Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104267/3/WEG/Ri

Linz, 27.11.1997

VwSen-104267/3/WEG/Ri Linz, am 27. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr.  Keinberger) über die Berufung des F K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, vom 12. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 27. November 1996, VerkR96-20424-1996-Ro, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der StVO 1960 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Rechtsnorm zu lauten hat: § 99 Abs.1 litb iVm § 5 Abs.2 und Abs.4 StVO 1960. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten vor der ersten Instanz hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 3.800 S (20% der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1 und § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft B hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 19.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 19 Tagen verhängt, weil dieser am 11. Oktober 1996, um 15.30 Uhr, den PKW der Marke F S mit dem Kennzeichen B auf der L Bundesstraße B in G Gemeinde E, Bezirk B, in Richtung E bis zur Anhaltung auf der B in G, Gemeinde E, bei Strkm gelenkt hat und sich in der Folge, nämlich um 15.45 Uhr, am Gendarmerieposten E gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert hat, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl auf Grund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.900 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde nahm den dem Spruch zugrundegelegten Sachverhalt auf Grund der "widerspruchsfreien und unbedenklichen" Anzeige des Gendarmeriepostens E als erwiesen an. Der Sachverhalt sei in der Stellungnahme des Rechtsfreundes des Berufungswerbers nicht bestritten worden, sondern seien lediglich verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 5 Abs.2 StVO 1960 vorgebracht worden. Die Strafhöhe begründet die Erstbehörde mit zwei einschlägigen Vormerkungen aus den Jahren 1995 und 1996. Das monatliche Nettoeinkommen schätzte die Erstbehörde auf ca. 15.000 S; sie ging von keinem Vermögen und von keinen Sorgepflichten des Beschuldigten aus.

3. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß ein, die Bezirkshauptmannschaft B gehe zu Recht davon aus, daß der Sachverhalt unbestritten ist. Er wendet sich in seinen Ausführungen gegen die Schlechterstellung der den Alkotest verweigernden Probanden gegenüber jenen, deren Alkotest positiv war. Während ein Alkotestverweigerer keine durchsetzbare Möglichkeit auf Blutabnahme iSd § 5 Abs.8 StVO 1960 habe, bestünde hingegen diese auch rechtlich durchsetzbare Möglichkeit für jenen Personenkreis, bei denen der Alkomattest positiv verlaufen ist. Dazu habe der O.ö. Verwaltungssenat in einer Gegenschrift an den Verfassungsgerichtshof ausgeführt, daß die Verselbständigung einer Verwaltungsübertretung der Alkotestverweigerung so weit fortgeschritten sei, daß sie sich (zumindest in Einzelfällen) vom ursprünglichen Gedanken der "Nichtbesserstellung" weit entfernt habe und eine unsachliche und unzulässige Schlechterstellung gegenüber dem alkoholisierten Lenker eingetreten sei. Dabei habe der unabhängige Verwaltungssenat auch mehrere in der Praxis immer wieder auftretende Fallkonstellationen angeführt. In einem Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 22. November 1996 sei angemerkt worden, daß der Einwand gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 5 Abs.8 StVO 1960 nicht gänzlich unberechtigt sei, weil ein positives Alkomatergebnis nicht vorgelegen habe, sodaß im Ergebnis eine Schlechterstellung des verweigernden Probanden gegenüber dem alkoholisierten Probanden gegeben sei, weil ein Gegenbeweis für das Nichtvorliegen der Alkoholisierung ausgeschlossen sei.

In der gegenständlichen Angelegenheit sei der Berufungswerber vorerst bereit gewesen, den Alkotest durchzuführen und auch zum Gendarmerieposten mitzufahren. Dort habe er den Beamten mitgeteilt, daß er an diesem Tag in der Arbeit stets mit Lösungsmitteln gearbeitet habe und negative Auswirkungen dieser Inhalation auf das Testergebnis befürchte. Der Gendarmeriebeamte habe dazu gemeint, er könne daran nichts ändern, er nehme dies zur Kenntnis, müsse jedoch den Test dennoch durchführen. Wie sich aus einem beiliegenden (tatsächlich aber nicht beigelegten) Attest Dris. Fritsch vom 13. November 1996 ergebe, bewirken derartige Lösungsmittel bei genügender inhalativer Exposition auch neurologische Störungen. Dazu kämen die darin genannten belastenden Lebensumstände, weswegen der Berufungswerber vor diesem Hintergrund zur Frage der Strafbemessung ersucht, sein Fehlverhalten in einem milderen Lichte zu sehen. Das von der Erstbehörde angenommene monatliche Einkommen sei zu hoch gegriffen, er verdiene monatlich lediglich 13.000 S. Die Vermögens- und Familienverhältnisse seien richtig angenommen worden. Unrichtig sei aber, daß einschlägige Vorstrafen aus den Jahren 1995 und 1996 vorlägen, diesbezüglich müsse es sich um einen Tippfehler im Verwaltungsvorstrafenregister handeln. Es sei allerdings richtig, daß es sich bei den einschlägigen Vorstrafen um Kurzerkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft B vom 7. Juni 1995 und vom 25. September 1995 (also beide aus 1995) handle. Er habe sich sohin vor der gegenständlichen Tat nicht nur vier sondern sechzehn Monate wohlverhalten, was bei der Überprüfung der Strafbemessung Berücksichtigung finden wolle.

Abschließend beantragt der Berufungswerber, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben bzw in eventu die verhängte Geldstrafe auf 17.000 S zu reduzieren. Auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet der Berufungswerber ausdrücklich.

4. Die Bezirkshauptmannschaft B legte die Berufung unter Anschluß des Verfahrensaktes mit dem Bemerken vor, daß ebenfalls auf die Durchführung einer Berufungsverhandlung verzichtet wird. Da sich (trotz der kryptischen Formulierung der Berufung) der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage ergibt, sah auch der O.ö. Verwaltungssenat keine Veranlassung, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen bzw. weitere den Sachverhalt betreffende Ermittlungen anzustellen. Der O.ö. Verwaltungssenat hat ausgehend von folgendem Sachverhalt die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu überprüfen.

Der Berufungswerber lenkte am 11. Oktober 1996 um 15.30 Uhr einen PKW auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr und wurde bei Straßenkilometer der B in G, Gemeinde E angehalten. Er wurde wegen der festgestellten Alkoholisierungssymptome (leichter Geruch der Atemluft nach Alkohol, unsicherer schwankender Gang, veränderter Sprache und deutlicher Rötung der Bindehäute) zum Alkotest aufgefordert. Er gab gegenüber den Gendarmeriebeamten an, zwischen 10.00 Uhr und 13.30 Uhr zwei Halbe Bier und zwei Radler getrunken zu haben. Der Beschuldigte erklärte sich am Ort der Anhaltung noch zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt bereit, verweigerte die Durchführung desselben aber um 15.45 Uhr am Gendarmerieposten Eggelsberg, wohin er verbracht wurde. Dabei führte der Beschuldigte aus, daß er keinen Alkotest mache, da er bereits einmal "zu viel" gehabt habe. Obiger Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige des Gendarmeriepostens E vom 17. Oktober 1996.

Wenn nun der Berufungswerber in der Berufung anführt, er hätte am Tattag mit Lösungsmitteln gearbeitet und habe dies auch den Beamten mitgeteilt, so ist dazu vorweg anzumerken, daß - sollte diese Behauptung tatsächlich zutreffen - dieser Umstand keinesfalls als Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für die Alkotestverweigerung, die nicht konkludent sondern ausdrücklich erfolgte, ist, selbst wenn ein Gutachten Dris. F (welches nicht beigelegt wurde) ausführt, daß bei genügender inhalativer Exposition derartige Lösungsmittel auch neurologische Störungen bewirken. Die Aufforderung zum Alkotest erfolgte auf Grund der eindeutigen Alkoholisierungssymptome, bestärkt durch die eigenen Angaben des Beschuldigten, alkoholische Getränke zu sich genommen zu haben, rechtmäßig und lag somit durch die eindeutige Aussage des Berufungswerbers, den Test nicht durchführen zu wollen, eine klare Verweigerung der Durchführung des Alkomattests vor.

Im Recht ist der Berufungswerber, wenn er anführt, daß die als erschwerend gewerteten Vormerkungen nicht aus den Jahren 1995 und 1996, sondern beide aus 1995 resultierten. Der Behauptung des Berufungswerbers, lediglich 13.000 S netto per Monat zu verdienen, wird seitens der Berufungsbehörde nicht entgegengetreten.

Aus dem Akt ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß der Berufungswerber einen bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt wegen einer Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes aufgesucht hätte bzw. eine derartige Blutabnahme verlangt hätte.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 5 Abs.4 StVO 1960 wird diese Berechtigung der jederzeitigen Berechtigung zur Aufforderung, sich einem Alkomattest zu unterziehen, reduziert auf das Vorliegen von Alkoholisierungssymptomen, wenn der Alkomattest nicht an Ort und Stelle durchgeführt werden kann. Diesfalls besteht bei Vorliegen von Alkoholisierungssymptomen die Verpflichtung, zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, mitzukommen.

Wie schon oben ausgeführt, liegen alle Sachverhaltselemente vor, welche iSd § 5 Abs.2 und Abs.4 StVO 1960 zur Aufforderung des Alkomattests am Gendarmerieposten E notwendig sind, sodaß die diesbezügliche Weigerung, sich einer derartigen Untersuchung zu unterziehen, iSd § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung darstellt.

Somit ist die objektive und in Ermangelung von Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründen auch die subjektive Tatbildseite gegeben, weshalb zur Schuldfrage die Berufung abzuweisen und diesbezüglich unter Hinzufügen des § 5 Abs.4 StVO 1960 das Straferkenntnis zu bestätigen war.

Zur Strafhöhe:

Im Hinblick auf zwei einschlägige Vormerkungen aus dem Jahre 1995 erachtet die Berufungsbehörde unter dem Blickwinkel des § 100 Abs.1 StVO 1960 wonach - wenn eine Person bereits zweimal nach § 99 bestraft wurde - Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden können, die Strafhöhe als eher zu gering festgesetzt. Schon aus diesem Grunde kann das von der Erstbehörde nicht ganz richtig geschätzte Einkommen (15.000 S statt 13.000 S) bzw. das angenommene Wohlverhalten von September 1995 bis heute keine Herabsetzung der Strafe bewirken. Dem Berufungswerber steht es im übrigen frei, bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn um die Gewährung einer Ratenzahlung einzukommen. Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde verwiesen.

Zur außerordentlichen Strafmilderung:

Die Zuerkennung der Rechtswohltat nach § 20 VStG verlangt ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe oder ein jugendliches Alter des Beschuldigten. Keines dieser Tatbestandsmerkmale liegt vor. Gegen den zur Zeit der Tat ca. 30-jährigen Beschuldigten wirken im Gegenteil zwei einschlägige Vormerkungen (bei Nichtvorliegen von Milderungsgründen) als erschwerend, was die Zuerkennung der außerordentlichen Strafmilderung ausschließt.

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken des Berufungswerbers wird noch bemerkt, daß es zwar Einzelfälle gibt, wonach der Alkotestverweigerer (ungerechtfertigterweise) schlechter gestellt wird als jener Lenker, bei dem der Alkotest positiv verlief, dies jedoch in hier nicht wiederzugebenden Einzelfällen, keinesfalls aber im konkreten Fall. Die verfassungsrechtlichen Bedenken werden daher in der gegenständlichen Berufungsangelegenheit nicht geteilt.

6. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge des § 64 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer

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