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VwSen-104025/2/Weg/Ri

Linz, 13.11.1996

VwSen-104025/2/Weg/Ri Linz, am 13. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des E K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr.

S, Dr. B, vom 20. September 1996 gegen das Straferkenntnis vom 6. September 1996, VerkR96, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß das Straferkenntnis vom 6. September 1996 wegen entschiedener Sache behoben wird.

II. Dem Berufungsantrag auf Einstellung des Strafverfahrens wird keine Folge gegeben und festgestellt, daß in der gleichen Sache (Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 wegen des Vorfalles vom 18. Mai 1995, gegen 15.30 Uhr) am 29. August 1995 ein Straferkenntnis mündlich verkündet wurde und dieses in Rechtskraft erwachsen ist.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51, § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 6. September 1996, VerkR96, über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 11.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen verhängt, weil dieser am 18. Mai 1995, gegen 15.30 Uhr, im Gemeindegebiet von M, von L kommend in Richtung W, auf der Bundesstraße bis auf Höhe von Straßenkilometer , den Klein-LKW mit dem Kennzeichen L in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Außerdem wurden ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.100 S sowie als Ersatz für das Alkomatteströhrchen weitere 10 S in Vorschreibung gebracht.

2. Gegen dieses am 6. September 1996 erlassene Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig eine zulässige Berufung eingebracht und diese sinngemäß damit begründet, daß er vom Landesgericht wegen des Vorwurfes der fahrlässigen Körperverletzung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand rechtskräftig freigesprochen worden sei, wobei dieser Freispruch lediglich die Qualifikation nach § 81 Z2 StGB betraf. Das angefochtene Straferkenntnis verstoße gegen den in Art. 6 MRK verankerten Grundsatz, daß niemand wegen ein und derselben Tat zweimal verfolgt werden darf. Der Berufungswerber spielt offenbar auf das Urteil des EUGH vom 23. Oktober 1995, Nr. 33/1994/480/562, an, wonach eine Doppelverfolgung (Doppelbestrafung) dem Art. 4 des 7.

Zusatzprotokolles zur Menschenrechtskonvention widerspreche.

Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens.

3. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich, da der angefochtene Bescheid (wie auszuführen sein wird) bereits auf Grund der Aktenlage aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

Nach der Aktenlage wurde am 29. August 1995 unter der Zahl VerkR96 von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ein Straferkenntnis mündlich verkündet, in welchem dem Berufungswerber vorgeworfen wird, er hätte am 18. Mai 1995, gegen 15.30 Uhr, im Gemeindegebiet M, von L kommend in Richtung W, auf der Bundesstraße , bis auf Höhe von Straßenkilometer den Klein-LKW mit dem Kennzeichen L- in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt.

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begangen. Es wurde eine Geldstrafe von 11.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen verhängt.

Wie aus den Schuldsprüchen der Straferkenntnisse vom 29.

August 1995 und 6. September 1996 unschwer zu erkennen ist, liegt Identität der Tat vor.

In der über das mündlich verkündete Straferkenntnis angefertigten Niederschrift ist festgehalten, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung eingesteht. Es ist darin weiters festgehalten, daß eine Rechtsmittelbelehrung mündlich erteilt wurde und daß auf die Bescheidausfertigung ausdrücklich verzichtet wird. Nach einer (lt. Niederschrift) erteilten Rechtsbelehrung iSd § 13a AVG verzichtete der Beschuldigte - der anwesend war, aber die Unterschrift (nach Kenntnisnahme) verweigerte - auf das Rechtsmittel der Berufung. Zu diesem niederschriftlich festgehaltenen Berufungsverzicht ist anzumerken, daß der Leiter der Amtshandlung möglicherweise vergessen hat, auf dem Formular diese Rubrik durchzustreichen. Die Niederschrift ist vor den Organwaltern der Erstbehörde unterschrieben worden, sodaß trotz des Umstandes, daß der Beschuldigte die Unterschrift verweigerte, ein ordnungsgemäß erlassenes Straferkenntnis vorliegt. Zwar hätte der Leiter der Amtshandlung im Sinne des § 14 Abs.3 AVG den Grund anzugeben gehabt, aus dem die Fertigung nicht erfolgte und die Richtigkeit der schriftlichen Wiedergabe ausdrücklich zu bestätigen gehabt, doch hat das Fehlen dieser Angabe und dieser Bestätigung nicht die Wirkung, daß kein Straferkenntnis erlassen worden wäre. Diese dem § 14 Abs.3 AVG nicht entsprechende Vorgangsweise stellt einen Formfehler dar, der die Wirksamkeit des Straferkenntnisses nicht berührt.

Das Straferkenntnis vom 29. August 1995 wurde (ohne schriftliche Ausfertigung) sohin lediglich mündlich verkündet und begann damit die Berufungsfrist iSd § 63 Abs.5 AVG zu laufen.

Es ist nicht erklärbar, warum die Erstbehörde trotz der mündlichen Verkündung des Straferkenntnisses das Verfahren fortsetzte und letztlich ein Jahr später hinsichtlich der selben Tat ein schriftliches Straferkenntnis erließ. Als Berufungsvorentscheidung ist dieses Straferkenntnis wohl schon deshalb nicht zu werten, weil die diesfalls vorgesehene Zweimonatsfrist bei weitem überschritten wurde bzw (zumindest nach der Aktenlage) keine Berufung gegen das mündlich verkündete Straferkenntnis eingebracht wurde.

Vorstehende Ausführungen machen deutlich, daß das Straferkenntnis vom 6. September 1996 dem Grundsatz "ne bis in idem" widerspricht und deshalb der dagegen eingebrachten Berufung mit der Maßgabe Folge zu geben war, daß es aufzuheben war. Eine Einstellung des Verfahrens iSd § 45 Abs.1 VStG war jedoch nicht zu verfügen, weil diesfalls eine Sache zur Einstellung gebracht worden wäre, über die mit dem wirksam gewordenen Straferkenntnis vom 29. August 1995 schon abgesprochen wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei die Aufhebung des Straferkenntnisses vom 6. September 1996 auch die in diesem Straferkenntnis zur Vorschreibung gebrachten Kosten betrifft.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer

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