Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104050/2/Fra/Ka

Linz, 29.01.1997

VwSen-104050/2/Fra/Ka Linz, am 29. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22.8.1996, VerkR96-4970-1996, betreffend Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat zum Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 80 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe in Höhe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil sie am 15.11.1995 um 16.12 Uhr den PKW, auf der Westautobahn A 1 in Fahrtrichtung Wien gelenkt hat, wobei sie bei km 237,900 im Gemeindegebiet von Seewalchen am Attersee, die für Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 24 km/h überschritten hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Bw hat in Ihrem Einspruch vom 7.5.1996 gegen die vorangegangene Strafverfügung vom 7.3.1996 die ihr zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung in objektiver Hinsicht zugestanden, jedoch eine Notstandsituation geltend gemacht. Sie brachte in diesem Einspruch vor, daß ihr Ehegatte, Herr Dr. H, an diesem Tage von Klagenfurt nach Linz fahren mußte; weiters mußte er sich am späten Vormittag dieses Tages beim Facharzt für Röntgenologie, Dr. Z, in Klagenfurt einer alle Darmabschnitte umfassenden Darmspülung unterziehen. Als Folge dieses Eingriffes mußten sie auf dem Weg nach Linz zwei Mal stehenbleiben, um die Toilette aufzusuchen. Das Bedürfnis hiezu entstand so kurzfristig, daß ihnen nichts anderes übrigblieb, rascher als vorgeschrieben eine Raststelle/Parkplatz aufzusuchen. Da sie die kilometermäßigen Abstände dieser Punkte nicht kannten, mußten sie einfach drauflos fahren.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat diesen Sachverhalt als glaubhaft betrachtet, jedoch nicht als schuldausschließend anerkannt. Sie hat zutreffend ausgeführt, da es sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um einen Notstand im Sinne des § 6 VStG nur dann handelt, wenn jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Es muß sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln (VwGH 19.12.1973, 319/73). Zum Wesen des Notstandes gehört auch, daß die Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art, als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist (VwGH 8.9.1969, 1708/68 uva). Die Erstbehörde führte weiters aus, daß es nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht, daß tatsächlich bei akutem Stuhldrang noch die Zeit bleibt, um eine Toilette aufzusuchen. Vielmehr scheine es in einem solchen Fall geboten, das Fahrzeug auf der Autobahn am Pannenstreifen anzuhalten, um dort den Notdurft zu verrichten.

Die Bw führt zu diesem Argument aus, daß es weder ihrem Gatten noch den Verkehrsteilnehmern auf einer so frequentierten Autobahn zumutbar sei, die große Notdurft am Straßenrand zu verrichten. Ihr Gatte sei seit 25 Jahren in einer Manager-Funktion tätig und habe sowohl vom Alter als auch von seiner Position her eine über den Straßenrand hinausgehende Lebenskultur entwickelt, sodaß die Schwelle zum Notstand anders anzusiedeln sei, als bei einem Menschen der häufig in den Büschen seine Notdurft verrichet. Weiters sei die Autobahn Wien-Salzburg die frequentierteste Autobahn Österreichs. An Ort und Stelle gebe es keine Geschwindigkeitsbeschränkung, sodaß dort Fahrzeuge mit 130 km/h und mehr vorbeifahren. Für diese Verkehrsteilnehmer sei ein am Straßenrand abgestelltes Fahrzeug mit einem dahinterhockenden Menschen eine äußerst ungewöhnliche Situation, die die Aufmerksamkeit sehr ablenkt. Die dadurch begründete Gefahrenquelle sei weitaus schwerwiegender, als jene, die durch die Überschreitung der Geschwindigkeitsbegrenzung entstanden ist.

Den Ausführungen der Bw folgend, kann der Erstbehörde jedoch insofern nicht gefolgt werden, als es geboten erscheint, auch die Notdurft am Pannenstreifen zu verrichten. Der O.ö.

Verwaltungssenat geht jedoch davon aus, daß auch die Verrichtung der großen Notdurft abseits des Pannenstreifens möglich gewesen wäre. Daß dies aufgrund der örtlichen Gegebenheit nicht möglich war, wird seitens der Bw gar nicht behauptet, weshalb der Argumentation der Bw, daß aufgrund der gegebenen Umstände eine Notstandsituation vorgelegen sei, nicht beigetreten werden kann.

Die Berufung erwies sich daher in der Schuldfrage als unbegründet.

Was die Strafe anlangt, ist festzustellen, daß die Erstbehörde in der vorangegangenen Strafverfügung eine Geldstrafe in Höhe von 700 S, im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 400 S festgesetzt hat.

Damit hat die soziale und wirtschaftliche Situation der Bw wie von ihr bekanntgegeben - sowie die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als Milderungsgrund ausreichend berücksichtigt. Mit der nunmehr verhängten Strafe wird der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu 4 % ausgeschöpft und es wurde daher die Strafe auch dem relativ geringen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entsprechend angemessen festgesetzt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. F r a g n e r

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