerberin den Sinn seines Zurufs überhaupt mitbekommen mußte.

Im Einklang mit dem im Akt befindlichen technischen Sachverständigengutachten vertritt auch der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß die Rechtsmittelwerberin den nachvollziehbar nur leicht möglichen Anstoß weder akustisch noch als Stoßreaktion wahrnehmen mußte, wobei auch das durchgeführte Beweisverfahren keine Klärung dahingehend erbracht hat, ob für sie unmittelbar nach dem Anstoß überhaupt eine optische Wahrnehmbarkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden gegeben war. Glaubwürdig ist auch, daß sie tatsächlich nichts bemerkt hat, weil sie sonst den PKW nicht in unmittelbarer Nähe geparkt hätte.

Abgesehen davon hat die Erstinstanz das ursprünglich geführte Verfahren wegen Übertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 wegen der nicht nachvollziehbaren Wahrnehmbarkeit eines Verkehrsunfalls (mit Sachschaden) eingestellt.

Aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens mußte die Begründung auch auf den verbleibenden Tatvorwurf bezogen werden, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war. Verfahrenskostenbeiträge fallen daher nicht an.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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