Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104339/20/WEG/Ri

Linz, 03.09.1997

VwSen-104339/20/WEG/Ri Linz, am 3. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Prof. Dipl.-Ing. Dr. R K vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A R, vom 23. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft V vom 19. November 1996, VerkR96-4845-1996, nach der am 21. August 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung gegen Punkt 1. des Straferkenntnisses wird abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Der Berufung gegen Punkt 2. des Straferkenntnisses wird Folge gegeben, diesbezüglich das Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt. III. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz (600 S) als Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren den Betrag von 1.200 S (20% der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 sowie hinsichtlich Spruchteil II.: § 44a Z1 und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft V hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 52 lit.a Z10a und 2.) § 97 Abs.5 jeweils StVO 1960 Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) von 1.) 6.000 S (204 Stunden) und 2.) 500 S (24 Stunden) verhängt, weil dieser am 2. Februar 1996 um 15.03 Uhr den PKW V auf der B aus Richtung W kommend in Richtung K gelenkt und dabei 1.) im Gemeindegebiet von R bei Kilometer die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) von 70 km/h um 50 km/h überschritten und 2.) bei Kilometer ein deutlich sichtbar gegebenes Anhaltezeichen mißachtet hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 650 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Bezirkshauptmannschaft V, welche im Wege des § 29a VStG zuständig geworden war, begründet den als erwiesen angenommenen Sachverhalt im wesentlichen mit den Darstellungen der auch zeugenschaftlich befragten Meldungsleger, wonach die gegenständliche Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Lasermeßgerät im Herannahen festgestellt worden und dabei eine Geschwindigkeit von 124 km/h gemessen worden sei. Zufolge Verwendungsbestimmungen für das Gerät sei eine tatsächliche Geschwindigkeit von 120,28 km/h vorwerfbar. Das Lasergerät sei den Verwendungsbestimmungen entsprechend eingesetzt worden und sei das Gerät geeicht gewesen. Das Anhaltezeichen hätte der Beschuldigte dadurch ignoriert, daß er am Standort des Anhaltebeamten vorbeifuhr, das Fahrzeug dabei abbremste und ca. 250 m später anhielt, um dann wieder weiterzufahren.

3. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung zur Geschwindigkeitsüberschreitung sinngemäß ein, das verwendete Geschwindigkeitsmeßgerät sei ein Billigstgerät, welches nicht die entsprechende Meßgenauigkeit aufweise. Es sei im übrigen nicht nachgewiesen, ob tatsächlich jenes Gerät verwendet wurde, auf welches sich der Eichschein bezieht. Es sei weiters nicht untersucht worden, welche Bedienungsvorschriften es für das gegenständliche Lasergerät gibt und ob diese auch eingehalten worden seien bzw. ob die entsprechenden Kalibriervorschriften beachtet worden seien. Insgesamt sei das Verfahren nicht fair durchgeführt worden und verstoße gegen Artikel 6 Abs.1 MRK. Auch das verfassungsrechtlich geschützte Prinzip des Artikel 6 Abs.2 MRK sei verletzt worden. Die Beweiswürdigung sei insgesamt einseitig und sei deutlich erkennbar, daß die Behörde die gesetzlich festgeschriebene Unschuldsvermutung ignoriere. Hinsichtlich des vom Gendarmeriebeamten gegebenen Handzeichens wird eingewendet, dieses hätte sich aus der Sicht des Beschuldigten nicht eindeutig auf ihn bezogen. Im übrigen seien die verhängten Geldstrafen nicht gerechtfertigt. Die Sorgepflicht für seine geschiedene Ehegattin sei nicht beachtet worden. Das fiktiv angenommene monatliche Durchschnittseinkommen sei zu hoch angesetzt worden. Es sei absolut rätselhaft, warum die Behörde aus einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 km/h zu einer Geldstrafe von 6.000 S gelangen könne. Wäre beispielsweise bei einer derartigen Situation eine Person leicht verletzt worden, so wäre in diesem Fall dieser Tatbestand gerichtlich zu ahnden gewesen und wäre die Geldstrafe wesentlich niedriger gewesen. Wenn nun von der staatlichen Ordnung eine gerechtfertigtermaßen schärfer zu ahndende Tat - Verletzung einer Person - minder bestraft werde als die Verwaltungsbehörde eine Verletzung einer bloßen Formalvorschrift ahnde, müsse sich tatsächlich jeder Staatsbürger fragen, worin der Sinn einer Verwaltungsstrafrechtsordnung gelegen sei.

Es ergeht schließlich der Antrag, das Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, eventualiter eine mildere Strafe zu verhängen. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch zeugenschaftliche Vernehmung der am Vorfall beteiligten Straßenaufsichtsorgane Rev.Insp. P und Rev.Insp. G sowie durch Beiziehung eines technischen Amtssachverständigen anläßlich der am 21. August 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Demnach steht fest, daß der Beschuldigte auf Grund der von ihm innegehabten Geschwindigkeit bei Kilometer (Standort des Meßbeamten) nicht anhalten konnte, sondern (so der beigezogene Sachverständige) frühestens 100 m nach dem Meßbeamten. Die Gendarmeriebeamten führten in der mündlichen Verhandlung aus, daß der Beschuldigte ca. 100 m nach dem Meßbeamten sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht hätte. Die in der Anzeige angeführten 250 m entsprechen offenbar nicht der Richtigkeit. Damit steht auch fest, daß ein unrichtiger Tatort zum Vorwurf gemacht wurde.

Hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung steht allerdings fest, daß die Messung mit einem voll funktionstüchtigen Gerät entsprechend der Verwendungsbestimmungen von einem routinierten Meßbeamten vorgenommen wurde und am ermittelten Meßwert kein Zweifel bestehen könne. Dies bestätigt auch der beigezogene Sachverständige, dessen vorbereitetes Gutachten im Rahmen der Verhandlung verlesen wurde. Zum Einwand, daß nun der Lasergeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM, Nr. 004330 mit dem auf dem Eichschein festgehaltenen Gerät nicht übereinstimmt, wird bemerkt, daß dies durch die am Eichschein aufscheinende Fertigungsnummer "4330" deshalb erwiesen ist, weil die vier letzten Ziffern das Gerät identifizieren und diese letzten vier Ziffern für jedes Gerät nur einmal vergeben werden. Auch der Sachverständige hat, wie den diesbezüglichen Ausführungen im Gutachten zu entnehmen ist, diesbezüglich keine Zweifel. Daß das Gerät ungenau sei, ist eine völlig unbewiesene Schutzbehauptung und deckt sich nicht mit der diesbezüglichen Zulassung (Zl. 43.427/92/1) des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen bzw des mit der Meßgenauigkeit befaßten Sachverständigen. Bei der gegenständlichen Messung wurden nicht nur die Verwendungsbestimmungen genau eingehalten, sondern naturgemäß auch die vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen festgeschriebenen Richtlinien, weil sich die Verwendungsbestimmungen in erster Linie an den Vorschreibungen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen orientieren. Es steht sohin mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit fest, daß der Berufungswerber die ihm unter Punkt 1.) des Straferkenntnisses zum Vorwurf gemachte Geschwindigkeitsüberschreitung zu vertreten hat.

Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse führt der Rechtsfreund des Beschuldigten am Schluß der Verhandlung aus, daß der Beschuldigte enorme Sorgepflichten habe, nämlich hohe Zahlungen für seine in Frankreich lebende geschiedene Ehegattin und für ein bei ihm lebendes Kind im Alter von 13 Jahren. Das Einkommen wird mit 40.000 S per Monat angegeben.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zur Verwaltungsübertretung nach § 97 Abs.5 StVO 1960:

Wie schon angeführt, war es dem Beschuldigten auf Grund der innegehabten Geschwindigkeit gar nicht möglich bei dem ihm zum Vorwurf gemachten Ort anzuhalten. Im übrigen ist dem Spruch des Straferkenntnisses nicht zu entnehmen, durch welche deutlich sichtbaren Zeichen der Beschuldigte zum Anhalten aufgefordert wurde, was nach der diesbezüglich eindeutigen Judikatur ebenfalls notwendig wäre.

Da eine Spruchkorrektur im gegenständlichen Verfahrensstadium zumindest hinsichtlich des Tatortes nicht mehr möglich ist, war iSd § 45 Abs.1 Z3 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960:

Da auch der O.ö. Verwaltungssenat zum selben Beweisergebnis wie die Strafbehörde kam, somit ein identischer Sachverhalt vorliegt, wird (um überflüssige Wiederholungen zu vermeiden) auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen und diese zum Inhalt dieser Entscheidung erhoben. Die vom Berufungswerber vorgebrachten rechtlichen Argumente (insbesondere die behauptete Verletzung des Artikel 6 MRK) werden von der Berufungsbehörde nicht geteilt und war wegen der klaren Subsumtionsfähigkeit des erwiesenen Sachverhaltes darauf genauso wenig einzugehen wie auf die übrigen rechtlichen Argumente.

Zur Strafhöhe: Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Der Strafrahmen beträgt gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S.

Es ist evident und bedarf dies keiner ausschweifenden Begründung, daß der Unrechtsgehalt einer Geschwindigkeitsüberschreitung umso größer ist, je größer die Geschwindigkeitsüberschreitung selbst ist. Das Risiko für den Beschuldigten selbst aber auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer steigt mit der jeweiligen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht linear sondern progressiv, weshalb die Gefährdung der zu schützenden Interessen (Verkehrssicherheit) im gegenständlichen Fall ein besonders hohes Ausmaß hat.

Straferschwerend ist eine Vormerkung einschlägiger Art aus dem Jahre 1993. Strafmildernde Umstände traten nicht zutage. Die nunmehr geringfügig anders angenommenen Einkommensverhältnisse (40.000 S statt 50.000 S) und die zusätzlich angenommene Sorgepflicht für die in Frankreich lebende Gattin kann zu keiner Strafminderung führen, weil auch dieses Einkommen noch als ein weit über dem Durchschnitt liegendes anzusehen ist und dies die Höhe der Geldstrafe nicht zu mindern imstande ist.

6. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge des § 64 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider

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