Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104162/9/BI/FB

Linz, 12.05.1997

VwSen-104162/9/BI/FB Linz, am 12. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn A S, R, S, vom 6. November 1996 gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. Oktober 1996, S-10003/96-3, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, sowie gegen die Höhe der in den Punkten 1) und 3) dieses Straferkenntnisses wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967 verhängten Strafen, aufgrund des Ergebnisses der am 30. April 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Punkt 2) des Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird. Im Punkt 1) wird der Berufung gegen das Strafausmaß insofern Folge gegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird. Im Punkt 3) wird die Berufung abgewiesen. Im Punkt 2) entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag, im Punkt 1) ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren. Im Punkt 3) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 100 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: §§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 19 und 45 Abs.1 Z1 zweite Alternative VStG, § 99 Abs.3a StVO 1960, §§ 102 Abs.5a und 134 Abs.1 KFG 1967. zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 24 Abs.1a iVm 99 Abs.3a StVO 1960, 2) §§ 102 Abs.5a iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und 3) §§ 42 Abs.1 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 1.500 S (48 Stunden EFS), 2) 300 S (12 Stunden EFS) und 3) 500 S (18 Stunden EFS) verhängt, weil er das Fahrzeug mit dem Kennzeichen am 27. März 1996 um 11.35 Uhr in L, J-Straße, im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten - ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" gehalten habe, obwohl hinter der Windschutzscheibe kein Ausweis gemäß § 29b Abs.3 StVO angebracht gewesen sei, abgestellt habe. auf der Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt und auf Verlangen eines Organs der Straßenaufsicht nicht ausgehändigt habe und als Zulassungsbesitzer die Verlegung des Wohnsitzes von S, E, nach S, R, am 4. März 1996 der Behörde, die den Zulassungsschein ausgestellt habe, nicht binnen einer Woche angezeigt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 230 S auferlegt.

2. In den Punkten 1) und 3) hat der Rechtsmittelwerber gegen das Strafausmaß berufen, im Punkt 2) gegen Schuld und Strafe. Die Berufung wurde seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 30. April 1996 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers und des Zeugen BI P durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen. 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei nie aufgefordert worden, den Führerschein auszuhändigen, er habe diesen aber sicher nicht, wie in der Anzeige angeführt sei, in Salzburg vergessen. Er bewahre ihn vielmehr in der Geldtasche auf und habe ihn schon deswegen ständig bei sich. Der Meldungsleger habe ihn mit Sicherheit nicht aufgefordert, ihm den Führerschein auszuhändigen. Als Zeugen dafür, daß er zu Fuß zum Wachzimmer gegangen sei, führe er J W und für die Aufbewahrung seines Führerscheins in der Geldtasche S N an. Hinsichtlich der Strafhöhe führt der Rechtsmittelwerber aus, er sei Student mit Teilzeitbeschäftigung und müsse für die Tochter Alimente bezahlen. Die Strafe würde ihn in dieser Höhe nicht maßhaltend über Gebühr treffen und bei seiner familiären Situation eine außerordentliche soziale Härte bedeuten. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört und der Meldungsleger zeugenschaftlich vernommen wurde.

Aufgrund des Beweisverfahrens ist davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber am Vorfallstag mit seinem Bekannten J W in L war und, während sich dieser in der Oberbank in der A aufhielt, seinen PKW in der J-Straße vor dem Postamt abstellte, um dort in der Telefonzelle einige Minuten zu telefonieren. Daß der PKW zu diesem Zeitpunkt im Bereich eines "Halte- und Parkverbotes - ausgenommen stark gehbehinderte Personen" abgestellt war, hat der Rechtsmittelwerber nie bestritten. Als er zum Fahrzeug zurückkam, fand er einen Verständigungszettel und beschloß, den Meldungsleger im Wachzimmer D aufzusuchen. Er holte seinen Bekannten von der Bank ab, überließ diesem das Fahrzeug und ging zu Fuß zum Wachzimmer D. Dort war der Meldungsleger allerdings nicht anwesend und der Rechtsmittelwerber wurde auf einen späteren Zeitpunkt verwiesen. Als er das Wachzimmer verließ, bemerkte er, daß sich ein Polizeibeamter zu Fuß näherte und sprach diesen an, ob er den vorgewiesenen Verständigungszettel geschrieben habe. Bei diesem Polizeibeamten handelte es sich um den Zeugen BI P, der beim darauffolgenden Gespräch, das auf dem Parkplatz vor dem Polizeiwachzimmer stattfand, erklärte, er dürfe aufgrund einer internen Anweisung bei einer mißbräuchlichen Verwendung eines "Behindertenparkplatzes" nicht mit einem Organmandat vorgehen, sondern müsse Anzeige erstatten. Der Zeuge selbst konnte sich bei der mündlichen Verhandlung zwar noch an die Tatsache des Gesprächs erinnern und daß es zu einem Disput mit dem Beschuldigten gekommen sei, konnte aber Zeitpunkt und Ort des Gesprächs nicht mehr nennen und sich auch nicht mehr daran erinnern, ob er vom Rechtsmittelwerber Führerschein und Zulassungsschein verlangt habe. Der Rechtsmittelwerber hat ausgeführt, der Meldungsleger habe mit Sicherheit keine Daten schriftlich aufgenommen und habe auch deshalb von ihm keinerlei Papiere verlangt. Allerdings seien im Wachzimmer seine Daten notiert worden. Beim Gespräch mit dem Meldungsleger sei auch nicht die Rede von einer nicht erfolgten Meldung der Übersiedlung an die Zulassungsbehörde gewesen. Offenbar habe der Beamte ihm nachhinein zu ermitteln begonnen und diesen Punkt in die Anzeige aufgenommen.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht aufgrund des mangelnden Erinnerungsvermögens des Zeugen kein Grund, am Wahrheitsgehalt der Aussage des Rechtsmittelwerbers zu zweifeln. Auch ergibt sich aus der Anzeige kein Hinweis darauf, daß der Meldungsleger selbst ihn aufgefordert hätte, ihm den Führerschein zur Überprüfung auszuhändigen. Auf die Einvernahme des vom Rechtsmittelwerber zur Verhandlung mitgebrachten Zeugen J W und der beantragten Zeugin S N wurde daher verzichtet.

In rechtlicher Hinsicht ist im Hinblick auf Punkt 2) des Straferkenntnisses auszuführen, daß gemäß § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 der Lenker den Führerschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen hat. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Erkenntnis v 30. November 1984, 83/17/0121) besteht eine Verpflichtung zum Mitführen nur, wenn zwischen dem Lenken des Kraftfahrzeuges und der späteren Überprüfung ein enger Zusammenhang in zeitlicher, räumlicher und sachlicher Hinsicht besteht. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte nicht geklärt werden, wer den Rechtsmittelwerber tatsächlich aufgefordert hat, den Führerschein zur Überprüfung auszuhändigen, wobei aber mit Sicherheit feststeht, daß es nicht der Meldungsleger war. Dieser konnte sich auch nicht mehr an den Anlaß seiner Ermittlungen im Hinblick auf die Änderung des Wohnsitzes des Rechtsmittelwerbers innerhalb des Stadtgebietes Salzburg und der nicht vorgenommenen Meldung an die Zulassungsbehörde erinnern. Zu vermuten bleibt deshalb, daß im Wachzimmer die Daten des Rechtsmittelwerbers notiert und vom Meldungsleger offenbar routinemäßig nachgeforscht wurden. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß, wenn der Rechtsmittelwerber von einem Beamten im Wachzimmer D zum Aushändigen seines Führerscheines aufgefordert wurde, was nicht mehr zu eruieren war, dies jedenfalls eine Viertel- bis eine halbe Stunde nach Beendigung des Lenkens des Fahrzeuges erfolgt sein muß, sodaß von einem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Lenken des Fahrzeuges keine Rede mehr sein kann. Die Grundlage für die Anschuldigung, er habe den Führerschein nicht mitgeführt, bleibt unerfindlich. Es war daher mit der Einstellung des Verfahrens im Punkt 2) vorzugehen.

Zur Strafbemessung hinsichtlich der Punkte 1) und 3) des Straferkenntnisses ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Die Erstinstanz hat ihren Überlegungen zur Strafbemessung ein Nettomonatseinkommen des Rechtsmittelwerbers von ca 10.000 S zugrundegelegt und auch die Sorgepflicht für die Tochter berücksichtigt. Festgestellt wurde weiters, daß der Rechtsmittelwerber sowohl in Salzburg als auch in Linz verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, und dieser Umstand als Milderungsgrund gewertet. Erschwerend waren keine Umstände. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber einen Gehaltszettel zur Einsichtnahme vorgelegt, aus dem sich ergibt, daß er ein Einkommen von knapp über 10.000 S netto monatlich bezieht. Er hat außerdem geltend gemacht, er müsse für die Tochter 3.000 S im Monat bezahlen. Es hat sich daher hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse keine Änderung gegenüber den Annahmen der Erstinstanz ergeben. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist der Unrechtsgehalt einer Übertretung in Verbindung mit einer Benützung eines für dauernd stark gehbehinderte Personen vorgesehenen Parkplatzes durch einen nicht darunter fallenden Fahrzeuglenker erheblich, wobei auch von einem geringfügigen Verschulden nicht auszugehen ist, weil jeder Kraftfahrzeuglenker verpflichtet ist, entsprechende Halte- und Parkverbote zu beachten. Die von der Erstinstanz im Punkt 1) verhängte Geldstrafe entspricht diesem Unrechts- und Schuldgehalt vollinhaltlich, sodaß eine Überschreitung des der Erstinstanz bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraumes nicht festzustellen war. Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe war daher nicht gerechtfertigt, wohl aber eine geringfügige Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe.

Im Punkt 3) des Straferkenntnisses sind sowohl Geld- als auch Ersatzfreiheitsstrafe so gering bemessen, daß eine weitere Herabsetzung nicht gerechtfertigt war.

Die verhängten Strafen liegen insgesamt an der Untergrenze der gesetzlichen Strafrahmen und halten sowohl general- wie auch spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Führerscheinaushändigung - zeitlicher Zusammenhang mit Lenken

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