Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104251/9/Bi/Fb

Linz, 21.03.1997

VwSen-104251/9/Bi/Fb Linz, am 21. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Wegschaider, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitz: Dr. Weiß) über die Berufung des Herrn E S, K, R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E & Partner, S, M, vom 4. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 13. Juni 1995, VerkR96-7627-1994, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 27. Februar 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen verhängt, weil er sich am 14. September 1994 um 23.15 Uhr nach vorschriftsmäßiger Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl der begründete Verdacht bestanden habe, daß er sich beim vorherigen Lenken des PKW auf der K in R in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Als Tatort der Verweigerung wurde der Bereich vor dem Haus K in R bezeichnet.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.500 S auferlegt.

Das Straferkenntnis wurde am 13. Juni 1995 dem Rechtsmittelwerber gegenüber mündlich verkündet. Auf eine Berufung und eine schriftliche Bescheidausfertigung wurde von ihm verzichtet.

2. Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 1996 wurde fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung, jedoch mit einer umfangreichen Äußerung, dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).

Am 27. Februar 1997 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters Dr. P und des Zeugen H F durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, das angefochtene Straferkenntnis sei ihm persönlich gegenüber verkündet bzw ihm die schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses ausgehändigt und hiemit zugestellt bzw zuzustellen versucht worden (?), ohne daß es zu einer Auflösung des Bevollmächtigungsverhältnisses mit Dr. T W, Rechtsanwalt in M, das auch eine Zustellvollmacht umfasse, gekommen wäre.

Das Straferkenntnis hätte somit seinem Rechtsvertreter zugestellt werden müssen, weswegen die Verkündung des mündlichen Bescheides ihm gegenüber nicht rechtmäßig gewesen sei und somit die zweiwöchige Berufungsfrist nicht in Gang gesetzt habe. Ein wirksamer Rechtsmittelverzicht sei nur nach rechtswirksamer Zustellung möglich. Am 3. Dezember 1996 habe der Rechtsvertreter bei der Behörde das Straferkenntnis vom 13. Juni 1995 kopiert, womit der bisher bestanden habende Zustellmangel geheilt, die zweiwöchige Berufungsfrist in Gang gesetzt und daher die gegenständliche Berufung rechtzeitig eingebracht worden sei.

Im übrigen wird unter Hinweis auf das Erkenntnis des EGMR im Fall Gradinger geltend gemacht, das vorliegende Straferkenntnis verletze ihn in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unzulässigen Doppelbestrafung unterzogen zu werden.

Die Strafe sei überdies zu hoch, weil die einschlägige Vormerkung mittlerweile getilgt sei. Er sei nun absolut unbescholten, was als Milderungsgrund zusätzlich zum abgelegten Geständnis zu werten sei. Er beantragt daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens, in eventu Reduzierung der Geldstrafe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber bzw sein Parteienvertreter gehört und der die Amtshandlung geführt habende Mitarbeiter der Erstinstanz, Herr F, zeugenschaftlich vernommen wurden.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß der Rechtsmittelwerber am 13. Juni 1995 ohne seinen Rechtsvertreter zwecks Wiederausfolgung seines Führerscheins bei der Behörde erschienen ist. Der Zeuge F hat ihn darauf angesprochen, daß das Verwaltungsstrafverfahren noch nicht abgeschlossen sei und hat den Rechtsmittelwerber gefragt, ob er mit der sofortigen Erledigung im Sinne der Erlassung eines Straferkenntnisses einverstanden sei. Der Rechtsmittelwerber habe ihm gegenüber erklärt, er sei, zumal er schon persönlich anwesend sei, an einem sofortigen Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens interessiert, und habe auch einer mündlichen Verkündung des Straferkenntnisses zugestimmt. Der Zeuge hat bei seiner Einvernahme ausgeführt, daß er dem Rechtsmittelwerber keine diesbezügliche Erklärung zur Unterschrift vorgelegt habe, hat aber zum Ausdruck gebracht, dieser habe seinem Eindruck nach mit Sicherheit verstanden, daß nun ein für ihn verbindliches Straferkenntnis verkündet werden sollte. Der Beschuldigte sei damit einverstanden gewesen.

Der Zeuge führte weiters aus, er habe dem Rechtsmittelwerber auf der Grundlage des letzten Schriftsatzes des Parteienvertreters, in dem die Übertretung eingestanden worden sei, die Rechtslage erläutert und ihm erklärt, daß er wegen des straferschwerenden Umstandes der einschlägigen Vormerkung keine Geldstrafe von 13.000 S, sondern nur eine solche von 15.000 S verhängen könne. Der Rechtsmittelwerber habe diese Erklärung mit Sicherheit verstanden und akzeptiert. Bei der Amtshandlung sei nicht davon die Rede gewesen, daß der Rechtsmittelwerber noch seinen Anwalt beiziehen oder mit ihm telefonieren hätte wollen. Daraus schloß der Zeuge, daß dem Rechtsmittelwerber die rechtlichen Konsequenzen einer solchen Amtshandlung bewußt gewesen seien.

Aus dem Verfahrensakt ist ersichtlich, daß der Rechtsmittelwerber eine Erklärung unterschrieben hat, wonach er die Übertretung in vollem Umfang zugesteht. Er hat nach Aufklärung über die Rechtsfolgen auch einen Berufungsverzicht und einen Verzicht auf Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Straferkenntnisses unterschrieben.

Weiters wurde eine Ratenvereinbarung getroffen und die Geldstrafe dieser gemäß bezahlt.

Der Rechtsmittelwerber hat sich bei der Verhandlung nicht geäußert; sein rechtsfreundlicher Vertreter hat ausdrücklich die Wiedergabe des Gesprächs durch den Zeugen als richtig bezeichnet, jedoch die Einwendungen wie im Rechtsmittel wiederholt.

In rechtlicher Hinsicht war im gegenständlichen Fall die Frage zu klären, ob das Straferkenntnis dem Rechtsmittelwerber gegenüber wirksam erlassen werden und dessen Rechtsmittelverzicht daher rechtswirksam sein konnte.

Unbestritten ist, daß im gegenständlichen Fall ein Vollmachtsverhältnis zwischen dem Rechtsmittelwerber und seinem rechtsfreundlichen Vertreter Dr. T W, Rechtsanwalt in M, begründet wurde. Dieser ist auch für seinen Mandanten bei der Erstinstanz in Erscheinung getreten und hat insbesondere den Schriftsatz vom 27. März 1995 verfaßt. Eine formelle Beendigung dieses Vollmachtsverhältnisses wurde bislang nicht behauptet und ergeben sich dafür aus der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte.

In seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1982, 82/10/0015, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung ausgeführt, daß es auf Grund des Rechtsschutzinteresses einer Partei geboten sei, daß ein namhaft gemachter Vertreter bei der Verkündung eines mündlichen Bescheides nicht übergangen werde, sofern die Partei sich nicht ungeachtet des vorliegenden Vollmachtsverhältnisses mit der Verkündung ihr gegenüber einverstanden erklärt.

Bezieht man diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf den vorliegenden Fall, so ist zu prüfen, ob eine ausdrückliche Erklärung des Rechtsmittelwerbers, er sei mit der mündlichen Verkündung des Straferkenntnisses ihm gegenüber auch ohne Beiziehung seines rechtsfreundlichen Vertreters einverstanden, vorgelegen hat. Das Beweisverfahren, insbesondere die Zeugenaussage F, hat ergeben, daß bei dieser Amtshandlung am 13. Juni 1995 über eine Beiziehung des Rechtsvertreters, sei es persönlich oder telefonisch, in keiner Weise gesprochen wurde. Auch eine schriftliche Erklärung des Einverständnisses mit einer mündlichen Verkündung des Straferkenntnisses ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Schon weil sich gegenüber dem zuletzt vor diesem Datum erstatteten Schriftsatz des Parteienvertreters eine Abweichung von der dort beantragten Strafe ergeben hat, durfte ein Einverständnis des Parteienvertreters nicht angenommen werden.

Zusammenfassend ergibt sich daraus, daß die mündliche Verkündung des Straferkenntnisses allein dem Rechtsmittelwerber gegenüber mangels einer Erklärung, er wolle auf die Beiziehung seines rechtsfreundlichen Vertreters verzichten, rechtsunwirksam war.

Mangels rechtswirksamer Erlassung eines Straferkenntnisses war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Wegschaider

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