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VwSen-104311/7/Ki/Shn

Linz, 18.03.1997

VwSen-104311/7/Ki/Shn Linz, am 18. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Elfriede W, vom 23. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der BPD Linz vom 9. Dezember 1996, III/CST.17690/96, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 17. März 1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt. II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Straferkenntnis der BPD Linz vom 9. Dezember 1996, III/CST.17690/96, wurden über die Berufungswerberin (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von 1) 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) und 2) 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt, weil sie am 15.4.1996 um 07.45 Uhr in Linz, Hopfengasse Krzg. Baumbachstr. u. Kapuzinerstr. 9 in Richt. stadteinwärts mit dem Kfz, 1) einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befand, nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht hat, 2) sie mit dem Fahrzeug in die Kreuzung eingefahren ist, obwohl der auf der Fahrbahn (Kreuzung) stehende Verkehrsposten beide Arme quer zur Fahrtrichtung gehalten hat, wobei ein Anhalten vor der Kreuzung möglich gewesen wäre (übertretene Rechtsvorschrift: 1) § 9 Abs.2 StVO, 2) § 37 Abs.3, 2. Satz StVO). Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 150 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1996 erhob die Rechtsmittelwerberin gegen dieses Straferkenntnis Berufung und begründet diese im wesentlichen damit, daß sie die ihr zur Last gelegte Übertretung nicht begangen habe. Sie ist zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt nicht von der Hopfengasse kommend in die Kreuzung eingefahren, sie sei damals von ihrer Wohnung im Haus Kapuzinerstraße 84c kommend aus der Kapuzinerstraße in die Kreuzung eingefahren. Für PKW's, die aus der Kapuzinerstraße kommend in die Kreuzung einfahren, gelte jedoch die auf der Hopfengasse angebrachte Haltelinie nicht, ebenso gelte für diese PKW's die an dieser Haltelinie angebrachte Verkehrsampel nicht. Die Kapuzinerstraße gelte als Querstraße zur Hopfengasse, die Baumbachstraße gelte als Fortsetzung der Kapuzinerstraße. Zum damaligen Zeitpunkt habe die Verkehrsampel für die Hopfengasse Rotlicht gezeigt. Sie sei also rechtmäßig in die Kreuzung eingefahren und sei nicht verpflichtet gewesen, vor der Haltelinie anzuhalten.

Der Schutzweg sei damals zwar tatsächlich von einem Verkehrsposten geregelt gewesen, dieser habe allerdings keinesfalls beide Arme quer zur Fahrtrichtung gehalten. Ebenso habe damals ein Fußgänger den Schutzweg überquert. Wäre damals tatsächlich ein Verkehrsposten vor dem Schutzweg gestanden, der beide Arme quer zur Fahrtrichtung gehalten hätte und hätte damals tatsächlich ein Fußgänger den Schutzweg überquert, so hätte sie ihrerseits den Schutzweg nicht noch auch überfahren können, ohne daß dadurch ein Unfall entstanden wäre.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 17. März 1997. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde der Meldungsleger als Zeuge einvernommen. Der Rechtsvertreter der Bw sowie ein Vertreter der Erstbehörde waren anwesend, die Bw selbst ist nicht erschienen.

I.5. Der Meldungsleger führte bei seiner Einvernahme aus, daß er sich an den Vorfall noch erinnern könne. Er habe damals an der Örtlichkeit eine Schulwegsicherung durchgeführt. Er sei aus der Sicht der Kapuzinerstraße vor dem gegenständlichen Schutzweg mit Blickrichtung Süden (Hopfengasse) gestanden. Er sei gerade im Begriff gewesen, einem Fußgänger das Überqueren des Schutzweges zu ermöglichen, dieser sei, aus seiner Sicht gesehen, von rechts gekommen. Er habe zu dem Zeitpunkt, als die Lenkerin noch vor der Halteline war, die Fahrbahn mit waagrecht ausgestreckten Armen abgesperrt.

Der Zeuge führte aus, daß das verfahrensgegenständliche Fahrzeug aus der Hopfengasse und nicht aus der Kapuzinerstraße gekommen sei. Er könne nicht sagen, welches Lichtsignal zum Vorfallszeitpunkt durch die Ampel ausgestrahlt wurde, da er keine Sicht auf die Verkehrsampel hatte. Die Bw dürfte seiner Schätzung nach mit etwa 20 km/h unterwegs gewesen sein. Er könne jedoch nicht sagen, ob er die Schutzwegsicherung abhängig von der Verkehrslichtsignalanlage durchgeführt habe. Er sei vermutlich in der Fahrbahnmitte gestanden, die Person, welche damals den Schutzweg überqueren wollte, sei kein Schüler gewesen. Als er feststellte, daß die Bw das Fahrzeug nicht anhalten würde, habe er dem Fußgänger 'Halt' zugerufen. Dieser sei daraufhin stehen geblieben. Der PKW der Bw habe sich zu dem Zeitpunkt, als der Fußgänger den Schutzweg betreten hatte, in etwa zwei Meter südlich der Haltelinie vor der Kapuzinerstraße befunden. Es sei morgendliches Verkehrsaufkommen gewesen, die Bw habe in der Folge vor der Kreuzung mit der Steingasse als etwa viertes Fahrzeug anhalten müssen, weil die dortige Verkehrsampel Rotlicht zeigte. Er habe wegen der Schutzwegsicherung mit ihr keinen Kontakt aufnehmen können. Er könne nicht sagen, ob die Fahrzeuge, welche vor dem Fahrzeug der Bw vor der Kreuzung Steingasse angehalten haben, bereits vorher dort hielten. Zum Zeitpunkt seines Zeichens 'Halt' sei der Kreuzungsbereich vor ihm frei gewesen bis auf das Fahrzeug, welches auf ihn zugekommen ist. Es sei dies das Fahrzeug der Bw gewesen.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.

Hält ein auf der Fahrbahn stehender Verkehrsposten beide Arme quer zu beiden Fahrtrichtungen, so gilt dies gemäß § 37 Abs.3 StVO 1960 als Zeichen für 'Halt' für den Verkehr in diesen Fahrtrichtungen. Bei diesem Zeichen haben die Lenker der in diesen Fahrtrichtungen fahrenden Fahrzeuge vor dem Verkehrsposten, wenn das Zeichen jedoch auf einer Kreuzung gegeben wird, vor der Kreuzung anzuhalten. Dazu wird zunächst festgestellt, daß im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist, wonach das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen ist. Wenn sohin nach Durchführung der Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Der bei der Berufungsverhandlung als Zeuge einvernommene Meldungsleger hat bezüglich des verfahrensgegenständlichen Vorfalles detaillierte Angaben gemacht, aus welchen abzuleiten wäre, daß die Bw den ihr vorgeworfenen Sachverhalt tatsächlich verwirklicht hat. Ohne ihm eine vorsätzliche unrichtige Zeugenaussage unterstellen zu wollen, erscheint es der erkennenden Berufungsbehörde jedoch, daß zum Vorfallszeitpunkt sowohl für den Meldungsleger als auch für die Bw eine unklare Situation gegeben war. Wenn sich auch die Bw als Beschuldigte in jede Richtung hin verteidigen kann, so erscheint ihre Rechtfertigung, sie sei nicht aus der Hopfengasse sondern aus der Kapuzinerstraße gekommen, durchaus glaubwürdig. Schließlich wohnt sie in der Kapuzinerstraße und es ist im Hinblick auf die Tageszeit durchaus nachvollziehbar, daß sie damals am Weg zu ihrer Arbeitsstätte bzw zur Garage in der Innenstadt (Hauptplatz Tiefgarage) unterwegs war. Im Hinblick darauf, daß sich der Meldungsleger letztlich auf die Schulwegsicherung zu konzentrieren hatte, kann nicht ausgeschlossen werden, daß er sich diesbezüglich, was die Ankunftsfahrtrichtung der Bw anbelangt, geirrt hat. Dazu kommt, daß er sich nicht erinnern kann bzw er nicht feststellen konnte, welches Licht die Verkehrsampel, welche noch in der Hopfengasse vor der Kreuzung angebracht ist, gezeigt hat. Es ist durchaus nicht auszuschließen, daß es bei der gegenständlichen Kreuzung zu Problemen kommen kann, zumal lediglich die auf der sogenannten "Westtangente" gelegenen Straßenzüge, es sind dies im vorliegenden Fall Hopfengasse bzw Kapuzinerstraße (nördlicher Teil), durch Verkehrsampeln geregelt sind. Für die von der Kapuzinerstraße bergabwärts fahrenden in die Westtangente bzw in die Baumbachstraße einfahrenden Fahrzeuge besteht keine Verkehrsampel und es haben die Benützer dieses Straßenzuges insbesondere auch im morgendlichen Stoßverkehr nur dann die Möglichkeit in die Westtangente einzufahren, wenn der Verkehr auf dieser Westtangente durch Rotlicht angehalten wird. Im Hinblick auf diese doch unter Umständen problematische Situation kann nicht ausgeschlossen werden, daß allenfalls der Meldungsleger das Haltezeichen erst zu einem Zeitpunkt gegeben hat, als es der Bw nicht mehr möglich war, rechtzeitig anzuhalten. Was den Vorwurf des Nichtanhaltens vor der Kreuzung anbelangt, so wird überdies festgestellt, daß im konkreten Fall auf den Zweck der Verkehrsregelung des Verkehrspostens abzustellen wäre. Im vorliegenden Fall regelte der Verkehrsposten nicht die Kreuzung, sondern ausschließlich den im Nahbereich der Kreuzung situierten Schutzweg. Der Vorwurf, die Bw habe ihr Kraftfahrzeug nicht vor der Kreuzung angehalten, könnte daher bezogen auf den vorliegenden konkreten Fall nicht aufrecht erhalten werden.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß die der Bw vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit als erwiesen angesehen werden können, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren "in dubio pro reo" einzustellen war (§ 45 Abs.1 Z1 VStG). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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