Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104185/2/BI/FB

Linz, 27.05.1997

VwSen-104185/2/BI/FB Linz, am 27. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn K S, T, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R N, B, W, vom 20. November 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Oktober 1996, VerkR96-762-1996-Hu, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967 und der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis im Punkt 1) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird. Im Punkt 2) des Straferkenntnisses wird die Berufung hinsichtlich Schuld und Strafe abgewiesen. Im Punkt 1) entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag. Im Punkt 2) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 160 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG, §§ 100 iVm 134 Abs.1 KFG 1967, §§ 21 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960. zu II.: §§ 64 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 100 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und 2) §§ 21 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 400 S (24 Stunden EFS) und 2) 800 S (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 17. November 1995 gegen 16.30 Uhr im Gemeindegebiet von P auf der W A, ca bei Strkm 177,00 in Richtung W den PKW gelenkt und dabei 1) vorschriftswidrig Blinkzeichen abgegeben und 2) sein Fahrzeug, ohne daß es die Verkehrssicherheit erfordert habe, jäh und für den Lenker eines nachkommenden Fahrzeuges überraschend abgebremst habe, sodaß andere Straßenbenützer dadurch gefährdet und behindert worden seien. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 120 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 und 2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber kritisiert zunächst die Beweiswürdigung der Erstinstanz und verweist darauf, daß er sich an einen solchen Vorfall nicht erinnern könne und die Überprüfung, ob er sein Fahrzeug zum angeblichen Vorfallszeitpunkt überhaupt selbst gelenkt habe, so ausgefallen sei, daß er dieses ausschließen könne. Seine Verantwortung sei nicht einmal durch ein einziges Beweismittel widerlegt oder in Frage gestellt worden, sodaß er nicht nachvollziehen könne, auf welcher Grundlage die Erstinstanz davon ausgegangen sei, daß er selbst das Fahrzeug gelenkt habe. Aus demselben Grund habe für ihn keine Veranlassung bestanden, einen Entlastungszeugen namhaft zu machen. Die Erstinstanz hätte daher entweder ihm Glauben zu schenken und das Verfahren einzustellen gehabt oder durch neuerliche Einvernehmung der Zeugen zu klären gehabt, wer das Fahrzeug gelenkt hätte. Ebenso hätte eine Möglichkeit nach § 103 KFG bestanden. Er beantragt daher, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß der Zeuge Fulchir am 17. November 1995 etwa um 17.00 Uhr den Gendarmerieposten E aufsuchte, um dort Anzeige gegen den unbekannten Lenker des PKW , eines schwarzen VW-Golf, zu erstatten. Der Zeuge war als Lenker des LKW-Zuges mit Anhänger auf der A Richtung A unterwegs, um dort Richtung W weiterzufahren. Laut seinen Angaben überholte er ca 2 km vor dem Knoten H einen relativ langsam fahrenden LKW, wobei ein schwarzer Golf, der bei Beginn des Überholmanövers im Rückspiegel für ihn noch sehr weit hinten erkennbar war, auf den LKW-Zug aufschloß, während der Lenker mehrmals die Lichthupe betätigte. Der Zeuge hat ausgesagt, daß nach Beendigung des Überholmanövers und dem Wiedereinordnen des LKW-Zuges auf dem rechten Fahrstreifen der PKW überholte, vor dem LKW-Zug auf dem rechten Fahrstreifen eingereiht und plötzlich ohne zwingenden Grund stark und überraschend abgebremst wurde, worauf der Zeuge seinen LKW-Zug stark abbremsen mußte, um einen Auffahrunfall zu verhindern. Bei seiner Einvernahme am 8. Mai 1996 hat der Zeuge F angegeben, er habe den LKW-Zug auf der A zur A mit 80 bis 85 km/h gelenkt, die Geschwindigkeit aber aufgrund des Bremsmanövers des schwarzen Golf auf ca 50 km/h reduzieren müssen. Bei einem Versuch, diesen PKW zu überholen, habe dieser wieder beschleunigt, um kurz darauf das Fahrzeug wieder ohne jeden Grund plötzlich abzubremsen. Diese Vorgänge hätten sich bis zur Ausfahrt T mehrere Male wiederholt, dann habe er den PKW aus dem Blickfeld verloren. Er sei seit 10 Jahren als Kraftfahrer im Fernverkehr tätig, aber so etwas sei ihm in diesem Ausmaß noch nie passiert. Der Beifahrer im LKW-Zug, der Zeuge L, hat bei seiner Einvernahme im Juli 1996 die Schilderungen des Anzeigers inhaltlich gleich geschildert und angegeben, der Lenker des PKW habe auf dem rechten Fahrstreifen mehrmals die Bremse betätigt und sei sehr langsam gefahren, habe dann aber wieder beschleunigt, als Herr F ihn überholen wollte. Einmal habe er so stark abgebremst, daß Herr F sogar eine Notbremsung durchführen mußte. Aufgrund dieses Vorfalls sei dann Anzeige erstattet worden.

Der Rechtsmittelwerber hat zunächst geäußert, er könne sich an einen solchen Vorfall überhaupt nicht erinnern. Laut Stellungnahme vom 17. April 1996 sei er gerade im Begriff, die Fahrtaufzeichnungen zu überprüfen, ob er den PKW zum damaligen Zeitpunkt überhaupt gelenkt habe. Er hat solches damals grundsätzlich nicht ausgeschlossen, sich aber auch darauf berufen, daß es sich bei den Angaben der Zeugen um einen Irrtum oder eine Verwechslung handeln könnte. Nach Kenntnisnahme der Aussagen beider Zeugen hat der Rechtsmittelwerber ausgeführt, er habe nun herausgefunden, daß er mit Sicherheit an diesem Vorfall nicht beteiligt gewesen sei, wobei er zwar eingeräumt hat, sehr häufig auf der W in beiden Fahrtrichtungen unterwegs zu sein, aber sicher nicht zum fraglichen Zeitraum und nicht auf der A. An diesem Tag sei er überhaupt nicht mit seinem PKW unterwegs gewesen, weil er sich in W aufgehalten habe und wenn überhaupt, mit dem Fahrzeug seiner Freundin unterwegs gewesen sei. Er versuche aber gerade, Überprüfungen anzustellen, wem er allenfalls sein Fahrzeug überlassen haben könnte. Im übrigen sollten die Zeugen nochmals einvernommen werden, weil er verschiedene Widersprüchlichkeiten aufgedeckt habe, insbesondere die, daß zunächst ein Vorfall auf der A geschildert worden wäre, dann hätte sich der Vorfall schon auf der A bis zur Ausfahrt T auf der A hingezogen und überdies sei von einer mehrfachen Behinderung des LKW-Zuges nie die Rede gewesen. Die Schilderung der Zeugen sei schon insofern nicht erklärbar, weil für das Überholen eines LKW-Zuges eine Differenzgeschwindigkeit von 20 bis 30 km/h erforderlich sei, sodaß beim Einordnen auf dem rechten Fahrstreifen jedenfalls ein solcher Tiefenabstand bestehen müßte, daß selbst ein Bremsen des vorne fahrenden PKW zu keiner problematischen Situation für den LKW führen könnte. Außerdem sei aufgrund dieses Tiefenabstandes zu bezweifeln, ob der LKW-Lenker überhaupt wahrnehmen konnte, ob ein allfälliges Bremsen des Vorderfahrzeuges nicht doch verkehrsbedingt, zB Wildwechsel oder Gegenstände auf der Fahrbahn, gewesen sei.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Zur Frage der Lenkereigenschaft des Rechtsmittelwerbers im gegenständlichen Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, daß sich die Anzeige gegen den unbekannten Lenker des schwarzen Golf - das Kennzeichen wurde von beiden Zeugen bestätigt, sodaß eine Verwechslung auszuschließen ist - richtete, der sich laut Aussage des Zeugen F allein im Fahrzeug befunden hat. Etwas anderes wurde von den Zeugen auch im erstinstanzlichen Verfahren nie behauptet, sodaß deren neuerliche Einvernahme dahingehend keine weitere Klärung erwarten läßt und daher verzichtbar ist.

Die Erstinstanz hat den Rechtsmittelwerber als verantwortlichen Lenker bezeichnet und dies damit begründet, er habe zwar Behauptungen aufgestellt, aber keine Beweise angeboten, ja solches nicht einmal versucht. Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates erschöpft sich die Beschuldigtenverantwortung im wesentlichen darin, daß sich der Rechtsmittelwerber an nichts erinnert und offenbar ein Jahr nach dem Vorfall immer noch damit beschäftigt ist, seine Fahrtaufzeichnungen zu durchforsten, um doch noch einen Lenker seines PKW für den Vorfallszeitpunkt zu finden. Richtig ist, daß an ihn keine Lenkeranfrage nach § 103 Abs.2 KFG 1967 ergangen ist, jedoch ist davon auszugehen, daß, hätte der Rechtsmittelwerber tatsächlich den PKW zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht gelenkt, er diesen Umstand von sich aus sofort und unter Anbot von Zeugen oder sonstigen Beweismitteln nachhaltigst deponiert hätte, ohne auf eventuelle Lenkeranfragen, zu denen die Behörde im übrigen nicht verpflichtet ist, zu warten. Seine in der Berufung erstmals vorgebrachten Ausführungen, er sei nie auf der A unterwegs und überhaupt in W gewesen und auch da mit dem Fahrzeug seiner Freundin gefahren, sind bloße Behauptungen, die im Hinblick auf ihre Überprüfbarkeit näher zu präzisieren dem Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ohne nochmalige Nachfrage durch die Behörde obliegt. Die Führung eines diesbezüglichen Beweisverfahrens ist auf Grund der Ungenauigkeit der Angaben nicht möglich, zumal sowohl der Name der Freundin als auch ein sonstiges Beweisanbot für diesen behaupteten Wienaufenthalt tunlichst vermieden wurden. Allein schon aufgrund dieser letztlich nichtssagenden Beschuldigtenverantwortung geht der unabhängige Verwaltungssenat im Einklang mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Erkenntnis v 19. Juni 1996, 96/03/0046 ua) davon aus, daß der Rechtsmittelwerber selbst den PKW zum damaligen Zeitpunkt gelenkt hat, auch wenn er sich an nichts erinnern kann. Im übrigen vermag der unabhängige Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen der beiden Zeugen zu finden, zumal der Zeuge Fulchir bereits bei der Anzeigeerstattung ausgeführt hat, daß der auslösende Überholvorgang ca 2 km vor dem Knoten H stattgefunden hat, wobei als Ort der Übertretung km 177,0 der A, nämlich der Knoten H, auch seiner Zeugenaussage vom 8. Mai 1996 entspricht. Richtig ist, daß in der Anzeige nicht angeführt ist, daß die Fahrt zunächst auf der A und dann auf der A stattgefunden hat; dieser Umstand wurde aber innerhalb der Verjährungsfrist, die mit 17. Mai 1996 endete, ergänzt, und der Zeuge hat nie behauptet, auf der A zum Knoten H gefahren zu sein. Widersprüche sind daher nicht erkennbar. Außerdem wurden die Angaben des Anzeigers vom Zeugen L inhaltlich bestätigt.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß ein Kraftfahrer, der schon beruflich mit komplizierten Verkehrssituationen umzugehen gelernt hat, sicher nicht grundlos und unmotiviert mit einem LKW-Zug die Autobahn verläßt, um beim nächstgelegenen Gendarmerieposten Anzeige zu erstatten. Zum Inhalt der Zeugenaussagen ist auszuführen, daß nach logischen Überlegungen die Argumente des Rechtsmittelwerbers bezüglich der Geschwindigkeitsdifferenz beim Überholen eines PKW gegenüber einem LKW-Zug sicher berechtigt sind, jedoch schließt dies nicht aus, daß im speziellen Fall der Lenker nicht nach logischen Kriterien gehandelt hat. Nach den durchaus glaubwürdigen und nachvollziehbaren Schilderungen der Zeugen ist jedenfalls davon auszugehen, daß der PKW-Lenker offenbar nicht beabsichtigte, einen "normalen" Überholvorgang durchzuführen, um möglichst schnell die Fahrt fortsetzen zu können, sondern er beschloß - aus den Grundsätzen der Logik nicht zugänglichen Gründen - offenbar, den LKW-Lenker etwas zu ärgern und veranlaßte ihn durch grundlose Bremsmanöver seinerseits zu unvorhersehbaren und überraschenden Bremsmanövern, ja sogar zu einer Notbremsung. Sogar der Beifahrer konnte sich acht Monate nachher noch daran erinnern, daß der LKW-Lenker aufgrund dieses Vorfalls sogar zur Autobahnraststätte A fuhr, offenbar um nicht weiter dem Verhalten des PKW-Lenkers ausgesetzt zu sein. Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses: Gemäß § 100 Satz 2 KFG dürfen Blinkzeichen - außer mit Alarmblinkanlagen - nicht durch längere Zeit abgegeben werden. Dem Rechtsmittelwerber wurde vorgeworfen "vorschriftswidrig Blinkzeichen abgegeben" zu haben. Aus den Schilderungen des Zeugen F ergibt sich, daß der PKW während des Überholvorgangs des LKW-Zuges auf diesen aufgeschlossen hat, wobei ihn der Lenker "mehrmals mit der Lichthupe angeblinkt" habe. In einem ähnlich gelagerten Fall hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. August 1990, 89/02/0221, ausgeführt, daß der allgemeine Verweis, der Beschwerdeführer habe vor dem Überholvorgang "mehrmals" die Lichthupe betätigt, nicht ausreicht, um die Richtigkeit der Subsumtion des Verhaltens des Beschwerdeführers unter die genannte Gesetzesstelle prüfen zu können. Da im gegenständlichen Fall aufgrund der verstrichenen Zeit eine noch genauere Schilderung dieses Vorfalls durch den Zeugen nicht zu erwarten ist, war im Zweifel mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vorzugehen.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses: Gemäß § 21 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker das Fahrzeug nicht jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, daß es die Verkehrssicherheit erfordert. Wie bereits oben ausgeführt, bestehen für den unabhängigen Verwaltungssenat keinerlei Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Zeugen F im Hinblick darauf, daß der Rechtsmittelwerber, nachdem er den LKW-Zug des Zeugen überholt und sich auf dem rechten Fahrstreifen unmittelbar davor eingereiht hatte, seinen PKW für den Zeugen unvorhersehbar und überraschend abbremste, ohne daß ein zwingender Grund dafür bestanden hätte. Der Zeuge hat ausgeführt, daß zum damaligen Zeitpunkt reges Verkehrsaufkommen geherrscht habe, jedoch sei für ihn kein Grund für ein derartiges Bremsmanöver ersichtlich gewesen. Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt unter Hinweis auf die obigen Ausführungen die Auffassung, daß dem Zeugen die Beurteilung der vor seinem LKW-Zug bestehenden Verkehrssituation und damit der Erforderlichkeit eines Bremsmanövers schon aufgrund seiner erhöhten Sitzposition als Lenker eines LKW und des damit verbundenen weiterreichenden Überblicks möglich ist, wobei einem berufsmäßigen LKW-Fahrer zuzumuten ist, beurteilen zu können, ob ein Bremsmanöver aus der jeweiligen Verkehrssituation heraus überhaupt und in dieser Intensität erforderlich ist, oder ob ein PKW-Lenker aus Gründen, die nur in seiner Fantasie existieren, gefährliche Verkehrssituationen hervorruft. Daß die Abgabe der optischen "Warnzeichen" mittels Lichthupe, wie auch der Zeuge anklingen ließ, offenbar deswegen erfolgte, weil sich der PKW-Lenker durch den überholenden LKW-Zug in seiner "Bewegungsfreiheit" eingeschränkt sah, mag noch einigermaßen verständlich sein, wenn man bedenkt, daß sich der Vorfall an einem Freitag-Nachmittag auf einer stark frequentierten Autobahn ereignete. Das weitere Verhalten des Rechtsmittelwerbers ist jedoch nicht mehr mit Geduldmangel erklärbar, weil nämlich gerade die von den Zeugen geschilderten Bremsmanöver viel Zeit beanspruchen und damit genau der gegenteilige Effekt erreicht wird. Die vom Rechtsmittelwerber eingewendeten möglichen Gründe für diese Bremsmanöver, nämlich Wildwechsel oder Gegenstände auf der Fahrbahn, hätten jedenfalls auch den Zeugen auffallen müssen, weil Wildwechsel normalerweise vom Fahrbahnrand her erfolgt und bei Gegenständen auf der Fahrbahn zum einen ein Bremsen allein ohne Auslenken nicht genügt und zum anderen ein solcher idR auch vom nachkommenden Lenker passiert wird. Im übrigen hat auch der Zeuge L, der ebenfalls Berufskraftfahrer ist, nichts davon erwähnt, daß das sonstige Verkehrsgeschehen um die beiden Fahrzeuge ein derartiges Bremsmanöver erfordert hätte. Daß sich vor dem Beschuldigtenfahrzeug unmittelbar keine weiteren Fahrzeuge befunden haben, die ein derartiges Bremsmanöver erforderlich gemacht hätten, ergibt sich schon daraus, daß der Zeuge F angeführt hat, daß, als er aufgrund der niedrigen Geschwindigkeit des PKW beabsichtigt habe, diesen zu überholen, dieser beschleunigt habe, sodaß er sich wieder entschlossen habe, doch hinter diesem PKW zu bleiben und dieser habe daraufhin erneut abgebremst. Auch wenn der Rechtsmittelwerber in der Stellungnahme vom 10. September 1996 bezweifelt, ob aufgrund des Tiefenabstandes für den LKW-Lenker überhaupt wahrnehmbar gewesen sei, ob ein allfälliges Bremsen des Vorderfahrzeuges nicht doch verkehrsbedingt gewesen sei, so ist dem entgegenzuhalten, daß der im nachhinein ziffernmäßig nicht mehr eruierbare Tiefenabstand zwischen den beiden Fahrzeugen jedenfalls so gering gewesen sein muß, daß der Zeuge die Einleitung eines Überholmanövers ernsthaft in Erwägung gezogen hat. Eine eventuelle unklare Verkehrssituation hätte aufgrund der Übersichtlichkeit der Straßenstrecke und der dort bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h auch dem Zeugen Fulchir bei der Nachfahrt auffallen müssen und hätte ihm damit das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zumindest soweit erklärlich gemacht, daß er mit Sicherheit nicht mit dem LKW-Zug die Autobahn in E verlassen hätte, um Anzeige zu erstatten.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zu der Auffassung, daß von einer Verkehrssituation, die ein oder mehrere solche Bremsmanöver erfordert hätte, nicht die Rede sein kann und auch keine unklare Verkehrssituation vorlag. Die Schilderungen der Zeugen lassen den Schluß zu, daß der Rechtsmittelwerber dem Lenker des LKW-Zuges, der sich erlaubt hatte, auf sein Entgegenkommen beim Überholen des langsamen LKW zu vertrauen, einen "Denkzettel" verpassen wollte, um seinem Unmut über die kurzfristige Behinderung entsprechend Nachdruck zu verleihen. Auf der Grundlage der schlüssigen und glaubwürdigen Zeugenaussagen besteht daher kein Zweifel, daß diese grundlosen Bremsmanöver jäh und für den Zeugen F überraschend erfolgten, wobei durch die Veranlassung eines nachfolgenden LKW-Lenkers zu einer Notbremsung bei starkem Verkehrsaufkommen zweifellos andere Straßenbenützer, nämlich die beiden Zeugen, behindert wurden, aber aufgrund des massebedingt längeren Bremsweges des LKW-Zuges auch der Rechtsmittelwerber selbst gefährdet wurde. Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen zur Lenkereigenschaft des Rechtsmittelwerbers besteht daher beim unabhängigen Verwaltungssenat kein Zweifel daran, daß dieser den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen: Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Rechtsmittelwerber hat seine finanziellen Verhältnisse nicht bekanntgegeben und auch die Schätzung der Erstinstanz auf ein Monatseinkommen von 20.000 S netto, der Sorgepflicht für ein Kind und dem Nichtbestehen von Vermögen nicht angefochten, sodaß auch im Rechtsmittelverfahren davon auszugehen war. Zutreffend wurde von der Erstinstanz die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt und erschwerend kein Umstand gewertet. Auf dieser Grundlage vermag der unabhängige Verwaltungssenat keine Überschreitung des der Erstinstanz bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraumes zu erblicken. Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: mehrfache Blinkzeichen reichen für Tatbestand des § 100 KFG nicht aus; grundlose Bremsmanöver erfüllen bei starkem Verkehrsaufkommen Tatbestand des § 21 Abs.1 - Berufs-LKW-Fahrer ist Beurteilung der Verkehrssituation zumutbar.

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