Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104155 /2/WEG/Ri

Linz, 14.03.1997

VwSen-104155 /2/WEG/Ri Linz, am 14. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des P K vom 12. November 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 29. Oktober 1996, VerkR zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, daß anstelle des Spruches im Straferkenntnis folgender Spruch zu treten hat: Dem gegen die Strafverfügung vom 20. Juni 1996 hinsichtlich der Strafhöhe eingebrachten Einspruch vom 2. Juli 1996 wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 1.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden reduziert wird." II. Der Antrag auf Behebung des Straferkenntnisses wird, soweit des den Schuldspruch betrifft, wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.

III. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf 150 S (10 % der verhängten Geldstrafe) herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 19, § 24, § 49, § 51 Abs.1, § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Strafverfügung vom 20. Juni 1996, VerkR über den nunmehrigen Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Stunden) verhängt, weil dieser am 5. Juni 1996 um 16.48 Uhr als Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen auf der B bei Kilometer im Gemeindegebiet Fdie auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 37 km/h überschritten hat.

In dem rechtzeitig erhobenen Einspruch gegen die Strafhöhe vom 2. Juli 1996 bringt der Berufungswerber vor, die verhängte Strafe erscheine ihm nicht tatangemessen und berücksichtige seine bisherige Unbescholtenheit sowie seine finanziellen Verhältnisse nicht.

Durch diesen sich ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe gerichtet habenden Einspruch ist der Schuldvorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung in Rechtskraft erwachsen.

Auf Grund des Einspruches leitete die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach das ordentliche Verfahren zum Zwecke der Ermittlung der Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse ein. Dieses ausschließlich auf den letzten Satz des § 19 Abs.2 VStG eingeschränkte Verfahren erbrachte, daß der Beschuldigte an der Brauerei K zu 25% beteiligt ist und das monatliche Bruttoeinkommen (12 mal jährlich) 25.000 S beträgt. Sorgepflichten bestehen offenbar nicht. Auch ein über der angeführten Beteiligung an der Brauerei hinausgehendes Vermögen wurde nicht erhoben.

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach erließ in der Folge das nunmehr angefochtene Straferkenntnis. In diesem Straferkenntnis wird unter Wiederholung des Schuldspruches neuerdings eine Geldstrafe von 2.500 S (75 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und gleichzeitig ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 250 S in Vorschreibung gebracht.

Dieses Straferkenntnis, worin nicht ausdrücklich über den Antrag auf Herabsetzung der Strafe entschieden wurde, bringt zumindest konkludent zum Ausdruck, daß dem Einspruch keine Folge gegeben wird. Daß der Spruch dieses Straferkenntnisses nicht anders verstanden werden kann, ergibt sich aus der Begründung, in welcher ausdrücklich und ausschließlich auf die Bestimmungen des § 19 VStG eingegangen wird.

2. Dagegen bringt der Berufungswerber in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß vor, das ergangene Straferkenntnis sei rechtswidrig. Das angefochtene Straferkenntnis stütze sich im Spruch auf § 20 Abs.2 StVO 1960, während in der Begründung nur Ausführungen zu § 19 VStG enthalten seien. Im übrigen sei die Begründung mangelhaft und unrichtig, weil die Behörde den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zuerkannt habe. Außerdem seien in diesem Straferkenntnis Verfahrenskosten angelastet worden. Die Behörde hätte nach seinem Einspruch, der sich ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichtet habe, entweder eine bescheidmäßige Abweisung oder eine bescheidmäßige Herabsetzung des Strafausmaßes auf Grundlage des § 49 Abs.2 VStG verfügen müssen. Unter Punkt a) der Berufung führt der Berufungswerber noch aus, daß, falls sich der Einspruch gegen die gesamte Strafverfügung gerichtet hätte, die rechtliche Folge die Einleitung eines ordentlichen Verfahrens hätte sein müssen, welches in ein Straferkenntnis über die Tat an sich hätte münden müssen. Die von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach gewählte Mischform sei jedenfalls unzulässig.

Abschließend ersucht der Berufungswerber, das Straferkenntnis zu beheben und die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

Da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt und keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde bzw. nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden und der Entscheidung die unstrittige Aktenlage zugrundegelegt werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Vorweg wird festgehalten, daß der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bis zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1994, Zl.94/02/0027, bzw. bis zur gesetzlichen Klarstellung durch die VStG-Novelle 1995 die Ansicht des Berufungswerbers dahingehend teilte, daß nach einem Einspruch gegen die Strafhöhe in der Folge in Form eines Bescheides (und nicht Straferkenntnisses) über eine begehrte Herabsetzung der Strafhöhe entschieden hat, was insbesondere Auswirkungen auf die Verfahrenskosten iSd § 64 VStG hatte, weil ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren nur für den Fall eines Straferkenntnisses (und nicht eines Bescheides schlechthin) normiert ist. Der Verwaltungsgerichtshof führt in der zitierten Entscheidung wie folgt aus:

"Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bietet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß eine Erledigung nach § 49 Abs.2 VStG in Hinsicht auf das bekämpfte Ausmaß der verhängten Strafe kein Straferkenntnis bildet, wird doch durch einen derartigen Einspruch in diesem Umfang das ordentliche Verfahren eingeleitet, welches eben durch ein Straferkenntnis beendet wird." Schließlich wurde mit der VStG Novelle 1995, BGBl.Nr.620, § 49 Abs.2 VStG um den nunmehr letzten Satz folgenden Inhaltes ergänzt: "In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung." Auch von der herrschenden Lehre (Walter-Mayer und Hauer-Leukauf) wird die Ansicht vertreten, daß eine Entscheidung über einen Einspruch gegen die Strafhöhe ein Straferkenntnis darstellt. Die erläuternden Bemerkungen zur VStG-Novelle 1995 führen dazu noch aus: "Gleichzeitig soll durch die Verwendung des Wortes 'Straferkenntnis' in konsequenter Fortsetzung der Anordnung, daß im Fall des Einspruches das ordentliche Verfahren einzuleiten ist, verdeutlicht werden, daß die Entscheidung der Behörde auf Grund des Einspruches jedenfalls ein Straferkenntnis darstellt. § 64 Abs.1 VStG (Kostenbestimmung) ist daher anwendbar".

Der unabhängige Verwaltungssenat schließt sich der eben zitierten Judikatur und Literatur an, es ist somit der Strafeinspruch mit einem Straferkenntnis zu erledigen, sodaß gemäß § 64 VStG auch ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren zu verhängen ist. Der Spruch des Straferkenntnisses steht - und hier ist der Berufungswerber im Recht - mit der Begründung in Widerspruch. Während im Spruch einerseits die Tat (noch einmal) angelastet wird und die Strafhöhe (gleich wie in der Strafverfügung) festgesetzt wird, geht die Begründung ausschließlich auf die Strafzumessungsgründe des § 19 VStG ein.

Der Spruch dieses Straferkenntnisses war sohin zulässigerweise umzudeuten und neu zu formulieren. Die Zulässigkeit dieser Vorgangsweise durch die Berufungsbehörde ergibt sich aus § 66 Abs.4 AVG, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid abzuändern.

Der von der Erstbehörde trotz Rechtskraft wiederholte Tatvorwurf im Straferkenntnis verstößt nicht gegen den Grundsatz "ne bis in idem", kommt doch diesem Spruchteil nur deklarative Bedeutung zu. Eine Verpflichtung zur Wiederholung eines schon rechtskräftigen Spruchteiles besteht jedoch nach Meinung des unterfertigten Mitgliedes des O.ö. Verwaltungssenates nicht.

Soweit die rechtlichen Ausführungen zu dem vom Berufungswerber angeschnittenen Problemkreis, welche auch zur Folge haben, daß das Begehren des Berufungswerbers auf gänzliche Aufhebung des Straferkenntnisses (wegen Rechtskraft des Schuldspruches in der Strafverfügung) als unzulässig zurückzuweisen war.

4. Zur Strafhöhe:

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Der Strafrahmen reicht gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S.

Die Erstbehörde hat ohne aktenmäßigen Beleg und somit aktenwidrig das Vorliegen des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit ausdrücklich verneint nicht angenommen. Nach der Aktenlage (Vermerk auf der Anzeige: Keine Strafvormerkungen) ist von der Unbescholtenheit des Berufungswerbers auszugehen. Eine weitere Herabsetzung der Strafe kam jedoch nicht in Betracht, da der Unrechts-und Schuldgehalt der Tat keinesfalls als geringfügig anzusehen ist. Die Bestimmung des § 20 Abs.2 StVO 1960 dient dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer und es ist evident, daß mit zunehmender Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auch die Verkehrssicherheit zunehmend beeinträchtigt wird. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung um immerhin 37 km/h (statt 100 km/h) wird als gravierender Verstoß gewertet. Auch die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers sind nicht unterdurchschnittlich. Es war sohin die Strafe spruchgemäß festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Dr. Wegschaider

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