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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103938/13/WEG/Ri

Linz, 30.04.1997

VwSen- 103938/13/WEG/Ri Linz, am 30. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des E K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, vom 15. Juli 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. Juni 1996, VerkR96-6873-1996-K, nach der am 29. April 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.a, 2.) § 4 Abs.5 und 3.) § 4 Abs.1 lit.c, jeweils StVO 1960, Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) von 1.) 1.500 S (48 Stunden), 2.) 1.000 S (24 Stunden) und 3.) 2.000 S (48 Stunden) verhängt, weil dieser am 29. Februar 1996 um 21.20 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen im Ortsgebiet von L, Kreuzungsbereich Mstraße - Kstraße, stadteinwärts gelenkt und es in der Folge nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen habe, 1.) das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten, 2.) die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben ist und 3.) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er sich mit seinem Fahrzeug von der Unfallstelle entfernte und somit nicht mehr festgestellt werden konnte, ob er fahrtüchtig gewesen ist.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 450 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde begründet dieses Straferkenntnis, welches im Kontumazweg ergangen ist, mit der in der Anzeige enthaltenen Sachverhaltsfeststellung, an deren Richtigkeit und Unbedenklichkeit die Behörde keinen Anlaß zu zweifeln hatte.

3. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß ein, es sei richtig, daß es zu einer Kontaktierung der Außenspiegel gekommen ist, an denen jedoch kein Sachschaden entstanden sei. Andere Beschädigungen seien für den Beschuldigten nicht wahrnehmbar gewesen. Der Grund für die nicht erfolgte Kontaktaufnahme mit dem "Unfallgegner" sei dessen an den Tag gelegte extreme Aggression und die damit verbundene Furcht vor persönlichen Übergriffen gewesen. Beide "Unfallenker" hätten nach der merkbaren Kontaktierung der Außenspiegel ihre PKWs angehalten, aus den Fahrzeugen sei jedoch keiner der Lenker gestiegen. In der Folge sei es noch mehrmals zu einem Anhalten gekommen, wobei der "Unfallgegner" das Beschuldigtenfahrzeug jeweils zum abrupten Abbremsen gezwungen habe. Der Berufungswerber bezweifelt, der Verursacher der Schleif- bzw. Kratzspuren am gegnerischen Fahrzeug gewesen zu sein. Er sei vom Unfallgegner als etwas älterer Lenker beschrieben worden, der wohl nicht er (der Beschuldigte) Jahrgang 1955 gewesen sein könne. Er beantragt zum Beweis dafür, daß die festgestellten Beschädigungen nicht korrespondieren, die Einholung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigengutachtens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, durch zeugenschaftliche Befragung der Beifahrerin des Unfallgegners, Frau B K und durch Befragung des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen Ing. L anläßlich der mündlichen Verhandlung am 29. April 1997, zu welcher der ebenfalls geladene I K nicht erschienen ist.

Demnach steht folgendes fest:

Der Beschuldigte und der Unfallgegner mußten ihre PKWs wegen des Rotlichtes an der Kreuzung Mtstraße-Kstraße anhalten. Der Beschuldigte benutzte dazu den linken Fahrstreifen der rechten Fahrbahnhälfte, während der Unfallgegner auf dem äußerst rechten Fahrstreifen stand. Beim Wegfahren aus der Kreuzung fuhren beide in die selbe Richtung, nämlich geradeaus. Nachdem sich der Beschuldigte am Linksabbiegestreifen eingeordnet hatte und in der Folge für den geraudeaus fahrenden Verkehr nur mehr ein Fahrstreifen vorhanden war, drängte der Berufungswerber den Unfallgegner K nach rechts ab, dieser wieder konnte wegen der Gehsteigkante nicht mehr weiter nach rechts ausweichen. Dabei kam es zu einer Kontaktierung der Außenspiegel der Fahrzeuge bei einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h. Diese Kontaktierung der Außenspiegel, die auch vom Beschuldigten durch ein entsprechendes Klappgeräusch bemerkt wurde, war zeitgleich mit der erfolgten Streifung des rechten Kotflügels des Beschuldigtenfahrzeuges mit der linken Seitentür des Fahrzeuges des K. Eine Verformung von Blechteilen fand nicht statt. Es entstanden an beiden Fahrzeugen leichte Kratzspuren. Die am PKW des Beschuldigten fotografisch festgehaltenen Schäden an der Stoßstange rührten - wie der Beschuldigte glaubhaft dartun konnte - von einem anderen Ereignis her. Nach dieser Kontaktierung hielten beide Fahrzeuglenker ihre PKWs auf gleicher Höhe an und nahmen durch die Seitenscheiben optisch Kontakt zueinander auf. Worte wurden dabei nicht ausgetauscht. In der Folge fuhren beide PKW-Lenker in Richtung stadteinwärts. Der Beschuldigte war der Meinung, daß lediglich eine Kontaktierung der Außenspiegel stattgefunden hat und dabei keine Schäden entstanden sind.

Der Sachverständige bestätigte, daß das Klappgeräusch der Spiegel, das allenfalls entstandene Streifgeräusch übertönt hat und somit die Streifung (der eigentliche Sachschaden) akustisch nicht wahrnehmbar gewesen sein muß. Auch eine Stoßreaktion ist bei dieser Art des Unfalles auszuschließen. Die optische Wahrnehmbarkeit war zwar gegeben, beschränkte sich aber auf die Berührung der Außenspiegel.

Der Berufungswerber konnte nach der von ihm wahrgenommenen Kontaktierung der Außenspiegel zwar nicht ausschließen, daß es dadurch zu einer Beschädigung der Außenspiegel gekommen sein konnte, weshalb er bei der nächsten auf Grund der Verkehrslage günstig erscheinenden Möglichkeit angehalten hätte, um gemeinsam mit dem Unfallgegner nach einem ev. Schaden Ausschau zu halten. Der Unfallgegner dachte jedoch (so die begründete Vermutung der Berufungsbehörde) daß der Beschuldigte seine Fahrt fortsetzen wollte, ohne sich um das Unfallgeschehen zu kümmern. Deshalb versuchte K den Beschuldigten stellig zu machen, was dadurch geschah, daß er den Beschuldigten überholte, auf dessen Fahrstreifen einschnitt und abrupt abbremste. Nach diesem ersten Anhalteversuch blieben beide PKW-Lenker ca. 20 Sekunden hintereinander stehen. Keiner der beiden verließ jedoch das Fahrzeug. Dieses dem Beschuldigten aggressiv erscheinende Verhalten war auch die glaubhaft gemachte Ursache, daß er aus dem Fahrzeug gar nicht aussteigen wollte, weil er eine körperliche Attacke nicht ausschloß. Diese Vorgangsweise fand ihre Fortsetzung, indem während der Weiterfahrt in Richtung Stadtmitte K noch zumindest zweimal das Beschuldigtenfahrzeug überholte und daraufhin sein Fahrzeug jedesmal abrupt abbremste. Dabei kam es jedesmal zum Stillstand beider Fahrzeuge. Wiederum jedoch stieg niemand aus.

Der Berufungswerber bringt dazu vor, daß er im Hinblick auf das ihm äußerst aggressiv erscheinende Verhalten des Unfallgegners auch nicht ausgestiegen wäre sondern jedesmal abgewartet hat, ob der Unfallgegner sein Fahrzeug verläßt. Dies ist jedoch ebenfalls nicht geschehen. In der Folge trennten sich die Wege der Unfallenker. Der Berufungswerber betrachtete dann bei guter Beleuchtung auf der Landstraße seinen rechten Außenspiegel, konnte jedoch keinerlei Beschädigung feststellen. Er wollte am nächsten Tag Anzeige wegen der aggressiven Fahrweise des K erstatten, was er jedoch letztlich nicht getan hat. Umgekehrt meldete K den Verkehrsunfall und gab dabei zu Protokoll, daß es zu einer Streifung gekommen sei. Mit Sicherheit sei dabei der Schaden an der Lenkertür (keine Eindellung) entstanden, hinsichtlich der Beschädigung des Kotflügels durch den Berufungswerber war er sich nicht sicher. K gab dabei auch zu Protokoll, daß er nicht angeben könne, ob der Beschuldigte die Streifung bemerkt hat.

Die oben beschriebene Szene war von Mißverständnissen getragen. Während der Beschuldigte aus begreiflicher Furcht vor dem ihm aggressiv erscheinenden Unfallgegner sein Fahrzeug nicht verließ, wartete Kadric nach jeder von ihm erzwungenen Anhaltung darauf, daß der ihm mit Recht am Unfall schuldig erscheinenden Berufungswerber aus dem Fahrzeug aussteigt. Daß letztlich der Berufungswerber den Verkehrsunfall nicht meldete, ist darin begründet, daß er am eigenen Fahrzeug keine Schäden feststellte (die Kratzspur am Kotflügel übersah er) und somit auch keinen Sachschaden am Fahrzeug des Unfallgegners vermutete. Der Sachverständige führte - wie schon erwähnt - aus, daß die Streifung der Karosserieteile, aus welcher letztlich der (geringfügige) Vermögensschaden resultierte, vom Berufungswerber auch bei gehöriger Aufmerksamkeit weder optisch noch akustisch oder durch eine Stoßreaktion bemerkt habe werden müssen.

Festzuhalten ist, daß der Sachschaden am Fahrzeug des K durch die Haftpflichtversicherung des Beschuldigten beglichen wurde und daß der PKW des Berufungswerber kaskoversichert war. Festzuhalten ist desweiteren, daß der Berufungswerber direkt aus U kam, keine die Fahruntüchtigkeit bewirkenden Substanzen zu sich genommen hat und die beiden Mitfahrer am Bindermichl aussteigen ließ. Damit fällt auch ein allfälliges Motiv für das Nichtmelden eines möglicherweise doch wahrgenommenen Verkehrsunfalles, nämlich die Verschleierung der Fahruntüchtigkeit, weg.

Es kann sohin mit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit nicht angenommen werden, daß der Berufungswerber einen Verkehrsunfall mit Sachschaden bemerkte oder diesen bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bemerken müssen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a , § 4 Abs.1 lit.c und § 4 Abs.5, jeweils StVO 1960, setzen begrifflich voraus, daß der Unfallenker einen Verkehrsunfall mit Sachschaden bemerkt hat oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zumindest hätte bemerken müssen.

Da diese Merkbarkeit - wie oben ausgeführt - zumindest im Zweifel - nicht nachzuweisen war, war iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Wegschaider

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