Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104270/2/Ki/Shn

Linz, 31.01.1997

VwSen-104270/2/Ki/Shn Linz, am 31. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Gerhard W, vom 23. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 28. November 1996, VerkR96-6232-1995-Hu, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 Folge gegeben.

Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis nach der Maßgabe bestätigt, daß diesbezüglich der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Sie haben am 25.2.1995 den Klein-LKW, Kz. gegen 19.25 Uhr auf der Hörschinger Landesstraße gelenkt und 2) auf Höhe der Zufahrtsstraße der Ortschaft Gerersdorf die Aufforderung eines Straßenaufsichtsorganes zum Anhalten nicht befolgt, indem Sie, nachdem Sie zufolge eines deutlich durch ein Organ der Straßenaufsicht mittels Rotlicht einer Mag-Lite Stablampe gegebenen Zeichens zwar zunächst angehalten haben, jedoch in der Folge der Anordnung rechts an den Fahrbahnrand zuzufahren und anzuhalten, nicht nachgekommen sind und in weiterer Folge 3) um ca 19.30 Uhr, auf der Paschinger Bezirksstraße und zwar unmittelbar nach dem Ortsgebiet Breitbrunn bis etwa Höhe Firma Schmoigl einem herannahenden Einsatzfahrzeug nicht Platz gemacht und in weiterer Folge das Kraftfahrzeug 4) im Gemeindegebiet von Hörsching, auf der Paschinger Bezirksstraße, auf Höhe der Firma Schmoigl, in Fahrtrichtung Pasching, gelenkt und dabei auf der Freilandstraße bei Dunkelheit beim Fahren hinter einem Kraftfahrzeug in geringem Abstand, ohne zu überholen, vorschriftswidrig Fernlicht verwendet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

2) § 97 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 3) § 26 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 4) § 99 Abs.4 lit.d iVm § 134 Abs.1 KFG 1967" Der Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 nach der Maßgabe bestätigt, daß als Strafnorm hinsichtlich Faktum 2 § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 festgestellt wird.

II: Bezüglich der Fakten 2, 3 und 4 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von insgesamt 540 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten.

Hinsichtlich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG zu II: §§ 64 Abs.1 und 2 bzw 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 28. November 1996, VerkR96-6232-1995-Hu, dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen, er habe am 25.2.1995 den Klein-LKW, Kz., vorerst 1) gegen 19.25 Uhr auf der Hörschinger Landesstraße, kurz vor der Zufahrtsstraße zur Ortschaft Gerersdorf gelenkt und dabei auf der Freilandstraße bei Dunkelheit vorschriftswidrig Fernlicht verwendet und in der Folge 2) auf der Hörschinger Landesstraße, auf Höhe der Zufahrtsstraße zur Ortschaft Gerersdorf, die Anordnung eines Straßenaufsichtsorganes nicht befolgt, obwohl dies ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre und in weiterer Folge 3) um ca 19.30 Uhr, auf der Paschinger Bezirksstraße und zwar unmittelbar nach dem Ortsgebiet Breitbrunn bis etwa Höhe Fa. Schmoigl einem herannahenden Einsatzfahrzeug nicht Platz gemacht und in weiterer Folge das Kraftfahrzeug 4) im Gemeindegebiet von Hörsching, auf der Paschinger Bezirksstraße, auf Höhe der Firma Schmoigl, in Fahrtrichtung Pasching gelenkt und dabei auf der Freilandstraße bei Dunkelheit vorschriftswidrig Fernlicht verwendet.

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 99 Abs.4 u. § 134 Abs.1 KFG 1967 2) § 97 Abs.4 u. § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960 3) § 26 Abs.5 u. § 99 Abs.4 lit.a StVO 1960 4) § 99 Abs.4 u. § 134 Abs.1 KFG 1967 Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn folgende Strafen verhängt:

1) 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 2) 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960 3) 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 4) 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 340 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Bw erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1996 Berufung mit den Berufungsgründen der Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Erstbehörde habe die vom Beschuldigten zu seiner Entlastung beantragten Beweise nicht aufgenommen und es wären diese geeignet gewesen, das Vorbringen des Beschuldigten zum Sachverhalt zu stützen und zu beweisen.

Das Verfahren erster Instanz sei daher mangelhaft.

Zu Punkt 1 des Straferkenntnisses seien jegliche Ausführungen zu vermissen, warum ein kurzfristiges Aufblenden, um sich einen Überblick über die unklare Verkehrssituation zu verschaffen, zum Vorwurf führe, vorschriftswidrig Fernlicht verwendet zu haben. Ein entgegenkommender PKW-Lenker sei nicht vorhanden gewesen, selbst wenn er vorhanden gewesen wäre, hätte der Meldungsleger eine derartige Blendung nicht feststellen können. Aufblenden erfülle die Bedingungen der Strafbestimmung nicht.

Der Vorwurf zu Punkt 2 des Straferkenntnisses sei rechtlich unhaltbar. Es könne dem Beschuldigten nicht vorgeworfen werden, wenn die Anordnung des Straßenaufsichtsorganes für ihn undeutlich bleibe. Es sei auch unerheblich, durch welches Zeichen die Anhaltung erfolge und es habe der Beschuldigte ohnedies angehalten.

Der Vorwurf zu Punkt 3 sei nicht gerechtfertigt, zumal die Verwendung des Blaulichtes in der konkreten Situation rechtswidrig sei. Die bloße Nachfahrt zwecks neuerlicher Anhaltung habe nicht als Einsatzfahrt zu erfolgen, sofern der Vorausfahrende keine überhöhte Geschwindigkeit einhält. Eine (nicht vorhandene) Behinderung des unzulässig als Einsatzfahrzeug gekennzeichneten Dienstfahrzeuges könne nicht strafbar sein, wenn die unzulässige Einsatzfahrt dem Beschuldigten zugedacht sei.

Der Vorwurf laut Punkt 4 gehe ins Leere, da das inkriminierte Verhalten, das nach Aussagen des Beschuldigten nicht gesetzt worden ist, die zulässige Verwendung einer Warnvorrichtung gemäß § 22 Abs.2 KFG darstelle. Die Verwendung der Lichthupe sei von dem strafbewehrten Verbot, bei Dunkelheit auf Freilandstraße unter besonderen Voraussetzungen das Fernlicht nicht zu verwenden, nicht erfaßt.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, zumal im bekämpften Bescheid bezogen auf die einzelnen Fakten keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß die Meldungsleger bereits im erstinstanzlichen Verfahren zeugenschaftlich einvernommen wurden und dem Bw ausreichend Gelegenheit zur Rechtfertigung gegeben wurde. Die Aufnahme diverser beantragter Beweise wurde, wie noch dargelegt wird, zu Recht nicht vorgenommen.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Aussagen der Meldungsleger in Verbindung mit den Angaben in der Anzeige, jedenfalls was die Fakten 2 bis 4 des Straferkenntnisses anbelangt, der Entscheidung zugrundegelegt werden können.

Diese Aussagen sind schlüssig und stehen nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den Meldungslegern offensichtlich um geschulte Straßenaufsichtsorgane handelt, welche überdies ihre Aussagen in Kenntnis der strafrechtlichen Konsequenzen einer unrichtigen Zeugenaussage getätigt haben und die auch an einen Diensteid gebunden sind. Daß letztlich die Kommunikation zwischen den Gendarmeriebeamten und dem Bw durch Emotionen des Bw belastet war, läßt im konkreten Falle nicht darauf schließen, daß die Gendarmeriebeamten ihn willkürlich belasten würden.

Der Bw seinerseits konnte sich in jede Richtung verteidigen.

Dieser Umstand darf nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im konkreten Fall wirken jedoch die Angaben der Gendarmeriebeamten glaubwürdiger. Der Bw hat den Vorfall dem Grunde nach nicht bestritten. In seiner Rechtfertigung im erstinstanzlichen Verfahren beruft er sich im wesentlichen darauf, daß er das Blaulicht des Einsatzfahrzeuges nicht wahrnehmen hätte können bzw die von den Gendarmeriebeamten hinsichtlich Faktum 4 wahrgenommene Blendwirkung durch höher gestellte Scheinwerfer bzw witterungsbedingt gewesen sei. Im Berufungsschriftsatz selbst zielt die Rechtfertigung dahin, daß das Blaulicht in der konkreten Situation rechtswidrig gewesen sei bzw die Verwendung der Lichthupe (Faktum 4) von dem strafbewehrten Verbot nicht erfaßt sei. So gesehen sind die Rechtfertigungen des Bw eher widersprüchlich und es sind diese nicht geeignet, ihn im vorliegenden Fall zu entlasten.

Die im erstinstanzlichen Verfahren beantragte Aufnahme diverser zusätzlicher Beweise wird auch seitens der erkennenden Berufungsbehörde für entbehrlich erachtet, zumal objektiv gesehen, bezogen auf den konkreten Fall, der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt bereits feststeht.

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö.

Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

I.5.1. Gemäß § 94 Abs.4 KFG 1967 darf auf Freilandstraßen (§ 2 Abs.1 Z16 StVO 1960) und auf Autobahnen oder Autostraßen, die nicht Freilandstraßen sind, während des Fahrens während der Dämmerung und bei Dunkelheit Begrenzungslicht nur zusammen mit Fernlicht, Abblendlicht oder von Nebelscheinwerfern ausgestrahltem Licht verwendet werden. Fernlicht darf auf Freilandstraßen bei Dunkelheit nicht verwendet werden:

a) bei ausreichender Straßenbeleuchtung, b) bei stillstehendem Fahrzeug, c) vor entgegenkommenden Fahrzeugen, deren Lenker durch Fernlicht geblendet werden würde, d) beim Fahren hinter Kraftfahrzeugen in geringem Abstand, ohne zu überholen, e) vor Gruppen von Fußgängern und f) beim Herannahen von Schienenfahrzeugen oder Schiffen, die sich unmittelbar neben der Fahrbahn bewegen.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

Die Verjährungsfrist beträgt in Anwendung des § 31 Abs.2 leg.cit. ua bei Verwaltungsübertretungen nach dem KFG 1967 sechs Monate.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wesentlich ist, daß sich eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

In Anbetracht dessen, daß auf Freilandstraßen bei Dämmerung bzw bei Dunkelheit Fernlicht grundsätzlich verwendet werden darf bzw das Fernlicht lediglich in den im § 94 Abs.4 KFG 1967 taxativ angeführten Fällen nicht verwendet werden darf, stellen die einzelnen Fälle, in denen Fernlicht nicht verwendet werden darf (lit.a bis f) ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dar. Dieses Tatbestandsmerkmal ist iSd § 44a VStG im Spruch des Straferkenntnisses entsprechend zu konkretisieren.

Der von der Erstbehörde erhobene Vorwurf, der Bw habe beim Lenken des Klein-LKW auf der Freilandstraße bei Dunkelheit vorschriftswidrig Fernlicht verwendet, entspricht dem Konkretisierungsgebot nicht, zumal exakt auszuführen wäre, aus welchen Gründen des § 94 Abs.4 lit.a bis f das Fernlicht nicht verwendet hätte werden dürfen. Diese exakte Konkretisierung ist erforderlich, um dem Bw die Möglichkeit zu geben, sich hinsichtlich des konkreten Tatvorwurfes zu rechtfertigen.

Wenn auch in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt wurde, daß ein entgegenkommender PKW-Lenker stark geblendet worden sei, so fehlt doch im Spruch das wesentliche Tatbestandselement und es hat die Erstbehörde hinsichtlich dieses Tatbestandselementes auch keinerlei taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG vorgenommen. Der Rechtsvertreter des Bw nahm zwar mehrmals Akteneinsicht (diese Akteneinsicht würde eine taugliche Verfolgungshandlung darstellen), im vorliegenden Verfahrensakt findet sich jedoch erstmals in der Zeugenaussage des Insp. Hofer vom 29. Februar 1996 die Angabe, daß ein entgegenkommender PKW-Lenker stark geblendet worden sei. In der Anzeige selbst bzw in der ersten Aussage des Zeugen GI Dieplinger sind keine Angaben über einen Gegenverkehr enthalten. Diesbezüglich hat der Gendarmeriebeamte erst bei seiner zweiten ergänzenden Zeugenaussage ausgeführt, daß ein entgegenkommender PKW-Lenker stark geblendet worden sei. Konkret wurde dieser Umstand dem Bw im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgeworfen, eine Akteneinsicht durch den Rechtsvertreter des Bw, bei welcher er diesen Vorwurf hätte ersehen können, fand erst am 10. September 1996, das ist nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsfrist, statt. Demnach wurde hinsichtlich des unter Faktum 1 des Straferkenntnisses erhobenen Vorwurfes innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine taugliche Verfolgungshandlung vorgenommen.

Nach Judikatur des VwGH ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde verwehrt, nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.2 VStG erstmals im Spruch des Berufungsbescheides den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen (vgl VwGH vom 21.12.1988, 85/18/0120).

Aufgrund der dargelegten Umstände ist somit infolge eingetretener Verfolgungsverjährung hinsichtlich Faktum 1 des Straferkenntnisses die Strafverfolgung ausgeschlossen. Es war somit diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z3 VStG).

I.5.2. Gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlung zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

In Zusammenschau der Rechtfertigungen des Bw ist jedenfalls abzuleiten, daß er das vom Gendarmeriebeamten gegebene deutliche Zeichen zum Anhalten wahrgenommen hat. Er hat deshalb sein Fahrzeug auch beim Gendarmeriebeamten vorerst zum Stillstand gebracht. Dem weiteren Vorbringen, die Anordnung des Gendarmeriebeamten sei undeutlich geblieben, wird jedoch nicht beigetreten. Der Meldungsleger hat zeugenschaftlich bestätigt, daß er dem Bw den Auftrag gegeben hat, rechts zuzufahren und anzuhalten. Dieser Anordnung ist der Bw nicht nachgekommen, weshalb der ihm vorgeworfene Sachverhalt objektiv als erwiesen angesehen wird.

Weiters wird festgestellt, daß von einem zum Lenken von Kraftfahrzeugen berechtigten Verkehrsteilnehmer zu erwarten ist, daß er derartige Anordnungen versteht bzw er sich im Zweifel beim Straßenaufsichtsorgan entsprechend informiert.

Für den Bw mußte klar sein, daß der Gendarmeriebeamte eine Amtshandlung, welcher Art auch immer, vornehmen würde, es würde doch keinen Sinn ergeben, daß er ihn vorerst mittels deutlich gegebenem Zeichen zum Anhalten auffordert, nur um ihm zu sagen, daß er weiterfahren solle. In diesem Sinne hat der Bw die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) zu vertreten.

Allerdings hat die Erstbehörde im vorliegenden Fall nach Auffassung der erkennenden Berufungsbehörde eine unrichtige Subsumtion des gegenständlichen Sachverhaltes vorgenommen.

Die Aufforderung durch das Organ der Straßenaufsicht an den Bw rechts zuzufahren bzw anzuhalten, erfolgte nämlich offensichtlich nicht im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, sondern ausschließlich zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle.

Der diesbezüglichen Argumentation des Bw, er hätte sein Fahrzeug ohnehin angehalten, ist entgegenzuhalten, daß er durch dieses kurze Anhalten dem gesetzlichen Gebot nicht entsprochen hat. Die Aufforderung zum Anhalten mittels Lichtzeichen bzw die nachfolgende Aufforderung rechts zuzufahren bzw anzuhalten, ist nämlich als zusammenhängendes Geschehen zu beurteilen, welches erst die nachfolgende Lenker- bzw Fahrzeugkontrolle ermöglicht.

Die diesbezüglich vorgenommene Spruchkorrektur war zur Konkretisierung des Tatvorwurfes erforderlich. In diesem Fall war die Spruchänderung durch die Berufungsbehörde zulässig, zumal eine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (Akteneinsicht) vorgenommen wurde und das inkriminierte Verhalten bereits aus der Anzeige zu ersehen war.

Die Korrektur der verletzten Rechtsvorschrift durch die Berufungsbehörde war ebenfalls zulässig, zumal es sich hier ausschließlich um die Beurteilung eines konkreten Sachverhaltes handelt. Die Korrektur der Strafnorm war diesbezüglich ebenfalls erforderlich, zumal seit dem Inkrafttreten der 19. StVO-Novelle (1. Oktober 1994) die Bestimmung des § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960 nicht mehr existiert und daher als Strafnorm § 99 Abs.3 lit.j leg.cit.

heranzuziehen ist.

I.5.3. Gemäß § 26 Abs.5 StVO 1960 haben alle Straßenbenützer einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen.

Der Bw rechtfertigt sich in diesem Punkt im erstinstanzlichen Verfahren dahingehend, daß durch den Scheibenbelag (seines Fahrzeuges) die Auffälligkeit des Blaulichtes merklich herabgesetzt gewesen sei bzw zusätzlich der überaus heftige Regen den Auffälligkeitswert des Blaulichtes beim Herannahen des Einsatzfahrzeuges gemindert habe. Im Berufungsverfahren bringt er weiters vor, daß die Verwendung des Blaulichtes in der konkreten Situation rechtswidrig gewesen sei.

Diesen Argumentationen ist zu erwidern, daß ein Kraftfahrzeug nur dann in Betrieb genommen bzw betrieben werden darf, wenn dieses den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht. Gemäß den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen muß ein Kraftfahrzeug mit Windschutzscheiben und Klarsichtscheiben ausgerüstet sein, welche aus vollkommen durchsichtigen Stoffen bestehen und es dürfen diese Gegenstände nicht verzerrt erscheinen lassen (§ 10 KFG 1967). Weiters müssen Kraftfahrzeuge mit geeigneten, entsprechend großen Rückspiegeln ausgerüstet sein, die so angebracht sind, daß der Lenker von seinem Platz aus die Straße neben und hinter dem Fahrzeug ausreichend überblicken kann, auch wenn dieses voll besetzt oder beladen ist (§ 23 KFG 1967). Durch diese Vorschriften ist sichergestellt, daß ein Kraftwagenlenker beim Betrieb des Kraftfahrzeuges das gesamte Verkehrsgeschehen überblicken kann und es handelt der Lenker des Kraftwagens jedenfalls fahrlässig, wenn er trotz nicht genügender Sicht den Betrieb des Fahrzeuges fortsetzt. Demgemäß wäre der Bw im Fall der von ihm behaupteten Situation verpflichtet gewesen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um den belastenden Umstand zu bereinigen bzw hätte er dem Verkehrsgeschehen eine besondere Aufmerksamkeit widmen müssen, um auch eine allfällige herabgesetzte Wahrnehmbarkeit des Blaulichtes durch Scheibenbelag bzw den heftigen Regen zu kompensieren. Da er dies offensichtlich unterlassen hat, hat er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung jedenfalls in fahrlässiger Weise begangen und es wird daher die Aufnahme der diesbezüglich beantragten Beweise objektiv für entbehrlich erachtet.

Zur Argumentation der rechtswidrigen Verwendung des Blaulichtes wird ausgeführt, daß die Lenker von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht und mit Vorrichtungen zur Abgabe von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden verschiedenen hohen Tönen ausgestattet sind, diese Signale nur bei Gefahr in Verzug verwenden dürfen (§ 26 Abs.1 StVO 1960). Gefahr in Verzug wird dann anzunehmen sein, wenn Grund zur Annahme besteht, daß einem die Verkehrssicherheit höchstwahrscheinlich gefährdenden Verhalten vorgebeugt werden muß. Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet dies, daß durch die Tatsache, daß der Bw der Anordnung des Straßenaufsichtsorganes nicht nachgekommen ist, dieses Organ sehr wohl annehmen konnte, daß der Bw in der Folge andere Verkehrsteilnehmer gefährden könnte und diesem Umstand eben durch Verwendung des Blaulichtes vorgebeugt werden muß.

Darüber hinaus konnte der Gendarmeriebeamte wegen des vorangegangenen Verhaltens des Bw nicht ausschließen, daß dieser Handlungen gegen strafrechtlich geschützte Rechtsgüter getätigt hätte bzw vorhaben könnte und er sohin ein Risiko der Sicherheit von Personen bzw Sachen darstellt.

Demnach waren die Gendarmeriebeamten sehr wohl im vorliegenden Fall berechtigt, das Blaulicht zu verwenden und es wäre der Bw verpflichtet gewesen, dem Gendarmeriedienstfahrzeug Platz zu machen. Der Bw ist diesem gesetzlichen Gebot nicht nachgekommen, im Gegenteil, er hat sein Fahrzeug sogar noch beschleunigt, weshalb der ihn diesbezüglich treffende Strafvorwurf zu Recht erfolgt ist.

I.5.4. Bezüglich der verletzten Rechtsnorm wird auf Punkt I.5.1. (§ 99 Abs.4 KFG 1967) verwiesen.

In diesem Punkt rechtfertigt sich der Bw dahingehend, daß die Gendarmeriebeamten sein Fahrzeug schnitten, wodurch sie in den Blendbereich des Abblendlichtes geraten seien. Die Scheinwerfer des Geländewagens seien in unüblicher Höhe montiert und von vornherein stärker als herkömmliche Scheinwerfer und es sei die Heckscheibe des Einsatzfahrzeuges ebenfalls beschlagen bzw außen mit Wassertropfen übersäht gewesen, weshalb das Blenderlebnis der Straßenaufsichtsorgane lediglich vermeintlicher Natur gewesen sei. Es sei unrichtig, daß er das Fernlicht verwendet habe.

Dazu wird ausgeführt, daß den Gendarmeriebeamten als Straßenaufsichtsorgane die Befähigung nicht abgesprochen werden kann, daß sie beurteilen können, ob ein nachfolgendes Fahrzeug das Fernlicht verwendet oder nicht. Dies auch bei den zugegebenermaßen widrigen Witterungsbedingungen zum Vorfallszeitpunkt. Es wird daher auch diesbezüglich die Aufnahme weiterer Beweise objektiv betrachtet als für entbehrlich erachtet.

Dem Argument der zulässigen Verwendung einer Warnvorrichtung gemäß § 22 Abs.2 KFG ist zu entgegnen, daß als optische Warnzeichen zwar kurze Blinkzeichen abgegeben werden dürfen (§ 100 KFG 1967), die Bestimmungen des § 99 Abs.3 bis 5 leg.cit. über die Verwendung von Fern- und Abblendlicht jedoch ausdrücklich unberührt bleiben. Daraus ist abzuleiten, daß unter anderem in den im § 99 Abs.4 lit.a bis f beschriebenen Situationen auch die Abgabe eines optischen Warnzeichens mit einer im § 22 Abs.2 KFG 1967 angeführten Vorrichtung unzulässig ist. Entgegen der Auffassung des Bw stellt daher die Verwendung der Lichthupe im vorliegenden Fall jedenfalls einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 99 Abs.4 lit.d dar.

Hinsichtlich Konkretisierung des Strafvorwurfes wird auf die Ausführungen unter Punkt I.5.1. verwiesen. Anders als im dort gelagerten Fall, wurde der unter Faktum 4 vorgeworfene Sachverhalt bereits in der Anzeige des Gendarmeriepostens Pasching vom 25. Februar 1995 beschrieben und es hatte sohin der Rechtsvertreter des Bw bei der erstmaligen Akteneinsicht am 7. Juni 1995 Gelegenheit, diesen Vorwurf zur Kenntnis zu nehmen. Dementsprechend liegt in diesem Fall eine taugliche Verfolgungshandlung vor und es war die erkennende Berufungsbehörde auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist berechtigt bzw verpflichtet, eine entsprechende Spruchergänzung bzw Konkretisierung der verletzten Rechtsvorschrift vorzunehmen.

I.5.5. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so hat die Erstbehörde Ermessen iSd Gesetzes ausgeübt. Bei den für die Delikte vorgesehenen Strafrahmen (bis zu 10.000 S gemäß StVO 1960 bzw bis zu 30.000 S gemäß KFG 1967) wurden die Strafen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens festgelegt und sind jedenfalls im vorliegenden Fall als tat- und schuldangemessen festzustellen.

Im Hinblick auf die milde Strafbemessung kann es auch dahingestellt bleiben, inwiefern die von der Erstbehörde pauschal festgestellte Tatsache, der Bw würde wiederholt vorbestraft aufscheinen, als straferschwerend zu werten ist.

Strafmildernde Umstände können auch durch die Berufungsbehörde keine festgestellt werden.

Der O.ö. Verwaltungssenat vertritt die Tatsache, daß die Strafe auch den - unbestrittenen - von der Erstbehörde in der Begründung des Straferkenntnisses angeführten wirtschaftlichen bzw sozialen Verhältnissen des Bw entspricht. Sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen erscheint im konkreten Fall eine Herabsetzung der verhängten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafen für nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs gerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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