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VwSen-104138/15/GU/Mm

Linz, 07.03.1997

VwSen-104138/15/GU/Mm Linz, am 7. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. LANGEDER, Berichter: Dr. GUSCHLBAUER, Beisitzer: Dr. BLEIER) über die Berufung des J.L., vertreten durch RA Dr. W.L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft P. vom 5.9.1996, Zl. VerkR.., wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 13. Februar 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung gegen den Schuldspruch wird keine Folge gegeben und wird dieser bestätigt.

Die Geldstrafe wird auf 15.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Tage und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 1.500 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 3 Abs.1, § 5 Abs.1 und 2, § 19, § 65 VStG, § 5 Abs.2, § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft P. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, den PKW mit dem Kennzeichen XX, am 21.2.1996 um 06.00 Uhr auf der B3 in Richtung L., bis auf Höhe des Hauses L., gelenkt zu haben. Obgleich vermutet werden konnte, daß er das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, habe er sich am 21.2.1996 bis 07.20 Uhr in L., gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er von diesem Organ dazu aufgefordert worden war.

Wegen Verletzung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 480 Stunden) und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 2.000 S auferlegt.

In seiner dagegen vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber Unzurechnungsfähigkeit bzw. wesentlich reduzierte Zurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest und zwar infolge Schlaftrunkenheit und Tablettenkonsum mit Nachtrunk von alkoholischen Getränken geltend.

Hilfsweise reklamiert er Rechtsirrtum, indem er der Meinung gewesen sei, daß infolge des Nachtrunkes kein verwertbares Ergebnis hätte zustandekommen können und er daher berechtigt der Meinung gewesen sei, er dürfe nicht zur Atemluftkontrolle aufgefordert werden.

In eventu bekämpft er auch die Höhe der verhängten Geldstrafe in dem er auf sein Monatsbruttoeinkommen von 16.000 S, die Sorgepflicht für seine Ehegattin und eine Darlehenstilgungspflicht von insgesamt 550.000 S hinweist und beantragt deshalb die Herabsetzung der Geldstrafe auf eine Summe im unteren Bereich des Strafrahmens.

Aufgrund der Berufung wurde am 13. Februar 1997 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen. Ferner wurden die Zeugen G.S., G.E. und E.L. vernommen und die Stellungnahme der amtsärztlichen Sachverständigen Dr. H. vom 30.12.1996 zur Erörterung gestellt.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Der Beschuldigte, ein Schicht-Arbeiter in der VOEST, versah in der Nacht vom 20. auf den 21.2.1996 in diesem Betrieb Nachtschicht und genoß hiebei Bier.

Ein anonymer Anrufer verständigte die Gendarmerie, daß das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XX - dessen Zulassungsbesitzer der Beschuldigte ist - am 21.2.1996 gegen 06.00 Uhr auf der B3 in Richtung L. in Schlangenlinien fuhr, worauf sich über Anweisung des Gendarmeriehauptpostens P. zwei Gendarmeriebeamte, die motorisierten Streifendienst versahen, zur Wohnung des Beschuldigten begaben, von der Ehegattin des Beschuldigten Einlaß bekamen, den Beschuldigten vorfanden und ihn mit dem Sachverhalt konfrontierten.

Der Beschuldigte gab zu, das Fahrzeug auf dem erwähnten Straßenzug zur Tatzeit gelenkt zu haben.

Zwischenzeitig entfernte sich die Gattin um zur Arbeit zu gehen.

Nachdem die Gendarmeriebeamten beim Beschuldigten Symptome der Alkoholisierung, nämlich starken Alkohlgeruch aus dem Munde und eine lallende Sprache wahrgenommen hatten, forderte der Beamte G.E. diesen zur Atemluftuntersuchung auf. Die Gendarmen und der Beschuldigte begaben sich zu einer Sitzgruppe, wobei sich der Beschuldigte schwerfällig auf eine Bank niederließ und nach mehrmaligen Aufforderungen zum Alkomattest die Beamten einlud, sich hinzuzusetzen und die Sache zu bereden.

Auf die Verantwortung des Beschuldigten, daß er ohnedies nur zwei Biere getrunken habe, bekundete der Gendarmeriebeamte E., daß es dann ohnedies keine Probleme geben könne. Zu bereden gebe es allerdings über die Notwendigkeit des Alkomattestes nichts.

Der Beschuldigte blieb bei seiner Weigerung, die Atemluftuntersuchung durchzuführen.

Bei der Würdigung der Beweise konnten die von den beiden Gendarmeriebeamten im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen, die den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechen, überzeugen. In den entscheidungsrelevanten Teilen, nämlich des Lenkens des Kraftfahrzeuges am Tatort zur Tatzeit, das Vorliegen von Alkoholisierungssymptomen infolge Alkoholgenußes, der Aufforderung zur Ablegung einer Untersuchung der Atemluft mittels Meßgerätes und der verbalen Verweigerung derselben, weicht auch die Verantwortung des Beschuldigten nicht hievon ab.

Wenngleich die Gendarmeriebeamten den Beschuldigten nach der Nachtschicht und nach dem Aufwecken einer kurzen Zeitspanne des Schlafens um ca. 07.00 Uhr des Tattages - sohin rund eine Stunde nach dem gemeldeten Schlangenlinienfahren, alkoholisiert und müde antrafen, so gab der Beschuldigte nach Aufforderung zum Alkomattest orientierte und sinnhafte Äußerungen ab und lud die Beamten zum Niedersetzen und zum Bereden der Sache ein - offensichtlich um aus der Bekanntschaft mit Insp. E. für sich etwas gewinnen zu wollen.

Die zielorientierten Äußerungen und das Verhalten des Beschuldigten, ließen aber keinen Schluß zu, daß er etwa die Aufforderung nicht verstanden hätte und daß er nicht gewußt hätte was er meinte, als er trotz mehrmaliger Aufforderung, zum Alkomattest diesen jeweils verweigerte.

Angesichts des festgestellten Sachverhaltes war rechtlich zu bedenken:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind unter anderem besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtigt sind in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Nachdem die Aufforderung zum Alkomattest durch ein geschultes und ermächtigtes Organ an den Beschuldigten, der verdächtigt war in einem, vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand das Fahrzeug gelenkt zu haben und dieser klar und deutlich zum Ausdruck brachte, daß er dieser Aufforderung nicht nachkommen will, hat er diese Tat voll zu verantworten, zumal der Beschuldigte orientierte Antworten gab und eine Unzurechnungsfähigkeit nicht vorlag.

Unverschuldete Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift konnte der Beschuldigte, angesichts der Tatsache, daß er geprüfter Lenker ist und daher wissen mußte, daß er bei Verdacht des Lenkens bei Vorliegen von Alkoholsymptomen jedenfalls der Aufforderung einer befugten Person den Alkomattest abzulegen, nachkommen müsse, nicht mit Erfolg einwenden. Eine unverschuldete Unkenntnis seiner Pflicht kommt daher nicht in Betracht, selbst wenn mit irgendeinem Wort ein Nachtrunk angesprochen worden wäre, was aufgrund der vorstehenden Feststellungen, aber ohnedies ausscheidet.

Aus all diesen Gründen hat der Rechtsmittelwerber die Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten und war der Schuldspruch zu bestätigen.

Bezüglich der Strafbemessung war zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der objektive Unrechtsgehalt der Tat, nämlich die Verhinderung der Aufklärung der Ursache des Schlangenlinienfahrens auf der Heimfahrt des Beschuldigten, war jedenfalls von mittlerem Gewicht, der Verschuldensgrad angesichts der Umstände, unter denen sich der Lebenssachverhalt abspielte, nicht als schwergewichtig anzusehen.

Bezüglich der Einkommensverhältnisse ist das Monatseinkommen des Beschuldigten von 16.000 S als dem Durchschnitt entsprechend zu bezeichnen und erschien die Tilgungspflicht für ein Darlehen von 550.000 S berücksichtigungswürdig; allerdings war die Angabe, daß der Beschuldigte für seine Ehegattin eine Sorgepflicht treffe, angesichts der Aussage der als Zeugin vernommenen Ehegattin, daß sie Hilfsarbeiterin ist, nicht glaubhaft.

Als besonderer Erschwerungsgrund kommt infolge Tilgung einer Abstrafung aus dem Jahre 1991 wegen eines Alkoholdeliktes nur mehr eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahre 1993 in Betracht und war somit diesbezüglich der besondere Erschwerungsgrund des § 33 Z2 StGB - nämlich des Vorliegens einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat - etwas geringer zu gewichten, als zum Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses.

In der Zusammenschau kam daher der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß mit der Herabsetzung der Geldstrafe auf 15.000 S der Grundsatz der Ökonomie der Strafe in dem die Spezialprävention gleich wohl zu berücksichtigen ist, Rechnung trägt.

Entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz war auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag von 10 % der Geldstrafe dementsprechend anzupassen. Aufgrund des Teilerfolges der Berufung ist der Rechtsmittelwerber zur Leistung von Beiträgen zu Kosten des Berufungsverfahrens nicht verpflichtet (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L a n g e d e r

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