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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104103/2/Le/Ha

Linz, 13.08.1997

VwSen-104103/2/Le/Ha Linz, am 13. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Johann F, E, M, vertreten durch Rechtsanwälte B, K & K., P, M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.10.1996, S-12063/96-3, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 400 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.10.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 des Kraftfahrgesetzes 1967 (im folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe als Auskunftsperson des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen auf Verlangen der Behörde nicht binnen 2 Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung, zugestellt am 2.9.1996 bis zum 16.9.1996 darüber Auskunft erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug am 31.3.1996 um 9.38 Uhr gelenkt hat.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Lenker dieses Fahrzeuges am 31.3.1996 um 9.38 Uhr in L auf der A W bei einer näher bestimmten Straßenstelle die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 29 km/h überschritten hatte.

Am 28.8.1996 war Herr F als Auskunftsperson des Zulassungsbesitzers zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers aufgefordert worden. Die Aufforderung wurde mit internationalem Rückschein am 2.9.1996 per Adresse seines ausgewiesenen Rechtsvertreters zugestellt, doch wurde der Fahrzeuglenker nicht namhaft gemacht.

Nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage des § 103 Abs.2 KFG kam die Erstbehörde zum Ergebnis, daß der Beschuldigte zur Auskunftserteilung verpflichtet gewesen wäre, er diese Verpflichtung jedoch nicht erfüllt habe. Damit wäre die angelastete Verwaltungsübertretung erfüllt.

Sodann legte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17.10.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen sowie die Verfahrenskosten zu ersetzen.

In der Begründung brachte der Bw vor, daß ein Verstoß gegen § 103 Abs.2 KFG nicht vorliege und eine österreichische Behörde einem deutschen Staatsbürger keine Frist zur Beantwortung von Fragen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland setzen könne. Insoweit gelte für deutsche Staatsbürger deutsches Recht und stehe es demnach jedem Beschuldigten eines Verkehrsordnungs-widrigkeitenverfahrens frei, sich zu einem Vorwurf zu äußern oder nicht. Insoweit könne eine österreichische Behörde nicht in die Grundrechte eines deutschen Staatsbürgers eingreifen.

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt vorliegt, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Hinblick auf § 51e Abs.1 VStG abgesehen werden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. § 103 Abs.2 KFG bestimmt, daß die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt..... hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer... zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen 2 Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes wurde vom Verfassungs-gerichtshof bereits geprüft und von diesem als im Einklang mit den Baugesetzen des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie mit Art.6 EMRK stehend festgestellt (VfGH vom 29.9.1988, G72/88; VfSlg 9950/1984; 10394/1985 ua).

Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann (VwGH vom 29.9.1993, 93/02/0191).

In diesen Regelungszusammenhang sind alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuglenker, somit auch Staatsbürger anderer Staaten, eingebunden und müssen diese selbstverständlich die österreichischen Rechtsvor-schriften befolgen; umgekehrt müssen auch österreichische Staatsbürger im Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland die deutschen Rechtsvorschriften befolgen.

4.3. Zum Tatort der Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG: Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Das KFG enthält diesbezüglich keine anderslautende Bestimmung.

Gemäß § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der - zum Tatbestand gehörende - Erfolg im Inland eingetreten ist.

Im Falle der Verweigerung einer geforderten Lenkerauskunft gilt als Tatort der Sitz der anfragenden Behörde, weil dies der Ort ist, an dem die geschuldete Handlung zu erbringen ist (VwGH vom 14.6.1995, 95/03/0102; 31.1.1996, 93/03/0156).

Da es sich um eine Anfrage der Bundespolizeidirektion Linz handelte, gilt als Tatort somit Linz.

4.4. Der Bw brachte vor, daß ihm eine österreichische Behörde keine Frist zur Beantwortung von Fragen auf dem Gebiet der BRD setzen könne. Er verkennt damit nicht nur die oben unter 4.2. und 4.3. dargelegte Rechtslage, sondern übersieht mit dieser Argumentation auch, daß zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland ein Verwaltungsübereinkommen über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen besteht, das im Bundesgesetzblatt Nr. 526/1990 kundgemacht wurde. Art.10 Abs.1 des zit. Vertrages sieht vor, daß Schriftstücke in Verfahren nach Art.1 Abs.1 unmittelbar mit der Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt werden.

Somit war die Bundespolizeidirektion Linz auch berechtigt, die Aufforderung zur Erteilung der Lenkerauskunft an den Bw zuzustellen.

4.5. Mit der Frage, ob die Lenkererhebung mit der EMRK vereinbar ist, hat sich die Europäische Kommission für Menschenrechte in ihrer Entscheidung vom 11.10.1989, Zl. 15226/89, befaßt. Diese Entscheidung ist zwar zum Wiener Parkometergesetz ergangen, läßt sich jedoch wegen der Gleichartigkeit der Regelung auch auf die Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG übertragen. Die Kommission stellte in dieser Entscheidung fest, daß die Pflicht des KraftfahrzeugZulassungsbesitzers, der Kraftfahrbehörde auf Verlangen den Namen und die Adresse derjenigen Person bekanntzugeben, der er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hat, nicht gegen die Bestimmungen der EMRK verstößt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 400 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilage Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Auskunftspflicht deutscher Staatsbürger

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