Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104193/2/Weg/Ri

Linz, 09.12.1996

VwSen-104193/2/Weg/Ri Linz, am 9. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des J K vom 19. November 1996 gegen das (nach Behauptung des Berufungswerbers nicht zugestellte) Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17. Juni 1996, VerkR96, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird zurückgewiesen und festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis nicht ordnungsgemäß zugestellt und somit noch nicht erlassen wurde.

Rechtsgrundlage:

§ 63 Abs.5, § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 VStG, § 16 iVm § 4 Zustellgesetz.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 lit. n iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 schuldig erkannt und dieses Straferkenntnis an den Beschuldigten mit der Adresse , zuzustellen versucht. Nach dem diesbezüglichen Rückschein wurde diese RSb-Sendung von Frau A H übernommen und diese Frau als Mitbewohner der Abgabestelle bezeichnet.

2. Mit Schreiben vom 19. November 1996 stellte der Beschuldigte bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zum Akt VerkR96 einen Antrag auf Zustellung eines Bescheides und behauptet sinngemäß, daß das Straferkenntnis nicht gültig zugestellt worden sei. Das Straferkenntnis sei ihm bis heute nicht zugegangen. Eine Ersatzzustellung hätte nur an seine Ehegattin E K erfolgen können, da diese die einzige erwachsene Person ist, die an der selben Abgabestelle wohnt.

Die Abgabestelle iSd § 4 Zustellgesetz sei auf den gegenständlichen Fall bezogen die Wohnung des Empfängers.

Unter Wohnung verstehe man eine Raumeinheit, die der Empfänger tatsächlich zu Wohnzwecken benützt. Infolge der unwirksamen Zustellung habe noch keine Berufungsfrist zu laufen begonnen, sodaß - weil eben keine Frist versäumt worden sei - auch eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht komme.

Der Berufungswerber vermeint weiters, daß nach der Judikatur gewisse Akte (zB Berufung) schon vor der Zustellung gesetzt werden könnten, weshalb er gegen den Nicht-Bescheid das Rechtsmittel der Berufung einlege. Die Begründung hiezu werde er umgehend nach Zustellung des Bescheides nachbringen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat ergänzende Ermittlungen durchgeführt und erkundet, daß Frau A H zwar im selben Haus wie der Berufungswerber, aber nicht in der selben Wohnung wohnt und daß Frau A H Eigentümerin dieses Hauses und somit Vermieterin jener Wohnung ist, in welcher J K wohnt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

a) Dem Beschuldigten ist hinsichtlich der Argumentation der nicht gültigen Ersatzzustellung beizutreten.

Offenbar konnte das Straferkenntnis dem Empfänger nicht selbst zugestellt werden und nahm der Postbote an die empfangsbereite A H eine Ersatzzustellung vor. Nach § 16 Abs.2 Zustellgesetz kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an der selben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt .....

Die Abgabestelle ist im § 4 des Zustellgesetzes definiert und wird darunter ua die Wohnung des Empfängers bezeichnet.

Unter Wohnung wird nach der Judikatur eine nach außen hin abgeschlossene Raumeinheit oder Raummehrheit zu verstehen sein. Eine in einer anderen Wohnung des selben Hauses in Unterkunft stehende Person ist keine solche (Person), die an der selben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt. Sohin war die vorgenommene Zustellung nicht rechtmäßig und gilt das Straferkenntnis nicht als zugestellt, zumal der Beschuldigte unwiderlegbar behautpet, daß das Straferkenntnis ihm niemals zugekommen sei. Nach dem Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens (Hauer/Leukauf, 5. Auflage) ist unter Fußnote 6 zu § 16 des Zustellgesetzes angeführt, daß Vermieter (A H ist Vermieterin) grundsätzlich als Ersatzempfänger ausscheiden.

Das Straferkenntnis gilt aus obigen Gründen nicht als erlassen.

b) Nicht beigetreten werden kann der Rechtsansicht des Berufungswerbers, daß gegen einen nicht erlassenen Strafbescheid eine Berufung eingebracht werden kann.

Aus der Textierung des § 63 Abs.5 AVG ergibt sich, daß die Erhebung der Berufung vor Erlassung des Bescheides unzulässig ist. Die vom Berufungswerber angeführte Judikatur, daß bereits vor Erlassung eines Bescheides Berufung eingebracht werden könne, ist nur für das Mehrparteienverfahren zutreffend, wobei in diesem Fall der VwGH bei der übergangenen Partei einen Verzicht auf die Zustellung des Bescheides annimmt.

Diese Konstellation trifft jedoch im gegenständlichen Fall nicht zu, sodaß - weil noch kein Straferkenntnis erlassen wurde - in Befolgung des § 66 Abs.4 AVG die Berufung zurückzuweisen war. § 66 Abs.4 AVG verbietet es, eine Sachentscheidung zu treffen, wenn die Berufung als unzulässig zurückzuweisen ist.

Insgesamt bedeutet dies, daß ein allfälliges Rechtsmittel gegen das Straferkenntnis erst nach erfolgter wirksamer Zustellung eingebracht werden kann.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Wegschaider

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