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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104074/10/Ki/Shn

Linz, 05.03.1997

VwSen-104074/10/Ki/Shn Linz, am 5. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Ing. Karl J, vom 8. Oktober 1996, gegen das Straferkenntnis der BPD Linz vom 19. September 1996, GZ III/VU/S/6126/95 H, aufgrund des Ergebnisses der am 25.

Februar 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hinsichtlich der Fakten 2 und 3 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 2 dahingehend stattgegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt wird. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich Faktum 3 wird der Berufung Folge gegeben.

Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Hinsichtlich Faktum 2 wird der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Erstbehörde auf 200 S herabgesetzt; der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Hinsichtlich Faktum 3 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: §§ 64, 65 und 66 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BPD Linz hat mit Straferkenntnis vom 19. September 1996, GZ III/VU/S/6126/95 H, dem Berufungswerber (Bw) ua vorgeworfen, er habe am 15.10.1995 um 01.25 Uhr in V, Gde Rainbach, auf der B125 aus Ri. Freistadt kommend, in Ri.

Rainbach i.M. bis zum Strkm 40,615 den PKW gelenkt und eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs, nämlich einen Leitpflock beschädigt, ohne daß von dieser Beschädigung, die bei diesem Verkehrsunfall entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt wurde (Faktum 2) bzw das Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war - er kam rechts von der Fahrbahn ab und geriet mit dem Fahrzeug auf das rechte Bankette (Faktum 3). Er habe dadurch § 31 Abs.1 StVO iVm § 99 Abs.2 lit.e StVO (Faktum 2) bzw § 7 Abs.1 StVO (Faktum 3) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Bw gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage (Faktum 2) sowie gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag (Faktum 3) verhängt. Außerdem wurde er bezüglich der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 400 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. In seiner gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung vom 8. Oktober 1996 argumentiert der Bw hinsichtlich Faktum 2, daß die Gendarmerie am 15.10.1995 um 01.40 Uhr verständigt worden und unmittelbar selbst darauf am Tatort gewesen sei. Der gegen ihn erhobene Vorwurf müsse daher alleine schon aus diesem Grund ins Leere gehen. Darüber hinaus sei ihm persönlich die Meldung nicht möglich gewesen, weil er nach dem Unfall weder wußte, eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt zu haben, noch in der Lage war, jene klaren Gedanken zu fassen, welche Voraussetzung zur Wahrnehmung dieser Meldungsverpflichtung gewesen wären. Auch werde ihm das Unterlassen einer solchen persönlichen Meldung nicht vorgeworfen.

Hinsichtlich Faktum 3 argumentiert er im wesentlichen, daß das Abkommen von der Fahrbahn unverschuldet zustande gekommen sei.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich der Fakten 2 und 3 weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Februar 1997 Beweis erhoben. Bei der Berufungsverhandlung wurden der Bw sowie als Zeugin Frau Christine J (Mutter des Bw) einvernommen. Der ebenfalls als Zeuge geladene Alois W hat mit der Begründung, daß er der Schwager des Bw sei, die Aussage verweigert. Eine medizinische Sachverständige hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen. Der Vertreter der Erstbehörde hat sich für die Teilnahme an der Verhandlung telefonisch entschuldigt.

I.5. Der Bw legte auf Befragung zunächst seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse dar. Er habe ein Einkommen von ca 28.000 S monatlich und sei für eine Tochter sorgepflichtig.

Wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren rechtfertigte sich der Bw wieder dahingehend, daß er nach dem Verkehrsunfall ziemlich verwirrt gewesen sei. Er sei mit einer ihm unbekannten Person nach Freistadt gefahren und dürfte von dort aus einer Telefonzelle seine Mutter sowie den ÖAMTC bzw den Stützpunktleiter, den er persönlich kennt, in dessen Wohnung angerufen haben. Auf die Idee, auch die Gendarmerie zu verständigen, sei er offensichtlich in diesem Zustand nicht gekommen. In der Folge habe ihm der Schwager, der ihn in Freistadt gesucht hat, offensichtlich gefunden und er sei mit diesem nach Hause gefahren.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö.

Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

I.6.1. Gemäß § 31 Abs.1 StVO 1960 dürfen Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (insbesondere Verkehrsampeln, Signalscheiben, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsleiteinrichtungen, Sockel für Verkehrsposten, Verkehrstürme, Schutzinseln, Sperrketten, Geländer, Begrenzungspfeile, Randsteine, radableitende Randbegrenzungen, Straßenbeleuchtungseinrichtungen, Schneegatter, Verkehrsspiegel und das allenfalls mit solchen Einrichtungen verbundene Rückstrahlmaterial) nicht beschädigt oder unbefugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert werden.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Es ist unbestritten, daß beim gegenständlichen Verkehrsunfall ein Leitpflock beschädigt wurde und es zählen Leitpflöcke zu den im § 31 Abs.1 genannten Verkehrsleiteinrichtungen. Der Bw ist während seiner Fahrt von der Fahrbahn abgekommen und hat dadurch den Leitpflock beschädigt. Im Hinblick darauf, daß der Verkehrsunfall offensichtlich auf eine Fahrlässigkeit des Bw zurückzuführen ist, Gegenteiliges wurde vom Bw nicht behauptet und ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen, ist auch die gegenständliche Beschädigung auf eine zumindest objektive Fahrlässigkeit zurückzuführen.

Eine Strafbarkeit ist im vorliegenden Fall dann ausgeschlossen, wenn die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt wurde.

Dieses Privileg kommt jedoch dem Bw nicht zugute, zumal zwar offensichtlich die Gendarmerie vom Verkehrsunfall bzw eventuell von der Beschädigung verständigt wurde, dieser jedoch zunächst die Identität des Bw nicht bekannt war. Die Identität des Bw wurde erst nach Auffinden des Kennzeichens am Unfallort herausgefunden, weshalb nicht die Rede davon sein kann, daß die Gendarmerie in gesetzeskonformer Weise, nämlich unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers, verständigt wurde.

Was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so rechtfertigt sich der Bw damit, daß er bedingt durch den Verkehrsunfall sich in einer belasteten psychischen Situation befand und er vorerst gar nicht mitbekommen habe, daß er einen Leitpflock beschädigt hätte. Diese psychische Situation sei offensichtlich auch der Grund dafür, daß er nicht die Gendarmerie vom Vorfall verständigt habe.

Mit dieser Argumentation kann sich der Rechtsmittelwerber jedoch in subjektiver Hinsicht nicht entlasten, ist doch von einem Kraftfahrer, welcher die Risken der Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakterund Willensstärke zu verlangen, daß er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (VwGH vom 7.4.1995, 94/02/0511). Demnach ist davon auszugehen, daß der Bw auch in subjektiver Hinsicht in der Lage sein mußte, sowohl den Schaden festzustellen als auch die Gendarmerie ohne unnötigen Aufschub unter Bekanntgabe seiner Identität zu verständigen bzw da eine ausdrückliche persönliche Meldung nicht verlangt wird, eine derartige Verständigung zu veranlassen. Der Bw hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

I.6.2. Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Im gegenständlichen Fall ist der Bw, aus welcher Ursache auch immer, unfallsbedingt von der Fahrbahn abgekommen. Der VwGH hat in diesem Zusammenhang mit Erkenntnis vom 18.10.1995, Zl.95/02/0276, ausgesprochen, daß der Bestimmung des § 7 Abs.1 StVO 1960 nur entnommen werden kann, sich bei der Benützung der Fahrbahn so weit als hier umschrieben rechts zu halten, nicht jedoch ein Verbot, die Fahrbahn nach rechts hin zu verlassen. Im Lichte dieser Judikatur des VwGH liegt daher im gegenständlichen Fall kein Verstoß des Bw gegen die im § 7 Abs.1 normierte allgemeine Fahrordnung und sohin keine Verwaltungsübertretung vor, weshalb aus diesem Grund hinsichtlich Faktum 3 der Berufung Folge zu geben und das Verfahren gegen den Bw einzustellen war.

I.6.3. Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) hinsichtlich Faktum 2 wird festgestellt, daß der Gesetzgeber derartigen Übertretungen im Hinblick auf den Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO 1960 einen erhöhten Unrechtsgehalt beigemessen hat.

Dies spiegelt sich im Strafrahmen von 500 S bis 30.000 S wider.

Dennoch vertritt die erkennende Berufungsbehörde die Auffassung, daß im vorliegenden Fall eine Reduzierung der von der Erstbehörde verhängten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß vertretbar ist, zumal der Bw laut Aktenlage unbescholten ist und auch kein Erschwerungsgrund festgestellt wurde. Außerdem ist die unfallbedingte Situation bei der Strafbemessung ebenfalls zu berücksichtigen.

Die nunmehr festgelegte Strafe erscheint den vom Bw angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen angepaßt und dürfte auch im konkreten Fall aus der Sicht der Spezialprävention ausreichen, dem Bw das Unrechtmäßige seines Verhaltens aufzuzeigen.

Aus generalpräventiven Gründen ist aber eine weitere Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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