Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104420/2/BI/FB

Linz, 05.03.1997

VwSen-104420/2/BI/FB Linz, am 5. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S T, S, E, vertreten durch Rechtsanwälte S & Partner, H, E, Deutschland, vom 19. Februar 1997 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3. Februar 1997, VerkR96-403-1996, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlage: §§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem oben angeführten Bescheid den Antrag des Rechtsmittelwerbers vom 24. Jänner 1997 um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur verspätet eingebrachten Berufung vom 24. Jänner 1997 abgewiesen. Begründet wurde dies damit, der Rechtsvertreter hätte bei Nichterreichbarkeit des Rechtsmittelwerbers in selbständiger Wahrung der Berufungsfrist auch ohne vorherige Rücksprache fristgerecht Berufung einbringen können. Es bedeute keinen Wiedereinsetzungsgrund, wenn der Rechtsvertreter die anwaltlichen und der Vollmacht entsprechenden Möglichkeiten nicht ausschöpfe. 2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im zugrundeliegenden Straferkenntnis keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, er sei durch einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus von 8. November 1996 bis 22. Jänner 1997 verhindert gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten, wobei die Rechtsvertreter ihn angeschrieben und gebeten hätten, bis 30. Dezember 1997 mitzuteilen, ob gegen das Straferkenntnis Berufung eingebracht werden solle. Nachdem er nicht reagiert habe, sei sein Rechtsvertreter davon ausgegangen, daß er das Straferkenntnis gegen sich gelten lassen und kein Rechtsmittel dagegen einlegen wolle. Die Vollmacht beinhalte lediglich als Katalog die Rechtshandlungen, die grundsätzlich bei Erteilung eines Mandats vom Prozeßvertreter für den Mandanten wahrgenommen werden könnten, jedoch dürfe der Anwalt im Einzelfall selbstverständlich nicht über den Kopf seines Mandanten hinweg ein Rechtsmittel einlegen, sondern nur auf dessen Weisung. Etwas anderes könne gelten, wenn dem Prozeßvertreter bekannt gewesen sei, daß der Mandant die Entscheidung grundsätzlich anfechten wolle und er den Auftrag gehabt habe, fristwahrend Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. Beides sei hier nicht der Fall gewesen. Es werde daher beantragt, die Fristversäumnis als unverschuldet anzusehen und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, im übrigen das Straferkenntnis zu beheben und ihn vom Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr freizusprechen. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß dem Rechtsmittelwerber vorgeworfen wird, am 14. Jänner 1996 gegen 14.40 Uhr als Lenker eines deutschen PKW auf der A I zum Grenzübergang S gefahren zu sein, wo im Zuge einer Verkehrskontrolle Alkoholisierungsmerkmale wie deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund festgestellt worden seien. Aufgrund der Vermutung, er könne sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, sei er um 14.50 Uhr am Grenzübergang S im Bereich der PKW-Ausreise von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert worden, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Er habe dieser Aufforderung zugestimmt, jedoch um 15.13 Uhr beim Gendarmerieposten S Meßversuche derart mangelhaft durchgeführt, daß kein Meßergebnis zustandegekommen sei, wobei bemerkbar gewesen sei, daß er keine Luft in den Schlauch bzw das Meßgerät hineingeblasen habe. Dieses Verhalten sei als Verweigerung der Durchführung der Atemluftalkoholuntersuchung anzusehen. Im Akt befindet sich eine vom Rechtsmittelwerber unterzeichnete Vollmacht, in der den Rechtsanwälten K F & Partner in Erlangen wegen Verdachts der Trunkenheit im Verkehr Prozeßvollmacht erteilt wurde. Im Punkt 1. ist ausgeführt, daß sich diese Vollmacht insbesondere auf die Befugnis der Verteidigung und Vertretung in Bußgeldsachen und Strafsachen in allen Instanzen, auch für den Fall der Abwesenheit, sowie auch als Nebenkläger und gemäß Punkt 11. auch auf die Entgegennahme von Zustellungen und sonstigen Mitteilungen sowie die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen erstreckt. Die rechtsfreundlichen Vertreter des Rechtsmittelwerbers haben auch im Rahmen des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens mehrere Schriftsätze für ihren Mandanten verfaßt und auch das Straferkenntnis am 18. Dezember 1996 wurde von den rechtsfreundlichen Vertretern übernommen. Im Akt befindet sich die "eidesstattliche Versicherung" des Rechtsmittelwerbers vom 24. Jänner 1997, wonach er von 8. November 1996 bis 22. Jänner 1997 wegen eines Herzinfarktes in stationärer Behandlung in der Universitätsklinik Erlangen gewesen sei. Als er nach seiner Entlassung am 22. Jänner 1997 nachhause gekommen sei, habe er das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgefunden. Er lebe von seiner Frau seit einiger Zeit getrennt und habe sonst keine Verwandten in Deutschland, sodaß es ihm nicht möglich gewesen sei, früher seine Post zu holen. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß am 18. Dezember 1996 das Straferkenntnis den rechtsfeundlichen Vertretern des Rechtsmittelwerbers ordnungsgemäß zugestellt wurde, wobei mit diesem Tag die mit zwei Wochen bemessene und gesetzlich vorgegebene Berufungsfrist zu laufen begann. Wegen des Feiertages am 1. Jänner lief damit die Berufungsfrist am Donnerstag, dem 2. Jänner 1997, ab.

Der unabhängige Verwaltungssenat hegt auch keinerlei Zweifel daran, daß der Rechtsmittelwerber von seinen rechtsfeundlichen Vertretern auf schriftlichem Weg gebeten wurde, mitzuteilen, ob gegen das Straferkenntnis Berufung eingelegt werden solle. Es ist auch glaubhaft, daß den rechtsfreundlichen Vertretern nicht bekannt war, daß den Rechtsmittelwerber die Post aufgrund des stationären Krankenhausaufenthalts nicht erreichen würde. Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme von zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (vgl ua VwGH vom 21. Mai 1985, 84/04/0229). Unabwendbar ist ein Ereignis jedenfalls dann, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann (vgl VwGH vom 28. Februar 1974, 1700/73). Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein bevollmächtigter Rechtsanwalt in besonderen Fällen, zB wenn nicht rechtzeitig der Kontakt mit dem Mandanten gelungen ist, auch ohne Weisung seitens des Mandanten oder sogar entgegen seiner Weisung nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, ein Rechtsmittel einzubringen (vgl Erkenntnis vom 27. Oktober 1969, Slg 7671 A). Hatte der Beschwerdeführer seinem anwaltlichen Vertreter tatsächlich untersagt, ohne seine ausdrückliche Weisung eine Berufung zu erheben, konnte seine berufliche Abwesenheit und seine dadurch verursachte verspätete Kenntnis der in Gang gesetzten Rechtsmittelfrist kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellen, durch welches er verhindert war, die Frist ohne sein Verschulden einzuhalten. Lag hingegen ein solches ausdrückliches Verbot des Beschwerdeführers an den anwaltlichen Vertreter nicht vor, hätte der Anwalt vorsorglich die Berufung erheben müssen, sodaß der Beschwerdeführer, da der Klient grundsätzlich für die Handlungen und Unterlassungen seines anwaltlichen Vertreters einzustehen hat, die Folgen dieser Unterlassung zu tragen hat (Erkenntnis vom 19. März 1982, 81/02/0085 und 0091). Im gegenständlichen Fall bezog sich nach dem Wortlaut der vom Rechtsmittelwerber unterzeichneten Vollmacht die Vertretungsbefugnis jedenfalls auch auf die Einbringung von Rechtsmitteln im Fall der Abwesenheit des Rechtsmittelwerbers ("Vertretung in Bußgeldsachen und Strafsachen in allen Instanzen") und es wurde auch nicht behauptet, daß der Rechtsmittelwerber seinen rechtsfreundlichen Vertreten ausdrücklich untersagt hat, im Fall einer für ihn nachteiligen erstinstanzlichen Entscheidung ein Rechtsmittel einzubringen. Die rechtsfreundlichen Vertreter des Rechtsmittelwerbers durften daher nicht automatisch davon ausgehen, daß dieser das Straferkenntnis in jedem Fall akzeptieren würde. Aus diesem Grund erfolgte offenbar auch die ausdrückliche schriftliche Anfrage an den Rechtsmittelwerber. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates durften sich die rechtsfreundlichen Vertreter allein aufgrund des Nichtreagierens des Rechtsmittelwerbers auf dieses Schreiben nicht darauf verlassen, daß dieser das Straferkenntnis inhaltlich akzeptieren und auf sämtliche Rechtsmittel verzichten würde. Abgesehen davon, daß es während der Weihnachtszeit, unabhängig von einem Krankenhausaufenthalt viele Gründe für eine Abwesenheit und Nichterreichbarkeit geben kann, andererseits aber ein Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren, der einem berufsmäßigen Parteienvertreter Vollmacht erteilt hat, sich darauf verlassen können muß, daß dieser seine Aufgaben vereinbarungsgemäß wahrnimmt, hätte dieser mit Recht voraussetzen müssen, daß sein rechtsfreundlicher Vertreter entsprechend tätig wird und vorsorglich ein Rechtsmittel erhebt, noch dazu, wenn, wie im gegenständlichen Fall, offenbar nie die Rede davon war, daß der Rechtsmittelwerber nur im Rahmen des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens vertreten zu sein wünscht. Die rechtsfreundlichen Vertreter hätten daher vorsorglich Berufung einbringen müssen, die im Fall einer anderen Entscheidung ihres Mandanten jederzeit ohne Behördenkostenaufwand zurückgezogen hätte werden können. Das Nichtreagieren des Rechtsmittelwerbers auf das Schreiben der rechtsfreundlichen Vertreter infolge des Krankenhausaufenthalts war somit kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu begründen vermag. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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