Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104387/11/Ki/Bk

Linz, 21.05.1997

VwSen-104387/11/Ki/Bk Linz, am 21. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des G, vom 12. Februar 1997, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 28. Jänner 1997, VerkR96-1540-1995-Pi/Li, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 14. Mai 1997 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und Z3 bzw 51 VStG. zu II: § 64 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit Straferkenntnis vom 28. Jänner 1997, VerkR96-1540-1995-Pi/Li, über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen bzw Ersatzfreiheitsstrafen sowie einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verhängt, weil er am 7.7.1995 gegen 16.00 Uhr die selbstfahrende Arbeitsmaschine (Mähdrescher Marke John Deere) mit dem amtlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet Scharten (Ortschaftsbereich Leppersdorf) auf der Schartner-Landesstraße bei km 11,900 aus Richtung Eferding kommend in Richtung Scharten gelenkt hat, 1) dabei keinen entsprechenden Abstand zum vorausfahrenden Begleitfahrzeug eingehalten (s. Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 6.7.1993, VerkR-330.327/4-93/Pie, Punkt 2., lit.c) 2) trotz einer Straßenbreite von über 5,00 m ohne nachfahrendes Begleitfahrzeug (s. Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 6.7.1993, VerkR-330.327/4-93/Pie, Punkt 12., 2. Absatz) und 3) er den Mähdrescher mit Schneidwerk (4,5 m Breite) auf der Schartner-Landesstraße nicht lenken hätte dürfen, weil diese bei einer durchschnittlichen Breite von 5,50 m (bei Strkm 5,10 m) hiezu nicht geeignet ist (s. Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 6.7.1993, VerkR-330.327/4-93/Pie, Punkt 12., 2. Absatz), 4) ohne Kennzeichnung der größten Breite des Mähdreschers durch Verwendung der vorgeschriebenen roten Fahnen (s. Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 6.7.1993, VerkR-330.327/4-93/Pie, Punkt 4.) 5) er habe nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten. 6) Er habe es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben ist. I.2. Der Bw erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 12. Februar 1997 Berufung mit dem Antrag, daß dieses behoben und bezüglich des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens die Einstellung verfügt werde. Im wesentlichen bestreitet er sämtliche Tatvorwürfe. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. Mai 1997 Beweis erhoben.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden der Bw sowie als Zeugen Herr Hermann S und Frau Ursula G einvernommen. Die Anschrift des ebenfalls als Zeugen geladenen Herbert S konnte nicht eruiert werden, weshalb dessen Aussage vor der Erstbehörde verlesen wurde. Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung wurde weiters ein Augenschein an Ort und Stelle vorgenommen. Ein Vertreter der Erstbehörde hat an der Verhandlung teilgenommen. I.5. Der Bw hat auch im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung die ihn belastenden Vorwürfe bestritten. Insbesondere hat er ausgeführt, daß er die größte Breite des Mähdreschers mit roten Fahnen gekennzeichnet habe, diese Fahnen seien in sogenannte Leerrohre hineingesteckt gewesen.

Der als Zeuge einvernommene Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen Mähdreschers führte über Befragen aus, daß das Fahrzeug mit Drehlicht und bei Tag auch mit roten Fahnen ausgestattet sein müsse. Die Fahnen seien normalerweise fix montiert, wobei die Fahnen natürlich auch abbrechen können. Er könne nicht anführen, ob damals die Fahnen montiert waren. Frau Ursula G führte als Zeugin ua aus, daß ihr nicht aufgefallen sei, daß rote Fahnen vorhanden gewesen wären. Sie sei sich fast sicher, daß dies so der Fall war. Ob das Drehlicht am Mähdrescher eingeschaltet war, könne sie nicht sagen. Sie sei sich deshalb fast sicher, daß keine roten Fahnen am Mähdrescher angebracht waren, zumal sie noch nie auf einen Mähdrescher Fahnen gesehen hätte. Sie sei diesbezüglich erst von der Bearbeiterin der Erstbehörde befragt worden, normalerweise achte sie auf so etwas nicht. Im Rahmen des Augenscheines wurde dann festgestellt, daß das von Herrn S erwähnte Blumengeschäft und damit die verfahrensgegenständliche unübersichtliche Rechtskurve nicht bei km 11,9 sondern bei km 12,3 situiert ist. Bei Strkm. 11,9 befindet sich ebenfalls eine Rechtskurve.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö. Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

I.7.1. Gemäß Punkt 2 lit.c des Bescheides des Landeshauptmannes von vom 6. Juli 1993, VerkR-330.327/4-1993/Pi, womit eine eingeschränkte Zulassung für den verfahrensgegenständlichen Mähdrescher ausgesprochen wurde, muß bei Fahrten auf Straßen zwischen dem Mähdrescher und dem Begleitfahrzeug ein solcher Abstand eingehalten werden, daß einerseits für jeden der beiden Lenker die Warnleuchte des anderen Fahrzeuges immer in Sichtweite ist und andererseits der Abstand jedenfalls so groß ist, daß er für die Lenker entgegenkommender Fahrzeuge ausreicht, ihre Fahrgeschwindigkeit so zu verringern, daß ein Zusammenstoß mit dem Mähdrescher vermieden wird, falls die Fahrbahnbreite nicht für ein sicheres Ausweichen ausreicht. Dem Bw wurde vorgeworfen, daß er keinen entsprechenden Abstand zum vorausfahrenden Begleitfahrzeug eingehalten hat. Mit diesem Tatvorwurf ist jedoch das strafbare Verhalten des Bw zu wenig konkretisiert worden. Die gegenständliche Auflage stellt nämlich auf zwei Kriterien bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalles ab und es wäre daher dem Bw konkret vorzuwerfen gewesen, welchen Abstand er tatsächlich eingehalten hat bzw daß dieser Abstand nicht der bzw welcher Bescheidauflage entspricht. Nachdem sohin die Tathandlung nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dem Konkretisierungsgebot entsprechend erhoben wurde, war diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z3 VStG).

I.7.2. Gemäß Punkt 12., 2. Absatz des obzitierten Bescheides des Landeshauptmannes von hat bei Fahrten auf Straßen mit einer Fahrbahnbreite von über 5,00 m zusätzlich zum Begleitfahrzeug nach Z2 lit.b eine verkehrskundige Person mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug (Pkw, Lkw oder Traktor) in entsprechender Entfernung dem Mähdrescher nachzufahren und die anderen Verkehrsteilnehmer in geeigneter Weise auf das überdimensionale Fahrzeug zu warnen.

In diesem Punkt wurde dem Bw vorgeworfen, es sei trotz einer Straßenbreite von über 5,00 m kein Begleitfahrzeug nachgefahren. Dieser Vorwurf kann jedoch im vorliegenden Falle keine Strafbarkeit begründen, stellt der verfahrensgegenständliche Bescheid des Landeshauptmannes von doch auf die Fahrbahnbreite und nicht, wie im angefochtenen Straferkenntnis bzw erstinstanzlichen Strafverfahren, auf die Straßenbreite ab. Laut den Begriffsbestimmungen der StVO 1960 handelt es sich bei den Begriffen "Straße" (§ 2 Abs.1 Z1) bzw "Fahrbahn" (§ 2 Abs.1 Z2) um rechtlich unterschiedliche Begriffe, wobei die Fahrbahn nur den für den Fahrzeugverkehr bestimmten Teil der Straße umfaßt. Demnach bildet der Vorwurf, der Bw habe trotz einer Straßenbreite von über 5,00 m kein Begleitfahrzeug verwendet keine Verwaltungsübertretung, da die gegenständliche Bescheidauflage ausschließlich auf die Fahrbahnbreite abstellt. Im Hinblick auf die auch in diesem Punkt eingetretene Verfolgungsverjährung ist es der Berufungsbehörde verwehrt, eine Korrektur vorzunehmen. Es war auch diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).

I.7.3. Gemäß Punkt 12., 1. Absatz des zitierten Bescheides des Landeshauptmannes von darf bei Fahrten mit einem Schneidwerk von max. Breite von 4.5 m nur auf den für die Breite dieses Fahrzeuges geeigneten Straßen mit öffentlichem Verkehr im Bezirk Eferding sowie in den Gemeindegebieten St. Agatha und Waizenkirchen gefahren werden.

Dazu wird zunächst festgestellt, daß Auflagen - um eine Strafbarkeit zu begründen - so klar gefaßt sein müssen, daß sie dem Verpflichteten die Grenzen seines Verhaltens jederzeit zweifelsfrei erkennen lassen (vgl. VwGH vom 23.5.1995, 95/04/0035). In diesem Punkt ist der Bw mit seiner Argumentation im Recht, daß der gegenständliche Punkt des Zulassungsbescheides zu wenig konkret in bezug auf die Eignung der Straße mit öffentlichem Verkehr formuliert wurde. Im Zusammenhalt mit Punkt 12., 2. Absatz ist nämlich tatsächlich der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, daß eine Benützung bei einer bloßen Fahrbahnbreite von über 5 m nicht verboten ist. Es wird nicht verkannt, daß hier zwischen Fahrten mit bzw ohne Schneidewerk unterschieden werden könnte, diese Auslegung ist aber dem Normunterworfenen im konkreten Falle nicht zumutbar. In Entsprechung der oben dargelegten Judikatur des VwGH hätte daher die gegenständliche Auflage näher konkretisiert werden müssen (etwa konkrete Fahrbahnbreite oder dgl.).

Der Berufung war daher auch in diesem Punkt Folge zu geben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

I.7.4. Gemäß Punkt 4. des zitierten Bescheides des Landeshauptmannes von ist die größte Breite des Mähdreschers bei Tag und guter Sicht durch rote Fahnen deutlich zu kennzeichnen.

Dazu wird zunächst festgestellt, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Nach diesem Grundsatz ist das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen. Wenn sohin nach Durchführung der Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Dem gegenständlichen Tatvorwurf liegt die Aussage einer Zeugin vor der Erstbehörde zugrunde. Ohne dieser Zeugin eine vorsätzliche unrichtige Zeugenaussage unterstellen zu wollen, hegt die erkennende Berufungsbehörde dennoch Zweifel, ob die Zeugin mit 100 %iger Sicherheit die behauptete Feststellung treffen konnte. Sie hat im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung ihre Aussage dahingehend erklärt, daß sie nicht feststellen konnte, daß die roten Fahnen am Mähdrescher angebracht waren. Sie hat diesbezüglich weiters ausgesagt, daß sie noch nie auf einem Mähdrescher Fahnen gesehen habe. Ihr seien rote Fahnen noch nie aufgefallen. Befragt, warum sie bezüglich der roten Fahnen erst im Dezember eine Aussage machte, führte die Zeugin aus, daß sie damals erst von der Bearbeiterin der Erstbehörde gefragt wurde. Normalerweise achte sie auf so etwas nicht.

Die erkennende Berufungsbehörde vertritt die Auffassung, daß letztlich die Zeugin wegen der roten Fahnen keine konkrete Beobachtung gemacht hat, sondern daß ihre Aussage lediglich auf einer Vermutung beruht. Dies umso mehr, als sie wegen des roten Drehlichtes, welches ebenfalls hätte auffallen müssen, keinerlei Aussage machen konnte. Der Berufungswerber seinerseits hat den Tatvorwurf in Abrede gestellt und es hat auch der Zulassungsbesitzer als Zeuge ausgesagt, daß üblicherweise die Fahnen montiert sind. Die dem Bw vorgeworfene Verwaltungsübertretung kann daher nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit als erwiesen angesehen werden, weshalb in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren "in dubio pro reo" einzustellen war (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).

I.7.5. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Bw die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw er rechtlich davor geschützt wird, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, daß der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt. Im vorliegenden Falle wurde der Tatort vom Anzeiger bzw in der Darstellung des Sachverhaltes durch den Gendarmerieposten Eferding nicht richtig wiedergegeben, zumal, wie der durchgeführte Augenschein ergeben hat, sich der Unfall nicht bei Strkm. 11,9, sondern bei Strkm. 12,3 (ehemaliges Blumengeschäft) der Schartner-Landesstraße ereignet haben muß. Dieser Umstand ist insofern wesentlich, als auch, in Fahrtrichtung Eferding gesehen, die Schartner-Landesstraße bei Strkm. 11,9 in Form einer Rechtskurve verläuft und sohin eine Doppelbestrafung wegen ein und desselben Deliktes nicht ausgeschlossen werden könnte.

Demzufolge ist davon auszugehen, daß der Bw die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen (Faktum 5) und 6) des Straferkenntnisses) nicht begangen hat, weshalb auch in diesen Punkten der Berufung Folge zu geben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen war (§ 45 Abs.1 Z1 VStG). Eine Strafverfolgung in diesen Punkten bezogen auf den tatsächlichen Tatort ist infolge eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr zulässig. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Landwirtschaft; landwirtschaftliche Maschine, Arbeitsgerät

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