Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130227/2/Gf/Km

Linz, 19.12.1997

VwSen-130227/2/Gf/Km Linz, am 19. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der Dr. W S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1. Dezember 1997, Zl. MA-9-StV-12640-1995-Scha/Za, wegen Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1. Dezember 1997, Zl. MA-9-StV-12640-1995-Scha/Za, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil sie am 19. Jänner 1995 zwischen 14.10 Uhr und 14.46 Uhr ihren PKW vor dem Haus S Nr. in W ohne gültigen Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt habe; dadurch habe sie eine Übertretung des § 7 Abs. 2 der Parkgebühren-Verordnung der Stadt Wels i.d.F. der Novelle vom 30. Juni 1992 (im folgenden: KPZV-W) begangen, weshalb sie gemäß § 6 Abs. 1 lit. b OöParkGebG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihr am 2. Dezember 1997 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 15. Dezember 1997 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß für den Tatort zum Tatzeitpunkt eine entsprechende, die Gebührenpflicht festlegende Kurzparkzonenverordnung existiert habe und der der Beschwerdeführerin angelastete Sachverhalt aufgrund der Wahrnehmungen eines Straßenaufsichtsorganes als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten seien hingegen deshalb, weil diese trotz entsprechender Aufforderung hiezu keine Äußerung abgegeben habe, von Amts wegen zu schätzen gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin im wesentlichen vor, daß sie mangels eines entsprechenden Verkehrszeichens nicht habe erkennen können, daß der Abstellplatz im Bereich einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone lag. Außerdem sei eine allfällige Bodenmarkierung wegen der damaligen Schneelage nicht sichtbar gewesen.

Daher wird - erschließbar - die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wels zu Zl. MA-9-StV-12640-1995; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt zu klären war und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, der durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht.

Demgegenüber stellt es nach § 6 Abs. 1 lit. b OöParkGebG eine Verwaltungsübertretung dar, wenn jemand den Geboten des § 2 Abs. 2 OöParkGebG oder den Geboten oder Verboten der aufgrund des OöParkGebG erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.

4.2. § 6 Abs. 1 OöParkGebG enthält demnach zwei völlig unterschiedliche Straftatbestände, die - wie sich schon aus der Textierung dieser Normen ergibt - zueinander in einem Spezialitätsverhältnis stehen: Geht es um eine Bestrafung wegen Hinterziehung oder Verkürzung der Parkgebühr, so hat diese gemäß § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG, wurde hingegen die Parkgebühr zwar entrichtet, aber ein anderes Gebot (z.B. Anbringung des gelösten Parkscheines hinter der Windschutzscheibe, Entfernung bereits abgelaufener Parkscheine, etc.) nicht beachtet, so hat die Bestrafung dagegen nach § 6 Abs. 1 lit. b OöParkGebG zu erfolgen.

4.3. Im gegenständlichen Fall geht aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zweifelsfrei hervor, daß es die Rechtsmittelwerberin nicht etwa nur unterlassen hätte, den gelösten Parkschein hinter der Windschutzscheibe anzubringen, sondern daß diese die Parkgebühr überhaupt nicht entrichtet (und demzufolge naturgemäß auch keinen Parkschein hinter der Windschutzscheibe deponiert) hat. Sie wäre daher - wenn überhaupt - nicht nach § 6 Abs. 1 lit. b OöParkGebG i.V.m. § 7 Abs. 2 KPZV-W, sondern gemäß § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG i.V.m. den §§ 3, 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 KPZV-W zu bestrafen gewesen.

Durch das angefochtene Straferkenntnis wurde ihr somit eine Tat angelastet, die sie tatsächlich nicht begangen hat.

4.4. Der Berufung war daher schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f