Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104228/5/Fra/Ka

Linz, 24.06.1997

VwSen-104228/5/Fra/Ka Linz, am 24. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau W A, vertreten durch RA Dr. J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 7.11.1996, VerkR96-19261-1996-Kb, wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 8.000 S (EFS 8 Tage) verhängt, weil sie am 10.8.1996 um 16.07 Uhr das Motorrad mit dem Kz.: im Gemeindegebiet Pöndorf auf der Kobernaußer-Landesstraße, Strkm. 6,973, von Richtung Straßwalchen kommend in Richtung Ried/I. gelenkt und hiebei die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 85 km/h überschritten hat.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 13.12.1996 dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor. An diesen richtete sich auch die Berufungsergänzung vom 10.3.1997. Diese enthält eine unterschriebene Lenkerauskunft des Zulassungsbesitzers mit dem Inhalt, daß das Kraftfahrzeug am 10.8.1996 um 16.07 Uhr, vom Zulassungsbesitzer selbst gelenkt wurde. In der Berufungsergänzung führt die Bw aus, daß sie das Motorrad ihres Gatten zwar ab und zu lenken würde, zum gegenständlichen Zeitpunkt hätte sie dieses aber nicht gelenkt, sondern ihr Gatte W, der Zulassungsbesitzer und Eigentümer dieses Fahrzeuges sei. Wie entsprechende Recherchen ergeben hätten, sei sie am 1. Samstag im August mit dem Motorrad nach Ried gefahren, das war aber nicht der 10.8.1996, sondern der 3.8.1996. Da sie vorerst der irrigen Meinung gewesen wäre, dieses Fahrzeug am 10.8.1996 im Sinne des behördlichen Lenkerauskunftsersuchens gelenkt zu haben, weil dies auch ein Samstag war, hätte sie am 4.9.1996 Punkt a des von der Behörde zur Verfügung gestellten Formulares ausgefüllt und angegeben, daß sie damals das Motorrad gelenkt hätte. Daß es sich dabei um ihre eigene Auskunft gehandelt habe und nicht um jene des Zulassungsbesitzers, ergebe sich aus dem Absender des am 6.9.1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau eingelangten Schreibens. Sie habe vorerst die Angelegenheit vor ihrem Ehemann geheimhalten wollen und hätte ihm das behördliche Lenkerauskunftsersuchen nicht gezeigt und ihm auch nicht mitgeteilt, daß sie dieses beantwortet hätte. Als sie aber daraufgekommen sei, daß sie damals ja ohnehin nicht selbst gefahren sei, hätte sie die Sache mit ihm erörtert. Da mit dem gegenständlichen Tatvorwurf auch ein zweiwöchiger Lenkerberechtigungsentzug einhergehe, hätten sie sich entschlossen, daß ihr Gatte als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist die ihm abverlangte und bisher noch nicht erteilte Lenkerauskunft abgebe. Weiters führt die Bw aus, daß - da mangels Lenkereigenschaft über sie eine Bestrafung wegen der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht verhängt werden könne - sie sämtliche Argumente und Beweisanträge zur Frage der Tauglichkeit und Richtigkeit der damals vom Gendarmeriebeamten festgestellten Geschwindigkeit zurückziehe und auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichten würde. Weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c VStG). Da sich die spruchgemäße Entscheidung bereits aus der Aktenlage ergab, konnte von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich legt seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos 5310 Mondsee vom 15.8.1996, GZ. P-1182/96/Ols, wurde Herr Wr, Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kz.: , von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mit Schreiben vom 28.8.1996 (Lenkerauskunft) aufgefordert mitzuteilen, wer oben genanntes Kraftfahrzeug am 10.8.1996 um 16.07 Uhr im Gemeindegebiet Pöndorf auf der Kobernaußer Landesstraße, Strkm.6,973 in Richtung Ried/I. gelenkt hat. Dieses Schreiben (Lenkerauskunft) wurde am 30.8.1996 zugestellt und von der Bw entgegengenommen. Von dieser wurde die Lenkerauskunft mit dem Inhalt, daß zur Tatzeit Frau W das Kraftfahrzeug gelenkt hat ausgefüllt und ohne vom Zulassungsbesitzer unterschrieben worden zu sein an die Behörde zurückgeschickt, was am 6.9.1996 einlangte. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.11.1996 wurde die Berufungswerberin wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 bestraft. In ihrer Begründung ging die Behörde davon aus, daß die Verwaltungsübertretung aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos 5310 Mondsee vom 15.8.1996 und der Lenkerauskunft des Gatten der Bw, Herrn W, festgestellt und als erwiesen anzusehen ist. Dagegen erhob die Bw das Rechtsmittel der Berufung und ergänzte dieses mit Schreiben vom 10.3.1997 an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage. Aus dieser geht auch hervor, daß die Erstbehörde ein von Frau Walpurga Aigner an sie gerichtetes Schreiben als Lenkerauskunft ansah, ohne sich von der Richtigkeit des Schreibens zu überzeugen. Aufgrund der Lenkerauskunft vom 8.3.1997 und der Angaben der Bw, die durchaus nachvollziehbar und nicht zu widerlegen sind, kann nicht als erwiesen angenommen werden, daß die Bw das Kraftfahrzeug zur Tatzeit gelenkt hat. Aus dieser Lenkererhebung ergibt sich vielmehr, daß der Zulassungsbesitzer selbst das Kraftfahrzeug gelenkt hat. Ob diese Angabe der Wahrheit entspricht, ist jedoch aufgrund der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung ohne Bedeutung.

5. Der oa. Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 hat Auskünfte darüber, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Auch wird in der von der Behörde an Herrn W gerichteten Lenkererhebung, wonach Herr W als Zulassungsbesitzer hervorgeht, ausdrücklich auf § 103 leg.cit. hingewiesen und gemäß dieser Bestimmung der Zulassungsbesitzer zur Auskunft aufgefordert. Das Schreiben vom 4.9.1996, in dem die Bw der Behörde mitteilt, daß sie das Kraftfahrzeug zur Tatzeit gelenkt habe, darf daher von der Behörde keinesfalls als Lenkerauskunft im Sinne des § 103 Abs.2 leg.cit. angesehen werden. Sie hätte dies erkennen müssen, zumal das Schreiben nicht einmal unterfertigt wurde und auch am Kuvert als Absender nicht der Zulassungsbesitzer, sondern Frau W ersichtlich ist. Auch wäre die Behörde im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung verpflichtet gewesen, die erteilte Auskunft zu überprüfen. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Auch kann Herr Walter Aigner nicht mehr bestraft werden, da aufgrund der versäumten Verfolgungshandlung - eine Aufforderung zur Lenkerauskunft stellt keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG dar (vgl. VwGH 24.6.1988, 88/11/0137) - Verfolgungsverjährung eingetreten und gemäß § 31 Abs.1 VStG eine Verfolgung unzulässig ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. F r a g n e r

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