Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104422/2/BI/FB

Linz, 18.09.1997

VwSen-104422/2/BI/FB Linz, am 18. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau M S, A, D, D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, H, M, vom 31. Jänner 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14. Jänner 1997, VerkR96-4602-1996, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch vollinhaltlich bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 1.300 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 42 Stunden herabgesetzt. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 130 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG). zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung wegen §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.600 S (48 Stunden EFS) verhängt, weil sie als die vom Zulassungsbesitzer des PKW, Kz., benannte Auskunftsperson, trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 29. Oktober 1996, Zl. VerkR96-6000-688-1996, nicht binnen zwei Wochen ab Erhalt dieser schriftlichen Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Perg darüber Auskunft erteilt habe (das sei bis 15. November 1996), wer dieses Fahrzeug am 30. September 1996 um 11.28 Uhr gelenkt habe. Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 160 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des Straferkenntnisses ergebe sich, wann und wo sie eine begehrte Auskunft verweigert habe, sodaß nicht nur die Sachverhaltsfeststellung mangelhaft sei, sondern auch bei der rechtlichen Beurteilung die Identität der Tat der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung fehle. Sie sei mit Schreiben der Erstinstanz vom 29. Oktober 1996 als die vom Zulassungsbesitzer genannte Auskunftsperson zur Lenkerauskunft aufgefordert worden, jedoch sei ihr gleichzeitig ein Formular vom 19. Oktober 196 übersandt worden, das seinem Inhalt nach zumindest teilweise andere Mitteilungen abverlangt habe, als dies im Schreiben vom 29. Oktober 1996 gefordert worden sei. Das Schreiben vom 29. Oktober 1996 sei daher nicht als Aufforderung zur Erfüllung der Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG zu qualifizieren. Außerdem gebe es keine Anhaltspunkte, daß sie als deutsche Staatsbürgerin eine Verpflichtung treffen würde, die unter die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG zu subsumieren wäre, da auch der Rechtshilfevertrag keine solche Regelung getroffen habe. Sie beantrage daher Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der in Österreich zugelassene PKW, Kz., am 30. September 1996 um 11.28 Uhr auf der D-Bundesstraße bei km 225,634 trotz der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h mit einer Geschwindigkeit von 140 km/h mittels Laser-Geschwindigkeitsmeßgerät LTI 20.20 TS/KM Nr.007823 in einer Entfernung von 156 m vom Meldungsleger RI Ö gemessen wurde. Eine Anhaltung konnte aus verkehrstechnischen Gründen nicht durchgeführt werden. Vom gemessenen Wert wurden gemäß den Verwendungsbestimmungen 5 km/h abgezogen und eine Geschwindigkeit von 135 km/h der Anzeige zugrundegelegt.

Der Zulassungsbesitzer des PKW, der Beschuldigtenvertreter, gab mit Schreiben vom 24. Oktober 1996 an, die Rechtsmittelwerberin könne die gewünschte Auskunft erteilen. Daraufhin erging an diese das Schreiben der Erstinstanz vom 29. Oktober 1996 mit dem Wortlaut, sie werde als die vom Zulassungsbesitzer genannte Auskunftsperson gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Perg mitzuteilen, wer das Fahrzeug, PKW, Kz., am 30. September 1996 um 11.28 Uhr gelenkt habe. Auch wurde darauf hingewiesen, daß das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Anlaß dieser Aufforderung sei das Überschreiten einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Dieses Schreiben wurde der Rechtsmittelwerberin am 31. Oktober 1996 eigenhändig zugestellt. Daraufhin langte bei der Erstinstanz das mit 7. November 1996 datierte und von der Rechtsmittelwerberin mit dem Wortlaut "Ich bin nicht verpflichtet eine Auskunft zu erteilen" ausgefüllte und unterschriebene Formular ein. Ein (in der Berufung erwähntes) Schreiben der Erstinstanz vom 19. Oktober 1996 findet sich im Verfahrensakt nicht. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Anwendung deutschen Rechtes kommt hier deswegen nicht in Betracht, weil nach neuer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auskunftspflicht nur dann erfüllt ist, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich bei der Behörde einlangt. Erfüllungsort und damit Tatort der Verwaltungsübertretung der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft ist somit der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (hier: Perg), dh in Österreich gelegen (vgl Erk verst Senat v 31. Jänner 1996, 93/03/0156, ua). Im übrigen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte es nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als ein in Österreich zugelassenes Kraftfahrzeug, über das die Rechtsmittelwerberin offenbar verfügungsberechtigt war - ansonsten wäre die Benennung des Lenkers schon dem Zulassungsbesitzer möglich gewesen -, auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde - was nie bestritten wurde - und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat.

Die Erhebung des oben zitierten letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 in den Verfassungsrang erachtete der Verfassungsgerichtshof als nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK stehend (vgl VfGH v 29. September 1988, G72/88, ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294). Dieser Intention hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre. Aus diesem Grund müssen in dieses Konzept alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge einbezogen werden.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung der gewünschten Auskunft war unmißverständlich.

Das Formblatt enthielt mehrere Antwortmöglichkeiten, deren Zutreffen von der Adressatin zu beurteilen war. Sie hat sich im übrigen für keine der vorgegebenen Möglichkeiten entschieden, sondern eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung ihrerseits ohne Angabe von Gründen überhaupt verneint, sodaß anzunehmen ist, daß sie durch diese Antwortmöglichkeiten weder in die Irre geführt noch sonstwie verunsichert worden sein kann. Abgesehen davon muß von einem erwachsenen Staatsbürger wohl bei einer derart konkreten Fragestellung eine konkrete Antwort erwartet werden können.

Der Einwand der Rechtsmittelwerberin, sie treffe als Staatsbürgerin der Bundesrepublik Deutschland keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung, weil auch der Rechtshilfevertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland eine derartige Regelung nicht getroffen habe, ist insofern verfehlt, als hier, wie schon oben begründet, nicht deutsches, sondern österreichisches Recht anzuwenden ist, und außerdem die Lenkeranfrage durch die Post ohne Zuhilfenahme deutscher Behörden zugestellt wurde, sodaß kein Fall von Amts- oder Rechtshilfe gegeben war (vgl auch VwGH v 27. Juni 1997, 97/02/0220). Die Rechtsmittelwerberin hat durch die Nichterteilung einer Auskunft innerhalb der gesetzten Frist zweifellos den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt, aber auch schuldhaft gehandelt und daher ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Zu den Berufungsausführungen ist weiters zu sagen, daß in Ansehung einer Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG unverwechselbar feststehen muß, um welche Aufforderung, deren Nichtbefolgung der Beschuldigten zur Last gelegt wird, es sich handelt; hiezu genügt etwa das Datum des Aufforderungsschreibens (vgl VwGH verst. Senat v 8. November 1989, 89/02/0004). Daraus folgt, daß die näheren Umstände der Nicht-Auskunftserteilung, wie etwa Ort und Zeit oder der Wortlaut der Antwort, nicht im Spruch anzuführen sind. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Die von der Erstinstanz verhängte Strafe ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates insofern als überhöht anzusehen, als die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Rechtsmittelwerberin, die einen strafmildernden Umstand darstellt, nicht als solcher gewertet wurde.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den geschätzten finanziellen Verhältnissen der Rechtsmittelwerberin (die Erstinstanz hat ein Monatseinkommen von umgerechnet ca. 12.000 S angenommen; dem ist die Rechtsmittelwerberin nicht entgegengetreten, sodaß auch im Rechtsmittelverfahren von diesen Verhältnissen auszugehen war), liegt unter Berücksichtigung des erwähnten Milderungsgrundes und dem Fehlen straferschwerender Umstände im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt. Ob nun die von der Erstinstanz verhängte und durch den OÖ. Verwaltungssenat bestätigte Strafe in der Bundesrepublik Deutschland auch vollstreckt wird, was nach hier aufliegenden Schriftstücken einiger deutscher Behörden zweifelhaft (ja sogar auszuschließen) ist, vermag an der gegenständlichen Entscheidung, die sich an der gesetzlichen Bestimmung zu orientieren hat, nichts zu ändern. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: § 103 Abs.2 gilt auch für ausländische Auskunftspersonen; Unbescholtenheit nicht als Milderungsgrund berücksichtigt ->Strafherabsetzung

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