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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103932/2/Ki/Shn

Linz, 25.10.1996

VwSen-103932/2/Ki/Shn Linz, am 25. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Josef M, vom 23. Juli 1996 gegen das Straferkenntnis der BPD Linz vom 9. Juli 1996, Zl.III/VU/P/6920/94 H, zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 160 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BPD Linz hat mit Straferkenntnis vom 9. Juli 1996, III/VU/P/2920/94 H, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 29.12.1994 um ca 19.45 Uhr in Linz, auf der Gürtelstraße von der Lastenstraße kommend, in Richtung zum Haus Gürtelstraße Nr.26 den LKW gelenkt und durch Linksabbiegen vor einem herannahenden Einsatzfahrzeug diesem nicht Platz gemacht hat. Er habe dadurch § 26 Abs.5 StVO 1960 verletzt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 80 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Mit Schriftsatz vom 23. Juli 1996 hat der Rechtsmittelwerber gegen dieses Straferkenntnis Berufung erhoben und den Antrag gestellt, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wolle nach Aufnahme der beantragten Beweismittel das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren einstellen.

Im wesentlichen wird darin ausgeführt, daß sich die Darstellungen der den Bw belastenden Zeugen technisch einwandfrei widerlegen ließen. Das Einsatzfahrzeug müsse sich im Moment des Einbiegens jedenfalls deutlich hinter dem LKW befunden haben. Das Einsatzfahrzeug sei um die Kurve gekommen, als der Bw im Begriff war, abzubiegen. Er habe keine wirksame unfallvermeidende Reaktion mehr setzen können und ihn treffe kein Verschulden.

Es sei unerheblich, ob das Einsatzfahrzeug im Bereich der Lastenstraße hinter dem LKW gefahren sei oder nicht bzw ob dem Bw hier ein Fehlverhalten anzulasten wäre. Lasten- und Gürtelstraße schneiden sich in einem Winkel von ca 60 Grad, sodaß ein Fahrzeug, welches sich bereits auf der Gürtelstraße befindet, keine Sicht auf die Lastenstraße bzw dortige Verkehrsteilnehmer habe. Nachdem am Ende der Lastenstraße auch ein Abbiegen nach links zulässig sei, habe der Bw auch nicht damit rechnen müssen, daß das Einsatzfahrzeug denselben Weg nehmen würde.

Beantragt wurde die Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung eines ständig gerichtlich beeideten Sachverständigen sowie der beiden Zeugen P und X.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, zumal im bekämpften Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (es wurde lediglich ein Lokalaugenschein beantragt) nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Im Verfahrensakt befinden sich Niederschriften über die zeugenschaftliche Einvernahme des Fahrers bzw der Beifahrerin des Roten-Kreuz-Fahrzeuges, welche ihre Aussagen bereits vor der Erstbehörde getätigt haben.

Frau X führte bei ihrer Einvernahme am 13. Februar 1996 aus, daß sie zur Unfallszeit im Rettungsfahrzeug als Beifahrerin gesessen ist und sich an den Vorfall sehr gut erinnern kann.

Das Fahrzeug des Bw sei bereits in der Lastenstraßen längere Zeit vor ihnen gefahren. Sie seien hinter ihm nachgefahren und der Lenker des Rettungsfahrzeuges habe schon in der Lastenstraße mehrmals das Folgetonhorn betätigt und es sei auch das Blaulicht eingeschaltet gewesen. Die Zeugin hat dann konkretisiert, daß das Folgetonhorn laufend betätigt worden sei. Nach dem Einbiegen in die Gürtelstraße habe der Lenker des Rettungsfahrzeuges zum Überholen angesetzt, da kein Gegenverkehr herrschte. Als sie mit dem Fahrzeug etwa in gleicher Höhe fuhren, habe sie bemerkt, daß vom Lenker des LKW plötzlich der Blinker betätigt wurde und er offenbar nach links abbiegen wollte. Sie habe nur mehr eine kurze Warnung ausstoßen können, die jedoch bereits zu spät kam. Es sei ihr unerklärlich, daß der LKW-Lenker das Rettungsfahrzeug übersehen habe, zumal sie schon seit längerem hinter ihm nachgefahren seien.

Der Fahrer des Rettungsfahrzeuges, Michael P, führte bei seiner Einvernahme am 21. März 1996 aus, daß Ausgangspunkt der Einsatzfahrt der Stützpunkt Huemerstraße war. Sie hätten den Auftrag gehabt, einsatzmäßig zum Maximarkt zu fahren. Er habe das Fahrzeug in der Huemerstraße in Betrieb genommen und sofort das Blaulicht eingeschaltet. Sie seien über die Kevenhüllerstraße in die Lastenstraße gefahren und er habe vorerst das Folgetonhorn nur vor den Kreuzungen eingeschaltet. Ab der Kreuzung Frankstraße-Lastenstraße sei das Verkehrsaufkommen stärker gewesen und er habe daher zusätzlich zum Blaulicht das Folgetonhorn auf Dauerbetrieb geschaltet. Sie seien auf der Lastenstraße stadtauswärts gefahren und ab der Kreuzung Raimundstraße habe er sich hinter einem LKW der Firma EBG befunden. Dieser LKW sei ungeachtet des hinten nachfahrenden Einsatzfahrzeuges mit gleichbleibender Geschwindigkeit weitergefahren und habe auch keine Anstalten gemacht, die Fahrt freizugeben. Er habe also auch die Geschwindigkeit verringern müssen und zusätzlich zu den genannten Einsatzmitteln die Lichthupe verwendet. Auch darauf sei nicht reagiert worden. Ein sofortiges Überholen sei vorerst aufgrund der Verkehrslage zu gefährlich gewesen. Erst als sie in die Gürtelstraße eingebogen seien und er bei dem LKW weiterhin keine Reaktion insbesondere auch keinen Blinker wahrnehmen konnte, habe er zum Überholen angesetzt. Er habe auch den rechten Fahrstreifen beibehalten und da auch kein Gegenverkehr aufgetreten sei, hätte er gefahrlos überholen können. Im Augenblick des Überholens jedoch sei der LKW plötzlich nach links gelenkt worden und es sei zum Zusammenstoß gekommen.

Der LKW-Fahrer habe sich unmittelbar nach dem Verkehrsunfall in keiner Weise über das Verschulden geäußert, er habe sich lediglich bestürzt über das Ereignis gezeigt.

Im Verfahrensakt befinden sich ferner eine Auskunft des österreichischen Roten-Kreuzes vom 15. März 1995, wonach der Fahrer des gegenständlichen Rettungsfahrzeuges den Auftrag hatte, die gegenständliche Fahrt mit Blaulicht und Folgetonhorn durchzuführen, sowie eine vom Verkehrsunfallkommando der BPD Linz angefertigte Maßstabsskizze vom gegenständlichen Verkehrsunfall. Aus dieser Maßstabsskizze geht hervor, daß die Wegstrecke auf der Lastenstraße zwischen der Kreuzung mit der Raimundstraße und der Kreuzung mit der Gürtelstraße ca 100 Meter beträgt und dieser Streckenabschnitt übersichtlich ist und gerade verläuft.

I.5. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die vorliegenden Verfahrensunterlagen, insbesondere die Aussagen der vernommenen Zeugen, der Bestrafung zugrundegelegt werden können. Die Zeugen haben ihre Aussagen vor der Erstbehörde nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Folgen der gerichtlichen Strafbarkeit einer falschen Aussage getätigt und es sind ihre Aussagen schlüssig, nicht widersprüchlich und sie stehen auch nicht im Widerspruch zu den Denkgesetzen bzw den Erfahrungen des Lebens.

Der Bw seinerseits konnte sich in jede Richtung verteidigen.

Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle wirken jedoch die Aussagen der Zeugen glaubwürdiger. Sie befanden sich immerhin auf einer Einsatzfahrt und hatten den Auftrag, bei dieser Fahrt Blaulicht und Folgetonhorn einzuschalten. Es wird kein Grund gesehen, warum die Zeugen gerade im Hinblick auf das Verkehrsaufkommen bzw den vorausfahrenden LKW des Bw diesem Auftrag nicht nachgekommen wären.

Es ist daher davon auszugehen, daß das Rettungsfahrzeug bereits im Bereich der Lastenstraße hinter dem LKW des Bw mit eingeschaltetem Blaulicht bzw Folgetonhorn nachgefahren ist.

I.6. Nach Durchführung des Beweisverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 26 Abs.5 StVO haben alle Straßenbenützer einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Von einem objektiv sorgfältigen Verkehrsteilnehmer ist zu erwarten, daß er sich auf das Verkehrsgeschehen entsprechend den gegebenen Umständen konzentriert. Bei entsprechender Konzentration hätte der Bw bereits im Bereich der Lastenstraße erkennen müssen, daß ihm offensichtlich ein Einsatzfahrzeug folgt und er hätte diesem entsprechend Platz machen müssen. Ungeachtet dieses Umstandes hätte der Bw auch nach dem Einbiegen in die Gürtelstraße mit diesem Einsatzfahrzeug rechnen müssen. Es mag zwar zutreffen, daß dieses Einsatzfahrzeug theoretisch einen anderen Weg hätte nehmen können, dennoch ist gerade im Fall eines Einsatzfahrzeuges eine besondere Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer erforderlich. Der Bw hätte daher auf jeden Fall damit rechnen müssen, daß ihm das Einsatzfahrzeug weiterhin folgt und sein Fahrverhalten diesem Umstand entsprechend einzurichten gehabt. Konkret hätte er im vorliegenden Fall das Linkseinbiegemanöver so lange zu unterlassen gehabt, bis er sicher sein konnte, daß ihm das Einsatzfahrzeug nicht mehr folgt. Daß er sich letztlich nicht der erforderlichen Sorgfalt entsprechend verhalten hat, bestätigt der im engen Zusammenhang mit dem Linkseinbiegemanöver stehende Verkehrsunfall.

Die Erstbehörde hat daher zu Recht den verfahrensgegenständlichen Tatort der Verwaltungsübertretung angelastet und es gelangt auch der O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung, daß im Falle einer Beiziehung eines technischen Sachverständigen bzw der Vornahme eines Lokalaugenscheines kein anderes Verfahrensergebnis herauskommen würde, weshalb die Aufnahme der beantragten Beweise als entbehrlich erachtet wird.

Der der Bestrafung zugrundeliegende Sachverhalt wird daher auch im Berufungsverfahren objektiv als erwiesen angesehen und es sind keine sonstigen Umstände hervorgekommen, welche den Bw in subjektiver Hinsicht entlasten würden. Er hat die vorgeworfene Verwaltungsübertretung daher auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

Zur nicht angefochtenen Strafbemessung (§ 19 VStG) wird festgestellt, daß die Erstbehörde Ermessen iSd Gesetzes ausgeübt hat. Die erkennende Berufungsbehörde vertritt die Auffassung, daß trotz des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit die Strafe bei dem gegebenen Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 10.000 S) verhältnismäßig milde bemessen wurde. Schließlich ist die Verwaltungsübertretung nicht ohne Folge geblieben, ist es durch das Verhalten des Bw doch zu einem Verkehrsunfall gekommen und wurde der Rettungseinsatz durch diesen Verkehrsunfall - möglicherweise - verzögert. Es ist nicht auszuschließen, daß durch diese Verzögerung Leben und Gesundheit von am Verkehrsunfall unbeteiligten weiteren Personen gefährdet worden sein könnten.

Die Erstbehörde hat ferner auf die - aktenkundigen und unbestrittenen - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw Bedacht genommen. Unter der Prämisse, daß bei der Strafbemessung das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung bzw Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu berücksichtigen sind, ist eine Herabsetzung sowohl der verhängten Geldstrafe als auch der Ersatzfreiheitsstrafe nicht vertretbar.

Abschließend wird festgestellt, daß eine entsprechend strenge Bestrafung im vorliegenden Fall sowohl aus spezialpräventiven als auch allgemein aus generalpräventiven Gründen geboten ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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